Nach der Eiche: Zur Diskussion des Gedenkens an Rostock­-Lichtenhagen: Die Natur der Nation

Von deutschen Eichen, heiligen Hainen und ewigen Wäldern
Vortrag von Johannes Zechner (Freie Universität Berlin)
30. April 2013 // Universität Rostock
17.15 Uhr // Ulmenstraße 69 // Raum 018

Im letzten Sommer rief die Pflanzung einer Eiche zum Gedenken an die Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen heftige Kritik hervor. Letztendlich wurde der Baum von Unbekannten nach wenigen Tagen gefällt und bis heute kein Ersatz gepflanzt. Stattdessen diskutieren Lokalpolitik und Zivilgesellschaft über angemessene Formen der Erinnerung.

Doch warum hat sich an der Symbolik ‚deutscher Eichen‘ eine Kontroverse entzündet? Eine Veranstaltung des Instituts für Politik- und
Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock will dieser Frage in einer Veranstaltung mit Johannes Zechner unter dem Titel ‚Die Natur der Nation. Von deutschen Eichen, heiligen Hainen und ewigen Wäldern 1800-1945′ nachgehen.
Der Historiker forscht an der Freien Universität Berlin über den Wald in der Ideengeschichte des deutschen Nationalismus.
Dessen vorgebliche Prinzipien von Unveränderlichkeit, Unterordnung und Ungleichheit fungierten seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts als Gegenbild zur Gesellschaftsordnung der Französischen Revolution von 1789 mit ihren Werten von Freiheit und Gleichheit. Intellektuelle und Ideologen erklärten den ‚deutschen Wald‘ zur prototypischen Nationalnatur, womit gleichermaßen der Aufstieg der ‚deutschen Eiche‘ und des ‚heiligen Haines‘ zum Symbol eigener Geschichte und Kultur begann.

Der Vortrag geht anhand zahlreicher Quellenbelege zwischen Romantik und Nationalsozialismus der Frage nach, wie Poeten, Philologen, Publizisten und Propagandisten nationale Identität in einer vorgestellten Waldnatur begründen wollten.

Die Veranstaltung des Instituts für Politik- und
Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock und von context.
Bausteine für historische und politische Bildung e.V. kann mit
Unterstützung des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des AStA der
Universität Rostock stattfinden.

HRO: 17.12.2012 – Die Gedenktafel kehrt zurück – Teil 2

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V [VVN-BdA]

Kundgebung zur Wiederanbringung der Gedenktafel am Rathaus Rostock

Montag, 17. Dezember 2012 | 11.00 | Rathaus Rostock | Neuer Markt

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Freundinnen,

wir möchten Sie / Euch zur öffentlichen Wiederanbringung der kürzlich von Neonazis entwendeten Gedenktafel am Rathaus Rostock einladen.
Die Tafel sollte an das Pogrom von 1992 in Rostock-Lichtenhagen erinnern, die Opfer und die Täter benennen.

Die ur­sprüng­li­che Tafel, die am 19. Ok­to­ber 1992 Beate Klars­feld und die Or­ga­ni­sa­ti­on “Les Fils et Fil­les des Déportés Juifs de Fran­ce” (Söhne und Töch­ter der de­por­tier­ten Juden aus Frank­reich) am Rat­haus an­ge­bracht hatte, war da­mals so­fort von der Stadt Ros­tock und der Po­li­zei ent­fernt wor­den. Heute ist die Ori­gi­nal-​Ta­fel in der Stadt­ver­wal­tung Ros­tock nicht mehr auf­find­bar.

Eine Re­plik der Tafel konn­te durch die VVN-​BdA im Au­gust 2012 nur unter star­kem öf­fent­li­chem Druck an­ge­bracht wer­den. Auch da­nach
blieb die Ge­denk­ta­fel in der Ros­to­cker Bür­ger­schaft stark um­strit­ten.
Wir haben uns aber gefreut, dass die Anbringung der Tafel eine erneute Diskussion um einen Erinnerungsort in Rostock befördert hat.

20 Jahre öf­fent­li­ches Schwei­gens sind genug. Es ist nun an der Stadt Ros­tock end­lich eine brei­te Dis­kus­si­on um das Ge­den­ken an das Po­grom von 1992 zu füh­ren und sehr bald einen Er­in­ne­rungs-​und Ge­denk­ort ein­zu­rich­ten. Dabei soll­ten auch Beate Klars­feld und die Or­ga­ni­sa­ti­on “Les Fils et Fil­les des Déportés Juifs de Fran­ce”, Ver­tre­te­rin­nen der Sinti und Roma und der viet­na­me­si­schen Com­mu­ni­ty in Deutsch­land ein­be­zo­gen wer­den.

Nicht zuletzt möchten wir aber auch unsere Solidarität mit den Flüchtlingen nicht nur in Mecklenburg Vorpommernzum Ausdruck bringen. An ihrer katastrophalen Lebenssituation Situation hat sich in den letzten 20 Jahren wenig geändert. So finden seit mehreren Wochen Massenabschiebungen von Roma nach Serbien, Mazedonien und Kosovo unter anderem aus Mecklenburg­Vorpommern, Baden-­Würtemberg und Nordrhein­Westfalen statt. Flüchtlinge sind nach wie vor gezwungen in Lagern wie z.B. in Horst unter menschenunwürdigen Bedingungen zu leben, sind der Residenzpflicht unterworfen.

Da­ge­gen set­zen wir da­mals wie heute So­li­da­ri­tät mit den Op­fern in­sti­tu­tio­nel­len und all­täg­li­chen Ras­sis­mus. Wir stehen ein für das Men­schen­recht auf Asyl, für Teil­ha­be aller Men­schen am Wohl­stand, für die so­zia­len und de­mo­kra­ti­schen Rech­te Aller hier und über­all.

Wir fo­rdern:
- Schluss mit Ab­schie­bun­gen, Re­si­denz­pflicht und Ar­beits­ver­bot!
- Stoppt die Ver­fol­gung von Roma in Ost­eu­ro­pa und über­all!
- Keine To­le­ranz für fa­schis­ti­sche Ideo­lo­gie und Ge­walt!
- Dres­den, Ros­tock, Dort­mund, alle Städ­te na­zi­frei!

Gegen Ras­sis­mus – für gren­zen­lo­se So­li­da­ri­tät!

E-​Mail: bundesbuero@​vvn-bda.​de

www.​vvn-bda.​de

PM: Für immer Rostock?

Für immer Rostock?

Nur drei Monate nach der Anbringung-
Gedenktafel in Rostock entwendet -
Neonazis schänden Gedenken an die Opfer des Pogroms von 1992

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten
kündigt neue Tafel an

Tafel Rostock

Bundesvorsitzende der VVN-BdA Cornelia Kerth bei der Aufhängung der Gedenktafel im August 2012

In der Nacht zum 5. Dezember 2012 entwendeten Neonazis am Rathaus von Rostock die Gedenktafel an das Pogrom in Rostock Lichtenhagen. Die Täter ließen eine Tafel mit der Aufschrift „Für immer Deutschland“ zurück. Das „s“ in Deutschland war in Runenschrift geschrieben worden.

Schon am9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, waren elf Stolpersteine in Greifswald von Neonazis gestohlen worden. Am 16. November wurden Neonazischmierereien in Rostock-Lichtenhagen entdeckt, neben mehreren Hakenkreuzen auch das Wort Hass. Der Buchstabe „s“ wurde auch hier als Sigrune ausgeführt.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen erklärt dazu:

Einen Tag vor der Beratung der Innenminister der Länder über das Verbot der neonazistischen NPD schritt das Klientel der Neonazi-Partei zur Tat. Die Hansestadt Rostock steht jetzt, 20 Jahre nach dem Pogrom, wiederum ohne Gedenkzeichen an die Ereignisse vom August 1992 da.

Die ursprüngliche Tafel, die am 19. Oktober 1992 von Beate Klarsfeld und die Organisation “Les Fils et Filles des Déportés Juifs de France” (Söhne und Töchter der deportierten Juden aus Frankreich) am Rathaus´angebracht hatte, war damals sofort von der Stadt Rostock und der Polizei entfernt worden. Heute ist die Original-Tafel in der Stadtverwaltung Rostock nicht mehr auffindbar.

Eine Replik der Tafel konnte durch die VVN-BdA im August 2012 nur unter starkem öffentlichem Druck angebracht werden. Auch danach blieb die Gedenktafel in der Rostocker Bürgerschaft stark umstritten.

Die VVN-BdA erklärt weiter:

20 Jahre öffentliches Schweigen sind genug. Es ist nun an der Stadt Rostock endlich eine breite Diskussion um das Gedenken an das Pogrom von 1992 zu führen und sehr bald einen Erinnerungs-und Gedenkort einzurichten. Dabei sollten auch Beate Klarsfeld und die Organisation “Les Fils et Filles des Déportés Juifs de France”, Vertreterinnen der Sinti und Roma und der vietnamesischen Community in Deutschland einbezogen werden.

Es waren Juden aus Frankreich, die als erste an das Pogrom erinnerten. Es waren Arbeitsmigranntinnen und Flüchtlinge, die in Rostock von Neonazis und Rostocker_innen angegriffen und vertrieben wurden. Es liegt an den Rostockern, ob sie sich den rassistischen Zuständen stellen wollen – oder eben nicht.

Die VVN-BdA wird noch vor Weihnachten eine neue Gedenktafel am Rathaus anbringen. Sollte sich bis dahin das in der Stadtverwaltung „verlorene“ Original anfinden, würden wir uns sehr freuen.

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –

Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)

Bundesvereinigung

Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin

Tel.: +49 (0)30-29784174, Fax: +49 (0)30-29784179

E-Mail: bundesbuero@vvn-bda.de

www.vvn-bda.de

PM: Weitere geplante Massenabschiebungen von Roma aus MV und Hamburg stoppen!

Gemeinsame Pressemitteilung der Kampagne Stop it! Rassismus bekämpfen – alle Lager abschaffen“, der Antirassistischen Initiative Rostock, des Flüchtlingsrats Hamburg, des Arbeitskreis Roma- und Roma-UnterstützerInnen Hamburg, der VVN-BdA e.V. Mecklenburg-Vorpommern, der VVN-BdA e.V. Berlin sowie der Grünen Jugend MV

Berichten von Flüchtlingen zu Folge sind in den kommenden Tagen und Wochen weitere Abschiebungen von Roma aus Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg geplant. Schon morgen soll mindestens eine weitere Roma-Familie, die sich derzeit in dem Erstaufnahme- und Abschiebelager in Horst bei Boizenburg befindet, über Hamburg in ihr Herkunftsland Mazedonien abgeschoben werden. Für den 10.12.2012 plant die Regierung von MV eine Sammelabschiebung von Roma aus dem Lager Horst per Reisebus nach Serbien, darunter wiederholt viele Kinder. Von dieser sollen zudem auch Flüchtlinge betroffen sein, die bereits aus dem Lager Horst auf weitere Flüchtlingslager in MV weiter verteilt wurden.

Abschiebungen von Roma aus MV und Hamburg nach Serbien, sowie Mazedonien finden vermehrt seit einigen Wochen statt. So wurden bereits in den letzten Tagen und Wochen mehrfach Roma-Familien über Hamburg nach Mazedonien abgeschoben. Am 19.11.2012 wurde erstmals eine Massenabschiebung von Roma mit einem Reisebus aus dem Lager Horst direkt nach Serbien durchgeführt. Etwa 60 AktivistInnen aus Hamburg und MV protestierten mit Sitz- und Stehblockaden vor dem Lager gegen das Vorgehen ( ( Vgl. Pressemitteilungen vom 16. und 19.11.2012 ). Die Behörden betonten, dass es sich nicht um Abschiebungen handeln würde, sondern um eine sogenannte „freiwillige Rückkehr“. Die Betroffenen hingegen berichteten davon, dass die Behörden ihnen gedroht hatte, sie mitten in der Nacht unter Einsatz von Polizei abzuschieben, wenn sie die entsprechenden Formulare nicht unterschreiben würden. Aufgrund des Drucks, aus Rücksicht auf ihre Kinder und aufgrund sprachlicher Barrieren unterzeichneten viele. Defacto handelt es sich daher um unfreiwillige Abschiebungen.
Auch in anderen Bundesländern wurden kürzlich zahlreiche Abschiebungen von Roma nach Kosovo, Serbien und Mazedonien unter anderem in von Frontex koordinierten Sammelabschiebungen vollzogen.

„Wir sind zutiefst empört und verurteilen dieses Vorgehen aufs Schärfste! Fünf Wochen ist es erst her, dass das zentrale Mahnmal für die im Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Sinti und Roma in Berlin eingeweiht wurde. Hochrangige PolitikerInnen wie Bundeskanzlerin Merkel wiesen darauf hin, dass aus der Vergangenheit eine besondere Verantwortung Deutschlands resultiere, Sinti und Roma heute vor Diskriminierung und Verfolgung zu schützen. Angesichts der derzeitigen Abschiebungen und dem Leugnen von antiziganistischer Diskriminierung und Verfolgung in den jeweiligen Herkunftsländern sind dies nichts weiter als leere Worthülsen! Wir fordern PolitikerInnen in Bund und Länder auf, nicht zuletzt aufgrund der historischen Verantwortung, die sich aus dem Nationalsozialismus aber auch aus dem Umgang mit Sinti und Roma in der Nachkriegszeit und nicht zuletzt aus dem Pogrom vor 20 Jahren in Lichtenhagen ergibt, gegenüber Sinti und Roma politisch verantwortungsvoll zu handeln!“ appelliert Caroline Schmidt von der Antirassistischen Initiative Rostock. „Darüber hinaus fordern wir gemeinsam den Innenminster und Vorsitzenden der bevorstehenden InnenministerInnenkonferenz Lorenz Caffier, sowie alle anderen (Bundes)InnenministerInnen und -senatorInnen auf, über die Situation der asylsuchenden Roma auf der Konferenz zu sprechen und sich für ein Bleiberecht von Roma auszusprechen! Desweiteren fordern wir, dass alle Bundesländer den Schutz von Roma und Sinti verfassungsmäßig beschließen, wie kürzlich in Schleswig-Holstein geschehen.“, so Kim Ayalan von der Kampagne Stop it! Rassismus bekämpfen – alle Lager abschaffen“.

„Die antiziganistische Hetze, die von Bundesinnenminister Friedrich, Innenminister Schünemann (Niedersachsen) und auch MVs Innenminister Caffier vor kurzem betrieben wurde, der zufolge Roma als „Wirtschaftsflüchtlinge“, die das Asylrecht missbrauchen würden, dargestellt wurden, findet ihre Konsequenzen in den bereits vollzogenen und geplanten Abschiebungen und zeigt, welche konkrete Bedrohung für die Betroffenen von solchen rassistischen Diskursen in der Gesellschaft und den Institutionen ausgeht!“ kritisieren die antirassistischen Initiativen weiter.
Franz Forsmann vom Hamburger Flüchtlingsrat ist zudem der Meinung, dass die PolitikerInnen schlichtweg ausblenden, dass Roma in den Herkunftsländern wie Serbien, Kosovo und Mazedonien als Folge einer strukturellen Diskriminierung der Roma-Minderheit unter menschenunwürdigen Lebensbedingungen leben müssen und politisch diskriminiert werden. Es seien daher politische Gründe, wegen derer sie nach Deutschland kommen. Ihnen sollte Asyl gewährt werden, im Mindesten sollte seiner Meinung nach eine Bleiberechtsregelung geschaffen werden.

„Wir fordern die politisch Verantwortlichen in MV und Hamburg auf, die bevorstehenden Abschiebungen und erzwungenen „freiwilligen Rückkehren“ nach Serbien und Mazedonien sofort zu stoppen! nach Serbien und Mazedonien umgehend zu stoppen! Darüber hinaus fordern wir, bundesweit die Abschiebungen von Roma einzustellen und stattdessen ein generelles Bleiberecht für Roma zu verankern, welches seit Jahren von antirassistischen Initiativen gefordert wird!“, appellieren die Initiativen gemeinsam.

Zur Kampagne Stop it! Rassismus bekämpfen – alle Lager abschaffen“.

Konferenz 2012 10. JOG Jugendkonferenz in Rostock-Warnemünde “Recht auf Bleiberecht! – Dulden heißt beleidigen”

Unter diesem Motto findet die 10.Jugendkonferenz von Jugendlichen ohne Grenzen von Dienstag 04.12.2012 bis Freitag 07.12.2012 parallel zu der Innenministerkonferenz (IMK) in Rostock statt.
50 Jugendliche Flüchtlinge aus verschiedenen Bundesländern können daran teilnehmen.

05.12.12 um 17.00 Uhr Bleiberechtsdemo;
06.12.2012 um 11 Uhr Pressekonferenz mit PRO ASYL; Flüchtlingsrat MV, Roma Center Göttingen;
06.12.2012um 18.00 Uhr Gala –Wahl des Abschiebeministers 2012 und Initiativenpreis

Schon bei den letzten Innenministerkonferenzen hat sich Jugendliche ohne Grenzen (JOG), ein Zusammenschluss von betroffenen Jugendlichen, für ein weit reichendes Bleiberecht und das gleiche Recht auf Bildung eingesetzt.

Weiterlesen ….

11.11.2012 Lager Horst abschaffen aus Rostock-Lichtenhagen lernen !

11.11.2012
Lager Horst abschaffen -
aus Rostock-Lichtenhagen lernen !
13.00 Uhr Kundgebung vor dem Lager Horst (Boizenburg)!

Seit dem 1. April 1993 existiert das gefängnisähnliche Erstaufnahmelager für Mecklenburg Vorpommern (MV) in Nostorf/Horst bei Boizenburg. Das Pogrom von Lichtenhagen 1992 führte letztlich dazu, dass die Erstaufnahme für Flüchtlinge von Rostock-Lichtenhagen nach Horst verlegt wurde. Neben der de facto-Abschaffung des Asylrechts auf Bundesebene wurde mit der Verlegung des Erstaufnahmelagers nach Horst die Forderung des rassistischen Mobs von Lichtenhagen auf regionaler Ebene erfüllt. Die Folgen für die Betroffenen dauern bis heute an.
Das Lager befindet sich in einem Waldstück auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne in totaler Abgeschiedenheit und damit verbannt aus der öffentlichen Wahrnehmung. Seit 2005 fungiert es zusätzlich als Abschiebelager.

>> mehr dazu…

Überlebende des Naziregimes, ihre Angehörigen und Freundinnen und Freunde fordern Verbot

Überlebende des Naziregimes, ihre Angehörigen und Freundinnen und Freunde fordern Verbot
Aufruf an die Verantwortlichen in Wolgast
Anlässlich des von der NPD angekündigten Fackelmarsches am 9. November in Wolgast wendet sich die VVN-BdA mit einem Aufruf an den Bürgermeister von Wolgast, die Landrätin, den Innenminister und den Ministerpräsidenten von MV.

„Verbieten Sie den geplanten Fackelmarsch der NPD in Wolgast am 9. November 2012, dem 74. Jahrestag der Reichspogromnacht! Stoppen sie die NS-Verherrlichung durch die neonazistische NPD! Schützen Sie die Menschenwürde der angegriffenen Flüchtlinge!Die Pogrome vom November 1938 bildeten den Auftakt zur Shoa, der fast vollständigen Vernichtung der Juden in Europa. Zum 74. Jahrestag plant die neonazistische NPD am 9. November 2012 in Wolgast einen Fackelmarsch vom Bahnhof zur der Flüchtlingsunterkunft in Wolgast-Nord. Dies ist eine unerträgliche Drohung an die dort lebenden Flüchtlinge. Schützen Sie sie vor den Pogromisten der NPD.

Es ist aber auch eine schmerzhafte Erinnerung und erneute Demütigung, ein ganz direkter Angriff auf alle überlebenden Opfer des Naziregimes und die Verhöhnung des Andenkens der Millionen ermordeten Opfer der Nazidiktatur und des deutschen Vernichtungskriegs. Lassen Sie diese zynische Bezugnahme auf den Beginn des Menschheitsverbrechens Holocaust nicht als erlaubte Meinungsäußerung einer (noch) legalen Neonazipartei durchgehen.

Viele Verfolgte und Überlebende des Naziregimes haben Flucht und Exil, Ablehnung und Ausgrenzung in ihren Zufluchtsländern erlebt. Sie fühlen mit den bedrohten Flüchtlingen und messen unsere Gesellschaft und unsere Demokratie heute an ihrem Vermögen zu Empathie und Solidarität. Sie werden immer wieder enttäuscht.

Wir fordern Sie als verantwortliche und zuständige Politiker_innen und Behörden auf, alles Nötige für ein Verbot dieses „Marsches“ in die Wege zu leiten. Machen Sie sich nicht mitschuldig an der Verharmlosung von Neonazismus und Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus. Die Mordserie der NSU hat gezeigt wohin das führt.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus gehören zu den Voraussetzungen, die Auschwitz möglich gemacht haben! Setzen Sie sich weiter für das Verbot der NPD ein! nonpd – NPD-Verbot jetzt!“

2. November 2012

Überlebende des NS-Regimes: Ludwig Baumann (Bremen, Opfer der NS-Militärjustiz) Esther Bejarano (Hamburg, KZ Auschwitz und KZ Ravensbrück) Ruth Burse (Leipzig, KZ Theresienstadt) Ruth Czichon (Berlin, Exil) Alice Czyborra, geb. Gingold (Essen, als Kind in Frankreich versteckt überlebt) Gerhard Dehnert (Berlin, KZ Kalkbergwerk Miltitz) Henny Dreifuss (Düsseldorf, Mitglied der Résistance) Prof. Günter Glaser (Berlin, Nationalkomitee Freies Deutschland) Kurt Gutmann (Exil, Kindertransport nach England) Volkmar Harnisch (politischer Häftling) Elisabeth Jäger (Berlin, KZ Ravensbrück) Werner Knapp (Berlin, Exil) Lorenz Knorr (Frankfurt/Main, Jugendwiderstand im Sudetenland) Gisela Lindenberg (Exil, Kindertransport nach England) Günter Pappenheim (KZ Buchenwald) Ulrich Raabe (Dierhagen, rassistisch verfolgt) Barbara Reimann (Berlin, KZ Ravensbrück) Brigitte Schauss (Berlin, Exil) Frido Seydewitz (Dresden, Exil ,Gulag-Häftling) Justiz Sonder (Chemnitz, KZ Auschwitz) Hanna Tomkins (Berlin, Exil) Marianne Wilke (Wedel, rassistisch verfolgt) Steffie Wittenberg (Hamburg, Exil in Uruguay)

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Cornelia Kerth (Vorsitzende) Prof. Heinrich Fink (Vorsitzender) Dr. Axel Holz (Landesvorsitzender) Ida Schillen (Kreisvorsitzende Rostock)

Es schließen sich dem Protest an: Flüchtlingsrat MV Antirassistische Initiative Rostock (antira) Initiative Stop it – Rassismus bekämpfen alle Lager abschaffen, Robert Weiß, 1. Vorsitzender LV der Sinti in Hamburg

>>> Zur VVN-BdA

Pressemitteilung Rassisten Stoppen! – Solidarität mit Flüchtlingen”

Vor dem Hintergrund des von der NPD zum 9. November in Wolgast angekündigten Fackelmarsches hat sich am Wochenende das MV-weite Bündnis „Rassisten Stoppen – Solidarität mit Flüchtlingen!“ gegründet. Das Bündnis besteht aus verschiedenen antirassistischen und emanzipatorisch zivilgesellschaftlichen Gruppen sowie engagierten Einzelpersonen und ruft zum Protest gegen die rassistisch motivierte NPD-Demonstration am 9. November in Wolgast auf.

Vor 74 Jahren zogen Nazis am 9. November brandschatzend durch deutsche Städte, um zielgerichtet jüdische Geschäfte zu zerstören. Jetzt will die NPD, ebenfalls am 9. November, zu Fackeln greifen und vor das Flüchtlingsheim in Wolgast ziehen.

Das Bündnis aus MV und seine Unterstützer_innen aus vielen anderen Städten werden dagegen ein Zeichen setzen und sich der rassistischen und menschenverachtenden Politik der NPD entgegenstellen.

„Unser Ziel ist es, nicht nur ein Zeichen gegen die diskriminierende Ideologie der Neonazis zu setzen, sondern auch Flüchtlingen des Wolgaster Heimes zu zeigen, dass sie nicht mit ihrem Problemen allein gelassen werden, dass es Menschen gibt, die sich für sie einsetzen, sie unterstützen und sich mit ihnen solidarisieren“, so Julia Gärtner, die
Pressesprecherin des Bündnisses.
Zum Blog und Aufruf

PM von Stop It!: Situation in Wolgast spitzt sich zu – NPD ruft am Tag der 74. Jährung der Reichspogromnacht zu einem Fackelmarsch gegen vermeintlichen „Asylmissbrauch“ auf

Stop it! Rassismus bekämpfen, alle Lager abschaffen, 25.10.2012

Der Landesverband der NPD in MV ruft zu einem Fackelmarsch am 9. November gegen vermeintlichen „Asylmissbrauch“ auf. Laut Informationen des Nordkuriers und der Ostsee-Zeitung soll der Fackelmarsch vom Bahnhof zur Flüchtlingsunterkunft in Wolgast-Nord ziehen, wo es eine Kundgebung geben werde, bei der die NPD-Landtagsabgeordneten Udo Pastörs und Michael Andrejewski reden. Die NPD hat für diesen Tag bis in die Nacht hinein (24 Uhr) Aktivitäten angemdeldet. Das sicher nicht zufällig gewählte Datum der Reichspogromnacht steht stellvertretend für die November-Pogrome von 1938 in Nazi-Deutschland, bei denen Synagogen brannten, jüdische Geschäfte geplündert wurden, Juden und Jüdinnen gedemütigt und verfolgt, hunderte ermordet und tausende ins KZ deportiert wurden.
Weiterlesen bei Stop-it!

Offener Brief die Bedrohung von Flüchtlingen in Wolgast Nord betreffend

Bürgermeister der Stadt Wolgast
Herrn Stefan Weigler
Burgstraße 6
17438 Wolgast

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wir alle konnten am 20. September einen Beitrag in „Panorama“ sehen, der uns das Blut in den Adern gefrieren ließ: 20 Jahre nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen wird in Wolgast Nord vor laufenden Kameras mit einem Angriff auf den Wohnblock gedroht, in dem bereits die ersten Familien von insgesamt 200 Flüchtlingen eingezogen sind. Über die Grünfläche im Innenhof erschallt aus Verstärkern Nazi-Musik mit Mordaufrufen.
Sie meinen, den Zuschauern zeigen zu müssen, dass die für die Flüchtlinge vorgesehenen Räume – eher an Zellen als an Wohnraum erinnernd – „mehr als spartanisch“ eingerichtet sind. Das beschämt uns, weil es unterstellt, es sei öffentlicher Auftrag, Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, auf keinen Fall freundlich zu empfangen. Zugleich schwenkt es auf das rassistische Ressentiment ein, das Anwohner/innen artikulieren – öffentlich, und sicher nicht weniger ohne Mikrophon. Auch das erinnert an die Situation vor (und nach) dem Pogrom in Lichtenhagen.
Angesprochen auf die unmittelbaren Drohungen und die daraus ersichtliche Gefahr für die Bewohner/innen des Blocks antwortet der Vertreter des Landkreises, dass den Flüchtlingen nichts zugemutet werde, was er nicht auch „deutschen Bürgern zumute“, die Bedrohung bewege sich „im Rahmen des Normalen“. Mit Verlaub: das scheint uns angesichts der realen Situation zynisch!
Auf der Website der Stadt können wir mittlerweile nachlesen, dass die Bürger/innen von Wolgast durch den Panorama-Beitrag „verunglimpft“ würden. Die Rede war aber nicht von „weiten Teilen der Bevölkerung“, sondern von den Nachbarn, denen die Flüchtlinge ausgesetzt sind.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, wir erwarten, dass Sie dieser Situation ein Ende machen und dafür Sorge tragen, dass den Flüchtlingen eine sichere und menschenwürdige Unterkunft angeboten wird.
Wir werden in den nächsten Wochen nach Wolgast kommen, um uns persönlich ein Bild zu machen und den Flüchtlingen zur Seite zu stehen. Dabei möchten wir gern auch Ihnen einen Besuch abstatten.

In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Heinrich Fink & Cornelia Kerth
Vorsitzende

Offener Brief Ihr Verbot der Beratung von Asylbewerbern durch Jura-StudentInnen betreffend

Landkreis Vorpommern-Greifswald
Frau Dr. Barbara Syrbe
Demminer Straße 71 -74
17389 Anklam

Sehr geehrte Frau Landrätin,

ist es wirklich wahr, dass Sie StudentInnen verbieten, weiterhin eine Beratungssprechstunde für Flüchtlinge anzubieten, weil diese dort über ihre Rechte informiert werden?

Wir wollten es zunächst nicht glauben! Seit wann braucht man eine Erlaubnis um Menschen in Not zu helfen?

Seit fast 20 Jahren ist die VVN-BdA Trägerin der Hamburger Anlaufstelle für Flüchtlinge „Café Exil“, in der Flüchtlinge ehrenamtlich und solidarisch beraten, begleitet und unterstützt werden. Seit auch in Hamburg neu ankommende Asylsuchende in die schrecklichen Lager in Horst und am Hamburger Flughafen gesperrt werden – allein das grobe Missverhältnis zwischen verfügbaren Mitteln und Kosten des Transportes macht es schwer, das Lager zu verlassen – haben wir einen Beratungsbus angeschafft, um auch den Menschen dort die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie brauchen, um eine minimale Chance gegen die restriktive Asyl-Gesetzgebung und das mit seiner Umsetzung beauftragte Personal zu haben.

Wir haben niemanden um Erlaubnis gefragt! Alle, die sich an dieser Arbeit beteiligen, tun dies, weil es sich dabei um ein Gebot von Menschlichkeit und Solidarität handelt.

„Es ist das Recht eines jeden Menschen, Rechte zu haben und über sie auf geklärt zu werden,“ schrieb die Menschenrechtsbeauftragte der Nordkirche, Fanny Dethloff, als Kommentar zu einem Artikel über Ihr Verbot und verwies auf die in vielen Ländern üblichen „Refugee Law Clinics“ und die entsprechende Seite des UNHCR. Dem schließen wir uns an.

Sehr geehrte Frau Landrätin,

wir erwarten, dass Sie die minimale Hilfe, die „die Zivilgesellschaft“ Flüchtlingen anbietet, nicht weiter verbieten, sondern dass die jungen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, von Ihnen Unterstützung erwarten können.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Heinrich Fink &Cornelia Kerth
Vorsitzende

Offener Brief an Verantwortliche der Stadt Wolgast und des Kreises Vorpommern-Greifswald zur Situation der Asylsuchenden

Die Kampagne „Stop it! Rassismus bekämpfen, alle Lager abschaffen“ hat heute einen Offenen Brief an den Kreis Vorpommern-Greifswald, die Wolgaster Stadtvertretung und den Wolgaster Bürgermeister versendet, mit dem sie auf die bedrohliche Situation der Asylsuchenden in der Stadt Wolgast aufmerksam machen, über Neonazistrukturen in Wolgast und Umgebung aufklären und die Verantwortlichen im Kreis und in der Stadt zu einem verantwortungsvollen Handeln im Sinne der Asylsuchenden auffordern will.
Nach Ansicht der Stop_it! Kampagne handelten und handeln die Verantwortlichen der Stadt und des Kreises absolut fahrlässig. Sie ließen einen bewohnten Plattenbau leerziehen, zudem in einem Stadtviertel, in dem sich viele Bewohner_innen in einer prekären sozialen und wirtschaftlichen Situation befinden und die Arbeitslosigkeit hoch ist. Das beförderte die rassistische Stimmung und bot für neonazistsiche Kräfte, wie der NPD und Kameradschaftsstrukturen eine entsprechende Vorlage für deren menschenverachtende Propaganda, die sie u.a. bei einer Kundgebung am 1. Juni 2012 in Wolgast weiter verbreiteten.
Bis jetzt wurde seitens der Kampagne über kein „Notfallplan“ der Stadt erfahren, der über einen Wachdienst, der rund um die Uhr vor Ort ist, hinaus geht.
Wir erwarten von den adressierten Verantwortlichen daher, sich zu unseren Fragen zu positionieren: Was wird dafür unternommen, dass sich Flüchtlinge frei und ohne Angst in Wolgast und Umgebung bewegen können?; Inwiefern wurden Handlungsstrategien für akute Situationen erarbeitet?; Was wird der Propaganda der Nazis vor Ort entgegen gesetzt?; Wie steht der Landkreis zu dezentraler Unterbringung von Asylsuchenden?
Wenn die Stadt untätig bleibt, befürchtet die Kampagne, dass sich das rassistische Klima und die Gefahrenlage für die in Wolgast untergebrachten Flüchtlinge verstärkt und nicht folgenlos bleiben wird.
Der Offene Brief wird bereits von zahlreichen lokalen und bundesweiten Initiativen und Vereinen, sowie Landtags- und Bundestagsabgeordneten unterstützt .

weiter zu Stop it!

Gauck-Gedenken schließt deutsch-afrikanischen Freundeskreises Daraja e. V. aus

Zwei Mitgliedern des deutsch-afrikanischen Freundeskreises Daraja e. V. wurde der Einlass zur Gedenkveranstaltung an das rassistische Pogrom vor 20 Jahren verwehrt – trotz offizieller Einladung und ohne Begründung.

Am Sonntag, dem 26. August 2012 wurde in Rostock-Lichtenhagen den rassistischen Pogromen von vor 20 Jahren gedacht. Zwei Mitglieder des deutsch-afrikanischen Freundeskreises Daraja e. V. hatten eine offizielle Einladung vom Oberbürgermeister der Stadt bekommen, unter Ihnen auch Vorstandsmitglied Marouf Ali Yarou Issah. Bereits eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn fanden sie sich mit ihrer Einladung am Einlass ein. Dort verwehrte ihnen der Sicherheitsbeamte, nach Rücksprache mit den Veranstaltern, den Eintritt. Eine Begründung hierfür bekamen sie nicht. Laut Kombinat Fortschritt konnten „nach der Abweisung […] offenbar weitere Geladene die Schleuse passieren.“

In einem kurzen Interview schildern die beiden den Vorfall.

Weiterführende Links:
http://kombinat-fortschritt.com/2012/08/26/unsere-heimat-kommt-nicht-in-braun…

20 Jahre nach dem Pogrom – Tausende gegen Rassismus und Neofaschismus

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e.V.) erklärt:

Die Veranstaltungen zum Gedenken an den 20. Jahrestag das rassistischen Pogroms in Rostock-Lichtenhagen waren ein großer Erfolg, der Mut macht, weiter gegen Rassismus in Deutschland zu kämpfen.

Bereits am Vormittag des 25. August fanden sich auf dem Rostocker Neuen Markt 2.000 TeilnehmerInnen zur Kundgebung „Das Problem heißt Rassismus“ ein. Vertreter antirassistischer Initiativen wiesen darauf hin, dass das Pogrom bis heute auch für eine unglaubliche Ignoranz politischer Verantwortungsträger gegenüber den Betroffenen steht. Ein in MV lebender Flüchtling berichtete wie sehr ihn die bestehende Asylgesetzgebung daran hindert, ein normales Leben zu führen, was wiederum bereits vorhandene Vorurteile verstärkt.

Unter großem Beifall konnten Cornelia Kerth und Heinrich Fink, Bundesvorsitzende der VVN-BdA, am Rathaus mit Billigung des Oberbürgermeisters eine Gedenktafel anbringen. Damit wurde den ursprünglichen Initiatoren der Tafel, den „Söhnen und Töchtern der deportierten Juden Frankreichs“ historische Gerechtigkeit getan, die beim Versuch des Anbringens im Oktober 1992 verhaftet worden waren. Ein Grußwort ihrer Sprecherin Beate Klarsfeld wurde verlesen. Darin griff sie die aggressive und angesichts der Untätigkeit gegenüber dem rassistischen Mob umso empörendere Behandlung Seitens der Polizei scharf an.

Von Lütten-Klein aus setzte sich am Nachmittag ein starker und bunter Demonstrationszug mit etwa 6.500 TeilnehmerInnen in Bewegung. Auf zahlreichen Transparenten wurden Rassismus und Nationalismus kritisiert und „Grenzenlose Solidarität“ gefordert. Mit vielen Redebeiträgen auf Zwischenkundgebungen erreichte die Demo das Sonnenblumenhaus. So erinnerte Mouctar Bah von der „Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh“ an den Feuertod des in Polizeigewahrsam in Dessau umgekommenen Flüchtlings.

Zur Demonstration hatten mehr als 100 Antifa-Gruppen, Flüchtlingsräte, migrantische Gruppen, GewerkschafterInnen, Jugendgruppen, Bands, linke Gruppen, dänische Antifaschisten und einzelne Parteivertreter aufgerufen.

Am historischen Ort wurde u.a. das Stück „Asylmonologe“ aufgeführt, das sich in beeindruckender Authentizität mit der Lebenssituation von Asylbewerbern beschäftigt.

Es folgte abschließend ein Konzert unter dem Motto „Beweg dich für Bewegungsfreiheit“ mit 1.000 Zuhörenden und Tanzenden.

Am Sonntag, dem 26. August, trafen sich Flüchtlingsräte, Vertreter von Flüchtlingsinitiativen und Mitglieder der VVN-BdA zu einem World-Café und tauschten sich intensiv darüber aus, wie Solidarität praktisch werden kann.

Dass Bundespräsident Gauck am Sonntag auf einer offiziellen Veranstaltung nicht nur ausgerechnet eine „deutsche Eiche“ als Erinnerungsbaum an das rassistische Pogrom pflanzte und Kritiker im Publikum, die ihm „Heuchelei“ vorwarfen, mit Neonazis in einen Topf warf, verwundert nicht. Gauck hatte sich 1992 mit keinem Wort gegen das Pogrom geäußert.

Die VVN-BdA bedankt sich herzlich bei allen BündnispartnerInnen aus Rostock, Mecklenburg-Vorpommern und dem Bundesgebiet und natürlich bei allen ihren Mitgliedern, die den teilweise sehr weiten Weg auf sich genommen haben.

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –

Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)

Bundesvereinigung

Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin

Tel.: +49 (0)30-29784174, Fax: +49 (0)30-29784179

E-Mail: bundesbuero@vvn-bda.de

www.vvn-bda.de

Redebeitrag der LOBBI (Beratung für Betroffene rechter Gewalt in MV)

Vor 20 Jahren brannte im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen das „Sonnenblumenhaus“. Diese Bilder gingen um die Welt und markierten den brutalen Höhepunkt des größten rassistischen Pogroms der bundesdeutschen Geschichte.
Noch immer stellen sich viele Fragen um diese Tage im August 1992 und wie so oft gibt es gerade an „Jahrestagen“ das Bedürfnis, darauf Antworten zu finden.

Wie konnte es im Sommer 92 zu einem Pogrom kommen, an dem mehrere hundert Menschen aktiv beteiligt waren und der von einigen tausend Menschen vor Ort bejubelt und unterstützt wurde?

Von frustrierten und desillusionierten Menschen ist dann oft die Rede, die in Folge von Wende und Wiedervereinigung Jobs und Perspektiven verloren hätten. Und die nun auch noch mit einem hoffnungslos überfüllten Flüchtlingswohnheim in ihrem Wohngebiet konfrontiert wurden.
Sicher: Frust und Unsicherheit saßen bei vielen Menschen tief in dieser Zeit. Aber warum entlud sich dies in brutalstem Rassismus ?
Auch der Fokus auf die konkrete Situation in Lichtenhagen verschleiert mehr, als er zur Erklärung beiträgt.
Dazu ein kleiner Rückblick auf das Jahr 92 in Mecklenburg- Vorpommern:
14. März
In Saal bei Rostock überfallen 25 Personen ein Flüchtlingsheim und prügeln den 25jährigen Dragomir Christinel aus Rumänien zu Tode.
24. Mai
Rund 100 Personen überfallen ein Flüchtlingsheim in Güstrow. Zwei BewohnerInnen werden verletzt. Eine Frau wird mit einem Schock ins Krankenhaus gebracht.
28.August, 29. August und 1. September
Neonazis versuchen ein Flüchtlingsheim in Greifswald anzugreifen.
5. September
In Trassenheide, Kreis Wolgast greifen etwa 40 Personen ein Flüchtlingsheim an.
8. September
Brandanschläge auf Flüchtlingsheime in Wolgast und Anklam
9., 10. und 12. September
Angriffe auf ein Flüchtlingsheim in Bockhorst im Kreis Güstrow
15. bis 19. September
Fünf Tage lang greifen Neonazis ein Flüchtlingsheim in Wismar an. Unter dem Beifall von AnwohnerInnen setzen sie auch Steine und Molotowcocktails ein. Am 19. September werden außerdem Heime in Güstrow, in Kröpelin, im Kreis Malchin, in Schwerin und im Kreis Uckermünde angegriffen.

Diese Aufzählung ließe sich noch endlos fortsetzen, doch schon dieser kleine Ausschnitt macht vor allem eines deutlich: Rassistische Angriffe waren damals keine Ausnahme und hatten schon gar nichts mit besonderen, lokalen Gegebenheiten zu tun. Vielmehr sammelten sich überall im Land rassistische Mobs und versetzten jene in Angst und Schrecken, die vor Krieg, Verfolgung und sozialer Not in die BRD geflohen waren.

Und all das passierte nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern bundesweit. So hatten schon im Mai 1992 hunderte RassistInnen über mehrere Tage ein Flüchtlingsheim in Mannheim angegriffen.

Wenn also nach den Ursachen für die explodierende, rassistische Gewalt in den frühen 90er Jahren gefragt wird, so fällt uns darauf folgendes ein: jene Zeit war geprägt von einer Renaissance des Nationalismus, der 1990 einen enormen Aufschwung in Ost und West nahm und sich zunehmend aggressiv äußerte. Gleichzeitig befeuerten rassistische Debatten um das Recht auf Asyl in Politik und Medien eine immer offenere Ablehnung von Flüchtlingen und anderen MigrantInnen in weiten Teilen der Bevölkerung.
Wer also ernsthaft begreifen möchte, wie es dazu kommen konnte, dass damals Hunderte bereit waren, ein Haus anzuzünden, in dem sich fast 150 Menschen befanden, während Tausende applaudierend daneben standen, der muss vor allem den offenen, brutalen Rassismus dieser Zeit und dessen Ursachen in den Blick nehmen. Er ist nicht aus „Vorurteilen“ oder in den „Wirren“ der Nachwendezeit entstanden, sondern fruchtete auf dem Boden einer rassistischen Politik der Ausgrenzung.

Welche Lehren und Konsequenzen sind heute aus den damaligen Ereignissen zu ziehen?

Das Pogrom in Lichtenhagen steht bis heute auch für eine unglaubliche Ignoranz politischer VerantwortungsträgerInnen gegenüber den Betroffenen. Während der Mob in der Stadt tobte, wetterte der damalige Bundesinnenminister vor Ort erneut gegen den „Missbrauch des Asylrechts“ und den „unkontrollierten Zustrom in unser Land“. Neben den damaligen Kampagnen gegen die „Asylantenschwemme“ im Bundestag und in den Leitmedien wirken heutige neonazistische Mobilisierungen gegen einen vermeintlichen „Volkstod“ geradezu hilflos.

Nicht nur dass die Betroffenen des brutalen Rassismus keinerlei Unterstützung und Anteilnahme erfuhren. Sie wurden vielmehr zu den eigentlichen VerursacherInnen der Angriffe erklärt.

Und heute? Sind solche offensichtlichen Formen einer Täter/Opferverschiebung immer noch an der Tagesordnung?
Betrachten wir einmal den staatlichen Umgang mit den Morden des NSU.

Auf der einen Seite fällt uns die Gedenkveranstaltung im Februar diesen Jahres in Berlin ein. Die höchsten RepräsentatInnen dieses Landes verneigen sich vor den Opfern und entschuldigen sich bei deren Angehörigen, die ebenfalls zu Wort kommen.

Andererseits wissen wir alle, dass die Ermittlungsbehörden die Schuld für die Morde jahrelang bei den Opfern gesucht haben. In stundenlangen Verhören wurden Angehörige und Bekannte mit der Unterstellung konfrontiert, die Ermordeten seien in kriminelle Machenschaften verstrickt und deshalb ermordet worden. Die Sichtweise vieler MigrantInnen, die schon vor Jahren von rassistischen Tatmotiven ausgingen, wurde schlichtweg ignoriert. Ermittlungen in diese Richtung fanden – wenn überhaupt – nur halbherzig statt und wurden schnell wieder eingestellt.

Heute – neun Monate nach Bekanntwerden der rassistischen Mordserie – fehlt es noch immer an einer öffentlichen Debatte und konsequenter Aufklärung in Mecklenburg-Vorpommern, dem Bundesland in dem das neonazistische Terrornetzwerk offenbar gute Bekanntschaften hatte und in dem es nicht nur mordete, sondern auch Geld für das Leben im Untergrund raubte. Ein Untersuchungsausschuss, wie in anderen Bundesländern, fehlt genauso wie kontinuierliche und intensive journalistische Recherche.
Noch immer ist unklar, ob, wann und wie dem NSU-Opfer Mehmet Turgut in Rostock gedacht wird. Die Initiative zur Umbenennung jener Straße, in der er im Februar 2004 erschossen wurde, ist zumindest vorläufig gescheitert. An LokalpolitikerInnen, die „keinen Wallfahrtsort“ in ihrem Stadtteil haben wollen. Oder von „Opfern zweiter Klasse“ schwadronieren, denn schließlich würden nach Opfern anderer Morde ja auch keine Straßen benannt. Und man wisse ja gar nichts über den Ermordeten, der sich möglicherweise sogar ohne offizielle Genehmigung in diesem Land aufgehalten hat.

Ob diese verbalen Querschläger „nur“ Ausdruck der Unfähigkeit sind, die Tragweite der rassistischen Morde zu erkennen und Verantwortung zu übernehmen oder ob mehr dahinter steckt, sei erst mal dahin gestellt. In jedem Fall sind auch sie Ausdruck von Ignoranz gegenüber Opfern rassistischer Gewalt, wie sie auch 20 Jahre nach dem Pogrom von Lichtenhagen noch weit verbreitet ist.

Wir können und müssen auf diese Mängel hinweisen, wir müssen Rassismus identifizieren und bekämpfen – in der Politik und im Alltag.
Doch unsere wichtigste Konsequenz aus den Ereignissen vor 20 Jahren heißt: uneingeschränkte Solidarität mit Betroffenen rassistischer Gewalt – Immer, überall und auf allen gesellschaftlichen Ebenen!