Mit Snowden und Putin für mehr Datenschutz
14. Juli 2013
Ich kenne Eltern, die stolz darauf sind, ihre kleinen Kinder ausschließlich deswegen mit Smartphones auszustatten, weil sie diese dann via GPS im Auge behalten können, während der Nachwuchs im Kindergarten oder in der Schule ist. Ob das moralisch korrekt ist, ist die eine Frage, ob das notwendig ist, die andere. Interessant fand ich aber vor allem, dass auch diese Eltern empört darüber waren, was Snowden aufdeckte und dabei so taten, als hätten sie bislang nicht geahnt, dass Menschen überhaupt zu so etwas wie Überwachung fähig sind.
Ich teile zwar nicht die schulterzuckende „Ist doch egal“-Haltung, die viele Kritiker des Ex-Geheimdienstlers für seine Enthüllungen übrig haben, halte aber die Begeisterung der Snowden-Unterstützer für völlig überzogen. Was hat er geleistet? Er soll ein Held sein, weil er sich für die Meinungsfreiheit, für das Recht auf Privatsphäre und gegen uferlose Überwachungsexzesse des Staates einsetzte? Und wie hat er das gemacht? Indem er mit einer Schatzkammer voller brisanten Daten zuerst China und dann Russland bereiste, ehe er gerne in ein Flugzeug Richtung Venezuela gestiegen wäre. China, Russland, Venezuela, seit wann sind das die Staaten, an die man sich wendet, wenn es einem um die Stärkung von Freiheitsrechten geht?
Snowden-Fans erwidern darauf: Ja, wo hätte er sonst hingehen sollen, er wäre doch sofort in die USA abgeschoben worden. Was wollen sie damit sagen? Dass es immer noch besser ist, sensible Daten in die Hand autoritärer Staaten zu geben, als gar nichts zu tun? Man kann jedenfalls nicht mit Putin zusammen für Bürgerrechte und Datenschutz kämpfen, das ist ein Widerspruch in sich.
Aber das wichtigste Argument seiner Unterstützer lautet, dass diese Abhör-Infrastruktur zwar noch keinem Unschuldigen direkt geschadet hat (dass sie übrigens mehrere Terroranschläge verhinderte, ignoriert man), aber sie wäre ein furchtbares Werkzeug, wenn sie den falschen Mächten in die Hände fällt. Wobei dann schnell Begriffe wie DDR oder Drittes Reich fallen. Dieses Argument stimmt. Und genau deswegen ist Snowden auch kein Held, sondern ein bestenfalls von grenzenlosem Narzissmus getriebener Einfaltspinsel, der den „falschen Mächten“ gerade diese Werkzeuge in die Hand legt. Das einzige Problem nämlich, das China und Russland mit den Möglichkeiten der NSA haben, ist, dass sie bislang nicht über die gleichen Möglichkeiten verfügen. Aber das wird sich ändern, auch dank dem Entwicklungshelfer Snowden.
Doch das stört seine deutschen Fans nicht, die ihn nicht nur auf T-Shirts tragen und Straßen nach ihm benennen wollen, sondern auch Vergleiche ziehen mit Widerstandskämpfern im Dritten Reich und sogar mit Jesus. Nicht schlecht für einen, der (u.a.) all die persönlichen Daten, die der US-Geheimdienst über Deutsche sammelte, an Putin übergeben kann. Danke dafür, Snowden, du Jesus 2.0! Auch im Namen aller Eltern, die den Amerikanern Stasi-Methoden vorwerfen, während sie selbst ihr engstes familiäres Umfeld ausspionieren.
Gideon Böss twittert unter twitter.com/GideonBoess