Posts tagged Rassismus

Veranstaltung zum Thema “Politisch feiern, nur wie?” in Greifswald (15.10.2011)

Folgender Einladungstext wurde vom Antisexistischen Bündnis Rostock übernommen:

“Am 15.10.2011 im IKuWo ab 18.30h mit einer Rederunde und Fragestunde in Feierkunde „If I can‘t dance – politisch feiern, nur wie?“

Es soll drum gehen, wo die Ansprüche hingehen, wenn wir tanzen gehen…und wie sich Menschen um und in Party bemühen den ein und anderen Anspruch aufrecht zu erhalten und zu transportieren. Dazu gibt es ein Podium mit Themenblöcken a la Party und Drogen, Party und Geschlechterrollen, Party und Politik..Zu jedem Fragekomplex sitzen auf dem Podium fachkundige Menschen aus Partyorga-Crew, Technik, Secu, vom Auschank,… und sicherlich ist der ein und die andere schon auf so einigen Feiern zu Gast gewesen. Und weil wir alle das auch schon mal waren und manchmal auch immer mal wieder sind, kann jegliche Ansicht vom Publikum aus hinterfragt werden.
Für diejenigen, die in groszen Runden nicht reden oder fragen mögen, sind Pausen und Infotische mit Buffet eingeplant.
Wer feststellt, dass die diskutierten Ansprüche ihrer_seiner Revolution standhalten können, mag ja vielleicht danach zum tanzen bleiben.
Das line-up der Auflegerei und die Besetzung des Podiums sind nachzulesen unter:
ificantdance.blogsport.de

Wir freuen uns sehr von euch zu hören!
asb_hro”

“Ich bin kein Rassist, aber…”

Ein neuer Tumblr-Blog erblickt das Licht der Welt. Im Lamebook stil werden hier Ausschnitte aus Facebook/Twitter Streams gepostet, welche sich mit der Thematik “Ich bin kein Rassist, aber…” beschäftigen. Laut DeadCatBounce hat das Ganze englischsprachige Ursprünge und schon den ein oder anderen Follower.

Wolfgang Wippermann hatte mal beschrieben, dass es in diesem Land mindestens 40% Rassisten gibt – 60% hassen die Sinti und Roma – und so zeigt sich die wahre Fratze der deutschen Offenheit auf dem Blog. Das das einstige WM-Motto “Die Welt zu Gast bei Freunden” noch nie Relevanz hatte, zeigte sich eben doch nicht nur in den No-Go-Areas im Osten Deutschlands.

An dieser Stelle sei aus diesem Anlass natürlich auch noch einmal auf die Infoveranstaltung zum 20. Jahrestag der pogromartigen Übergriffe in Hoyerswerda hingewiesen, die am Donnerstag um 19:00 Uhr im Nexus stattfinden wird.

Infoveranstaltung zum 20. Jahrestag der pogromartigen Übergriffe in Hoyerswerda

Die rassistischen, pogromartigen Überfälle im September 1991 in Hoyerswerda dauerten über eine Woche an und bildeten nur den traurigen Startpunkt einer ganzen Reihe von rassistischen Gewalttaten im jüngst wiedervereinten Deutschland. Dabei blieb es nicht nur in Ostdeutschland sondern auch vor den alten Bundesländern machte der aufkommende Nationalismus nicht halt. Die extreme Rechte erhielt starken Zulauf und fühlte sich dank des kollektiven, nationalen Freudentaumels bestärkt insbesondere gegen Menschen mit Migrationshintergrund, AsylbewerberInnen aber auch politsch Andersdenkende gewalttätig vorzugehen.
Dass es dabei gerade in den Gebieten der ehemaligen DDR zu solch abscheulichen Taten gekommen ist wenig verwunderlich. Zwar wurde stets betont wie antifaschistisch und solidarisch mit den VertragsarbeiterInnen man sei, doch die alltägliche Realität sah anders aus. Das Leben der VertragsarbeiterInnen war geprägt von rassistischen Diskriminierungen sowohl am Arbeitsplatz, als auch im – wenn auch kaum vorhandenen – öffentlichen Leben. Diese äusserten sich in verbalen Angriffen, die komplette Isolierung in Wohnheimen, teilweise sogar mit Ausgangsverbot bis hin zu körperlichen Angriffen, wobei sich die VertragsarbeiterInnnen nicht mal auf die Hilfe der Polizei berufen konnten. Diese Stimmung bereitete, beflügelt vom grassierenden Nationalismus des deutschen Mobs, den ersten Pogrom auf deutschem Boden seit dem 2. Weltkrieg vor. Die Polizei war unfähig die tobende Meute zurück zu halten und schliesslich mussten alle AsylbewerberInnen und ehemalige VertragsarbeiterInnen evakuiert werden.
Doch da die Deutschen sich mit Schuldbekenntnissen etwas schwer tun, geht die traurige Geschichte weiter. Es gibt keine kritische Auseinandersetzung seitens der Stadt zu den Vorfällen. Bei Nachfragen von der Presse, z.B. von der Jungle World, wird abgeblockt. Der damalige Sprecher des Bürgermeisters und jetzige Bürgermeister Skora: “Wenn Ausländer nicht in Hoyerswerda wohnen wollen, dann ist das doch ihre freie Entscheidung.” Dabei zeigt sich auch ganz klar, dass hier eine Art Schuldabwehr und Schuldumkehr passiert. Bürger und Stadt sehen sich als die eigentlichen Opfer von ’91. Das trotzige Schweigen oder verkrampfte Hinweisen “man solle doch mal über was positives berichten”, zeigt ganz klar dass man sich insgeheim einer Schuld bewusst ist, diese aber durch fehlende Aufarbeitung versucht zu verdrängen.
Jetzt, 20 Jahre später, hat sich immer noch nicht viel geändert. Es gibt keine AsylbewerberInnen in Hoyerswerda, bis auf obligatorische griechische, italienische und chinesische Restaurants gibt es kein multikulturelles Leben, Jugendliche haben kaum Perspektive und die Stele die vor 5 Jahren “in Gedanken an die extremistischen Übergriffe 1991″ errichtet wurde ist irgendwie bei Bauarbeiten verschütt gegangen…
Anlässlich des 20. Jahrestages hat sich nun die Initiative “Pogrom 91″ gegründet, deren Forderung darin besteht, ein geeignetes Denkmal aufzustellen, die Ereignisse als das zu benennen was sie sind, nämlich ein rassistisches Pogrom und eine Aufarbeitung seitens der Stadt. Dazu wird am 15.09.2011 im Nexus eine Infoveranstaltung mit Film statt finden, ausserdem gibt es Vokü und danach Kneipe.

Kurz Notiert: Kleine Anekdote zu Alltagsrassismus

Vor ein paar Jahren, als ich noch in Berlin lebte, war ich abends allein mit dem ÖPNV unterwegs. Als ich umsteigen wollte - den Namen der Haltestelle habe ich vergessen - umringten mich eine Gruppe junger Männer mit hochgegelten Haaren und teils in Muscleshirts. Am weitergehen gehindert und durch das Massenhafte auftreten eingeschüchtert wurde mir vorgehalten, dass ich mit meinen Haaren wie eine Frau und überhaupt sehr unmännlich aussehe und dass ich wohl schwul oder sonst was sei. Der begleitende Tonfall verriet, dass die Sprecher irgendwie weiblich oder schwul auszusehen für etwas ziemlich schlimmes hielten. Ich ließ die Provokation an mit abprallen und die Gruppe verlor dann auch das Interesse an mir. Lediglich einen kleinen Schubs bekam ich verpasst, als die Typen in einer Schwarmbewegung in Richtung ihrer eingefahrenen S-Bahn abzogen.

Später erzählte ich einem Freund von dem nicht besonders angenehmen Erlebnis. Sein Kommentar dazu fällt mir dem Wortlaut her nicht mehr ein, dem Sinn gemäß war es jedoch eine ironische Bemerkung zu dem, was im gegenwärtigen Diskurs wohl migrantisch-muslimische Männerkultur heißen würde. Ich stockte. Mit keinem Wort hatte ich in meiner Schilderung erwähnt, es handle sich um eine Gruppe von migrantischen oder muslimischen Jugendlichen. Das zu glauben hatten sie mir nämlich nicht den geringsten Anlass gegeben - weder vom Aussehen her (der Anführer war sogar blond) noch von der Aussprache, die eher nach autochontem Berliner, als nach von wo auch immer her Zugezogenem klang.
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Jeff Blankfort and the Tender Embrace of Opportunism

Opportunism makes strange bedfellows. How else can Jeff Blankfort’s prominence in what is supposedly a Palestinian solidarity movement be explained?

 The Lobby Hypothesis

Blankfort’s basic claim is that a Jewish Lobby has a…

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Bastelstunde bei der Nürnberger Staatsanwaltschaft

Manche wissen einfach nicht, wann sie endlich aufgeben sollen. Zu diesem ziemlich großen Personenkreis gehört neben dem selbstvernichtungsfreudigen Spätrömer Guido Westerwelle offenbar auch die Staatsanwaltschaft Nürnber…

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Münklers Erfolgsrezept für die neue Ostfront

Herfried Münkler von der HU-Berlin hat im SPIEGEL – diesem sich ständig unterbietenden Glanzbeispiel der deutschen Quantitätspresse – endlich das geliefert, worauf ein ganz bestimmter Jahrgang der deutschen Generalität vergeblich wartete: Eine praktische Anleitung, wie man an der Ostfront siegen kann. Eine etwas weiter östliche Ostfront, aber Ostfront bleibt Ostfront, und es ist ja nie zu spät, Versäumtes nachzuholen.

Der tückische David heißt der Text, und darin wird ausführlich skizziert, wie man als fremde Besatzungsmacht dem einheimischen Widerstand den Garaus machen kann – wenn das der Führer gewußt hätte!

Aggressor zu sein, konstatiert Münkler, der diesen häßlichen Ausdruck tunlichst meidet und lieber von „Goliath“ redet, ist kein beneidenswertes Los. Man steht als schwer bewaffneter Migrant von irgendwelchen fremden Leuten umgeben, deren Sprache man nicht versteht, und die einen am allerliebsten gleich wieder loswerden möchten (das gebührliche Mitleid bringen diese tückischen Davids natürlich nie und nimmer auf). Schlimmer als der deutsche Soldat an der neuen Ostfront hat es kein abgeschobener Sinti.

„Eigentlich hatte Goliath schon verloren, bevor der Kampf begann, weil er eben Goliath war.

Immerhin hätte er präventiv handeln können: Argwöhnisch geworden, weil der Knabe zunächst im Bach nach Steinen suchte, hätte er antizipieren können, dass ihn ein Kiesel aus seiner Schleuder treffen und kampfunfähig machen könnte. Er hätte also, um dem zuvorzukommen, seinen Speer auf den Jugendlichen schleudern und ihn töten können. Doch dann hätte es geheißen, der Krieger Goliath habe ein unschuldiges Kind beim Spielen am Bach getötet. Das hätte nicht bloß sein Hässlichkeits-Image verstärkt, sondern ihn auch Ehre und Ansehen gekostet. Womöglich hätten sich sogar seien Kriegskameraden von ihm abgewandt(!!). Nicht als strahlender Sieger, sondern mit dem Odium des Kriegsverbrechens belastet, wäre er nach Hause zurückgekehrt.“


Hierbei ist vorsichtshalber anzumerken, daß das nicht satirisch gemeint ist. Der Münkler meint es wirklich ernst. Daß der Goliath das mit dem rechtswidrigen Überfall vielleicht besser gelassen hätte, fällt ihm natürlich nicht ein. Und Kriegsverbrecher zu sein, ist für ihn nur ein Image-Problem – das sind die erhabenen Werte des Abendlandes, die wir diesen primitiven Afghanern jetzt mühsam beibringen!  

Ja, selbst dann, wenn man den Widerstand besiegt, schreibt Münkler mit rührendem Selbstmitleid, hat man ein (aus der Geschichte wohl bekanntes) „Legitimationsproblem“. Für die Bevölkerung ist man ja immer noch die fremde Besatzungsmacht, die ihre Landsleute umgebracht hat, und die Überlebenden der Gewalt käuflicher Massenmörder unterworfen hat, und zwar selbst dann, wenn man sich „Wohlwollen erkaufen“ will, indem man seinen Verpflichtungen nach dem 4. Genfer Abkommen durch die Errichtung einiger Schulen und Polykliniken teilweise nachkommt. Der Undank dieser wilden Ostvölker kennt wahrlich keine Grenzen.

Dafür hat Münkler jetzt die Lösung:

„Materielle Hilfe für die afghanische Bevölkerung muss konditioniert sein, verknüpft mit eindeutigen Loyalitätsbeweisen (sprich: Beweisen der Kollaborationsbereitschaft). Im Idealfall konkurrieren dann in einem Distrik die Dörfer, die sich dem Westen angeschlossen haben, mit denen, in denen die Gegner des Westens das Sagen haben."

Mit anderen Worten: Wir scheißen auf die Genfer Abkommen! Ärztliche und sonstige Grundversorgung kriegen nur die Käuflichen. Wer kollaboriert und denunziert, dem soll es einigermaßen gutgehn. Wer aber die Besatzung ablehnt, soll verrecken. „Es muss sichtbar werden, dass sich die Entscheidung für den Westen lohnt und die gegen ihn einen hohen Preis hat. Kopf und Seele kann man nur gewinnen, wenn der Leib etwas zu verlieren hat.“ Wenn man einen an den Eiern packt, folgen Kopf und Seele gleich danach, wie es der Stalin mal so schön auf den Punkt gebracht hat.

Münkler hat recht: Man muß aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Hätte sich damals die Kollaboration mehr gelohnt, wäre die letzte deutsche Goliathkampagne vielleicht anders ausgegangen.

Käuflichkeit muß sich wieder lohnen! Nur so kann Münklers demokratischer Verfassungsstaat verhindern, daß sich die Geschichte wiederholt.
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Neues vom Stammtischbroder

In seinem neuerlichen Beitrag im Online-Cerebrolytikum Achse des Guten („Israels kleine Helfer“) hat der von der NPD gefeierte Publizist Henryk M. Broder in einer Sache definitiv recht: Die Neue Rheinische Zeitung taugt nicht zum Einwickeln toter Fische. Da kann man ihm uneingeschränkt zustimmen. Die Achse des Guten eignet sich auch nicht zum Regenschutz.

In einem weiteren Punkt weiß ich mit dem Broder einig: Er hält seine Leser für Vollidioten, und ich kann mir kaum vorstellen, wer seine Hirnabgase sonst freiwillig einatmen würde. Getreu seinem Motto – „Warum sachlich, wenn’s auch persönlich geht?“ – langweilt er sein Publikum nicht mit irgendwelchen lästigen Tatsachen oder inhaltlichen Auseinandersetzungen. Stattdessen erfahren wir, daß die Friedensaktivistin Evelyn Hecht-Galinski eine „verzweifelte Hausfrau aus dem hinteren Kandertal“ ist und der neulich von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in den Landwehrkanal abgeworfene Norman Finkelstein „seinerseits eher die Behauptung hinnehmen würde, daß er ein schwerst gestörter Soziopath ist, als damit einverstanden wäre, Israel helfend unter die Arme zu greifen". Dann wird mal schnell das Thema gewechselt.

Vielleicht sieht Broder nur deshalb keinen Anlaß zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Thesen Finkelsteins, weil er diese bereits an anderer Stelle verdreht hat. So heißt es auf seiner Homepage:

„Was Finkelstein sagt, [...] ist in seiner Simplizität genial . Erstens: Es gibt jüdische Eliten, die in der Lage sind, eine Verschwörung zu organisieren. Zweitens: Die Juden nutzen den Holocaust aus, um damit Geld zu machen. Drittens: Wenn es heute Antisemitismus gibt, so sind daran die Juden mit ihrem Verhalten schuld.“

Natürlich weiß jeder, der Die Holocaust-Industrie gelesen hat, daß diese Behauptungen zwar Broders neuesten Fans zugeschrieben werden können. Von Norman Finkelstein stammen sie jedenfalls nicht. Unter „jüdischen Eliten“ versteht Finkelstein nichts anderes als man unter „preußischen Eliten“, „russischen Eliten“ oder „japanischen Eliten“ versteht, also „Personen, die herausragende Stellungen im organisatorischen und kulturellen Leben des jüdischen Mainstreams innehaben" (Finkelstein, Die Holocaust-Industrie, Kap. 1 Fn. 1, Übersetzung von mir). „Die Juden“ tun bei Finkelstein natürlich gar nichts. Schließlich geht es ihm um konkrete Personen und Organisationen, die konkrete Dinge gesagt und getan haben. Von „Verschwörungen“ ist bei ihm auch keine Rede.

Wenn diese Behauptungen Broders (die auch von anderen plausibilitätsfernen Publizisten verbreitet werden) wahr wären, müßte man sich schon wundern, weshalb Finkelstein ausgerechnet vom Gründer der wissenschaftlichen Holocaustforschung und Autor des Standardwerks Die Vernichtung der europäischen Juden Raul Hilberg gelobt wird, während sich der Broder gezwungen sieht, die vom sächsischen NPD-Landesverband anzuflehen, sie mögen doch nicht so laut applaudieren.

Ich merke aber, daß ich wieder sachlich herangegangen bin. Das sollte ich mir dringend abgewöhnen. Tatsachen interessieren natürlich nur linksreaktionärfaschistische Gutmenschen, die Broders „erfrischende Überfremdungskritik“ „als ausländerfeindlich verteufeln“ (O-Ton NPD Sachsen). Dabei lehrt uns Broder, daß Kogitieren gleich Kapitulieren ist. Wir sollen doch nicht bei jeder Behauptung erst mal fragen, ob sie auch stimmt. Wir sollen einfach glauben. Das ist der wahre Geist der Aufklärung. Deswegen hat men beim Lesen mitunter das Gefühl, Broders Texteproduktion sei eigentlich eine Strafmaßnahme für Menschen, die irgendetwas wissen – das ist sie nämlich auch!

Der Fall Sabine Schiffer – Wiedersehen mit dem Minenfeld

In der strafrechtlichen Praxis kann die Bedeutung des Ehrenschutzes mit dem Gewicht seiner theoretischen Ableitungen schwerlich mithalten: Die Anzeigebereitschaft ist gering, die Mehrzahl der Anzeigeerstatter wird ohne größeres Federle…

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Der masturbatorische Philosemitismus – nochmals zu den Antideutschen

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Einige haben bemängelt, daß mein satirischer Kurztext zum Thema „Antideutsche“ eben keine politologische Abhandlung mit allerhand Fundstellennachweisen sei. Zwar könnte man dagegen einwenden, daß das schließlich zwei völlig unterschiedliche Genres seien, die unterschiedliche Stilmittel einsetzen und unterschiedliche Ziele verfolgen. Damit wäre eigentlich alles gesagt.

Der Kernfrage – Was sind diese „Antideutschen" eigentlich für welche? – möchte ich mich aber schon etwas ausführlicher zuwenden. Die im folgenden zitierten Äußerungen habe ich repräsentativen antideutschen Presseorganen entnommen, und zwar teils dem Aufsatz „Gegen die antisemitische Internationale“ und Teils den „Aktuell“-Artikeln des antideutschen Verlags „BAHAMAS“. Wer als Antideutsche/r der Ansicht ist, daß diese Quellen nicht repräsentativ für die ganze besondere antideutsche Denkart seien, ist selbstverständlich herzlich eingeladen, in den Kommentaren repräsentativere Quellen zu verlinken (bitte beachten, daß Umlaute nicht angezeigt werden können – woran das liegt, ist mir ein Rätsel, also bitte: Keine Umlaute und keine Sonderzeichen).

Zum antideutschen Judenbild
Für den Nazi bin ich Hassobjekt. Für den Antideutschen bin ich Wichsvorlage.
Für keinen von beiden bin ich Mensch.


Die Antideutschen haben ein wirklich merkwürdiges Verhältnis zum Judentum. Zum Ausdruck kommt dieses Verhältnis u.a. im Untertitel des Aufsatzes Israelkritik – die zarteste Versuchung seit es Antisemitismus gibt: „Warum den Antisemitismus nicht kritisieren kann, wer mit Israel nicht solidarisch ist.“ Die grammatischen Besonderheiten dieser Äußerung sollen uns nicht weiter aufhalten. Wichtig ist zunächst die Frage, was man nach Auffassung der Antideutschen unter „mit Israel solidarisch“ zu verstehen hat. Diese Frage haben die Volksgenossen bei BAHAMAS mehrfach beantwortet. „Solidarität mit Israel, so weiß antideutsche Kritik“, heißt es in einem Beitrag von Tjark Kunstreich, der unter Antideutschen als so etwas wie ein Intellektueller zu gelten scheint, „ist entweder bedingungslos oder sie ist keine.“ So stellt schon „die trotzige Beanspruchung [des Rechts], Israel kritisieren zu dürfen“ einen „Verrat an Israel“ dar.  In der „Verteidigung Israels gegen jede Kritik“, so der Aufruf zu einer antideutschen Konferenz (auch bei BAHAMAS zu finden), liege eine der Hauptaufgaben der antideutschen „Kritik“.

Wer also nicht bereit ist, niemals ein auch nur leise kritisches Wort über Israel auszusprechen, darf den Antisemitismus nicht kritisieren. Das mag zunächst einmal befremdlich wirken, blasen sich doch diese Gschaftlhuber ständig zu den heldenhaften Bekämpfern der „Antisemitischen Internationalen“ auf. Aber eigentlich ist das sehr leicht zu erklären: Der klare Vorteil dieses Kunststücks liegt darin, daß die Antideutschen niemals ihre eigene Einstellung zum Judentum kritisch hinterfragen müssen. Wer nicht ganz ihrer Meinung ist, darf zum Thema Antisemitismus gar nichts sagen.

So geht das Antideutschtum so mancher heiklen Frage aus dem Weg. Man könnte sich z.B. schon mal fragen, was es mit ihrer Verklärung des niederländischen Antisemiten Theo van Gogh – der sich in aller Öffentlichkeit köstlich über die Schoah amüsiert hat – auf sich hat. Ein weiteres Thema wäre ihre Beweihräucherung des „Man of Peace“ George W. Bush, der sich in seiner Innenpolitik von den mächtigsten Verfechtern des US-amerikanischen Antisemitismus – den christlichen Fundamentalisten, die ganz unverhohlen die prophezeite Vernichtung des Judentums anstreben – leiten ließ.  Wenn sie bereit wären, auch mit Menschen, die nicht ganz ihrer Meinung sind, über den Antisemitismus zu reden, müßten sie sich auch mit ihrem extrem herablassenden Judenbild konfrontieren lassen.  Nicht daß ich die geringste Lust verspüren würde, mit ihnen darüber zu diskutieren.

„Wer den ‚Zionismus’ angreift, aber beileibe nichts gegen die ‚Juden’ sagen möchte“, zitiert der oben zitierte Beitrag Mit
Israelkritik" gegen Antizionismus zustimmend Hans Mayer, „macht sich oder andern etwas vor. Der Staat Israel ist ein Judenstaat.“ Eigentlich müßte das schon völlig ausreichen, um zu zeigen, auf welchem Mist das Antideutschtum gewachsen ist: Wer die Politik oder die Ideologie eines Staates kritisiere, greife also zwangsläufig auch das Volk an, das der fragliche Staat sein eigen nenne. Volk, Staat und Staatsideologie seien eins. Das hat ein gewisser Dr. Freisler auch so gesehen.

Da könnte man meinen, daß es nach Ansicht der Antideutschen immerhin Juden erlaubt wäre, den Staat zu kritisieren, der vorgibt, in ihrem Auftrag zu handeln. Welchen Staat darf man denn kritisieren, wenn nicht seinen „eignen“?

Da würde man sich aber gewaltig irren.  So wird die nicht gerade als „antizionistisch“ einzustufende jüdische Online-Zeitschrift Hagalil angegriffen, weil es deren „erklärtes Ziel“ sein soll, „das organisierte Judentum und die nichtorganisierte Judenheit in Deutschland von bedingungsloser Israelsolidarität abzubringen.“ Wo sie diesen merkwürdigen Eindruck von Hagalil herhaben, sei dahingestellt. Diese Kritik richtet sich dagegen, daß eine jüdische Zeitschrift versucht, andere Juden von ihrer vermeintlichen „bedingungslosen Israelsolidarität“ abzubringen. Den selbsternannten Judenstaat dürfen also nicht einmal diejenigen kritisieren, denen dieser Staat angeblich gehört.

„Die Redaktion Bahamas ruft alle, ob jüdischer oder nichtjüdischer Herkunft, die noch wissen, dass man Deutschen und anderen Europäern kein Recht auf Israelkritik zubilligen darf, dazu auf, nach der Blamage am Breitscheidplatz die Minimalstandards, die an eine Veranstaltung für Israel zu stellen sind, verbindlich festzulegen“


Überhaupt hat das Antideutschtum uns Juden eine ziemlich enge Rolle zugewiesen. Wir sollen „bedingungslos israelsolidarisch“ sein. Wir werden sogar dazu aufgerufen, uns von diesen Leuten „verbindliche Minimalstandards“ diktieren zu lassen. Wir haben stets passive Opfer und Mahngegenstände zu sein. Überhaupt sind wir dem Antideutschtum zufolge zu aktivem, überlegtem Tun gar nicht in der Lage. Jede Tat wird uns immer nur von andern aufgezwungen. Und auf gar keinen Fall dürfen wir uns kritisch über unsere antideutschen Freunde und Helfer äußern.

So kritisiert das antideutsche Zentralorgan „die Verantwortlichen in der jüdischen Gemeinde zu Berlin, die sich keinen Vorsitzenden wie Alexander Brenner einer war, mehr leisten wollen – jenen Brenner, der zusammen mit Antideutschen auf Kundgebungen für Israel aufgetreten ist.“ Man höre diese Tonart! Die Verantwortlichen der jüdischen Gemeinde Berlins „wollen sich keinen Vorsitzenden mehr leisten“, der zusammen mit Antideutschen auftritt. Durch diese Formulierung soll der Berliner Gemeinde unterstellt werden, daß sie sich nicht traue, einen (schon definitionsgemäß) mutigen, antideutschtumnahen Vorsitzenden zu wählen.

Daß das auch andere Gründe haben könnte, kommt denen gar nicht in den Sinn. Andere mögliche Erklärungen wären, daß der Gemeinde ein anderer Vorsitzender lieber war, oder einfach, daß sie sich keinen Vorsitzenden wünscht, der sich von diesen Gesellen vereinnahmen und instrumentalisieren läßt. Aber um solche Möglichkeiten auch nur in Betracht zu ziehen, müßte man Juden als erwachsene, vernunftfähige Menschen wahrnehmen, und das wollen die Antideutschen ums Verrecken nicht. Wenn wir in der Lage sind, selber zu entscheiden, was wir von Israel, von Palästina, von Arabern, Türken, Muslimen, Krieg, Frieden, Schweinefleisch, dem Strafgesetzbuch, den USA, der Fußball-WM u.v.a.m. halten, sind die freundlichen Diktate des Antideutschtums eine Zumutung. Sie wären sogar verdammt antisemitisch.  Die komplexen, leyenhaften Gedankensperrmchanismen  des Antideutschen schützen ihn jedoch vor solch schrecklichen Gedanken.

Und daran erkennt man auch, daß es den Antideutschen gar nicht um Israel, Antisemitismus, Philosemitismus, usw. geht. Realexistierende Juden sind ihnen nicht nur egal, sondern geradezu ein Hindernis. Wenn es uns nicht gäbe, könnte niemand ihrer selbsterteilten Vollmacht widersprechen. Wie schon an ihren ständigen Versuchen, die völkische Ideologie als Sache der Araber darzustellen, unschwer erkennbar ist, geht es ihnen um gar nichts, was sich auf der Welt abspielt, sondern darum, sich selbst reinzuwaschen.  Durch ihre Verklärung ihres im israelischen Staate verkörperten abstrakten Judenobjekts und ihre Übersiedlung des abendländisch-christlichen Antisemitismus auf das Hassobjekt „Araber/Muslim“ wollen sie sich einen moralischen Persilschein ausstellen lassen.


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