Die Absicht des letzten Beitrags bestand darin, die erkennbare Dürftigkeit einiger Argumente im Streit um die richtige patriotische Positionierung zur EU-Krise um Griechenland am Beispiel von Spiegel-Burghofs Spekulantenverteidigung nachzuzeichnen. Dabei ist dessen Beitrag (auch in FAZ und Wirtschaftsblättern veröffentlicht) der nachweislichen Blödheit überführt worden. Mit seiner Kritik an den Schuldzuweisungen an Spekulanten verteidigt Burghof die Schuldzuweisung an die griechische Regierung. Dass er dies in sophistischer Absicht tut, bedeutet nicht, dass die von ihm kritisierte Sichtweise richtiger wäre. Auch von dieser soll hier nochmal abgeraten werden. Beides sind Techniken der ideologischen Krisenbewältigung, schließen sich daher auch nicht aus, sondern stehen in der Praxis dem politisierten Bürger zur Verfügung, um je nach Bedarfslage abgerufen zu werden.
Darf es die Sorge um Deutschland sein? Dann sind der griechische Staat und sein Volk als Schmarotzer am guten deutschen Geld und deutschem soliden Wirtschaftens zu besprechen. Oder sorgt man sich wissend um die Bedeutung dieses Instruments für den Aufstieg der Nation vor allem um die EU? Dann ist man empört über die störrischen Finanzmärkte, welche die EU internen Bemühungen zur Krisenbewältigung nicht honorieren, sondern auf die baldige Zahlungsunfähigkeit Griechenlands wetten und damit dem Euro schaden.
Also diesmal explizit: Burghof lobt die Spekulation dafür, dass sie das unseriöse Wirtschaften einer deutschen Konkurrenznation offen lege.
Offengelegt wird aber überhaupt nichts außer dem Wissen der Finanzer um die aktuellen Schwierigkeiten Griechenlands und der EU, mit der Widersprüchlichkeit eines gemeinsamen Geldes konkurrierender Nationen fertig zu werden. (Näheres bei Nestor Machno) Diese Schwierigkeiten lösen sich wegen einer griechischen Volksverarmung plus einiger Hilfsmilliarden sicher nicht in Luft auf. Die Finanzer haben sie zwar nicht in die Welt gesetzt, bedienen sich ihrer aber und fällen ihr Urteil über die griechische Verschuldungsfähigkeit, das sie dann auch exekutieren.
Sie deswegen der Torpedierung ehrenwerter politischer Bemühungen zu zeihen und für die Lage verantwortlich zu machen, ist aber auch falsch. Auf die Potenzen des Finanzkapital nicht verzichten zu wollen, sich aber über seine nicht bestellten Nebenwirkungen zu beschweren, ist gelinde gesagt schizoid. Schließlich wird das Finanzkapital geschätzt, solange es der Verschuldungsfähigkeit der Nation zugute kommt. Da Staatspapiere normalerweise so ziemlich die sicherste Anlageform sind, die man sich vorstellen kann, gilt dies als Selbstverständlichkeit. So muss auch schon einiges passieren, damit die Finanzwelt sich statt anhand seiner Zinszahlungen mit Spekulationen auf die Pleite eines Staates bereichert.
Und was ist passiert? Unabhängig davon, ob „die Pleite-Griechen“ oder Spekulanten für die EU-Probleme verantwortlich gemacht werden: Darüber, dass Griechenland mittels übermäßiger Verschuldung über seine Verhältnisse gelebt und Privatinteressen zu stark nachgegeben habe, ist man sich einig.
Dabei ist Verschuldung einfach eine derart normale staatliche Finanzquelle, dass sie zur Erklärung von Griechenlands Pleite überhaupt nicht taugt. Auch auf Korruption und staatlich geduldete Steuerhinterziehung hat das Land sicher kein Monopol – in welchem Umfang es letzteres auch hier gibt, ist anlässlich der aktuellen Versuche dies zu begrenzen (Steuerdaten-CDs) zu besichtigen gewesen. Niemand in der bürgerlichen Öffentlichkeit lässt sich dadurch stutzig machen, dass grade der deutsche Staat unglaublich hoch verschuldet ist. Seine zwischenzeitige Wachstumsschwächen hat dieser Staat überhaupt nicht zum Anlass genommen hat, sich an die Verschuldungsvorschriften (Maastricht-Kriterien) zu halten und die Rest-EU nicht damit zu belasten. Man hatte im Gegenteil die Macht, sich darüber hinweg zu setzen und hätte den Zwang, sich in das Schicksal einer Nation im Abschwung zu fügen, als schlimme Zumutung empfunden.
Griechenland hat nicht nur eine schwächelnde Konjunktur, sondern kann sich ganz generell nicht gegen die EU – interne Wirtschaftskonkurrenz behaupten. Die Möglichkeit, durch Abwertungen der Währung Exportchancen zu verbessern, gibt es seit der Währungsunion nicht mehr. Die Macht, wie Deutschland Verträge einfach zu ignorieren, fehlt dem Land. Als Möglichkeit zum Gegensteuern bleibt nur noch Verschuldung. Was zB. ein Konjunkturprogramm ist, dürfte dem bürgerlichen Sachverstand grade noch präsent sein.
Wenn es dieser Staats-Finanzkrise also etwas zu entnehmen gibt, sind das weder persönliche Verfehlungen der griechischen Regierung, noch von Finanzkapitalisten. Besichtigen kann man den imperialistischen Gegensatz, in dem kapitalistische Staaten zueinander stehen und seine Verlaufsform in einem Staatenbund wie der EU. Völlig selbstverständlich ist anscheinend das Mittel, das bei Konkurrenzniederlagen genauso herangezogen wird wie zum Ausbau des Vorsprungs bei nationalem Erfolg. Getreu der Wahrheit: „Die armen Nationen sind die, wo das Volk gut dran ist, und die reichen Nationen sind die, wo es gewöhnlich arm ist“ (Destutt de Tracy, zit. nach Marx, K1 S. 677), wird die Armut der Bevölkerung vorangetrieben, um arme Nationen wieder reicher und reiche Nationen noch reicher zu machen. In dieser Hinsicht sind Griechenland und Deutschland nicht verschieden.
Die Betroffenen beider Länder brauchen sich also keine Besserung ihrer Lage von Verhaltenskorrekturen irgendwelcher Verantwortlicher zu versprechen. Sie sollten sich lieber andere Sorgen machen, als die um die Stellung ihrer Nationen in der internationalen Staatenkonkurrenz.
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