26.07.13

Im Untergrund

Partys zwischen Schädeln – die Katakomben in Paris

Es ist gefährlich, in die Katakomben von Paris zu steigen: Es herrscht Einsturzgefahr in dem unübersichtlichen Labyrinth. Dennoch kommen immer mehr illegale Besucher. Manche bleiben sogar tagelang.

Polizisten gehen im Reich der Toten auf Streife
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280 Kilometer lang sind die Stollen, die den Kalkstein unter der französischen Hauptstadt durchziehen. Sie gehen auf den Bergbau zurück, der in der Gegend von der gallisch-römischen Zeit bis zum Jahr 1813 betrieben wurde.

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Ein Teil der Stollen wurde ab dem Ende des 18. Jahrhunderts genutzt, um dort Knochen und Schädel von Friedhöfen der Stadt unterzubringen.

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An den Wänden befinden sich sauber aufgeschichtet menschliche Knochen...

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… oder die Wände mit Graffiti besprühen.

Sie arbeiten wie Bergmänner unter Tage, ausgerüstet mit Helm, Stirnlampe und Stiefeln. Doch die Truppe in Paris hat einen völlig anderen Auftrag: Die Einhaltung von Recht und Gesetz sollen die Polizisten sicherstellen, die in den Katakomben unter der französischen Hauptstadt auf Streife gehen. Denn in den unterirdischen Stollen, deren Zutritt verboten ist, tummeln sich regelmäßig Nachtschwärmer, Graffiti-Sprayer, Hobbyforscher oder einfach Neugierige.

"Das ist ein Katz- und Mausspiel hier unten", berichtet Polizistin Audrey. "Sie lassen sich darauf ein, spielen mit und manchmal verlieren sie." Wie jede Woche ist es die Aufgabe der Beamten der Pariser Polizeipräfektur, die "Katafans" zu vertreiben und die Räume ausfindig zu machen, die von unerwünschten Besuchern umgebaut oder umdekoriert wurden.

"Pst, da ist jemand!" Die Polizisten stehen Auge in Auge drei Menschen in Wanderausrüstung gegenüber. "Wir wollten nur neue Räume sehen", gesteht Laurel kleinlaut. Die 24-jährige Kanadierin hatte die Mittagspause zusammen mit zwei Freunden aus den USA und Kanada für ihren ungewöhnlichen Ausflug genutzt. Ein teurer Trip: Ihnen drohen nun bis zu 60 Euro Strafe.

48 Stunden lang durch das Labyrinth geirrt

Manche Besucher der Katakomben bleiben mehrere Tage in den Stollen, andere verbringen dort nur einen Abend mit ihrer Geliebten oder unternehmen einfach einen kurzen Abenteuertrip. Vor sechs Jahren stießen die Polizisten sogar auf eine Party mit 300 Gästen, für die ein unterirdischer Raum in eine Diskothek umgewandelt worden war.

"Sie sind nicht bösartig, nur ein bisschen nervig", beschreibt Sylvie Gautron, die Chefin der Polizeieinheit, die Besucher der Katakomben. "Sie steigen hinab, um dort ihre Ruhe zu haben, also stören wir sie natürlich."

Ungefährlich sind die Ausflüge der "Katafans" in die Pariser Unterwelt keineswegs: Einsturzgefahr der Stollen und Brunnenlöcher oder schlicht das Sich-Verirren zählen zu den Risiken. Vor zwei Jahren irrten drei junge Leute 48 Stunden lang durch das Labyrinth der Gänge, bevor sie von der Polizei gefunden wurden.

280 Kilometer lang sind die Stollen, die den Kalkstein unter der französischen Hauptstadt durchziehen. Sie gehen tatsächlich auf den Bergbau zurück, der in der Gegend von der gallisch-römischen Zeit bis zum Jahr 1813 betrieben wurde.

Mit dem Kalksandstein wurde auch die französische Hauptstadt gebaut. Als ihre Einwohnerzahl explodierte, wurden die anfangs offenen, später auch unterirdischen Bergbau-Stollen geschlossen.

Mit einer Büchse Ravioli in den Untergrund

Der Zutritt zu den Gängen ist strikt verboten – mit einer Ausnahme: Das städtische Beinhaus ermöglicht Besuchern einen unterirdischen Rundgang, denn ein Teil der Stollen wurde ab dem Ende des 18. Jahrhunderts genutzt, um dort Knochen und Schädel von Friedhöfen der Stadt unterzubringen.

Dass dennoch viele heimlich die unterirdischen Gänge durchstreifen, hat in Paris Tradition. "Wir hatten eine Taschenlampe, eine Büchse Ravioli und dann ging der Abend unter Freunden los bis zum Morgengrauen", erinnert sich der 33-jährige Bruno, der seit dem Alter von 18 Jahren in die Gänge hinabsteigt.

Auf einige hundert Menschen schätzt Bruno die eingeschworene Gemeinde der "Katafans", die meisten seien Studenten, aber auch Beamte oder Ingenieure seien darunter. Während die einen ihre Spuren im weichen Kalkstein hinterlassen wollen, indem sie Bänke und Tische ausformen, räumen die anderen die Überreste von Party-Gängern wie leere Flaschen oder Chips-Tüten weg und wieder andere halten Orientierungsläufe unter Tage ab.

In Zeiten des Internets nimmt jedoch die Zahl der Besucher zu. In Blogs und sozialen Netzwerken berichten die "Katafans" unter Pseudonym über ihre Entdeckungen oder stellen Bilder und Videos ein. Nur eines verraten sie nicht: Wo die versteckten Einstiege zu den geheimnisvollen, unterirdischen Gängen sind.

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