Archiv für Oktober 2007
„Der ehemalige Geldbesitzer schreitet voran als Kapitalist, der Arbeitskraftbesitzer folgt ihm nach als sein Arbeiter; der eine bedeutungsvoll schmunzelnd und geschäftseifrig, der andere scheu, widerstrebsam, wie jemand, der seine eigene Haut zu Markt getragen und nun nichts anderes zu erwarten hat als die – Gerberei.“ MEW 23, 191.
Trauriger Anlass, trauriges Lied:
Eine lobenswerte Kampagne um der medialen Aufarbeitung des „deutschen Herbstes“ und der Geschichte der Roten Armee Fraktion etwas entgegenzusetzen. Die Broschüre (PDF-Link) glänzt mit einem sehr, sehr empfehlenswerten Text, die jenseits von peinlichem Verbalradikalismus a la „Schweinesystem“ und ähnlichem differenziert eine kleine Analyse schafft, die beleuchtet mit welchen Methoden welche Akteure die Rote Armee Fraktion diffamieren, pathologisieren und historisieren und auch weshalb sie das tun. Auf jeden Fall einer der gelungereren Versuche eine Antwort auf die Hetze zu finden.
Hier schonmal ein Auszug, der mir unter anderem gefallen hat:
The german way: “Aufarbeitung” der Geschichte
Deutschland baut seit der Wiedervereinigung zunehmend seine Vormachtstellung in
einem erstarkenden Europa und seine Rolle als “global player” aus: Da stört unbewältigte
Geschichte, weshalb sich die rotgrüne Bundesregierung in ihrer Amtszeit so intensiv mit
der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit beschäftigte: Sie wollte sich als eine geläuterte
Nation präsentieren, die aus ihren Fehlern gelernt habe und dafür die Konsequenzen
trage – und nun bitte, bitte wieder uneingeschränkt mitspielen und mitentscheiden wolle
bei den ganz Großen. Eine Anerkennung der deutschen Schuld an den NS-Verbrechen
fand auf verschiedenen Ebenen statt: Das Holocaust-Mahnmal wurde gebaut, der Fonds
zur Entschädigung der Zwangsarbeiter eingerichtet, der “Aufstand der Anständigen”
ausgerufen, am 8. Mai 2005 wurde am Brandenburger Tor das “Fest der Demokratie”
gefeiert und alles schien in bester Ordnung. Wer erinnerte sich denn da zum Beispiel
noch daran, dass der Fonds viel zu spät und auch nur auf massiven Druck von außen
eingerichtet wurde, zunächst nur schleppend eingezahlt wurde und längst nicht alle Opfer
des NS-Faschismus vom Gnadenbrot etwas ab bekamen, weitere Forderungen jedoch
nicht mehr möglich sind? Es war kein Zufall, dass nach der rot-grünen “Aufarbeitung” der
NS-Zeit und auf den staatstragenden “Antifaschismus” der “Brand” von Jörg Friedrich,
der Opfer-Mythos von Dresden, der “Untergang” mit Hitler als Leidensfigur und
Geschichtsrevisionisten à la Oettinger folgten, dies war und ist eine logische Abfolge. Die
Geister, die ich rief…
Allen ans Herz legen möchte ich die Diskussionsveranstaltung mit Karl-Heinz Dellwo am 08.11 um 20 Uhr im Clash, im Mehringhof (U-Bahnhof Mehringdamm). Der hat ja immer recht viel und kontroverses zu erzählen.
Eigentlich wollte ich ja heute zum Vortrag von Peter Decker. Des is zwar net mei Freund, aber der wollte mir trotzdem erzählen, was ich von Marx so alles lernen könnte. Die Festlegung des Vortragsortes konnte jedoch nur als offene Kampfansage an das Proletariat verstanden werden: Die „Freie Universität“ Berlins, wo kein Arsch hinkommt, schon gar nicht, wenn die Arbeiter_innenklasse ihre Vendetta gegen Decker vollzieht.
Bahnstreik von gestern bis heute um acht. Tja, Decker, nächstes Mal machste das besser irgendwo im Zentrum, denn bedenke:
No one messed with the workers – twice…
P.S.: Gibt es einen Audio-Mitschnitt?
Ich verstehe diesen Kerl und alle anderen, die sich für ihn einsetzen nicht und ich werde auch in Zukunft keinen Finger krummmachen, damit diese Person endlich schön nach Lehrplan Kindern (oder warens junge Erwachsene) Herrschaftsideologie über Staat und Gesellschaft einpauken darf. Warum unterstützen denn Vereine mit explizit linkem, wenn nicht sogar antikapitalistischem Anspruch jemanden, der als Propagandadrohne in den Staatsdienst will? Gibts demnächst auch Soliparties für Polizeischüler_innen, die aufgrund von früherer Antifa-Mitgliedschaft keine Bullen werden dürfen?
Selbst, wenn Csaszkóczys Antifa-Bande („Bildet Banden“) nicht ähnlich gewalttätig agiert, wie andere, so fragt sich doch, was ich mit dem Kerl gemein haben soll. Einem Typen, der immer wieder vor Gerichten und Presse betont, wie „verfassungstreu“ er doch sei. Und solche Leute unterstützt die Rote Hilfe.
No tears for idiots!
Vielleicht passend dieser Song: My little Armalite
Warum Vorratsdatenspeicherung kein Problem für den Rechtsstaat, sondern der Rechtsstaat das Problem ist – jimmy boyle berlin
Um es gleich mal vorweg zu nehmen. Auch wir finden das Abhören von Handys oder das Installieren von Trojanern auf unseren Rechnern scheiße. Dagegen finden wir es begrüßenswert, wenn sich Leute gegen Überwachung und Repression wehren. ABER: noch viel begrüßenswerter fänden wir es, wenn die Leute, die sich wehren, das mit vernünftigen Argumenten machten. Vernünftige Argumente haben wir allerdings im Vorfeld der heutigen Demonstration nur wenige gehört und einige dieser Argumente, die uns nicht so recht gefallen wollen, werden wir im folgenden kritisch würdigen.
Das Bündnis Freiheit statt Angst ruft zur heutigen Demo unter anderem mit folgendem Satz auf: „Dabei bewirkt die zunehmende elektronische Erfassung und Überwachung der gesamten Bevölkerung keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität, kostet Millionen von Euro und gefährdet die Privatsphäre Unschuldiger.“
[ www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/125/116/lang,de/ ]Zur ersten Behauptung des Satzes: Dass die zunehmende Erfassung keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität bietet, halten wir für ein sehr schwaches Argument. Soll das bedeuten, dass wenn die zunehmende Erfassung einen größeren Schutz vor Kriminalität böte, dann hätte man auch kein Problem mit der zunehmenden Überwachung? Die Frage nach dem geeigneten Schutz vor Kriminalität stellt sich uns nicht und wir wollen auch nicht am wechselseitigen Zitieren irgendwelcher wissenschaftlicher Untersuchungen teilnehmen, die jeweils entgegengesetztes behaupten. Die Befürworter der Überwachung winken mit Zahlen, die Gegner winken mit anderen Zahlen zurück – unerquicklich.
Das fragte sich auch Jürgen Elsässer auf einer Veranstaltung am gestrigen Montag in Berlin. Ich war glücklicherweise nicht, wer weiß, ob ich Elsässers Antwort „Soviel wie möglich“ und sein Rezept „Rückbesinnung auf Patriotismus/Nationalismus“, „positive Wiederbesetzung der ,nationalen Frage´“ still hätte ertragen können. Dieser Mann entfernt sich in Riesenschritten von allen linken, revolutionären Positionen. Falls stimmt, was im unsäglich beschissenen, weil sich nicht klar gegen Elsässer positionierenden Artikel steht, nämlich das Elsässer gegen das Finanzkapital argumentiert, weil dieses die Arbeitskraft nicht ausbeute, sondern von Spekulationen profitiert, dann verliert der Kerl noch mehr in meinem Ansehen. Die DKP-nahe „Marx-Engels-Stiftung“ hatte mir der thematischen Ausrichtung der Vorträge und ihrer Einladung zur Konferenz „Die Linke und die Nation“ die Richtung eigentlich schon klar vorgegeben. Ich zitiere aus dem Artikel:
»Das gebrochene oder ungeklärte Verhältnis zur eigenen Nation« sei eine »wichtige Ursache für die Schwäche der Linkskräfte in unserem Lande«, so die Einladung für die Konferenz »Die Linke und die Nation«, die im ND-Gebäude am Franz-Mehring-Platz stattfand.
Na dann ist ja alles klar. Wenn genügend dumpf, reaktionär und populistisch dahergefaselt wird, wird das schon was werden mit dem „Kommunismus“ der DKP. Anstatt linke Antworten zu finden, die Rechten übernehmen.
Wen interessiert, was ich von Staat und Nation halte und ob ich auch an „progressive Staaten“ im Sinne Elsässers glaube, der kann in der Linkliste „Was ist Nationalismus?“ anklicken. Der Text wurde mir von MPunkt empfohlen und ich finde den sehr gut.
Wieviel Populismus verträgt die Linke? Gar keinen.