Speisen und Wein

Wenn Sie mit Fingerspitzengefühl kochen (also jemand sind, der intuitiv weiß, ob er noch einen Schuss von diesem oder eine Prise von jenem hinzufügen muss), sollten Sie Ihr Talent auch bei der Auswahl des richtigen Weins nutzen und überlegen, ob ein Wein angebracht ist der Biss, Säure, Süße, üppige Fülle oder was sonst besitzt.

Egal, ob Sie eine Ergänzung oder einen Kontrast möchten, nichts wie ran an den Feind! Wenn ein kleiner Spritzer Zitronensaft ein Gericht verfeinern würde, probieren Sie es mit einen herben Chenin oder Chardonnay. Könnte trockenes Geflügel eine üppige Sauce verlangen, sollten Sie keinen knochentrockenen Weiß- oder Rotwein dazu servieren. Nehmen Sie einen Wein, der süßer und reichhaltiger ist. Nutzen Sie das gesamte Spektrum der Weine, damit der Wein Ihren Geschmacksvorstellungen entspricht. Alles von Portwein bis zu Schaumwein!

Wenn Sie sich lieber an feste Regeln halten wollen, gibt es natürlich erprobte, zuverlässige Kombinationen von Speisen und Weinen, die man durchaus weiter verwenden kann.

Fleischgerichte

Nehmen Sie beispielsweise ein Rinderkotelett, gebraten, bis es außen schön braun und innen noch rosa ist. Greifen Sie dann zu einem anständigen roten Bordeaux oder einem kalifornischen Cabernet, zu einem Wein mit kräftigen Tanninen. Ich staune nach wie vor, welch lebhaften und komplexen Geschmack der Wein dann entwickelt und wie lecker das Rindfleisch dazu schmeckt. In den Weinbergen von Bordeaux grillt man die Steaks gerne auf Rebholz und spült sie natürlich mit einem roten Bordeaux hinunter. Das ist eine seit Jahrhunderten bewährte Kombination.

Wenn Sie Ihre Steaks mit einer gut gewürzten Kruste vom Holzkohlengrill mögen, könnten Sie mühelos zu einem rauchigen Zinfandel (natürlich aus Kalifornien) oder zu einem fassgereiften Shiraz übergehen. Weine aus australischen Anbauregionen wie Barossa Valley oder McLaren Vale eignen sich gut dafür. Anhänger von französischen Weinen sollten sich an das nördliche Rhône-Tal halten. In Argentinien wird man auf einem gehaltvollen einheimischen Malbec bestehen.

Lammfleisch schmeckt süßer als Rindfleisch. Und der Wein, der goldrichtig zu dieser Geschmacksnote passt, ist ein reifer, pflaumiger Merlot aus den USA oder – für konservativere Genießer – ein Saint-Emilion. Ein reifer Rioja Reserva eignet sich ebenfalls gut.

Pinot Noir ist ein Genuss zu Fasan, Wachtel oder Reh. Je kräftiger und gereifter der Wein ist, desto besser passt er zu einem intensiveren Wildgeschmack, insbesondere wenn das Gericht Waldpilze oder Trüffeln enthält. Italienischer Barolo oder Barbaresco (aus der Nebbiolo-Traube) kommt hier ebenfalls in Frage.

Für den Hackbraten (aus Lamm- oder Rindfleisch) unter der Woche bietet Chile eine Fülle von sehr preisgünstigen Cabernets und Merlots oder die einheimische Spezialität Carmenère (die mich an einen ungezähmten Merlot mit Brombeergeschmack erinnert).

Wenn Sie Hähnchen oder Truthahn servieren, sollten Sie einen Rotwein wählen, der etwas leichter ist (ein guter Beaujolais Grand Cru, ein Fleurie, Moulin-À-Vent oder Juliénas, bietet die beste Qualität, zu der die Gamay-Traube fähig ist). Zur Geltung kommt hier auch ein guter Chardonnay aus Monterey, vor allem wenn ihm ein wenig Fassreifung die notwendige Fülle verschafft hat.

Dass italienische Rotweine zu Nudelgerichten mit Fleischsauce passen, wie etwa zu herzhaften Spaghetti Bolognese oder Lasagne, sagt einem der gesunde Menschenverstand. Der Chianti besitzt eine leichte Säuerlichkeit, die sich gegenüber einem reichhaltigen, fleischigen Geschmack behaupten kann.

Und was passt zu Fisch? Im Gegensatz zu Fleischgerichten passt Fisch in der Regel gut zu lebhaften Weißweinen, doch achtgeben sollte man dabei auf die Sauce. Butter- und Sahnesaucen eignen sich für üppige, buttrige Chardonnays: Sonoma und Burgund dürften Ihnen eine sehr große Auswahl dafür bieten.

Öliger Fisch (Thunfisch, Forelle, Lachs, Sardinen) passt gut zu einem schweren Pinot Blanc aus dem Elsass, zu australischem Riesling und zu einem knochentrockenen Sauvignon Blanc aus Sancerre und Pouilly-Fumé.

Für Garnelen sollte man bei Sauvignon bleiben (vor allem aus Neuseeland). Zu Austern sollte man Chablis wählen. Bei Hummer lohnt es sich, einen grossen Chardonnay aus Napa oder einen erstklassigen burgundischen Villages-Wein aufzumachen.

Und danach sollten Sie versuchen, gegen die Regeln zu verstossen!

Sie sollten nie Angst vor dem Unkonventionellen haben, denn auch das Gegenteil kann funktionieren. Ein unvergessliches Erlebnis war es von jeher, wenn man Käse mit Weißwein und nicht mit Rotwein kombinierte. Kalter Sancerre direkt aus dem Fass zu frischem, noch warmem Ziegenkäse. Gewürztraminer zu einem streng riechenden Münsterkäse. Süßer Muscat zu einem fetten Roquefort. In Bordeaux trinkt man seit Jahren nach dem Essen Sauternes zu Käse. Ganz ähnlich beweisen die Deutschen, dass ein halbtrockener Riesling einen sehr guten Begleiter für deftige Gerichte mit dunklem Fleisch abgibt.

Übung macht den Meister

Bisweilen ist es recht kompliziert, zu einem Essen den richtigen Wein auszuwählen, doch am wichtigsten ist dabei die praktische Erfahrung. Und wer hätte daran keinen Spaß! Zwar muss man, nur mit Korkenzieher, Messer und Gabel ausgerüstet, viele Stunden aufwenden, aber für diese Mühe wird man belohnt, sobald man Spitzenleistungen erzielt. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Beat Koelliker's Weinempfehlung