Pro-Deutschland-Klima auf einer linken Buchmesse.
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ich hab schon nicht verstanden, warum man sich da überhaupt mit dem ca ira-verlag abgibt. wundern muss man sich über so eine vorstellung dann auch nicht.
Naja, das ist wohl eher eine Art Gewohnheitsrecht, dass dieser Verlag dabei ist. Das Anrecht dazu müsste man ihm schon aktiv nehmen. So ganz kampflos wird er es bestimmt nicht preisgeben.
Ich habe aus früheren Jahren allerdings gewisse Zweifel angesammelt, was den Sinn und Erfolg der Anwendung solcher Machtmittel angeht, die eine inhaltliche Abfertigung dieser Scheiße ja nicht wirklich vorantreiben.
Das Problem bei Ausgrenzung und Zensur ist nämlich: Wenn man sie durchsetzen kann, hat man sie nicht wirklich nötig, und wenn einem die Mittel dazu fehlen, ist man deren erstes Opfer.
Das zeigt sich auch daran, dass über einen möglichen Ausschluss von Zeitungsverlagen wie der Jungle World aufgrund ihrer größeren Medienmacht nie auch nur ansatzweise diskutiert wird, obwohl sie sich von Ça ira, was die Aggressivität ihres Rassismus angeht, in Wahrheit nicht die Bohne unterscheiden.
Dass die Veranstalter_innen sich allerdings nicht einmal bemühen, zur antimuslimischen Hetze auf ihrer Messe eine Gegenveranstaltung auf die Beine zu stellen, ist schon ein Armutszeugnis, das für mich Grund genug war, die Bitte, auf meinem Blog Werbung für dieses Projekt zu machen, zwar nicht frontal auszuschlagen, aber doch höflich zu ignorieren.
leider benutzt Ça ira zur Querfinanzierung seines Programms leider immer noch Titel von Autoren wie Pannekoek, Agnoli oder Brendel, welche derartigen Kram bestimmt nicht geteilt hätten
und von Postone, der möchte bei ihnen allerdings nicht mehr verlegt werden.
In ein paar Jahren wird man zurück schauen und nur noch staunen können: Wieso hat dieser Verlag sein Programm, seien Agenda dermaßen verhunzt – Du sagst es ja: Agnoli, Pannekoek, Brendel … außerdem Willi Huhn, Helmut Reinicke, Marenssin, Paschukanis, Ilse Bindseil, Ulrich Enderwitz (immerhin sind sie so anständig und lassen seine Kritik an ihrer imperialistischen Wende auf ihrer Seite: http://isf-freiburg.org/isf/beitraege/enderwitz-quo.vadis.html), selbst die früheren Sachen von Scheit (Verborgener Staat, lebendiges Geld) sind geistreich und instruktiv. Ein Jammer, wirklich ein Jammer.
Dem Vernehmen nach ist das räte- und linkskommunistsiche Zeug sehr schwergängig, die meisten Agnoli-Bände haben nie die zweite Auflage erreicht. Ich glaube, Entdinglichung, also nicht, dass Pannekoek den Maul querfinanziert. Wohl eher im Gegenteil. Und das könnte ein Grund für den affirmativen Turn sein: Raus aus der quälenden Isolierung, dem Geistergespräch mit den alten Marxismus-Dissidenten, rein in den Feuilleton-Mainstream mit Maul und Küntzel. Noch kriegt jeder Dreck den Adorno-Stempel (auch Maul ist doch auf Nachfrage mit Sicherheit ein “Kommunist”, gell?). In ein paar Jahren werden die Ca-Ira-Nachfolger auch darauf verzichten.
würde die Popularität gerade rätekommunistischer Literatur da nicht unterschätzen zumindest als Schmuck des Bücherregals bei sich als undogmatischen verortenden Linken (bietet diese doch die Möglichkeit, kulturell mitgeschleppten Antibolschewismus mit einer linksradikalen Verortung zu vereinen) findet sich derartiges nicht selten, was nicht heisst, das diese auch gelesen wird …
Es hat ja auch mit der Agnoli-Witwe eine Streit gegeben, von wegen der Grigat habe Texte verändert. Das “Thomas Maul”-Buch ist das Allerletzte! Ein Kapitel schimpft sich: “Die Ziegenficker des Propheten”…
Und die zweite Auflage von Backhaus’ Dialektik der Wertform ist schon wieder verschoben worden. Das Buch ist seit 2005 vegriffen! (glücklickerweise habe ich ein Exemplar geschenkt bekommen).
Also vermutlich tun sie wirklich Leute wie Maul mit Priorität veröffentlichen, und die bessere Bücher im Programm leiden darunter.
Ich glaube schon, dass sich mit solchen kulturalistischen Arschgeigen, die islamisch geprägte Gegenwartsgesellschaften aus den Schriften eines orthodoxen Mystikers erklären, der im 11. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, d.h. selbst noch 170 Jahre vor Thomas von Aquin gelebt hat, mehr Kohle machen lässt als mit marxologischer und kritisch-marxistischer Literatur. De facto versucht Ça ira mit diesem Werk, der Hausverlag von Pro-Deutschland zu werden.
Das Buch von Thomas Maul scheint, nach dem, was die Jungle World daraus vorveröffentlicht hat, im Wesentlichen vom Junge-Freiheit-Autor Hans-Peter Raddatz und den Arbeiten von Christine Schirrmacher (wissenschaftliche Leiterin der Deutschen Evangelischen Allianz) abgekupfert zu sein. Beide konstruieren den Islam, entsprechend ihrer völkisch-neorechten respektive evangelikal-fundamentalistischen Weltanschauung, als statisches Wesen jenseits von Raum und Zeit, um Muslime als unverträglich mit der “christlich-abendländischen Kultur” darzustellen.
Daher auch der Verweis auf al-Ghazali, der, wie bereits gesagt, mehr als 150 Jahre vor Thomas von Aquin gelebt hat, aber mit seinem Buch der Ehe als bedeutender Gewährsmann das “Wesen” heutiger Muslime entlarven soll. So besteht der Vorabdruck in der Jungle World im Grunde aus einer einzigen, langen Aneinanderreihung von Al-Ghazali-Zitaten zur religiösen Orthopraxie beim ehelichen Geschlechtsverkehr, die offenbar weniger dem Zweck der historischen Erkenntnis, als vielmehr der Belustigung des Lesers und der Erzeugung antimuslimischer Stereotypen dienen sollen.
Etwas ganz Ähnliches haben die Nazis übrigens mit dem Talmud veranstaltet. Aber das scheinen die Leute aus Freiburg, die sich doch so dolle mit dem Antisemitismus auseinandergesetzt haben, nicht so recht zu wissen, sonst würden ihnen, ein wenig Restscham vorausgesetzt, vor solchen demagogischen Methoden grausen. – Und es wäre natürlich überhaupt keine Schwierigkeit, das gleiche auch mit Thomas von Aquin durchzuziehen, aber wer würde das schon kaufen? Und wer würde daran glauben, dass sich die Ehe- und Geschlechternormen von heutigen Katholiken in den Werken eines Autors des europäischen Hochmittelalters wiederfinden?
Dass Thomas Maul sich offenbar nicht einmal die Mühe gemacht hat, das in deutscher Übersetzung vorliegende Originalwerk al-Ghazalis aufzusuchen, sondern es ausschließlich sekundär über den rechten Antisemiten Raddatz zitiert, kommt erschwerend hinzu. Es zeigt, dass er dem Gegenstand gegenüber gar kein seriöses Erkenntnisinteresse hat. Sein Ziel ist es, kulturalistische Stereotypen gegen Muslime zu mobilisieren, nicht, etwas über die Vorstellungswelt eines Autors zu erfahren, welcher vor ziemlich exakt 900 Jahren gestorben ist.
Entdinglichung, Ok, sagen wir es so: Ich weiß aus berufenem Mund, dass die räte- und linkskommunistischen Schriften (und die von Enderwitz sowieso) wie Blei in den Regalen vom Verlagslager liegen. Mehr sag ich nicht, denn dann müsste ich Namen nennen, und das gehört sich nicht.
Narodnik: Ca Ira hat bislang in allen Streitfragen gegenüber Barbara Agnoli Recht bekommen. Siehe auch hier: http://isf-freiburg.org/verlag/sonstiges/ba-isf.3.html
Wie es aussieht, hat Grigat nichts verfälscht.
Meiner ganz bescheidenen Meinung nach, hat Frau Agnoli das Richtige gewollt – nämlich die Schriften von ihrem Mann aus diesem Umfeld, tja: zu befreien -, aber auf das Falsche gezielt: nämlich dem Verlag zu unterstellen, man wäre dort unlauter mit Giovanni und seinen Texten umgegangen.
Negative Potential: Genau, der Backhaus ist noch nicht wieder erschienen, weil auch bei Ca Ira die meisten Bücher von den Autoren selbst vorfinanziert werden(läuft bei Dampfboot, VSA, teilweise auch Unrast etc.pp.nicht anders). Diesen Faktor darf man auch nicht vergessen. Völlig klar, dass es mittlerweile einige Genossinnen und Genossen gibt, die ihr Geld anderen Verlagen geben, damit dort die Bücher erscheinen können. (Kleiner Tipp: Die vier wichtigsten Aufsätze von Backhaus findet man in vier Edition-Suhrkamp-Bändchen, antiquarisch problemlos für sehr kleines Geld erhältlich.)
Und jetzt noch was zu Maul: Was sagen wir zu diesem Covermotiv?? http://isf-freiburg.org/img/maul-sex.djihad.despotie.jpg
Der Musel als gewlttätig-träges Schwanz-Tier und Mädchenficker in spe, dessen Schwanz eine Kalaschnjkow ist. Das ist nicht Pro-Deutschland-Niveau, da sind wir schon beim “Stürmer” angelangt. Na, wer weiß, vielleicht gibt es im Buch noch eine kokette ironische Brechung dieses Hass-Bildes, hmmm. Irgendwas sagt mir aber, dass es ernst gemeint ist … sehr ernst.
Also wenn ich dieses Stürmer-Cover sehe, finde ich es dann doch einigermaßen bemerkenswert, dass man auf den “linken Buchtagen” mittlerweile rechtsextreme Inhalte aufgetischt bekommt, ohne dass das Organisations-Komitee damit irgendwelche Probleme hat.
Mir fällt dazu nur ein:
“Die einfachste surrealistische Tat besteht darin, mit Revolvern in den Fäusten auf die Straße zu gehen und blindlings, solange man kann, in die Menge zu schießen. Wer nicht wenigstens einmal im Leben Lust gehabt hat, auf diese Weise mit dem derzeit bestehenden elenden Prinzip der Erniedrigung und Verdummung aufzuräumen – der gehört eindeutig selbst in diese Menge und hat den Wanst ständig in Schußhöhe.”
Narodnik, worauf beziehst Du das? Dieses Breton-Zitat ist eines der Lieblingszitate eines der ISF-/Ca-Ira-Oberen, siehe auch hier: http://isf-freiburg.org/isf/beitraege/isf-djihad.html
Diese Zerstörungslust und der Durst nach Tabula Rasa sind doch genau das, was deren wüsten Umgang mit Kommunisten motiviert: Wissenschaft ist reaktionär, Argumentieren sinnlos, Aufklärung ein Dialekt aus Bayern. Stattdessen: Polemik pur. Und sehr viele Linken in den letzten zwanzig Jahren waren so blöd und haben denen abgenommen, dass Polemik wissenschaftlices Arbeiten als Medium der Erkenntnis ablöst. Das ist Selbstverdummung, auf dieses Niveau sollte man sich nicht herablassen.
wobei es Breton & Co. bei aller Provokation letztendlich auch immer um Interventionsfähigkeit ging … und ich denke kaum, dass der/die/das heutige ISF bspw. Bretons Antikolonialismus oder seinen Bezug auf “die Klasse” teilen
Obwohl mir klar war, dass es auch linke “Islamkritiker” gibt, die offene Flanken hin zum antimuslimischen Rassismus haben, bin ich doch überrascht über den ca ira-Buchcover. Ich hätte solche Bilder eher bei “Politically Incorrect” oder “Grüne Pest” erwartet…
@ Daeva:
Das ist mir neu – woher weißt Du, dass Postone dort nicht mehr verlegt werden will? Im Netz finde ich nichts dazu…
tja, wenn du dich in arbeitswerttheorietischen/wertkritischen Kreisen bewegen würdest, wäre das für dich gar nicht so neu. Deutsch kann er ja, Adorno kennt er ohnehin besser als der ganze IfS-Verlag, wieso sollte er sich weiter von denen kompromittieren lassen?
wobei ich auch von jemandem gehört habe, dass Postone schlichtweg verärgert war, dass das mit der Herausgabe von Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft so lange gedauert hat
Gerade förderlich war das sicher nicht. Postone könnte genausogut zu einem bürgerlichen Verlag gehen, der zumindest sein Handwerk versteht und sorgfältig Werbung macht.
Das Breton-Zitat ist einfach unpolitischer Kram. Na ja, wissenschaftlich zu arbeiten ist schon wichtig, aber die Gefahr in der Debatte in einer de facto relativistischen Marxologie zu enden darf man auch nicht vergessen.
Natürlich muss man deren Zeug mithilfe des Arguments angehen. Andererseits vermisse ich irgendwie ein lautstarkes “Nyet!” gegenüber solchen Geschehnissen in der “Linken”. Früher hätte es sowas jedenfalls nicht gegeben, da hätte man den Freiburgern ihren kleinen Verlag zusammengekloppt.
Das Buch ist einfach jenseits von Gut und Böse. Es ist zu befürchten, dass es mehr Käufer im PI-Milieu finden wird als bei den Bahamas-Anhängern, deren Zahl wahrscheinlich nur wenige hundert umfasst. Vor einigen Jahren gab es schon mal eine ähnlich irrsinnige Publikation – Die satanische Ferse. Zur Psychopathologie des Islamfaschismus und seiner deutschen Freunde, die sich meines Wissens überhaupt nicht verkaufte. Vielleicht gibt es ja einen Plagiatsvorwurf gegen Maul von Seiten dieses Autors.
Auch bezeichnend, wie ignorant das Bahamasumfeld gegenüber Antisemitismus ist (Van Gogh, Vatikan & Holocaustleugner, Raddatz usw.) so lange es nur gegen “die Muslime” geht.
Du konstruierst da einen Unterschied zwischen Bahamas- und PI-Milieu, den es so gar nicht mehr gibt. Auf PI werden “antideutsche” Veranstaltungen beständig beworben, und im Nachgang über die Teilnahme der PI-Ortsgruppen berichtet. Bei den Pro-Israel Demos anlässlich des Überfalls auf die Friedensflotte haben PI, Bahamas, “antideutsche” Antifas, Pro-Parteien, BAK Schalom und christliche Fundamentalisten in trauter Einigkeit gemeinsam demonstriert. Unterschiede in Propaganda und Aktion gibt es nicht mehr. Das Bahamas-Milieu ist das PI-Milieu.
evt lügt Peter Nowak auch: http://linkebuchtage.de/cms/program/detail.php?nr=1144&rubric=Veranstaltungen&
Wofür soll das interessant sein, ob Nowak lügt? Haben wir uns über die von ihm kolportierte Wortmeldung aufgeregt? Als ob das unser Hauptproblem wäre! (Für den antideutschen Nowak vielleicht schon.)
Aber, ehrlich gesagt, wenn ich schon diese kitischige Opfertrilogie: “Frauen, Homosexuelle, Juden” (im Folgenden kurz: FHJ) lese, mit der sich die Vorbereitungsgruppe ungefragt auf anderer Leute Identitäten bezieht, um ihren Rassismus zu legitimieren, dann bekomme ich echt das Kotzen. Not in my name, fucking assholes!
Hetze im Namen von FHJ, Abschiebung im Namen von FHJ, Stürmer-Karikaturen im Namen von FHJ – tss, so geht also rassistische Identitätspolitik für weiße Deutsche mit dem Anspruch einer politischen Vormundschaft über “Frauen, Homosexuellen, Juden”.
Vielleicht lügen auch die Veranstalter. Die haben im Gegensatz zu Ca ira & Co noch teilweise einen positiven Bezug auf die linke Szene und lehnen offenen Rassismus ohne die nötigen Verklausulierungen zumindest auf dem Papier noch ab. Insofern ist es ihnen natürlich peinlich, wenn der Inhalt der Veranstaltung und die Einstellung der Teilnehmer nach draußen dringt.
Ein Kommentar eines nach eigener Aussage beim Vortrag anwesenden Rassisten auf Indymedia legt zumindest diese Lesart nahe:
http://de.indymedia.org/2010/06/285054.shtml?c=on#c661381
@lysis:
Kannst Du mal eine Quelle sagen, welche zeigt, dass dieser Hans-Peter Raddatz ein Antisemit ist? Ich kenne von dem fast gar nichts …
Bezüglich der Qualität des Rassismus sehe ich keinen Unterschied, es gibt aber andere Differenzen.
Z.B. der Bezug auf Marx von Seiten der Bahamas, der nach deren Lesart der wichtigste Vordenker des Eurozentrismus ist. Bei den PI-Lesern gibt es Nazis, die zwar gegen die “Islamisierung Europas” aber nicht “Proamerikanisch, Proisraelisch” sind, was bei der Bahamas aber nicht gut ankommen dürfte.
Darüber will ich aber nicht weiter diskutieren, weil ich es nicht für wichtig halte.
Hier z.B.:
Eine ausführlichere Kritik zu Raddatz leistet Martin Riexinger (auch wenn dieser anscheinend FDP-Wähler ist):
Hans-Peter Raddatz: Islamkritiker und Geistesverwandter des Islamismus
Dort geht es mehr um Raddatz’ Islambild, aber auch um seine absurden anti-freimaurerischen Verschwörungstheorien und seine Homophobie.
Außerdem findet Osten-Sackens Raddatzverehrung eine kurze Erwähnung.
Danke für den Link. Offenbar scheint Hans-Peter Raddatz weniger der völkischen Neorechten als dem antimodernen, antiliberalen und antisemitischen Milieu der sog. katholischen Traditionalisten anzugehören, die sich Ende der 60er Jahre im Widerstand gegen die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils formiert haben und seit der Affäre um den englischen Priester und Holocaust-Leugner Richard Williamson wieder in aller Munde sind. So schreibt Riexinger:
Allerdings hält sich Raddatz mit seinem Antisemitismus vergleichsweise zurück. Denn er hat ja schon die Moslems (bzw. die mit ihnen “kollaborierenden”, zuwanderungsfreundlichen europäischen “Eliten”) als Feindbild, um darüber sein katholisch-rechtsextremes Weltbild zu kommunizieren. Lustigerweise erscheint er dabei dem Islamismus bzw. islamischen Neofundamentalismus wie aus dem Gesicht geschnitten:
Es ist wirklich sehr aufschlussreich, auf welche Quellen sich dieses Pamphlet aus dem Hause Ça ira, eines angeblich doch so wahnsinnig antisemitismuskritischen Verlags, in Wahrheit stützt: Autoren aus einem klassisch antisemitischen Milieu, das erst seit kurzem damit begonnen hat, sein Feindbild Jude durch das neue Feindbild Moslem zu ersetzen.
generell wird in diesen Kreisen ebenfalls auch der manifeste Antisemitismus (teilweise inklusive Shoah-Rechtfertigung) von führenden Figuren der “Religious Right” aus den USA (Hagee, Robertson, Graham, Falwell, etc.) ignoriert, da diese in der gegenwärtigen politischen Gemengelage auf der gleichen Seite stehen
Aus der Stellungnahme zu Maul:
Das heißt doch nichts anderes, als dass der Veranstaltungsbesucher den Leuten, die aus antisemitischen Motiven attackiert wurden, anempfiehlt, jetzt keine passiven Opfer zu sein, sondern sich lieber einen undifferenzierten Hass auf alle Muslime zuzulegen (und ebenfalls zur Tat zu schreiten?).
Keine Aussage “Ich hasse Muslime”, sondern eine Aufstachelung zum Hass gegen alle Muslime.
Das ist natürlich nicht dasselbe…
da muss man schon differenzieren…
Überschneidet sich die “Gruppe Nationalismuskritik”, die die Eröffungsveranstaltung bestritten hat personell mit der Vorbereitungsgruppe?
Ich werde wahrscheinlich keine 27 Euro für deren Broschüre zahlen – weiß jemand, ob die auch “Maul”-kompatibles schreiben?
http://www.dampfboot-verlag.de/download/inh-projekt-779.pdf
Nein, das sind andere. So wie es aussieht mehr um Frankfurt herum gruppiert. Die Ansätze sind auch vollkommen unterschiedlich – von Kritischer Theorie bis Gramsci.
Was an dem Buch fehlt ist leider eine gute Zusammenfassung. Was sie vorstellen sind Formen des und im Nationalismus, z.B. der Spaßnationalismus des Public-Viewing (was für ein gelungener Begriff um den Fußball des DFB zu beschreiben). So wie es aussieht mangelt es aber einer zeitlichen Einordnung, z.B. zur geistig-moralischen Wende oder zum “typisch deutschen Leistungsnationalismus”.
Es fehlt auch jeder materielle Bezug und Fragen nach Ein- und Ausgrenzung. Es kann freilich auch sein, dass sie diese Fragen ausgeklammert haben, weil schon viele andere sie untersuchen.
Gelesen, danke!
Ich bin wirklich überrascht wie schnell ihr das Buch gelesen habt. Noch überraschter bin ich nur, dass noch keine Wort von Rhizom über die Kapitel im Buch kamen, die seinem Buch gewidmet sind.
Wir haben nicht das Buch gelesen, sondern den Vorabdruck in der Jungle World (naja, zumindest überflogen, weil dieser ermüdende Bahamas-Stil eine einzige Tortur ist).
Zur Beurteilung der kulturalistischen Methode des Autors reicht das, wie ich meine, aber vollständig aus: Sein ahistorischer Umgang mit al-Ghazali (gest. 1111 n.u.Z.) ist gerade so, als wollte jemand die Geschlechternormen westlicher Gegenwartsgesellschaften aus den Schriften Thomas von Aquins deduzieren (“In ihrer Einzelnatur ist die Frau etwas Fehlerhaftes und Missglücktes”). Dieser Ansatz ist in seinem kulturellen Essenzialismus so dämlich, dass einem fast die Worte fehlen.
Schön freilich, dass der Autor sich auch mit mir auseinandergesetzt hat. Ob die Kritik allerdings auch so ungewollt komisch ist wie seine diesbezüglichen Kapitelüberschriften? (“Analverkehr im Verborgenen” – Fickt dieser Mensch seine Geschlechtspartner_innen denn jetzt etwa in aller Öffentlichkeit in den Arsch? OMG, das will ich gar nicht sehen!)
Würdest du denn bestreiten, dass das Frauenbild, dass u.a. Thomas v. Aquin formulierte, nicht teilweise bis heute fortwirkt – etwa in der katholischen Kirche, wo Frauen ja offensichtlich noch immer nicht als gleichwertig angesehen werden?
Al-Ghazali scheint doch für die Genealogie der islamischen Selbsttechniken ziemlich zentral zu sein, ähnlich wie Leute wie Augustinus im christlichen Gebiet.
***
Davon unabhängig hätte ich noch ne sachliche Nachfrage: in deinem Buch schreibst du ja, dass nach der Sharia Analverkehr generell strafbar ist. Nach Maul wird der Analverkehr jedoch explizit zugelassen.
Verstehe ich das so richtig, dass Analverkehr zwar generell strafbar ist, in genau definierten “Notsituationen” jedoch Ausnahmen erlaubt bzw. sogar gewünscht sind?
Die Vorstellung, Thomas von Aquins Frauenbild sei noch in der katholischen Kirche wirksam, ist schlicht abwegig.
Was die Sache mit dem Analverkehr angeht, ist das, wenn Thomas Maul das wirklich so schreibt, ein Beispiel dafür, dass er nicht den blassesten Schimmer hat, wovon er spricht. Die Erlaubnis von Analverkehr in der Ehe ist eine Besonderheit des schiitischen Rechts, genauso wie die Zeitehe. Das steht aber auch in meinem Buch so drin.
Ansonsten hab ich alles zum Thema gesagt. Ich glaube nicht, dass ich noch mehr Worte zu diesem kulturalistischen Dreck verlieren muss. Oder vielleicht doch: es handelt sich bei dem in der Jungle World veröffentlichten Text um nichts als eine Verschwörungstheorie, die die Geburtenrate von Palästinenser_innen allen Ernstes als Teil eines hinterhältigen Kollektivplans zur Vereitelung des israelischen Siedlerkolonialismus in den besetzten Gebieten konstruiert. Der Typ hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Und wieso gibts in der katholischen Kirche bis heute keine Priesterinnen? Grund dafür ist doch das Festhalten an einem Männlichkeitsbild, das u.a. von T.v.A. ideologisch artikuliert wurden.
Also wenn man heute ein Buch darüber, was das Christentum seiner Ideologie nach ist, schreiben will, sollte man Thomas v. Aquin als einen seiner bedeutendsten Theoretiker schon zur Kenntnis nehmen. Eben um die Genese des heutigen postchristlichen “Westens” nachvollziehen zu können. (Du zitierst ihn in deinem Buch doch auch.)
Danke für die Antwort, das hatte ich nicht mehr im Kopf und das Buch auch nicht mehr zur Hand.
Was ist denn verschwörungstheoretisch daran, die offiziellen Verlautbarungen der Hamas und die entsprechenden Passagen der islamischen Tradition beim Wort zu nehmen? Es ist doch auch keine Verschwörungstheorie zu behaupten, die Nazis hätten höhere Geburtenraten angestrebt, um sich besser um Weltkrieg behaupten zu können. Das ist halt ne alternative Form von Biopolitik. Wäre doch fruchtbar, in der Richtung mal zu forschen. Ich denke, Mauls Buch kann da schon als Ausgangspunkt dienen, obwohl er ja explizit anti-foucaultianisch ist, sich durch die bloße Verwendung des Terms “Biopolitik” freilich implizit doch auf Foucault bezieht. Anscheinend fand im Einflussbereich des Islam eine alternative Form des Subjektivitätskonstruktion statt, die ebenso an das Sexuelle und die damit verbundenen biopolitischen Effekte geknüpft ist, aber dennoch auf andere Weise funktioniert. Muss man halt gucken, wie sich das bis heute gewandelt hat.
LOL, klar, die Vokabel “Biopolitik” ins 7. Jahrhundert u.Z. zu verlegen, ist wahnsinnig sinnvoll. Und zwar so sinnvoll, wie den Faustkeil des Neanderthalers als “Kapital” zu betrachten.
Da du mich fragst, warum auch ich Leute wie Thomas von Aquin zitiere: ich hab ein historisches Buch geschrieben, bei dem es explizit darum geht, gesellschaftliche Transformationen herauszuarbeiten, was voraussetzt, dass man sich auch mit den Sachen davor auseinandergesetzt hat – etwa dem christlichen Sodomie-Diskurs in Abgrenzung vom modernen Homosexualitäts-Dispositiv.
Herr Maul tut jedoch das genaue Gegenteil: er propagiert einen radikalen Essenzialismus – die Idee unwandelbarer “Kulturen”. Und es ist dieser wissenschaftliche Wahnsinn – eine Art Kreationismus auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften -, der ihn an die Seite von religiösen Fundamentalisten wie Hans-Peter Raddatz und Christine Schirrmacher stellt.
Wobei es sein kann – ich kenn das Buch ja nicht -, dass er diesen Essenzialismus lediglich auf “den Orient” anwendet. Das ist dann der klassische Orientalismus: “der Orient hat keine Geschichte”. Er ist zeitlos, statisch, “versiegelt”. Die Unterscheidung zwischen Vergangenheit und Gegenwart – das macht nur Sinn für den Westen.
Aber das geht ja noch weiter. Es ist nicht nur so, dass Maul das “mittelalterliche” Werk al-Ghazalis unvermittelt auf die Gegenwart – etwa das Handeln der Hamas – projiziert, sondern auch schon die Propheten-Sunna wild mit den Gedanken eines Menschen vermischt, der viele Jahrhunderte später in einer ganz anderen Gesellschaftsstruktur gelebt hat. Für Maul ist das alles gleich: man zitiert im selben Absatz Werke und Überlieferungen aus den unterschiedlichsten Epochen und Reichen, so als ob das alles eins wäre. Nenn mir einen Historiker, der so arbeitet!
Aber es ist eben nicht die Arbeit eines Historikers, weil aus der Sicht Mauls der Orient keine Geschichte hat und daher auch keine geschichtswissenschaftliche Arbeit über “die Muslime” möglich ist, sondern nur eine Systembeschreibung, bei der es völlig gleichgültig scheint, ob man jetzt eine Quelle aus dem 7., dem 11. oder dem 20. Jahrhundert vor sich hat.
Und ich weiß dabei wirklich nicht, was an den von Maul zitierten Stellen so unglaublich aufschlussreich sein soll. Das sind Stellen, für die sich auch im Juden- und Christentum jede Menge Entsprechungen finden lassen. Ich nehme mal den von Maul zitierten Satz von at-Tirmidhī (9. Jh. u. Z.): »Ein Mann und eine Frau können sich nicht zurückziehen, ohne dass der Teufel sich ihnen als Partner anschließt und aus dem Paar ein Trio macht.«
Mmh, möchtest du dafür ein christliches Analogon? Wie wär’s mit Gregor von Nazianz (4. Jh. u. Z.):
Der Teufel hält unsere Geschlechtsteile in Unterwerfung, um uns geil zu machen und in die Sünde zu führen. Was soll an diesem Gedanken spezifisch islamisch sein? Nichts!
Aber um das beurteilen zu können, muss man sich überhaupt die Mühe gemacht haben zu vergleichen, so wie ich das in meinem Buch am Beispiel des christlichen Sodomie-Diskurses und des islamischen liwat-Diskurses gemacht habe, die sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede aufweisen. Wenn man aber, wie Maul, Unterschiede einfach nur behauptet, ohne sich analoge Quellen aus der christlichen Literatur jemals angesehen zu haben, wo ist dann die Beweisführung?
Ich bin mir sicher, dass sich für einen Großteil der Zitate, die Maul in seinem Vorabdruck für die rassistische Jungle World benutzt, analoge Äußerungen in der jüdischen und christlichen Tradition finden lassen, ganz so, wie ich das oben an einem einzigen Beispiel nachgewiesen habe.
Und was für ein unglaublicher Kretin muss man sein, um Thesen wie die folgende völlig unbesehen zu glauben?
Entschuldige, aber jeder, der sich schon mal ein bisschen mit dem Thema auseinandergesetzt hat, weiß, dass die christlich-mittelalterliche Theologie über die Frau als Gattungswesen spricht und sie als Gattungswesen verachtet. Jørgen Andersen und Gerburg Treusch-Dieter sprechen in diesem Zusammenhang gar von einem im zwölften Jahrhundert aufkommenden “Frauenhaß”, der “zu einer wesentlichen Komponente der Hexenprozesse wird”.
Als Beleg habe ich ja bereits Thomas von Aquin angeführt, der die Frau mit Hilfe von Aristoteles zu einer Missgeburt erklärt und eine Rechtfertigung ihrer Existenz nur darin erkennen kann, “dem Mann bei der Zeugung unter die Arme zu greifen, nicht jedoch, wie manche behaupten, um bei irgendeiner anderen Tätigkeit behilflich zu sein, da ja der Mann zu jedem beliebigen anderen Werk im andern Manne eine passendere Hilfe findet als in der Frau”.
Auch ist die Frau in der christlich-mittelalterlichen Theologie über Eva an das Konzept der “Versuchung” gebunden. Mann/Geist, der vom Fleisch/Weib in Versuchung geführt wird – das ist so grundlegend für den ganzen traditionellen christlichen Diskurs, dass man fast lachen muss, wenn Thomas Maul das nun als Spezifikum “des Islam” entdeckt.
Was soll ich zu diesem Scheiß eigentlich noch sagen? Gequirlte Kacke wäre geschmeichelt. Nur ein bisschen Sicherheit in der Logik (die antideutschen “Dialektikern” allerdings ein Fremdwort ist), und es fällt nicht schwer, Thomas Maul mit der Dampframme im Boden zu versenken. Du siehst ja oben, wie einfach das geht!
wann hast du denn das letzte mal einen relevanten westlichen politiker oder maechtigen kleriker (insofern es diese im westen noch gibt) sich auch diese stelle bei aquin beziehen gehoert? kommt nicht vor? und wann glaubst du hat das letzte mal ein einflussreicher imam oder islamischer politiker, im iran oder sonstwo, sich zur legitimierung seiner politik auf al-ghazaali bezogen?
ideologeme, die bis heute ein fester bestandteil der herrschaftspraxis von sich selbst als islamisch begreifenden politikern sind, zu kritisieren, ist kein essenzialismus, sondern schlecht notwendig wenn man irgendwas mit emanzipation im sinn hat. nicht das ich dir das unterstellen moechte.
eben! (der zweite teil deines kommentars passt nur leider nicht zum ersten. aber eine sache halb durchaut zu haben, ist ja auch schon was wert!)