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Einige haben bemängelt, daß mein satirischer Kurztext zum Thema „Antideutsche“ eben keine politologische Abhandlung mit allerhand Fundstellennachweisen sei. Zwar könnte man dagegen einwenden, daß das schließlich zwei völlig unterschiedliche Genres seien, die unterschiedliche Stilmittel einsetzen und unterschiedliche Ziele verfolgen. Damit wäre eigentlich alles gesagt.
Der Kernfrage – Was sind diese „Antideutschen" eigentlich für welche? – möchte ich mich aber schon etwas ausführlicher zuwenden. Die im folgenden zitierten Äußerungen habe ich repräsentativen antideutschen Presseorganen entnommen, und zwar teils dem Aufsatz „Gegen die antisemitische Internationale“ und Teils den „Aktuell“-Artikeln des antideutschen Verlags „BAHAMAS“. Wer als Antideutsche/r der Ansicht ist, daß diese Quellen nicht repräsentativ für die ganze besondere antideutsche Denkart seien, ist selbstverständlich herzlich eingeladen, in den Kommentaren repräsentativere Quellen zu verlinken (bitte beachten, daß Umlaute nicht angezeigt werden können – woran das liegt, ist mir ein Rätsel, also bitte: Keine Umlaute und keine Sonderzeichen).
Zum antideutschen Judenbild
Für den Nazi bin ich Hassobjekt. Für den Antideutschen bin ich Wichsvorlage.
Für keinen von beiden bin ich Mensch.
Die Antideutschen haben ein wirklich merkwürdiges Verhältnis zum Judentum. Zum Ausdruck kommt dieses Verhältnis u.a. im Untertitel des Aufsatzes Israelkritik – die zarteste Versuchung seit es Antisemitismus gibt: „Warum den Antisemitismus nicht kritisieren kann, wer mit Israel nicht solidarisch ist.“ Die grammatischen Besonderheiten dieser Äußerung sollen uns nicht weiter aufhalten. Wichtig ist zunächst die Frage, was man nach Auffassung der Antideutschen unter „mit Israel solidarisch“ zu verstehen hat. Diese Frage haben die Volksgenossen bei BAHAMAS mehrfach beantwortet. „Solidarität mit Israel, so weiß antideutsche Kritik“, heißt es in einem Beitrag von Tjark Kunstreich, der unter Antideutschen als so etwas wie ein Intellektueller zu gelten scheint, „ist entweder bedingungslos oder sie ist keine.“ So stellt schon „die trotzige Beanspruchung [des Rechts], Israel kritisieren zu dürfen“ einen „Verrat an Israel“ dar. In der „Verteidigung Israels gegen jede Kritik“, so der Aufruf zu einer antideutschen Konferenz (auch bei BAHAMAS zu finden), liege eine der Hauptaufgaben der antideutschen „Kritik“.
Wer also nicht bereit ist, niemals ein auch nur leise kritisches Wort über Israel auszusprechen, darf den Antisemitismus nicht kritisieren. Das mag zunächst einmal befremdlich wirken, blasen sich doch diese Gschaftlhuber ständig zu den heldenhaften Bekämpfern der „Antisemitischen Internationalen“ auf. Aber eigentlich ist das sehr leicht zu erklären: Der klare Vorteil dieses Kunststücks liegt darin, daß die Antideutschen niemals ihre eigene Einstellung zum Judentum kritisch hinterfragen müssen. Wer nicht ganz ihrer Meinung ist, darf zum Thema Antisemitismus gar nichts sagen.
So geht das Antideutschtum so mancher heiklen Frage aus dem Weg. Man könnte sich z.B. schon mal fragen, was es mit ihrer Verklärung des niederländischen Antisemiten Theo van Gogh – der sich in aller Öffentlichkeit köstlich über die Schoah amüsiert hat – auf sich hat. Ein weiteres Thema wäre ihre Beweihräucherung des „Man of Peace“ George W. Bush, der sich in seiner Innenpolitik von den mächtigsten Verfechtern des US-amerikanischen Antisemitismus – den christlichen Fundamentalisten, die ganz unverhohlen die prophezeite Vernichtung des Judentums anstreben – leiten ließ. Wenn sie bereit wären, auch mit Menschen, die nicht ganz ihrer Meinung sind, über den Antisemitismus zu reden, müßten sie sich auch mit ihrem extrem herablassenden Judenbild konfrontieren lassen. Nicht daß ich die geringste Lust verspüren würde, mit ihnen darüber zu diskutieren.
„Wer den ‚Zionismus’ angreift, aber beileibe nichts gegen die ‚Juden’ sagen möchte“, zitiert der oben zitierte Beitrag Mit „Israelkritik" gegen Antizionismus zustimmend Hans Mayer, „macht sich oder andern etwas vor. Der Staat Israel ist ein Judenstaat.“ Eigentlich müßte das schon völlig ausreichen, um zu zeigen, auf welchem Mist das Antideutschtum gewachsen ist: Wer die Politik oder die Ideologie eines Staates kritisiere, greife also zwangsläufig auch das Volk an, das der fragliche Staat sein eigen nenne. Volk, Staat und Staatsideologie seien eins. Das hat ein gewisser Dr. Freisler auch so gesehen.
Da könnte man meinen, daß es nach Ansicht der Antideutschen immerhin Juden erlaubt wäre, den Staat zu kritisieren, der vorgibt, in ihrem Auftrag zu handeln. Welchen Staat darf man denn kritisieren, wenn nicht seinen „eignen“?
Da würde man sich aber gewaltig irren. So wird die nicht gerade als „antizionistisch“ einzustufende jüdische Online-Zeitschrift Hagalil angegriffen, weil es deren „erklärtes Ziel“ sein soll, „das organisierte Judentum und die nichtorganisierte Judenheit in Deutschland von bedingungsloser Israelsolidarität abzubringen.“ Wo sie diesen merkwürdigen Eindruck von Hagalil herhaben, sei dahingestellt. Diese Kritik richtet sich dagegen, daß eine jüdische Zeitschrift versucht, andere Juden von ihrer vermeintlichen „bedingungslosen Israelsolidarität“ abzubringen. Den selbsternannten Judenstaat dürfen also nicht einmal diejenigen kritisieren, denen dieser Staat angeblich gehört.
„Die Redaktion Bahamas ruft alle, ob jüdischer oder nichtjüdischer Herkunft, die noch wissen, dass man Deutschen und anderen Europäern kein Recht auf Israelkritik zubilligen darf, dazu auf, nach der Blamage am Breitscheidplatz die Minimalstandards, die an eine Veranstaltung für Israel zu stellen sind, verbindlich festzulegen“
Überhaupt hat das Antideutschtum uns Juden eine ziemlich enge Rolle zugewiesen. Wir sollen „bedingungslos israelsolidarisch“ sein. Wir werden sogar dazu aufgerufen, uns von diesen Leuten „verbindliche Minimalstandards“ diktieren zu lassen. Wir haben stets passive Opfer und Mahngegenstände zu sein. Überhaupt sind wir dem Antideutschtum zufolge zu aktivem, überlegtem Tun gar nicht in der Lage. Jede Tat wird uns immer nur von andern aufgezwungen. Und auf gar keinen Fall dürfen wir uns kritisch über unsere antideutschen Freunde und Helfer äußern.
So kritisiert das antideutsche Zentralorgan „die Verantwortlichen in der jüdischen Gemeinde zu Berlin, die sich keinen Vorsitzenden wie Alexander Brenner einer war, mehr leisten wollen – jenen Brenner, der zusammen mit Antideutschen auf Kundgebungen für Israel aufgetreten ist.“ Man höre diese Tonart! Die Verantwortlichen der jüdischen Gemeinde Berlins „wollen sich keinen Vorsitzenden mehr leisten“, der zusammen mit Antideutschen auftritt. Durch diese Formulierung soll der Berliner Gemeinde unterstellt werden, daß sie sich nicht traue, einen (schon definitionsgemäß) mutigen, antideutschtumnahen Vorsitzenden zu wählen.
Daß das auch andere Gründe haben könnte, kommt denen gar nicht in den Sinn. Andere mögliche Erklärungen wären, daß der Gemeinde ein anderer Vorsitzender lieber war, oder einfach, daß sie sich keinen Vorsitzenden wünscht, der sich von diesen Gesellen vereinnahmen und instrumentalisieren läßt. Aber um solche Möglichkeiten auch nur in Betracht zu ziehen, müßte man Juden als erwachsene, vernunftfähige Menschen wahrnehmen, und das wollen die Antideutschen ums Verrecken nicht. Wenn wir in der Lage sind, selber zu entscheiden, was wir von Israel, von Palästina, von Arabern, Türken, Muslimen, Krieg, Frieden, Schweinefleisch, dem Strafgesetzbuch, den USA, der Fußball-WM u.v.a.m. halten, sind die freundlichen Diktate des Antideutschtums eine Zumutung. Sie wären sogar verdammt antisemitisch. Die komplexen, leyenhaften Gedankensperrmchanismen des Antideutschen schützen ihn jedoch vor solch schrecklichen Gedanken.
Und daran erkennt man auch, daß es den Antideutschen gar nicht um Israel, Antisemitismus, Philosemitismus, usw. geht. Realexistierende Juden sind ihnen nicht nur egal, sondern geradezu ein Hindernis. Wenn es uns nicht gäbe, könnte niemand ihrer selbsterteilten Vollmacht widersprechen. Wie schon an ihren ständigen Versuchen, die völkische Ideologie als Sache der Araber darzustellen, unschwer erkennbar ist, geht es ihnen um gar nichts, was sich auf der Welt abspielt, sondern darum, sich selbst reinzuwaschen. Durch ihre Verklärung ihres im israelischen Staate verkörperten abstrakten Judenobjekts und ihre Übersiedlung des abendländisch-christlichen Antisemitismus auf das Hassobjekt „Araber/Muslim“ wollen sie sich einen moralischen Persilschein ausstellen lassen.