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Morgen (05.04): Diskussionsveranstaltung zu Freiheit und Gleichheit.

Freiheit und Gleichheit gelten nicht nur als historisch errungener Fortschritt, sondern auch als unbedingt zu verteidigende hohe Werte der Demokratie. Kritik daran gibt es zumeist nur im Namen ihrer mangelhaften Verwirklichung. In einer Welt, in der jeder im freien Wettbewerb mit anderen steht, bilden sich scheinbar naturwüchsig lauter Unterschiede heraus, obwohl doch alle gleich sein sollen. Die einen wollen immer mehr Freiheit, die anderen fordern, darüber nicht das Ideal der Gleichheit zu vergessen. Auch wenn jeder das „Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“ hat und alle Menschen „vor dem Gesetz gleich“ sind, ist ziemlich viel Zwang und Ungleichheit auch in freien Demokratien zu Hause. Weichen da etwa Verfassungsideal und -wirklichkeit voneinander ab?
Wir wollen daran nicht so recht glauben, sondern zeigen inwiefern Zwang, Beschränkung und Ungleichheit Folgen von dieser Freiheit und Gleichheit sind. Wer sich Freiheit und Gleichheit in die Verfassung schreibt, formuliert damit die geltenden Herrschaftsprinzipien. Und um diese soll es in der Diskussion gehen.

Ort: Erreichbar. Anfang: 19:00 Uhr. Veranstalter: Jimmy Boyle Berlin (Junge Linke gegen Kapital und Nation)

Ein Fragment zur Kritik der Freiheit.

Während – zum Beispiel auf diesem Blog – die Freiheit als positive Bezugsgröße sehr theoretisch kritisiert und für das Betreiben einer nicht-kapitalistischen, kollektiven und auf Bedürfnisbefriedigung ausgerichteten Wirtschaft als untauglich herausgestellt wurde, gibt es auch Wortmeldungen aus der Praxis. Die politisch-bewusste Avantgarde des sowjetischen Proletariats, die mitten im Prozess der Entwicklung einer kommunistischen Wirtschaft stand, lehnte die Freiheit aus guten Gründen ab:

Die Strömung für die Exekutivmacht von Einzelnen ist Fleisch vom Fleische der individualistischen, d.h. sein eigenes Ich stets in den Vordergrund stellenden, Weltanschauung der bürgerlichen Klasse. Die Einzelherrschaft ist der vom Kollektiv losgelöste, „freie“, isolierte menschliche Wille, der sich in allen Gebieten, angefangen von der Selbstherrschaft des Staatsoberhauptes bis zur Selbstherrschaft des Betriebsdirektors, ausdrückt; sie ist die höchste Weisheit des bürgerlichen Denkens. Die Bourgeoisie glaubt nicht an die Stärke des Kollektivs. Es gefällt ihr mehr, die Masse zu einer gehorsamen Herde zusammenzuscharen und sie nach dem persönlichen, individuellen Willen dorthin zu treiben, wohin es die Führer für nötig befinden. Im Gegensatz hierzu weiß die Arbeiterklasse und ihre Ideologen, daß die neuen kommunistischen Aufgaben der Klasse nur durch die kollektive, gemeinsam-schöpferische Tätigkeit, durch die gemeinsamen Anstrengungen der Arbeiter selbst verwirklicht werden können. Je enger die Arbeiterkollektiven miteinander verbunden sind, je mehr die Massen zur Äußerung eines allgemeinen Kollektivwillens und -denkens erzogen werden, desto schneller und vollkommener wird die Klasse ihre Aufgabe verwirklichen, d.h. eine neue, nicht zersplitterte, aber einheitliche, harmonisch zusammengefaßte kommunistische Wirtschaft schaffen können. Nur derjenige, der mit der Produktion praktisch verbunden ist, kann in ihr belebende Neuerungen einführen.

Alexandra Kollontai: Was bedeutet die „Arbeiter-Oppositon“?