Aus Anlaß des letzten Artikel möchte ich noch einmal mein persönliches Selbstverständnis des Anarchismus (meines Anarchismus) darlegen:
Ich halte wenig von Theorien, die nur gut klingen. Theorien, die niemand umsetzen will. Das ewige Warten auf die Revolution. Aus meiner Sicht ist vieles eine Entschuldigung, um nicht anzufangen Anarchie heute umzusetzen. Ich denke wir haben wenig Vorbilder, denen wir folgen können. Aber es gibt viel erdrückende Geschichte, die uns aber auch oftmals blockiert. Viel Verkrampftheit im Umgang mit Politik – und wenig Spielfreude. Wenig attraktive Konzepte, zu wenig positive Beispiele die auch andere Leute mitreissen. Viele Ansätze werden von moralischen Ansprüchen erdrückt, so dass viele Ansätze aufgrund frühzeitiger Kritik nicht weiterverfolgt werden. Am Ende funktioniert eigentlich nur der passive und aktive Widerstand gegen Veranstaltungen wie G8 oder irgendwelche Nazi-Demos. Mag sein, das es auch Sinn macht sich da zu engagieren – aber wenn mans mal anders betrachtet: Unsere politischen Gegner bestimmen, wo wir uns engagieren. Aus meiner Sicht verschwenden wir da zu viel Energie in Projekte von denen nichts überbleibt. Selbst wenn wir es schaffen irgendetewas zu blockieren haben wir damit abgesehen von dem erreichen des Primärziels keinen bleibenden Wert geschaffen. Die Aktivität als solches und die Solidarität haben sicher auch ihren Wert – mir persönlich wäre es aber lieber wir würden uns bemühen mehr Leute aus der heutigen Lohnabhängigkeit zu befreien – durch das Schaffen von alternativen Wirtschaftssystemen, die menschlicher sind – und uns mehr Entfaltungsfreiraum geben würden. Haben die meisten Anarchistinnen Angst davor? Ist es nicht einfacher sich nur mit der Geschichte zu beschäftigen?
Und dann die ganze Paranoia gegenüber dem Staat: Sicher, kein Staat würde es dulden, das sich tatsächlich eine Alternative entwickelt. Aber dennoch gibt es Freiräume, wo wir eben dies versuchen können: Einen anderen Umgang miteinander und der Aufbau anderer Strukturen, die es mehr Leuten erlauben, nicht in üblichen Arbeitsverhältnissen eingesperrt zu sein.
Die meisten Projekte aber leben davo,das Geld vom System über Umwege ständig zugeführt werden muss – und davon das sich Leute unentgeldlich engagieren – manchmal bis hin zur Selbstausbeutung – körperliche Schäden eingeschlossen – und dann – manchmal einfach aussteigen. Weil wir keine Perspektive bieten können.
Daher mein Lob an alle mir unbekannten Projekte, die versuchen alternative Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen – und Projekte aufzubauen, die mehr Möglichkeiten schaffen. Ich denke es muss darum gehen sich selbst tragende Systeme zu schaffen, die auf einer grundlegenden menschlichen Solidarität basieren. Dies bedeutet für alle einen Verzicht. Ein Verzicht der zugunsten eines Gewinns für alle werden sollte.
Darüberhinuas finde ich es wichtig Theorien und Projekte offen zu diskutieren. Zu viele Projekte und Gruppen schotten sich ab und suchen alleine nach Lösungen und tauschen sich nicht mit Gleichgesinnten aus. Dies sind Nachwirkungen der Verdummung durch unserer Gesellschaft, die propagiert das das Individuum als einziges zu einer Lösung kommen kann. Und im besten Falle sind wir in der Lage uns in einer Kleingruppe zusammenzuschliessen – oftmals aber nur zu dem Zweck uns gegenüber anderen Kleingruppen anzuschotten.
Daher an dieser Stelle auch mein Aufruf an Woihnprojekte und sonstige offen nach aussen zu kommunizieren. Teil euer Wissen! Was ihr gelernt habt können andere gut gebrauchen – und – was andere wissen kann die Lösung euerer Probleme bedeuten!