19.08.13

Reichweiten-Sorge

Wie den Deutschen E-Autos angedreht werden sollen

Die Anbieter von Elektroautos lassen derzeit nichts unversucht, der Autofahrernation Deutschland Batterieautos schmackhaft zu machen. Doch Fakt ist: Mit den Stromern kommt man nicht sehr weit. Von

Das gute Gewissen der Autobauer
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E-Auto in Clio-Größe: Der 4,09 Meter lange Renault Zoe ist seit Juni im Handel und bietet fünf Personen Platz. Seine theoretische Reichweite geben die Franzosen mit 210 Kilometern an.

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Macht bei VW den Anfang: Der E-Up kommt nach der IAA als erstes Batterieauto der Wolfsburger auf den Markt – noch vor dem Golf Blue-E-Motion.

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Machte den Range Extender bekannt und wurde dafür kritisiert: Dem Opel Ampera wird wegen des zusätzlichen Benzinmotors oft unterstellt, kein echtes Elektroauto zu sein.

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Karbon-Karosse mit Elektroherz: Wie bei anderen E-Autos ist die Höchstgeschwindigkeit des BMW i3 aus Rücksicht auf die Reichweite begrenzt – auf 150 km/h.

Es hört sich alles so prima an: Elektroautos stoßen während der Fahrt keine Schadstoffe aus und sind dank drehmomentstarker E-Motoren gut im Antritt. Allerdings sind die in ihrer Entwicklung sehr teuren Batterievehikel auch ein großes Risiko für die Hersteller: Wie wird der Kunde die Elektroware annehmen? Das ist die Frage der Stunde, denn in den kommenden Monaten planen vor allem deutsche Hersteller eine ganze Reihe neuer E-Autos.

Was in der Branche sorgfältig beobachtet wird, ist die Sorge um die Reichweite. Noch ist die Batterietechnologie nicht annähernd soweit, Aktionsradien wie bei Benzin-, geschweige denn Dieselmotoren zu ermöglichen. Derzeit geben die Hersteller theoretische Reichweiten von rund 150 Kilometern, manchmal auch 200 Kilometern an – im Autofahreralltag sind oft nur kürzere Strecken möglich.

Die Hersteller müssen kreativ sein, um die Reichweitensorgen zu zerstreuen. In vielen Fällen versuchen sie dabei die Batterie immerhin zu promoten – wenngleich ihre Kapazität dadurch nicht steigt. Nissan dehnte jüngst die Garantieleistung auf die Stromspeicher des Leaf aus.

Nach fünf Jahren garantieren die Japaner eine Gesamtkapazität von noch mindestens 75 Prozent des Ursprungswertes. Und BMW verspricht Ersatz, sollte nur eines der acht Akkumodule im für Ende des Jahres erwarteten i3 innerhalb von acht Jahren oder binnen 100.000 Kilometern den Geist aufgeben.

Psychologisches Problem

Viele Hersteller setzen auch auf Einsicht der Autofahrer. Die Botschaft: Die Reichweite genügt. "Die Sorge um den Aktionsradius ist unserer Meinung nach etwas Psychologisches", sagt Nissan-Sprecher Alexander Sellei. Aber dem Kunden solle auch klar sein, das E-Autos keine Urlaubsautos seien. "Insbesondere für Pendler, die täglich eine Strecke von weniger als 100 Kilometern zurücklegen, und für Städter sind die aktuellen Reichweiten bereits heute alltagstauglich", sagt Alexander Böhm vom Bundesverband eMobilität.

"Man muss das Mobilitätsprofil betrachten. Kunden, deren Verwandte weit weg wohnen, werden wir kein E-Auto verkaufen", sagt VW-Sprecherin Ruth Holling. Dazu passt, dass der Wolfsburger Konzern als sein erstes E-Auto einen Kleinstwagen bringt: Der E-Up soll nach der Automesse IAA im September in Frankfurt zu Preisen ab 26.900 Euro in den Handel kommen – noch vor dem Golf Blue-E-Motion.

Zu Garantiefragen und möglichen Marketingaktionen beim E-Up will sich VW erst zur IAA äußern. Hersteller, die bereits Stromer am Markt haben, leben den Servicegedanken schon aus. Renault gewährt Käufern eines Batterieautos Rabatte bei kooperierenden Autoverleihern: Wem etwa die Reichweite des Zoe von maximal 210 Kilometern nicht genügt, bekommt bei Avis und Europcar zehn Prozent eingeräumt.

BMW wird i3-Kunden anbieten, gegen Aufpreis für eine bestimmte Anzahl von Tagen ein Modell mit Verbrennungsmotor zur Verfügung zu stellen. Und Nissan versucht es beim Leaf-Kunden mit der Mobility-Card, mit der 14 Tage pro Jahr ein Nissan Qashqai kostenlos gemietet werden kann.

Mehr Reichweite nur gegen Aufpreis

Als handfester empfindet es mancher Kunde, wenn der Kaufpreis der E-Autos sinkt. So dürfte das Kalkül bei Herstellern gewesen sein, die sich entschieden, die Batterie vom Kauf zu entkoppeln und zum Leasing anzubieten. Zum Beispiel bei Renault, Nissan und auch Smart haben Kunden diese Option.

Wer etwa den Smart Fortwo ed kauft und die Akkus leiht, zahlt statt 23.680 Euro nur 18.910 Euro. Dann kommt aber wie bei den anderen Herstellern eine monatliche Rate dazu.

Doch was ist, wenn die Urlaubsfahrt in den Süden ansteht und man mit dem eigenen Auto reisen möchte? Dafür haben die Ingenieure den Range Extender entwickelt, der das E-Konzept jedoch verwässert: Bekannt wurde dieser kleine Verbrennungsmotor mit dem Opel Ampera.

Er treibt einen Generator an, der Strom für den Antrieb erzeugt – und beim Ampera in bestimmten Fahrsituationen sogar direkt auf die Antriebsräder wirkt. Damit sei der Wagen kein reines Batterieauto mehr, hagelte es Kritik.

Auch BMW wird den mindestens 34.950 Euro teuren i3 für 5000 Euro Aufpreis mit Range Extender anbieten, um der Akkureichweite von 130 bis 160 Kilometer auf die Sprünge zu helfen. Zusätzlich sind dann laut Sprecher von Frankenberg 100 bis 160 Kilometer möglich.

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