Föderalismus
Die deutsche Kleinstaaterei muss ein Ende finden
Ab 2020 soll die Schuldenbremse im öffentlichen Haushalt greifen. Für klamme Bundesländer wie Saarland oder Sachsen-Anhalt wird es dann eng - eine Diskussion um Zusammenlegungen ist unvermeidlich. Von Claus Christian Malzahn
Kaum ein Land in der Welt gibt so mit seinem Föderalismus an wie die Bundesrepublik. Und tatsächlich gibt es gute Gründe, stolz auf die föderale Struktur unseres Landes zu sein. Trotz eines gewissen Nord-Süd-Gefälles lebt es sich in Deutschland ziemlich ausbalanciert.
In Berlin wird zwar regiert; doch so dominant im eigenen Land wie Paris oder London konnte die deutsche Hauptstadt nicht werden. Dazu sind Länder wie Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen einfach zu stark.
Doch ob die Republik sich nun in alle Ewigkeit aus 16 Ländern zusammensetzen muss, darf seit Langem bezweifelt werden. Nun deutet angesichts der ab 2020 greifenden Schuldenbremse einiges darauf hin, dass wir uns Kleinstaaten wie das Saarland, Bremen oder in die Fläche gehende Schlusslichter wie Sachsen-Anhalt bald kaum noch leisten können.
Eine Diskussion um Zusammenlegungen und neue Grenzziehungen ist deshalb unvermeidlich. Tabus kann man sich in dieser Debatte nicht leisten; am wenigsten in den Ländern, die heute schon nur noch mit roter Tinte schreiben.
Länderfusion - ein vermintes Gelände
Das Gelände ist allerdings politisch und psychologisch vermint. Der Versuch, 1996 Brandenburg und Berlin zu einem eher schwachbrüstigen Preußen zusammenzuschweißen, scheiterte am hartnäckigen Widerstand der Ostdeutschen. Nur im alten West-Berlin fand die Fusion eine Mehrheit. Der PDS war es gelungen, die vorgeschriebene Volksabstimmung zu einem nachträglichen Plebiszit über die Wiedervereinigung zu machen.
Ein Ja zur Vereinigung des Stadtstaates mit dem Umland hätte immerhin die Voraussetzungen für eine effizientere Verwaltung und Kostenersparnisse geschaffen. Ob das Pleiteprojekt im märkischen Sand, der Flughafen Berlin-Brandenburg, besser gemanagt worden wäre, darf man trotzdem bezweifeln. Das politische Personal wird ja nicht besser, wenn sich die Bürokraten mehrerer Länder zusammentun.
Dennoch wird die Diskussion um Fusionen und Zuschnitte in der nächsten Zeit an Fahrt aufnehmen. Die Musterbögen liegen längst in den Schubladen. Es geht nicht mehr darum, ob ein neuer Nordstaat entsteht, sondern nur noch darum, welchen Umfang er haben soll.
Es wird weh tun
Wirtschaftlichkeit allein kann aber nicht der Maßstab dieses neuen Deutschlands sein. Am Ende geht es auch um regionale Identität. Gehören die alten sachsen-anhaltinischen Städte Naumburg und Freyburg historisch nicht eher in den Thüringer Raum? Könnten sich die Franken auch mit den Hessen oder den Sachsen anfreunden? Und was genau macht einen Niedersachsen aus?
Die Finanzen machen Länderfusionen zwar unausweichlich, in der realen Debatte würden Zahlen und Fakten aber kaum die größte Rolle spielen. Die Bundesbürger lieben den Wald, das Fachwerk und nicht zuletzt die Kleinstaaterei. Wer das deutsche Puzzle neu zusammensetzen will, sollte neben einer großen Schere auch Verbandszeug parat halten.
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