unkultur

Fachmagazin für nekromantischen Materialismus.

Regional / Damals / Heute

Es war zumindest eine zeitlang interessant. Das waren die ersten Punkbands (zumindest das, was in der westdeutschen Provinz unter "Punk" verstanden wurde), mit denen man in Berührung kam. Und das in einer Phase, wo man nichts anderes kannte und alles irgendwie neu und furchtbar aufregend war. Erinnerungen an die allerersten Konzerte und Vollsufferfahrungen; in Schalterräumen von Kreissparkassen auf dem Dorf herumlungern und die Band hören. Irgendwann kam man dann aber an das richtig harte Zeug dran (via Dead Kennedys zu Crass etc.) und als dann die autonomen JUZs und AZs als Konzertorte entdeckt wurden, war es vorbei mit Rockbands, die unter dem Label "Punk" segelten. Heute macht man so einiges mit, befremdlich ist es trotzdem: Türsteher in miesen C&A-Anzügen wie von Martin Sonneborn erträumt, dazu blinkenden Lichtshows auf der Bühne. Jugendliche sucht man auf einem Punkrock-Konzert wie diesem vergebens, ich komme mir schon wie einer der Jüngsten auf dieser gefühlten Ü40-Veranstaltung vor. Wie Johnny Hauesler in der brand eins 1/2013 schreibt: Jugendliche haben heute überhaupt keine Chance auf Konzerte zu gelangen bei horrenden Eintrittspreisen mit fälschungssicheren Tickets und Überwachung durch Kameras und Türsteher. Dafür gibt es eine Ecke vor dem Backstage mit Kindern und Frauen von Bandmitgliedern (gefühlt: ein ganzer Kinderhort ist hier am Start). Wo stecken denn die Jugendlichen dieser Stadt heute? Jedenfalls nicht hier. Irgendwie ist das auch nicht Retro, sondern ein fortführen des Gleichen wie damals mit demselben Lebensgefühl.

Die Band war auch eher so ein regionales Ding mit ihrem Lokalpatriotismus, von dem außerhalb nie jemand was wissen wollte. Ich erinnere mich noch an die CD von dem Abschiedskonzert 1991 in derselben Location. Damals war das Ableben einer Band noch eine Option, heute ist das undenkbar: einmal da, immer da. Wahrscheinlich gibt es in 10 Jahren dann auch das 40-jährige Bandjubiläum in derselben Halle. Mit demselbem Publikum, alle plus 10 Jahre älter. Rockmusik ist beharrlich und mit dem Anspruch auf Ewigkeit ausgestattet.

Die Band schreibt sich rückwirkend um als Fußballband. Die Trackliste war 1991 schon ansatzweise gleich. Außer, dass heute noch ein paar Fußball-Lieder dazu gekommen sind. Ob im Publikum damals auch schon so viele Fußballtrikots vertreten waren? Ich hatte die Konzerte nur außerhalb dieser Stadt erlebt, da gab es keine Fußballtrikots. Heute wirkt das teilweise dubios, wenn Ansagen kommen wie "… damals im Spiel gegen Barcelona 1993″. Und Songs über Fußballspieler der späten 80er Jahre. Ob es unter Fußballfans auch Retro-Trends gibt und sich historische Spiele auf den letzten erhaltenen VHS-Tapes angesehen werden?

Und Lieder zu einer Katastrophe auf einer Fliegershow in den 80er Jahren gespielt werden (das war noch lange bevor eine Band mit Ortsnamen dieses Ereignis zu ihrem Gründungsmythos erklärte). So eine Bezugnahme hat was von "Tagesschau vor 20 Jahren". Nochmal schön Parolen rufen zu Ereignissen, die keinerlei Relevanz mehr für die Gegenwart haben. Und sich wie in den 80er fühlen. Da dann aber das nächste Lied gleich von den ersten Erfahrungen beim Küssen handelt, wird es nicht zu betroffenheitslyriklastig.

Hier pocht das Herz der Sozialdemokratie. Ich würde gerne wissen, wie viel Prozent der Anwesenden Opel fahren. Schwitzige, klobige 120-Pfünder bringen ihr Hüftgold zum Schwingen und Klatschen teilweise rhythmisch wie im Musikantenstadl mit.
Andererseits: Sozialdemokratie als breit angelegte Zivilisierungsmaßnahme. Hier skandiert der Mob nicht "Fußball, Ficken, Alkohol" und auch "Amis go home" würde man hier nie brüllen. Mal vereinzelt ein Frei.Wild T-Shirt, das war´s dann aber auch mit politischem Obskurantismus. Schließlich ist der eine Sänger auch Sohn einer ehemaligen Kultusministerin (SPD) des Landes. Es gibt eine Ansage, die zur Krebshilfe und zur Anti-Nazi-Initiative aufruft. Wie Fußballrentner dann in der 87. Minute noch während der letzten Zugabe nach Hause, bevor alle zum Parkplatz rennen, um dem Stau zu entgehen.

2 January 2013 at 15:50 - Comments

Simon Reynolds spricht im Monarch

Das Buch "Retromania" des Musikjournalisten Simon Reynolds ist in der englischen Version bereits 2011 erschienen. Die deutsche Übersetzung im Ventil Verlag ist soeben rausgekommen und zu diesem Ereignis wurde eine Lesereise mit Autor und Übersetzer organisiert. Der erste Station war am 14.10.2012 in Berlin im Monarch. Der stattliche Eintrittspreis war ok (so ein Reynolds muss schließlich aus L.A. eingeflogen werden), es war es dann eher mässig gefüllt. Dafür drängelte die Nachfolgeveranstaltung ab 22 Uhr an der Bar, die Lautstärke stieg, und die dicken HipHop-Kinder von Berlin überahmen den Laden. Reynolds wurde dann mal eben das Mic abgdreht und mit dem schnodderigen Spruch "Zeit aufzuhören, wa" kommentiert.

Reynolds eröffnet kurz und gab dann weiter an Übersetzer Chris Wilpert. Dieser las aus dem Kapitel "Der Aufstieg des Rock-Kurators" vor. Brian Eno sei schon in den 1980er Jahren auf die Figur des Kurators aufmerksam geworden, es erfolgte damit eine Abwertung des Künstlers: der kreative Schaffensakt sei weniger wichtig als das Auswählen vorhandenen Materials, des Neu-Zusammensetzens. Es ging kurz um die Bands Spacemen3, Primal Scream und The Jesus and Mary Chain. Sonic Youth seien besonders umtriebig als Kuratoren in den letzten 10 Jahren gewesen, wobei sie seit je starke Verbindungen in den Kunstbetrieb hatten.

Nach dem Kapital übernahm Reynolds und erläuterte den Prozess des Buches. Es war "a test, if people feel the same". Hinterher gab es eine größere Debatte, auf Reynolds in dem Extrakapitel der deutschen Ausgabe einging, wo er sich an der Position der "Recreativity" abarbeitet. Einiges wurde mir hier auf einmal klar, was ich in der Lektüre von "Retromania" verpasst hatte. Reynolds schlägt sich doch auf die Seite des "Modernismus" – und sieht die "Recreativity" als Antiposition. Er wiedersprach der Idee, dass "alles schon mal dagewesen sei" und hielt da – allerdings zaghaft – das Künstlergenie dagegen. Ihn störe vor allem die Gewissheit der Vertreter der "Recreativity", die fast schon an "articles of faith" grenzten. Brahms hätte nur Beethoven kopiert würde behauptet, aber das träfe nicht auf jede Idee zu – so Reynolds. Ihn störe diese zerstörerische Lust "to bring giants down to normal size". Das Genie-Konzept wirke heute angestaubt und außerdem politisch dubios (insbesondere für politisch Linke).

Reynolds spielte den Remix eines Stevie Wonder-Titels vor. Harte Worte von ihm im Nebensatz "parasites on the original work", also des riesigen Soundarchivs der alten Popperiode, wo die kollektive Arbeit von damals kannibalisiert wird.

Anschließend ging es um das L.A. Label "not not fun records" für ein zeitgenössisches Label, das Lofi-Retro-House machen würde, danach um die Talking Heads und das Buch von David Byrne. Und jetzt, wo ich versuche meine Notitzen auszuführen, fällt mir auf, warum ich mir mit Reynolds Stil schwer tue: er reiht Beispiel an Beispiel. Das mag ja interessant sein, tendiert aber auch dazu, dass der Überblick in der Fülle des Materials verloren geht. Dazu macht es Reynolds sich und den Lesern nicht einfach: er ist ein Zweifler, der sich Gewissenheit verweigert. Allerdings werden es bei ihm manchmal zu viele Grauschattierungen – Sinn von Theorie ist ja immer eine Schematisierung, eine Vereinfachung.

Die Diskussion war dann das übliche für Berliner Verhältnisse, worüber man lieber den Mantel des Schweigens hüllt. Reynolds meinte noch an einer Stelle, dass Garage Punk sich der modernsten Technologie damals bedient hätte, und heute eben Dubstep-Producer N.I. Massive verwenden würden.

Kauft man sich nochmal die deutsche Version mit dem Extrakapitel? Mal sehen. Mein Review der englischen Version mit dem schönen Titel "When Hell is full the Dead will Dance on your iPhone" gibt es in der Print-Ausgabe der datacide 12

Die besten Gedanken kommen nach Druckschluß und im Endeffekt die Frage: will Reynolds die Moderne retten? Vielleicht war ja das, was Reynolds beschreibt auch nur eine historische Phase im Kapitalismus: der Aufstieg und Fall der Musikindustrie, wie wir sie kannten mit den 5 großen Majors und vielen kleinen Labels. Wo ist Retro vor Rock und vor 1950? Das gibt es auch – etwa in Form von Burlesque – wird aber von Reynolds ausgeblendet. Vielleicht gehört wirklich Motown mit Ford zusammen und beides in die goldenen Jahre des Kapitalismus. Stattdessen postfordistische Dauerkrise. MTV got off the air aber Freude will sich nicht so richtig einstellen, irgendwie taugt Musik heute weder als Broterwerb für die Musikschaffenden selbst noch für die Konsumentinnen und Konsumenten: Hören als Datenstress in der Bewältigung des mp3-Ordners.

19 October 2012 at 21:32 - Comments

Fantasy Filmfest 2012 Part IIII


Unbedingt sehen wollte ich am Montag den 27.8. um 21.15 Uhr V/H/S, nachdem der Trailer mich ganz heiss darauf gemacht hatte. Wer Teenage Death Tapes mag, kommt hier voll auf seine Kosten: 6 Episoden von 6 Regisseuren mit Wackelkamera vom Feinsten und sehr unterhaltsam. Der Satz "I like you" hallt mir bis heute im Kopf nach. Danach Resolution. Beginnt als Meth-Drama mit Comedy-Einschlag und wandelt sich in einen Mystery-Thriller. Der Plot ist super und der Film ist gut, trotzdem hätte man aus der Story mehr machen können und das Ende wirkt fast etwas willkürlich. Dienstag 28.8. 23.30 Blind Alley aus Kolumbien/Spanien. Der Film ist relativ kurz aber exerziert mindestens 5 Genres durch. Für Überraschung im Plot gibt es die volle Punktzahl, aber so richtig überzeugend wirkte das ganze nicht. Am Mittwoch war dann Closing Night angesagt. 19 Uhr Cockney vs Zombies von Matthias Höhne. Schlangestehen bis zum Eingang des Cinemaxx und schon den Satz aufgeschnappt "Wir sind die Eltern des Regisseurs". In Anwesenheit des Regisseurs dann so etwas wie "Lock, Stock & 800 Smoking Zombies". Eine englische Geezer-Sozialstudie trifft auf die notorische Zombieinvasion. Durch den demographischen Wandel gibt es keine Jugendlichen mehr und damit löst der Gerontozombiefilm die RomComZom ab. Das Wettrennen mit Gehhilfe gegen Zombie ist unnachahmlich. Danach dann ebenso ausverkauft The Baytown Outlaws mit der Ansage "Wir haben 2 Leute mit Nachtsichtgeräten im Saal." Das Ding kommt erst im Dezember regulär in die Kinos. Es verwundert mich bei diesem Film nicht, dass hier ein Bieterkampf um die Rechte eingesetzt hatte, schielt er doch stark in Richtung Tarantino und eine Massentauglichkeit. Trotzdem funktioniert das Ganze erstaunlich gut und ist definitiv ein Filmspektakel vom Feinsten mit Dirty South, viel Blut inkl. Skalpierungen, Bikerchicks und Knarren. Wie angekündigt "ein schöner Rausschmeisser". Und damit dürfte das eigentlich Grauen beginnen: das reguläre Kinoprogramm bis zum nächsten Fanasty Filmfest.

30 August 2012 at 10:09 - Comments

Fantasy Filmfest 2012 Part III

25.8. Die Vorschaubilder im Programmheft waren in Farbe, der Film "The Day" ist dann aber über weite Strecken in einer Sepia-Optik, die an Schwarz/weiß heranreicht gedreht. Die Post-Apokalypse stellt hier nur den Hintergrund der Handlung, denn die Zombies tauchen nur am Rande auf. Die Konflikte innerhalb einer umherstreifender Gruppe Überlebender brechen nach und nach auf, als der Unterschlupf auf einer verlassenen Farm gesucht wird. Irgendwann wird klar, dass der vermeintlich sichere Ort dann doch nicht so sicher ist, und ein Psychodrama der Belagerung entspannt sich mit ausgedehnter Showdown-Schlacht. Und zwischen Psychoszenen und Schlachtgemetzel bewegt sich The Day dann auch. Trotz Verdi-Streik vor dem Kino fanden die Vorstellungen am Nachmittag statt. Tall Man von Pascal Laugier dann wie im Programmheft angekündigt. Es ist besser nichts von dem Plot zu wissen und ich glaube es ging allen im Kino so: absolute Spannung, weil bis zur Auflösung nicht klar wird, in welche Richtung der Film jetzt kippt und ob nicht doch übersinnliche Mystery im Spiel ist. Den vorherigen Film des Regisseurs Martyrs hatte ich 2008 hier besprochen.
Doomsday Book – ein dreiteiliger Episodenfilm aus Korea. Ich kann ganz ehrlich sagen: ich verstehe die koreanische Filmkultur einfach nicht. Vielleicht macht das aber auch gerade den Reiz aus. 1 der Episoden ist überdreht lustig, wobei der Humor teils grenzwertig ist. Im Mittelstück dann auf einmal metaphysisch tiefsinnige Fragen über K.I. und zum Abschluß noch ein humoresk-skurriles Stück Apokalypse mit Billiardkugeln. Als Abschluß des Tages dann noch Ace Attourney – die völlig überdrehte Verfilmung eines Capcom-Spiels über Anwälte in einem fiktiven Schnellverfahren. Leider lebt der Film stark von dem, was Adorno "Einfälle" bezeichnet hat – also Gags wie aus Looney Tunes. Und das Feuerwerk auf über 2 Stunden ausgedehnt nutzt sich irgendwann ab.

Am Sonntag dem 26.8. dann God Bless America. Warum auch immer das Kino rappelvoll war – von der Publikumsreaktion her die frenetischste bisher mit Johlen und Applaus an etlichen Szenen. Die Konstellation der beiden Hauptcharaktere erinnerte mich an "Super". Eine charmant erzählte Geschichte über die Unerträglichkeit der Mitmenschen und die Blödheit der Mediendemokratie. Wie auch immer dem Regisseur das Kunststück gelungen ist, dass trotz Szenen mit Amoklauf im Kino (Aurora und so) und Selbstmordgürtel die gute Laune nicht verloren geht. Und dass auch die vermeintlich schützenswerten Opfer von Superstar-Shows selbst kräftig am Verblendungszusammenhang mitarbeiten, ahnte man schon zu Beginn des Films. Der Hauptfilm des Festivals "Beasts of the Southern Wild" war dann wie erwartet ausverkauft und fand mit abschließendem Q&A mit dem Regisseur Benh Zeitlin statt. Ich hatte ehrlich gesagt zuletzt ein solches Erlebnis beim Lesen von Claude Lanzmanns "Der patagonische Hase". Ein Kunstwerk sui generis, das aus dem Nichts auftauchte und dass man so nicht erwartet hätte. Der Film schlägt in die Bresche der Post-Katrina Film in und um New Orleans nach Spike Lees Doku "If god is willing" und vor allem der Serie Treme, in der Laiendarsteller neben professionellen Darstellern auftauchen. Beasts… wurde dann ausschließlich mit Laien gedreht, die laut Zeitlin zwar nicht von der Straße, aber aus Büchereien durch Handzettel castet wurden. Und vor allem ein 6jähriges Mädchen als Hauptdarstellerin in diesem poetischen Plot zwischen Bauwagenplatzromantik und Bifrost – ein Wahnsinn.

Zum Tagesabschluß dann noch das chinesische 3D Martial Arts Gefechte "Flying Swords of Dragon Gate". Ich weiß nicht, wie ins Englisch übersetzte Chinesisch heisst, aber die verhunzten Untertitel ließen mich an dem recht vertrackten Plot verzweifeln. Zumal die Hintergrundgeschichte in wenigen Szenen komprimiert erzählt wurde und der Film dann über weite Strecken aus Kampfszenen bestand. Und die Helden reiten dann mit der roten Flagge durch die Wüste auf der Suche nach einer untergegangenen Kultur – Indiana Jones aus Rotchina-Perspektive. Wo die Grenzen der politische Korrektheit in China heute verlaufen würde mich auch interessieren, denn Eunuchen-Bürokratie schlecht, Kaiser gut. Das mit der Abschaffung des Adels ging bei Marx irgendwie anders. Ehrlich: Kung Fu Hustle ist immer noch mein Favorit in dem Genre und wurde auch durch diesen Film nicht getoppt.

27 August 2012 at 17:39 - Comments

Fantasy Filmfest 2012 Part II

23.8. Thale: 2 Tatortputzer mit der lakonischen Bräsigkeit von Skandinavien-Krimikomissaren werden in eine Hütte im Wald gerufen. Dort finden sie einen unterirdischen Bunker mit allerhand vergilbter Technik, abgelaufenen Konververndosen und einer nackten Frau in der Badewanne. Langsam entblättert sich der Plot und irgendwann kommen die Waldmenschen hervor und töten das private Navy Seals-artige Rollkommando. Soweit in aller Kürze zu diesem Norwegenschocker. Der Film hat einige Schwächen im Plot, ist aber durchaus sehenswert. Der gelbe Putzanzug mit genau dieser Atemschutzmaske zusammen mit der Diagnose Lungenkrebs – weniger Breaking Bad Referenz hätte es schon sein dürfen, aber das sei verziehen.

Irgendwo auf dem Weg von Amsterdam nach Peking döst man in den Sitzen von China Southern Airlines ab und guckt zwischendurch, was das Programm so bietet. Und dann erwartet man so etwas wie "A Chinese Ghost Story" um 24.8. um 15 Uhr. Ich hätte mehr Blut und mehr Grusel erwartet, aber irgendwie bewegte sich der Film eher auf Hollywood-Niveau. Die Dämoninnen blieben die meiste Zeit über bildhübsch und die Liebesgeschichte stand im Vordergrund. Irgendwie ganz unterhaltsam, wenn auch doch ordentlich schmalzig. Könnte man sich auf einem interkontinentalen Flug mal ansehen, ansonsten aber eher mässig. Blöder war direkt danach um 17 Uhr "Awakening". Vielleicht lag es auch an mir, denn mir klingelte die ganze Zeit der Satz "You´re an asshole, McNulty" durch den Kopf. Und vorbei war es mit dem Grusel. Das Gör aus dem Hause Winterfell spielte auch mit (Gruselfaktor: gering) und den Plot fand ich auch eher zäh. Gerade aus dieser traumatisierten Nachkriegsgesellschaftsszenerie hätte sich was machen lassen, das diente aber eher als Kulisse und überraschende Wendungen suchte man in dem Plot vergebens. Zumal die Wandlung der Hauptdarstellerin von der aufgeklärten Wissenschaftlerin zur angstzerfressenen Hysterikerin sich auch nicht gerade glaubhaft vollzog.

25 August 2012 at 11:34 - Comments

Fantasy Filmfest 2012 Part I

Dieses Jahr hatte ich mir vorgenommen an meiner persönlichen Höchstmarke zu kratzen und die Anzahl gesehener Filme auf dem http://www.fantasyfilmfest.com/ hart an die Grenze zur Dauerkarte hochzuschrauben. Los ging es gleich in der Eröffnungsnacht am Dienstag dem 21.8. mit Sigthseers vor vollem Saal. Ich kannte die Hauptdarstellerin Alice Lowe doch aus irgendeiner Britcom – genau: Garth Marenghi´s Darkplace.

In Sightseers spielt sie Tina, eine Mid-Dreissigerin, die bei ihrer garstigen Mutti in der englischen Provinz lebt. Sie lernt Chris kennen und beide klappern mit dem Campervan touristische Spots ab – und beginnen nebenher Mitmenschen umzubringen. Dabei passieren die Morde eher beiläufig. Die Unerträglichkeit der Mitmenschen bricht sich die Bahn, aber eigentlich ist sich das Paar selbst unerträglich, in der piefigen Kleinbürgeridylle mit gestrickter Reizwäsche und Einhornfiguren aus Glas. Eher eine Milieustudie denn ein Schocker und der Soundtrack (Frankie goes to Hollywood 2012 in einem Film zu verwenden, muss man sich erstmal trauen) unstreicht die melancholische Atmosphäre der touristischen Tristesse. Beide Hauptdarsteller waren im Cinemaxx vor Ort und verdient gab es frenetischen Applaus.

Anschließend Sushi Girl – gar nicht mal so voll und eher durchwachsen. Pro: ein kurzer Machete-Cameoauftritt und Mark Hamill als rattenartiger, ständig kauender Fiesling. Minus: Die Gesten und Mimik von Mark Hamill wiederholten sich auf Dauer und eine Handlung, die sich zäh dahinschleppte. Ich dachte an Reservoir Dogs, blieb allerdings ratlos zurück: Der Psychofaktor der Folter blieb aus, da das Folteropfer bis zuletzt auf dicke Hose mit obercoolen Sprüchen machte. Dazu wirkte der ganze Film wie ein Witz, bei dem der Titel wie ein Neurotiker schon zu Beginn die Pointe ruiniert hat. Kann man sich durchaus ansehen, aber der große Wurf ist der Film nicht.

Mittwoch 22.8. dann zu Eva (2011). Ein Referenzfilm wäre hier Steven Spielberg´s A.I. Ich hätte nicht gedacht, dass Daniel Brühl auch in guten Filmen mitspielt (schon wiederlegt: Inglorious Basterds), aber Eva ist definitiv sehenswert. Die Animationen der Technik generell und der Roboter und Androiden sind allesamt gut gemacht und der Plot bleibt fesselnd. Die Frage nach K.I. ist hier das Vehikel, um die Emotionen zwischen den Beteiligten aufzuzeigen.

23 August 2012 at 09:18 - Comments

In der Halle des Bergkönigs

Ich bin seit 10 Jahren, ziemlich genau sogar, nicht hier gewesen. Man durchschreitet die Tore, es ist eher ein langer Gang, um in die Halle des Spektakels zu gelangen. Man durchschreitet gleichsam die Pforten zu einer anderen Dimension, in der das Zeitkontinuum, wie wir es kennen, außer Kraft gesetzt wurde. Ein Konzert hier kann die epischen Ausmaße einer Clubnacht annehmen. Die erste Band beginnt um 11 und der letzte Ton verhallt kurz vor 3 Uhr. Und das bei 3 Bands. Die Umbaupausen hätten ein bißchen straffer organisiert sein können, aber das tut der Stimmung keinen Abbruch. Ein paar hundert Meter weiter zahlt man für Acts vom gleichen Label mal gerne bis zu 26 Eur, hier sind es 5-7 Eur. Value for money und die Frage, wie Bands aus den USA so ihre Touren überhaupt finanzieren können. Im anderen Laden stellt sich die Frage nicht und dort würde auch niemand auf die Idee kommen mit dem Türsteher über die Verhältnismässigkeit der Preise zu diskutieren.

Die lokale Vorband aus Rostock1 bläst mit ihrem Stoner-angehauchten Doom dem Publikum die Ohren frei. Eine Crust-Metallerin, die sich scheinbar Ketamin eingepfiffen hat, torkelt durch die ersten Reihen. Der Langhaarzottel vor mir, der wie ein Ruhrpott-Metaller aus den 80ern auf Zeitreise wirkt, lässt seine Netto-Einkaufstüte unbeaufsichtigt und schüttelt seine blonde Mähne in alle Richtungen. Wer trägt denn heute noch einen "Forbidden"-Backpatch? Die zweite Band2 weiß mich nicht zu begeistern. Ich versuche doch noch gute Momente in dem Set zu entdecken, entscheide mich aber final dafür, diese Darbietung als "eher ganz schön furchtbar" zu empfinden. Langwierig und zäh; Musik, die nur aus effekthaschenden Schlägen auf die beiden Crashbecken zu bestehen scheint, die alle Minute mal ausgeführt werden. Der Drummer singt. Mir zu monoton. Das Publikum weicht und kommt zum Hauptact3 wieder, es ist voll und ein ganz Mutiger probiert sich im Stage Diving. Ein fulminantes Set, voll auf die Glocke und ganz nach Gusto des Publikums. Die Band ist sichtlich angetan und das Publikum johlt und erträgt tapfer und ohne Murren ein Saitenwechseln des Gitarristen (der wie Kerry King ohne Body-Building aussieht) vor dem letzten Lied.
Zum Schluß noch das Best practice-Beispiel für einen Act dieses Labels 4 zur Beendigung der Show: "That´s it. We don´t have any more songs. Can I get high now?"


  1. Bad Luck Rides on Wheels [back]
  2. Aldebaran [back]
  3. Noothgrush [back]
  4. Southern Lord [back]
13 May 2012 at 11:18 - Comments
Rough NinJa
Is ja witzig, das King Horse cover hab ich vor ca. 20 Jahren mal für'n Partyplakat verwendet. Grüße!
14 May 12 at 00:22

Attack the Block

Mein persönlicher, verspäteter Nachtrag zum diesjährigen Fantasy Filmfest fand gestern abend statt. "Attack the Block" hatte ich im August nämlich verpasst. Ich dachte, ich wäre rechtzeitig genug da, aber der Hauptfilm der Closing Night war natürlich ausverkauft. Das hätte ich mir denken können und war halbwegs frustriert, da sich der Ankündigungstext extrem vielversprechend angehört hatte. Da sollte alles drin sein: London-Ghetto, britischer Gangsterfilm, Alien-Randale und Splatter. Eigentlich ein Garant für einen sehr guten Fil. Und vielleicht waren genau diese Erwartungen zu hoch – etwa ein zweites "Shaun of the Dead" zu erleben. Denn da kam der gestrige Film leider nicht ran.

Ich bin mir nicht sicher, ob die deutsche Synchronfassung dem Film den letzten Rest gegeben hatte, aber irgendwie war ich nicht überzeugt. Es war vor allem dieser Versuch alle Genres zusammenzurühren, der das Ergebnis trübte. So richtig wollten die Pointen nicht zünden und alles in allem bewegte sich der Humor auf Lethal Weapon-Niveau.

Und das trotz Nick Frost in einer Nebenrolle als übergewichtiger Grasgärtner.
Übler stieß mir allerdings die Ken Loach-artige Moralsoße auf, mit dem der Film übergoßen würde. Sozialkitsch vom Feinsten, wenn die zu Beginn ausgeraubte Krankenschwester zum Schluß die Gangsterkids in Schutz nimmt. Die im August stattgefundenen Riots in England strafen dieser Art von Pathos Lügen. Zumal diese Geschichte der Läuterung auch ganz schön öde war und den üblichen Klischees folgte: der Hauptprotagonist, der anfangs ganz böse war, erlebt eine Kartharsis und tritt als geläuterter Held aus den Ereignissen hervor.

Aber wie schon erwähnt – der Film war in dem Sinne nicht schlecht oder ein Totalreinfall. Das ganze Setting rund um den Plattenbau schon sehr gut und machte einiges her. Auch Pluspunkte gab es für die Aliens – hier hatte man sich Mühe gegeben und die Idee mit den leuchtenden Zähnen war sehr gut. Auch der Soundtrack machte einiges her. Hier wurde sich an aktuellen Grime und UK Urban-Produktionen orientiert, und diese direkt in die Handlung eingepasst, was bei den Verfolgungsjagden doch für jede Menge Spaß sorgte.

Alles in allem bleibt mein Fazit durchwachsen, vielleicht war ich gestern auch nicht in der Laune. Ich werde auf jeden Fall der englischen Fassung noch eine Chance geben. Sehenswert ist "Attack of the Block" allemal und läuft seit dem 22.9.2011 regulär in deutschen Kinos.

Trailer hier gucken: http://www.youtube.com/watch?v=cD0gm7dHKKc
Mehr lesen: http://en.wikipedia.org/wiki/Attack_the_Block
http://www.rottentomatoes.com/m/attack_the_block/

PS: Und ich noch so "einer der Kids könnte glatt als eine minifizierte Version vom Radio 1xtra DJ MistaJam durchgehen". Jetzt sagt er selbst in seiner Radiosendung, dass er darauf angesprochen wurde "Are you the guy from 'Attack the Block'". Verrückt!

23 September 2011 at 21:21 - Comments

Serienkurzkritik: Game of Thrones

Ey, voll die Idee: die Kelly Family zu Gast im Auenland. Die Trullas sehen bei diesem burlesquen Mittelalterklamauk aus wie Germany´s next Topmodell und sind dreimal so strunz. Dazu eine Prise keimfreie Erotik; die schäbischsten Studiokulissen seit Lawrence von Arabien und eine Handlung, die man gut und gern als totale Kriegeserklärung an jegliche Form von Intellekt auffassen darf. Edward Said hätte auch seinen Spaß an den lüsternden Orientalenhengsten, die frisch aus dem McFit-Monatsmagazin entsprungen zu sein schein. Wenn schon Sarah Connor als schnippische Königin mitmischt, wünscht man sich den T-1001, der diesem unheiligen Spuk ein Ende setzt. Kablamm! Das ganze Elend wird dazu noch wie ein gammeliger Pizzateig auf Serienlänge ausgewalzt. Gebt mir Wasser, das Season Finale ist noch unendliche 9 Folgen weit entfernt. Wer Herr der Ringe gehasst hat, wird Game of Thrones verabscheuen, aber hallo. Alles in allem: die 10 Folgen der ersten Staffel guckt man am besten in einem Zug runter, das Suchtpotential ist so hoch wie abends mal noch eine Tüte Tortillas aufzumachen.

19 September 2011 at 15:06 - Comments
vd
Haaahaaa - und ich dachte schon, mit mir stimmt was nicht. Selten so einen Rotz gesehen. Erklärung eines Kollegen kürzlich; ...
23 September 11 at 10:16

Wir müssen unreal bleiben

Meine Rezension des Banksy-Films "Exit through the Gift Shop" ist in der Dezember-Ausgabe des Conne Island Newsflyer erschienen: Hier entlang zu Keeping it unreal

2 December 2010 at 18:00 - Comments