Tourismus und Imperialismus.

Der Bekannte aus Berlin hat erzählt, es seien am Abend gleich 2 Partys am Strand. Allerdings ist gegen Mitternacht spätestens Schluss. Die Polizei duldet die endlosen Hippiepartys schon lange nicht mehr. Und von einer Goaparty möchte ich auch nicht sprechen, wenn ich das beschreiben soll, was am Abend stattfindet. Es wird halt in einer Bar Psytrance gespielt und ein paar Tücher werden am Strand aufgehängt. Die Indischen Zigeuner bauen rings herum ihre Stände auf. Es geht nur noch darum, blöde Hippietouristen anzulocken und ihnen möglichst viel Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich verdränge diesen Gedanken, trinke mehr Bier und kaufe mir einen LSD-Tropfen von einem Israeli. Wenigstens das gibt es hier. Und wo LSD ist, sind auch gute Menschen, denke ich mir. Schön ist, dass die Sonne an den Stränden von Goa am Horizont überm Meer untergeht. Als ich da war, allerdings schon immer um 18:00 Uhr. Und dann ist es Stockdunkel! Und die Hunde, die überall rumlaufen – mindestens soviele wie Kühe – werden aggressiv. „Nimm dir Nachts einen Stock mit, wenn du zu Fuss unterwegs bist“, hat der Berliner gesagt. Na super. Ich kann mir nichts schöneres vorstellen, als auf LSD mit einem Hund zu kämpfen.

Schon fies, dass die Einwohner von Goa-Disneyland nicht genau auf so eine Type gewartet haben, um sie mit authentischer Liebe und exotischer Lebensart zu überschütten. Klar, dass die arm sind, hat man ja gehört, aber bumsfidel ja wohl auch!

Natürlich ist der Tourist kein Imperialist. Er „erobert“ seine Urlaubsparadiese nicht im Auftrag seines Vaterlands, sondern als friedfertiger Privatmann und Gast. Er möchte das Land, in das er kommt, nicht nehmen, sondern nur anschauen und seine Reize ein paar Wochen lang genießen. Er kommt mit besten Absichten und mit Geld. Er zahlt seine Zeche, nimmt also niemandem etwas weg, sondern stiftet Einkommen bei den Einheimischen. Dass sein Geld überall gern genommen, oft dringend gebraucht wird, sorgt dafür, dass er sich in den fremdesten Ländern und Kulturen sofort heimisch fühlt. Über dieses Medium verständigt er sich mit den Einwohnern auch ohne Sprachkenntnisse. Dass er ihnen mit seinem Geld willkommen ist, begründet die ganze Beziehung des modernen Reisenden zum Gastland und seinen Menschen. Es ändert daran nichts, ob ein Tourist, Sorte Ballermann, sich auf unverschämte Weise zu diesem Umstand bekennt, mit seiner Deutschmark in der Tasche Ansprüche stellt und am Urlaubsort die Sau rauslässt, oder ob einer diesen Umstand eher verleugnet und für eine Verfälschung seines tieferen Verständnisses der fremden Kultur und seiner persönlichen Liebe zum Gastland hält. Auch die alternativen Touristen, die in die geschätzte Lebensart des Gastlandes eintauchen wollen, kommen von der banalen Grundlage ihrer Beliebtheit an südlichen Gestaden, sowie der Grundlage der Freundlichkeit der Dortigen nicht los.

Beide Fraktionen wollen nichts davon wissen, dass die Welt ihrer Reiselust nicht deshalb offen und zur Verfügung steht, weil ihnen dieses Bedürfnis so eingefallen ist, weil sie die Ferne lieben und/oder ihre Spesen bezahlen können. Die weltweite Wirksamkeit ihrer Geldmacht und der weltweite Bedarf nach ihrem Geld unterstellt schon ein bißchen bestimmtere Verhältnisse als das von Käufer und Verkäufer – nämlich eine komplette Weltwirtschaft samt imperialistischer Staatenordnung. Von der Erinnerung an so etwas lässt sich der moderne Weltbürger die „schönsten Wochen des Jahres“ nicht vermiesen. Ihm genügt, dass er mit seinem Geld durch die Welt kommt. Auf dieser Basis ist dann alles individuelle Auswahl und Vorliebe, Hobby und Fernweh, das jeder auf seine ihm persönlich entsprechende Weise befriedigt. […]

Tourismus und Imperialismus


1 Antwort auf “Tourismus und Imperialismus.”


  1. 1 Boolt 23. September 2011 um 19:25 Uhr

    Meine Güte, was für ein Trottel.

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