ARD-Dokumentation: Plattenbau 1962
31. Juli 2013
In der ARD lief vor einigen Jahren die Dokumentation „Schwarzwaldhaus 1902“, in der die Zuschauer mitverfolgen konnten, wie sich die Teilnehmer durch ein Leben ohne Auto, Telefon, Heizung, fließendes Wasser und Spülmaschinen quälten. Nicht einmal ein Monarchist wird sich diese guten alten Zeiten zurückwünschen.
Daran musste ich heute denken, als ich das Mauermuseum in Berlin besuchte. Neben einem kleinen Teil der Befestigungsanlage, die übrig geblieben ist, gab es dort auch eine lange Liste mit Namen zu lesen. Alles Menschen, die dafür umgebracht wurden, dass sie das sozialistisch-pazifistische Großprojekt DDR verlassen wollten. Eine Diktatur, die die eigene Bevölkerung als Geisel hielt und vertreten wurde durch die SED, deren Nachfolgepartei sich immer wieder umbenennt und aktuell unter DIE LINKE auftritt. Es passt zum moralischen Nullpunkt, den diese Partei darstellt, dass sie sich nicht schämt, als Anwalt der ehemaligen DDR-Bürger aufzutreten und empört zu rufen „Es war doch nicht alles schlimm damals“.
Es ist schon erstaunlich, dass in Debatten über die DDR vor allem die Sorge vorherrscht, dass doch bitte die Biografien der ehemaligen Bewohner dieses zu einem Staat verklärten Gefängnisses respektieren werden müssten. Was für eine Art von Respekt damit genau gemeint ist, wird nicht klar und kann es auch nicht. Denn es geht um etwas anderes, nämlich um die Forderung, dass man gefälligst die Verbrechen dieses Staates nicht an die große Glocke hängen soll. Und dass sie von der Matroschka-Partei DIE LINKE (am Ende landet man doch wieder bei der SED) am lautesten vertreten wird, ist nur konsequent. Warum sollte sie die Menschen, denen sie früher die Freiheit raubte, heute weniger zynisch behandeln?
Und diese Masche funktioniert erstaunlich gut, weswegen die DDR vor allem mit Trabis, Gurken und mehr Solidarität zwischen den Menschen (wofür sicherlich spricht, dass das Spitzel-Netz wesentlich dichter war als in der Sowjetunion oder dem Dritten Reich) verbunden wird und nicht mit Freiheitsberaubung, Mord und der Ausschaltung elementarster Menschenrechte. Und an dieser Stelle kommt die ARD ins Spiel.
Warum nicht einmal eine Dokumentation über das Leben in der DDR? Man könnte unter anderem der Frage nachgehen, was eigentlich mit Leuten passierte, die etwas gegen die Partei sagten, wie in diesem sozialeren Deutschland mit Behinderten und Heimkindern umgegangen wurde und auf welche Leute der Asozialenparagraph angewandt wurde.
Nach „Schwarzwaldhaus 1902“ nun „Plattenbau 1962“. Das wäre doch mal was, ARD!
Gideon Böss twittert unter twitter.com/GideonBoess