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Hans-Jürgen Hübner:

Politik, traditionelle Geschichte Venedigs

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Geschichte Venedigs und Italiens

Version 1.771 (19. März 2012), begonnen Ende 2006 für Wikipedia,
dort die enzyklopädiegerechte Fassung

Inhalt

Entstehung und Aufstieg

Besiedlung der Lagune

Canaletto Return of the Bucentoro to the Molo on Ascension Day, 1732. Royal Collection. Windsor.
Von links nach rechts die Anordnung der Symbole wirtschaftlicher und politischer Machtballung: Zecca, Markusturm, Biblioteca Marciana, Piazzetta mit den Säulen, zwischen denen die Hinrichtungen stattfanden, und Dogenpalast sowie das Staatsgefängnis. Davor das Hauptschiff der vom Dogen angeführten Schiffsprozession (Vedute von Canaletto, 1732).

Ausgangspunkt der Besiedlung Venedigs war eine Gruppe von Inseln in der Lagune, die die Ablagerungen des Brenta und anderer kleiner Flüsse immer weiter in die Adria vorschoben.4 So ist der Canal Grande die Verlängerung des Nordarms des Brenta. Die Bevölkerungszahl der an und in der so entstandenen Lagune liegenden Siedlungen, die bis in etruskische Zeit zurückreichen5, stieg durch Flüchtlinge an, die sich dort der Legende nach 410 vor den Westgoten Alarichs, besonders aber 452 vor den Truppen des Hunnen Attila in Sicherheit brachten. Das legendäre Gründungsdatum Venedigs, der 25. März 421, könnte eine Erinnerung an die frühen Zuwanderer darstellen.6 Als 568 bzw. 569 die Langobarden in Oberitalien einwanderten, erreichte ein weiterer Flüchtlingsstrom die Lagune. Einige Inseln waren, wie Torcello, spätestens seit dem 1. Jahrhundert dauerhaft bewohnt, wie lange angenommen wurde. Eine dauerhafte Besiedlung lässt sich jedoch erst ab dem 4. Jahrhundert nachweisen, dann erlebte Torcello Ende des 6. Jahrhunderts einen Aufschwung, der sich im 7. Jahrhundert in einer Ausweitung der Siedlungsfläche und in besseren Häusern niederschlägt. Wohl aus dem 9. Jahrhundert stammt eine Glaswerkstatt.6a Rund zwei Drittel der importierten Amphoren auf der Insel stammten aus dem Ägäis- und dem Levanteraum, der Rest bis Ende des 7. Jahrhunderts aus Nordafrika. Eine ökonomische Vormachtstellung, wie so oft behauptet, lässt sich mangels Vergleichsstudien aus der Lagune kaum belegen.

Den Baugrund der Stadt bildeten neben der Insel Rialto die benachbarten Luprio7, Canaleclo8, Gemine9, Mendicola10, Ombriola11, Olivolo und Spinalunga.12 Pfahlroste aus Baumstämmen wurden in den Untergrund gerammt, um die Siedlungen zu erweitern.

Byzantinische Herrschaft

Mit der Eroberung des Ostgotenreiches unter Kaiser Justinian I. ab 535 kam die Lagune unter oströmisch-byzantinische Herrschaft, vermutlich mit der Eroberung Ravennas im Jahr 540. Erst 562 gelang es, den letzten gotischen Widerstand niederzuringen. Unter diesen Umständen dürfte die Verwaltung weitgehend eine militärische gewesen sein. Die Landnahme der Langobarden ab 568 bzw. 569 zwang Kaiser Maurikios, den verbliebenen Randprovinzen größere Eigenständigkeit zu gewähren, und so wurde Ende des 6. Jahrhunderts das Exarchat Ravenna geschaffen.13, eine Bezeichnung, die allerdings erst nach 750 in den Quellen auftaucht. Der Terminus exarchus erscheint hingegen bereits unter dem 4. Oktober 584 in einem Brief Papst Pelagius' II. Er bezeichnete einen Militärkommandanten. Dabei ist eine unmittelbare Ernennung von Lokalkommandanten durch den Exarchen letztmalig für das Jahr 687 greifbar. Um 700 wurde die Einsetzung von lokalen duces bestenfalls noch vom Exarchen abgesegnet.

Der Exarch ernannte den Magister militum als militärischen Oberbefehlshaber der Provinz. Ob die duces dabei Lokalkommandanten mit festen Gebieten waren, lässt sich nicht mehr ermitteln; das gleiche gilt für die Frage, ob der Magister vor allem für die Zusammenfassung der Kräfte anlässlich von Feldzügen verantwortlich war. Möglicherweise wurden die Titel auch synonym gebraucht, da die Kommandanten zunehmend ortsfest wurden. Spätestens in den 630er Jahren kam es zu einer zunehmenden Regionalisierung der Verwaltung in Form von Dukaten, wie etwa in Ligurien oder Istrien, aber auch in Venetien. Sieht man vom angeblich ersten Dogen ab, so taucht ein Dux dort erstmals 727 auf. Durchaus möglich ist, dass Konstantinopel die Verwaltung der Provinz bereits früh lokalen Gruppen unter Leitung eines Dux überließ, solange sie in kaiserlichem Sinne agierten.

Dem Magister militum unterstanden in der Lagune jedenfalls Tribunen13a, die Cassiodor in einem Brief von 537/38 erstmals genannt und die er als tribuni maritimorum bezeichnet hatte. 13b Wie deren Übergang unter byzantinische Herrschaft ab etwa 540 erfolgte, ist unklar. Zunächst dürfte es sich jedenfalls um ein Amt, später um einen Erbtitel gehandelt haben, den bestimmte Familien beanspruchten. Ursprünglich waren sie Kommandanten eines numerus (bandon) von 300 bis 400 Mann. Als längere Zeit stationierte Kommandanten entwickelten sie im Lauf des 7. Jahrhunderts eine zunehmende Bindung an ihren Ort. Doch sind die Quellen hier nicht sehr zuverlässig. Die älteste Inschrift, die die Existenz eines Tribunen belegt, stammt aus Jesolo und datiert in das 7. Jahrhundert.13c Im 7. Jahrhundert dominierten sie bereits die Lagune. Entscheidend für diese Entwicklung war, dass die Staatsbeamten über ein regelmäßiges Geldeinkommen verfügten und dass sie von den drückenden Steuern befreit waren. Im Gegensatz dazu waren die alten Grundbesitzerfamilien davon nicht befreit. Infolge der kriegsbedingten wirtschaftlichen Schrumpfung konnten diese Beamten zunehmend als Landkäufer auftreten, die sowohl privaten als auch kirchlichen Besitz aufkauften. Zudem wurden die Militärbeamten zunehmend mit zivilen Aufgaben betraut. Insbesondere durften sie Ende des 6. Jahrhunderts auch in Zivilsachen Recht sprechen, ein Recht, das sie bis 751 weiter ausbauten. Eine wichtige Quelle für die byzantinische Zeit ist eine um 804 entstandene Auflistung von Beschwerden, die sich als Vergleich mit der schlechten Gegenwart auf die Zeit vor den Franken beziehen. Dieses Placitum von Rižana/Risano13d zeigt, trotz aller Schönfärberei der Vergangenheit, dass sie über dem populus gestanden hatten. Demnach verfügten die byzantinischen Tribunen - zumindest auf Istrien - über Freigelassene und weitere Hilfskräfte; sie wurden von der Kirche verpflegt und die Hälfte ihrer Steuern zahlte sie darüber hinaus, sie hatten Land verpachtet, Fischfang war eine wichtige Einnahmequelle, ebenso wie die Waldwirtschaft. Hatte ein Tribun den Ehrentitel Hypatos, so war er nur dem Magister militum unterstellt (davon sind insgesamt 5 Fälle überliefert). In Venetien erwarben Tribunen wohl auch Land, doch spielte hier der Handel eine ungleich größere Rolle. Provinzhauptstadt war zunächst Oderzo, das antike Opitergium.

Als 568 die Langobarden nach Norditalien zogen - möglicherweise anfangs als Föderaten -, umgingen sie unter Führung König Albuins die befestigte Provinzhauptstadt und zogen 569 westwärts nach Mailand, ohne dort auf Widerstand zu treffen - sine aliquo obstaculo, wie Paulus Diaconus überliefert. Pavia verteidigte sich hingegen drei Jahre lang bis 572. Byzanz konnte sich nur im Raum Mantua, Padua, Monselice, Altino, Concordia und Oderzo halten, jedoch nur bis zur zweiten Expansionsphase des Langobardenreichs. Padua fiel dabei Anfang des 7. Jahrhunderts. In der dritten Expansionsphase fiel Oderzo im Jahr 639. Es wurde um 666 zerstört, das Territorium unter die angrenzenden Herzogtümer Friaul, Treviso und Ceneda aufgeteilt. Damit löste sich die Provinz weitgehend auf und die Lagune war zunehmend auf sich selbst gestellt.

Der Bischofssitz wurde 635 von Altino in das leichter zu schützende Torcello verlegt. Folgt man der venezianischen Historiographie, so gründeten die Flüchtlinge aus Aquileia Grado, die aus Concordia gründeten Caorle; die aus Oderzo Herakleia, die aus Altino schließlich Torcello. Durch die Abtrennung der ursprünglichen Heimatstädte wurde der Rückweg endgültig abgeschnitten, der Aufbau urbaner Strukturen wurde intensiviert oder setzte überhaupt erst ein. Das Zentrum der Administration der Provinz wurde nach dem ersten Fall Oderzos (ca. 639) das heute auf dem Festland gelegene, im 7. Jahrhundert jedoch auf einer Laguneninsel gelegene Herakleia. Weitere Zentren in der Lagune entwickelten sich auf Torcello und Olivolo, von denen angenommen wird, dass ihnen kleinere Nachbarinseln untergeordnet waren. Möglicherweise unterstanden die Zentren einem Duca oder Magister militum. Insgesamt verschwanden von 372 bekannten Städten der Antike im Zuge der Invasionen 116, von den 25 in der Regio X Venetia et Histria verschwanden 6 der 25 Städte.13g Dabei spielte zum einen die Politik der Langobarden eine Rolle, aber es scheint auch zu massiven Überschwemmungen gekommen zu sein, insbesondere Ende des 6. Jahrhunderts, die sich sowohl auf dem Festland, als auch in der Lagune nachweisen lassen, so etwa auf Torcello. Gefährdete Stellen wurden wohl schon aus diesem Grunde aufgegeben, wichtige Handelswege und Häfen unbrauchbar.

Dabei nahm der Handel mit dem Festland, vor allem mit Salz und Getreide, der bereits im 6. Jahrhundert eine wichtige Rolle14 gespielt hatte, im 8. Jahrhundert offenbar noch zu. Dieser komplizierte Handel, der auf gute Kontakte zu den lokalen Machthabern, auf ebensolche Kontakte zu Produzenten und Abnehmern angewiesen war, stand nicht jedermann offen. Es bedurfte erheblicher Erfahrung und vielerlei Fertigkeiten, um hierin bestehen zu können. Im Gegensatz zu den Standesgenossen außerhalb Venedigs erwarb der venezianische Adel, der sich überwiegend auf römische Wurzeln zurückführte, wohl um 800 bereits sein Vermögen nicht aus immobilem Besitz sondern (zunehmend) im Handel. Möglicherweise kamen ihm bestehende Kontakte zu den alten Festlandszentren dabei zugute.

Paolo Lucio Anafesto wurde 697 - folgt man der historiographischen Tradition Venedigs - zum ersten Dogen erhoben.14a Er vertrat erstmals die gesamte Lagune. Zuvor, so berichtet der einzige Gewährsmann Johannes Diaconus, hätten jährlich neu gewählte Tribunen die Lagune beherrscht, und den Dogen in sein neues Amt erhoben.14b Um 713/16 wird erstmals ein Dux (Führer oder Herzog) Ursus als Stellvertreter des Exarchen erwähnt, der noch am ehesten eine historische und keine legendäre Gestalt war. Die Verlegung des Amtssitzes erfolgte unter seinen Nachfolgern zunächst nach Heraclea und später nach Malamocco. Ab 811 wurde während der Amtszeit des Dogen Agnello Participazio oder Agnellus Parteciacus Rialto zum Amtssitz.

Bei der Wahl des ersten Dogen erscheinen entsprechend der venezianischen Tradition zum ersten Mal die so genannten zwölf apostolischen Familien der Badoer, Barozzi, Contarini, Dandolo, Falier, Gradenigo, Memmo, Michiel, Morosini, Polani, Sanudo und Tiepolo.

Von Byzanz zunehmend unabhängig zeigte sich Venedig erstmals im beginnenden byzantinischen Bilderstreit (726/27), als sich die Stadt auf die päpstliche Seite stellte. Darüber hinaus kam es erstmals zu einem Vertrag aus eigener Autorität, also ohne byzantinische Bestätigung, mit den Langobarden zwischen 714 und 717. Im Zusammenhang mit den byzantinisch-langobardischen Kämpfen soll der Doge den Beinamen Ipato (griech. Hypatos), also Konsul erhalten haben, wohl in Anerkennung seiner Verdienste bei der Rückeroberung Ravennas und der Pentapolis nach 729/34. Bereits 732 wurden die Orte der Lagune einem eigenen Bischof unterstellt, was ihre Zusammengehörigkeit verstärkt haben wird und sie zugleich deutlicher sichtbar machte.

Diese Verselbstständigung hatte eine Vorgeschichte. Severus, der Patriarch von Aquileia, war vom Exarchen Smaragdus zusammen mit dreien seiner Bischöfe, nämlich Johannes von Parenzo, Severus von Triest und Vindemius von Cissa aus Grado nach Ravenna entführt und gezwungen worden, sich im Dreikapitelstreit dem Papst zu unterwerfen. Severus widerrief jedoch im Jahr 590. Daraufhin wurde er von Papst Gregor I. nach Rom zitiert. Überbringer der Forderung war ein Tribun, der einen Befehl des Kaisers Maurikios mit sich führte, und der Soldaten mitbrachte.14e Interessant in unserem Zusammenhang ist dabei weniger der theologische Streit oder die Frage der Gewaltanwendung, sondern die kaum verhohlene Separatismusdrohung: Nach Ansicht der Bischöfe war es nämlich nicht mit dem römischen Recht vereinbar, dass in einem Prozess eine der Parteien als Richter fungiere. Sie gelobten dem Kaiser zwar Treue, drohten aber gleichzeitig damit, dass man in Zukunft bei fehlender Unterstützung gegen den Papst nicht sicherstellen könne, dass die Bischöfe entlegenerer Diözesen in Aquileia geweiht werden würden und so Konstantinopel jeglichen Einfluss verlieren könnte.14f Maurikios forderte Rom daraufhin auf, auf Gewalt zu verzichten. Exarch Kallinikos sandte 599 dem Papst eine Kopie eines kaiserlichen Befehls, die Häretiker nicht zu verfolgen. Diese Rücksichtnahme änderte sich mit Kaiser Phokas, der Kallinikos 602 durch Smaragdus ersetzen ließ. Die Spannungen nahmen zu, Smaragdus besetzte das Bistum Grado mit einem Papstanhänger, dessen Gegner wählten schließlich einen Gegenpatriarchen namens Johannes, der von König Agilulf und Gisulf II. von Friaul unterstützt wurde. Damit gingen Binnen- und Küstenvenetien eigene Wege. 627/28 musste der in Roms Augen häretische Patriarch Fortunatus aus dem byzantinischen Grado ins langobardische Aquileia fliehen. Nach dem Tod Kaiser Herakleios' mischte sich Konstantinopel nicht mehr in die Kontroverse ein. Sie wurde erst 698/99 geschlichtet, 716 erkannte Rom offiziell den Patriarchenstatus Aquileias an.

Zwischen Byzanz, den Langobarden und dem Frankenreich

Kaiser Karl I. (links) und sein erster Sohn Pippin, darunter ein Schreiber; Miniatur aus dem 10. Jahrhundert, Kopie einer verlorenen, zwischen 829 und 836 in Fulda für Graf Eberhard von Friaul hergestellten Miniatur, Biblioteca Capitolare, Modena

Mit der Eroberung Ravennas durch die Langobarden (751) war die byzantinische Herrschaft in Oberitalien beendet. Trotzdem wusste Venedig die formale Abhängigkeit von Byzanz zu schätzen, denn nur diese war in der Lage, seine Unabhängigkeit gegenüber den Franken unter Karl dem Großen zu bewahren, der ab 773 das Langobardenreich eroberte. 785 ließ er die venezianischen Händler aus der Pentapolis vertreiben.14g Besonders deutlich zeigt dies der Versuch König Pippins von Italien, zwischen etwa 803 und 810 die Inseln zu erobern. Erst im Frieden von Aachen (812) wurde Venedig als Teil des Byzantinischen Reiches anerkannt. Dies und die Verlegung des Dogensitzes an die Stelle des heutigen Dogenpalastes bildeten Grundlagen für die spätere Sonderentwicklung der Stadt gegenüber dem übrigen Italien.

Innerhalb der Lagune herrschte während dieses Prozesses keineswegs Einmütigkeit. Zunächst einmal prägten Langobarden und Byzantiner die internen Konflikte. Der vierte Doge Diodato Ipato fiel 756 offenbar den Kämpfen zwischen prolangobardischer und probyzantinischer Fraktion zum Opfer. Auch der probyzantinische Nachfolger Galla Lupanio, der ihn gestürzt hatte, fiel einem Attentat zum Opfer. Domenico Monegario wiederum führte bis zu seinem Sturz im Jahr 764 eine prolangobardische Fraktion, was dem oberitalienischen Handel Venedigs zugute kam. Zugleich wurden erste Versuche unternommen, die Macht des Dogen durch zwei Tribunen zu beschränken. Diese Kontrolltribunen kennen wir aus den Jahren 756 bei Domenico Monegario, dem die seit 751 von Byzanz unabhängigeren Großen in Venedig misstrauten, 810/11 bei Agnello, dem beim Umzug nach Rialto und unter dem Schutz der byzantinischen Flotte zwei Tribunen zur Seite gestellt wurden, und 836, als die Tribunen Basilius und Johannes zusammen mit Ursus, dem Bischof von Olivolo, eine Übergangsregierung bis zur Rückkehr des rechtmäßigen Dogen Giovanni aus dem Exil bildeten. Von einer dauerhaften Kontrollfunktion kann in keinem dieser Fälle die Rede sein. Es handelt sich wohl, wie so oft, eher um eine Rückprojektion späterer Verhältnisse, als man den Dogen stärker kontrollierte und vor allem an einer Dynastiebildung hindern wollte.

Maurizio Galbaio, der von 764 bis 787 das Dogenamt innehatte, versuchte gegen starke Widerstände eine solche Dogendynastie durchzusetzen, indem er seinen Sohn Giovanni zum Nachfolger machte. Doch dieser überwarf sich mit dem Klerus der Stadt und unterlag schließlich einer profränkischen Fraktion unter der Führung des Obelerio degli Antoneri, der dann allerdings während der Belagerung durch Pippin mitsamt seiner Familie 804 fliehen musste.

Doch es waren nicht nur die Einflüsse der benachbarten Mächte und von Byzanz, das nach einer krisenhaften Phase zwischen etwa 710 und 730 wieder aktiver eingriff, sowie die Versuche der Dynastiebildung, die die internen Kämpfe befeuerten, sondern auch der zwischen verschiedenen städtischen Zentrum um und in der Lagune, die sich zu entwickeln begannen. Der Konflikt zwischen dem alten Zentrum Herakleia, wo sich - aber das ist nicht anhand der Quellen verifizierbar - vermutlich die probyzantinischen Familien befanden, und der im Aufstieg befindlichen Siedlung Malamocco in der Lagune, spielte ebenfalls eine Rolle. Domenico Monegario wurde 756 der erste Doge, der aus Malamocco stammte. Vielleicht ist auch schon die Wahl von Deusdedit 742/43 als Aufstand Malamoccos gegen die byzantinische Vorherrschaft oder die von Herakleia zu werten; in jedem Falle war Malamocco als Dogensitz sicherer als das exponierte Herakleia. Maurizio Galbaio wurde hingegen als eine Art byzantinischer Beamter betrachtet, denn in einem Brief des Patriarchen von Grado an Papst Stephan III. aus dem Jahre 770/71 wird er als consul et imperialis dux huius Venetiarum provinciae bezeichnet.14h Er führte den byzantinischen Brauch ein, bereits zu Lebzeiten populo interpellante seinen Sohn zum Mitregenten zu erheben. In den Verhandlungen von 754 zwischen Papst Stephan II. und Pippin tauchte Venetia nicht auf, weil es als zu Byzanz gehörig betrachtet wurde, obwohl das Exarchat Ravenna nicht mehr existierte. Aufgrunddessen verlor der Doge gegenüber tribunizischen Familien - sie hatten das Tribunenamt möglicherweise schon erblich gemacht - an Einfluss, von denen sich vor allem gegen Ende des 8. Jahrhunderts einige dem byzantinischen Einfluss entgegenstellten. Die Dogen ihrerseits nutzten die darauf basierenden Fraktionskämpfe, um ihre dynastischen Ambitionen durchzusetzen. Dazu nutzten sie die prestigeträchtige und legitimierende byzantinische Tradition, den Einfluss des Volkes und vermutlich ihre familiäre Hausmacht und ihren Grundbesitz, die sich immer mehr in die Lagune verlagerten.

San Alipio facade door of Saint Mark's Basilica of Venice
Translatio der Reliquien des Hl. Markus, 13. Jahrhundert, Lunette oberhalb des Portals des Hl. Alipius, Markuskirche

Diese internen Kämpfe wurden durch die aggressive Politik der Franken intensiviert, vor allem zwischen 787 und 811. Als erstes nahm der Patriarch von Grado, Johannes IV. (767-802?), wohl 775/76 Kontakt mit dem Papst auf, den er von antifränkischen Umtrieben in Kenntnis setzte. Dies hing wahrscheinlich mit der Gründung des Bistums von Olivolo (S. Pietro di Castello) zusammen, das der Doge in diesem Jahr gegründet hatte. Seine Jurisdiktion erstreckte sich auch auf Rialto, was Johannes als Bedrohung seiner Stellung erkannte. Byzanz verstärkte nun seine diplomatischen Aktivitäten. Der Gegensatz zwischen Malamocco, wo der Doge residierte, und Grado eskalierte unter Giovanni Galbaio. Er entsandte 802 (?) seinen Sohn Maurizio mit dem Befehl, den Patriarchen zu ermorden. Doch dessen Nachfolger Fortunatus war ebenfalls ein Parteigänger der Franken, der sich sicherheitshalber aus Grado absetzte. Mit ihm gingen die Tribunen Obelierius und Felix aus Malamocco sowie weitere Adlige ins Exil nach Treviso. Ein Jahr später stürzte diese profränkische Gruppe die Galbaii, die möglicherweise aufgrund ihrer dynastischen Bestrebungen unter Ausschluss des Volkes den Rückhalt verloren hatten und nach Pavia (ins Exil?) gingen, und machte den von ihr gewählten Obelierius zum Dogen (803-10). Dabei kam der profränkischen Gruppe zustatten, dass Byzanz mit Aufständen und Angriffen der Araber beschäftigt war. Der neue Doge und sein Bruder Beatus begaben sich Weihnachten 805 an den Hof Karls. Sie wurden von Vertretern der Stadt Zara (Zadar) begleitet, was darauf hindeutet, dass sich auch Dalmatien von Byzanz abwandte. Egilius Gaulus aus Malamocco soll, folgt man der Origo14i, die Stadt Herakleia zerstört und die Dogenfamilie ermordet haben. Die Bewohner gingen demnach nach Rialto (Rivo qui dicitur alto). Möglicherweise wurde die Stadt im Rahmen der sich anschließenden Flottenoperationen in der Lagune ein zweites Mal niedergebrannt.

Byzanz reagierte stark verzögert, sah sich aber, nachdem die Franken gegen Dalmatien gezogen waren, dazu gezwungen. Byzanz sah seine Dominanz auf dem Meer gefährdet, die die Voraussetzung dafür war, das weitläufige Reich zusammenzuhalten, das sein Hinterland, sieht man von Kleinasien ab, weitgehend eingebüßt hatte. Der patrikios Niketas führte 806 eine Flotte in die Lagune, womit der Ostkaiser seit 751 erstmalig wieder militärisch präsent war. Die Flotte blieb bis August 807. Während dieser Zeit kam es zu einem Friedensschluss mit Pippin14j, der Doge erhielt den Titel spatharios, ein Titel, der noch über dem des hypathos stand, und der nur zwei mal verliehen wurde, zuletzt 840/41 an Pietro Tradonico. Vielleicht wurde der Kult des Heiligen Theodor eingeführt. Niketas nahm allerdings den Bruder des Dogen, Beato, sowie den profränkischen Bischof Christoforus und den tribunus Felix als Geiseln mit nach Konstantinopel. Beatus kehrte später mit dem Titel eines hypatos nach Venedig zurück. Bereits 808/9 lag die nächste byzantinische Flotte, diesmal unter Führung des Paulos, des Strategen von Kephallonia in der Lagune. Auch diesmal überwinterte die Flotte in dem sicheren Hafen. Bei Comacchio kam es zu einem Scharmützel, dem ein neuer Friedensvertrag folgten sollte. Anscheinend fürchteten Obelerio und Beato, die beiden Dogen, um die Autonomie der Stadt und hintertrieben den Vertrag.14k Pippin griff im Frühjahr 810, folgt man den Annales regni francorum, erfolgreich Malamocco an, doch musste er wegen der Flotte unter Führung des Paulos auf einen Angriff auf Dalmatien verzichten. 14l Johannes Diaconus berichtet hingegen von einem Vertragsbruch Pippins, und dass er nur bis Albiola gekommen sei, ein Ort, der einen Teil des heutigen Lido di Pellestrina südlich von Malamocco, in der Nähe von San Pietro in Volta und Portosecco bildet. Dann sei er zurückgeschlagen worden. Die Quellen sind widersprüchlich. Wahrscheinlich verlegten die Venezianer ihren Hauptsitz nach Rialto, obwohl die Insel näher am Festland lag, weil Pippin Malamocco über die Lidi erreicht hatte. In jedem Falle fiel das venezianische Festland an die Franken, der 807 geflohene Fortunatus wurde wieder als Patriarch eingesetzt. Erneut erschien eine byzantinische Flotte, diesmal unter dem Befehl des spatharios Arsaphios, diesmal aber, um Friedensverhandlungen aufzunehmen. Darüber hinaus setzte er die Dogenbrüder ab und ersetzte sie durch Agnello Parteciaco (auch Angelo Partecipazio). Sein Amtssitz wurde Rialto, doch wurden ihm zur Kontrolle zwei Tribunen zur Seite gestellt. Nach einiger Zeit, in der die Partecipazio vermutlich ihre Macht festigten, wurde der Patriarch Fortunatus abgesetzt. Arsaphios wollte mit Pippin verhandeln, doch starb dieser am 8. Juli 810. So musste er nach Aachen zu Karl gehen, der Venedig dem Byzantinischen Reich zugestand, wie die Annalen der fränkischen Könige berichten.14m Nach komplizierten Verhandlungen, über die im Osten zwei Kaiser gestürzt wurden und im Westen Kaiser Karl verstarb, erkannten sich die beiden Kaiserreiche 815 gegenseitig an. Venedig blieb formal byzantinisch, doch die Präsenz der kaiserlichen Macht ließ rapide nach, da Byzanz mit den Bulgaren, die bis vor die Hauptstadt zogen, hinreichend beschäftigt war. Militärische Präsenz in der Lagune zeigte Byzanz damit zuletzt im Jahr 810. Dennoch blieb der Einfluss Konstantinopels noch deutlich spürbar.

Unter der Dynastie der Partecipazio machte die Vergrößerung der Stadt deutliche Fortschritte, insbesondere um das neue Zentrum Rialto. Ihr Selbstbewusstsein wuchs, aber es fehlte noch eine spirituelle Erhöhung, ein Symbol für die Bedeutung der Stadt. Nach dem Raub - die Legende behauptet, nach der Rettung vor den Sarazenen, die zu dieser Zeit Kirchen abrissen - seiner Reliquien aus Alexandria (828), wo sich bereits eine venezianische Kaufmannskolonie befand, wurde der Evangelist Markus zum neuen Schutzpatron der Stadt erhoben. Die Republik wurde nun ihm geweiht, und das Symbol des Evangelisten, der geflügelte Löwe, wurde zum Hoheitszeichen der Republik. Noch heute findet man ihn im gesamten Bereich ehemals venezianischer Besitzungen. Damit war ein weiterer Schritt zur Unabhängigkeit getan, jetzt gegenüber dem Patriarchen von Aquileia, der eine geistliche Oberherrschaft beanspruchte; möglicherweise aber auch gegenüber Byzanz, denn Markus löste den Heiligen Theodor als Schutzpatron ab. Ob dessen Kultur durch Narses im 6. Jahrhundert oder durch den Flottenführer Niketas 806/7 eingeführt wurde, sei dahingestellt. Dass dies kein ungewöhnliches Vorgehen war, zeigte sich 819. Andrea Dandolo berichtet, dass Kaiser Leon V. Reliquien des Heiligen Zacharias nach Venedig bringen ließ. Die sie begleitenden griechischen Baumeistern sollten ihm eine Kirche errichten (San Zaccaria).14n Die beiden Heiligen, nämlich Markus, dessen Symbol der Löwe ist, und Theodor, dessen Symbol der Drache ist, weil er zur Zeit des Kaisers Licinius einen solchen getötet haben soll, stehen noch heute auf den Säulen der Piazzetta.

Der über Jahrhunderte schwelende Streit mit Aquileia hatte seine Wurzeln nicht erst im fränkisch-byzantinischen Kampf. Er ging vielmehr darauf zurück, dass 568/9, als die Langobarden nach Italien kamen, der Patriarch nach Grado geflohen war. Dadurch entstand eine geistliche Konkurrenz zum alten Patriarchensitz, gleichsam in Sichtweite, den die venezianischen Großen nutzten, um sich dem religiösen Oberhaupt, der zugleich Vasall der Franken, später des Heiligen Römischen Reiches war, zu entziehen. Sie wandten sich Grado zu. Die Reliquien des Heiligen Markus wurden damit von eminenter politischer Bedeutung, um sich dem Herrschaftsanspruch Aquileias und damit dem indirekten Herrschaftsanspruch des Reichs zu entziehen. Als Hüter einer solch hochrangigen Reliquie konnte Venedig seine spirituelle Stellung und die Unabhängigkeit vom Patriarchen dadurch unterstreichen, dass der Heilige, dem die Gründung des Patriarchats zugeschrieben wurde, körperlich in Venedig anwesend war. Damit hatte man eine beinahe unmittelbare Verbindung zur göttlichen Familie.

Der von Byzanz eingesetzte Doge Agnello Partecipazio erwies sich als loyal, während ihm ein Teil der Familie feindlich gegenüberstand. Nach byzantinischem Usus erhob er seinen Sohn Johannes zum Mitregenten, den anderen Sohn Juistinianus schickte er nach Konstantinopel. Als letzterer mit dem Titel hypatos ausgestattet zurückkehrte, wurde er zum Mitregenten erhoben, sein Bruder Johannes indes ins Exil nach Zadar geschickt. Die Ursachen für diese Exilierungen sind nicht bekannt. Zudem wurde die Erbfolge auf dessen Sohn Agnello ausgedehnt. Johannes floh derweil nach Bergamo, doch Kaiser Ludwig lieferte ihn aus und er wurde nun nach Konstantinopel verbannt. Eine Revolte seiner Rivalen konnte Agnello zwischen 824 und 827 niederschlagen, zwei ihrer Führer wurden erhängt, der dritte floh zu Lothar I. Venedig leistete 828 einer Aufforderung Konstantinopels Folge, gegen die Araber vor Syrakus Unterstützung zu leisten, erneut etwa zwei Jahre später. Der Dynastiegründer Agnello übergab das Dogenamt an seinen Sohn Giustiniano (Justinianus). Dieser wiederum machte seinen zurückgekehrten Bruder Giovanni (Johannes) zum Mitregenten. Giovanni I. Participazio folgte bereits 829 seinem Bruder im Amt. Diesen Moment versuchte Obelerio zu nutzen, um aus dem Exil zurückzukehren, doch scheiterte er und er wurde hingerichtet (zwischen 829 und 831). Damit war die pro-fränkische Partei unterlegen.

Doch dann kehrten sich die Fronten um. Nun musste der Doge aus Venedig fliehen und Zuflucht beim fränkischen Kaiser Lothar suchen, während der Tribun Caroso für sechs Monate die Lagune beherrschte. Nur mit Hilfe der Franken konnte der Doge zurückkehren. Bis zur Rückkehr des Dogen übernahm der Bischof von Olivolo gemeinsam mit zwei Tribunen die Regierungstätigkeit. Giovanni wurde wieder in seinem Amt bestätigt. Er ließ Caroso blenden und verbannen, da er als Senator von Konstantinopel nicht hingerichtet werden durfte. Doch die undurchsichtigen Auseinandersetzungen, bei denen es sich nicht mehr um den fränkisch-byzantinischen Gegensatz handelte, gingen weiter. Giovanni geriet in einen Hinterhalt einer verfeindeten Familie und wurde 836 zwangsweise zum Kleriker geweiht. Damit war er für das Dogenamt untauglich.15

Trotz der anhaltenden Auseinandersetzungen konnte sich eine rudimentäre Verwaltung um den Dogensitz auf Rialto entwickeln. So sind Beamte des Dogen, die sich für die Eintreibung von Abgaben und Gebühren zuständig waren, ab 819 unter dem Titel Gastalden belegt. Ob sich hier eine kontinuierliche Entwicklung anbahnte, oder ob es auch hier Brüche gab, ist unklar, denn die nächste Erwähnung eines Gastalden stammt erst wieder aus dem Jahr 1000. Die Dogen selbst führten immer wieder byzantinische Titel, wie den eines hypathos oder spatharios. Daher leiteten sich die frühen Symbole bei der Amtsübergabe ab, für letzteren das Schwert, für ersteren Stab und Szepter (Knüppel), die Symbole der Konsuln (fustis und baculus).

Parallel zum Aufstieg neuer Institutionen verschwand Ende des Jahrhunderts das byzantinische Amt des Tribunen bald gänzlich, doch die tribunizischen Familien beherrschten fortan die Stadt. Später war der Adel in Venedig immer eher ein Amtsadel - die Ämter wurden geradezu zum Signum der Zugehörigkeit zum Adel - als ein Geblütsadel. Unter Venetia verstand man inzwischen ein Gebiet, das von Grado bis Chioggia reichte. Im Pactum Lotharii15a, in dem Kaiser Lothar I. im Jahr 840 Venedig mit zahlreichen Rechten ausstattete, sind 18 verschiedene Orte angeführt, darunter Rialto und Olivolo. Ihre Unabhängigkeit wurde damit endgültig anerkannt. Unter dem Dogen Pietro Tribuno erfolgte die Einbeziehung dieser beiden Orte in ein gemeinsames Verteidigungssystem, aus dem die eigentliche Stadt Venedig hervorging. Auslöser für diese Anstrengung waren Angriffe der Ungarn, die 900 bis in die Lagune eingedrungen waren. Die Inseln von Rialto wurden mit Mauern umgeben, eine Kette schützte die Einfahrt zum Canal Grande. Innerhalb der Stadt verfestigte sich eine Gruppe von vermögenden Händlern, die überwiegend aus den adligen Familien stammten. Im Gegensatz zu den Standesgenossen auf dem Festland stand bei ihnen der Handel in hohem Ansehen.

Die Dogendynastie der Partecipazio

Die Schwäche des Byzantinischen Reiches veranlasste Venedig zur Einmischung in die durch Slawen, Ungarn und Muslime (Sarazenen) ausgelösten Plünder- und Eroberungszüge. Schon 827-28 schickte Venedig auf Verlangen des Kaisers eine Flotte gegen die Sarazenen, die begannen, Sizilien zu erobern. Zugleich bekämpfte Venedig Piratenflotten der Narentaner (im Süden des heutigen Kroatien)16, denen der Doge Pietro Candiano 887 zum Opfer fiel. Um 846 drangen Slawen bis Caorle vor, 875 die Sarazenen bis Grado - sie hatten schon in der Seeschlacht vor der Insel Sansego (Susak, südöstlich von Pola) den Venezianern schwer zugesetzt.

Um 880 gelang es Venedig endgültig, seine Stellung als regionale Vormacht auszubauen, eine Entwicklung, die auch das Vordringen der Ungarn im Jahr 900 nicht aufhalten konnte, die Altino zerstörten und in die Lagune eindrangen. 854 und 946 wurde Comacchio, das die Mündung des Po beherrschte, durch die Venezianer erobert und zerstört. Damit geriet Venedig jedoch mit dem Kirchenstaat in Konflikt, denn dieser war durch die Pippinische Schenkung von 754 Oberherr von Comacchio geworden. Die Eroberer wurden erstmals von der päpstlichen Exkommunikation getroffen.

Das Verhältnis zu Byzanz nahm währenddessen zunehmend den Charakter eines Bündnisses an. Diese Phase der venezianischen Geschichte wurde von der Dynastie der Partecipazio dominiert (810 bis 887, erneut 911 bis 942), wenn auch die Herrschaft des Pietro Tradonico, die überaus erfolgreich war, die Dominanz der Partecipazio von 837 bis 864 unterbrach. In seinem Werk über die Verwaltung des Byzantinischen Reiches des Kaisers Konstantin Porphyrogenitus, die die Zustände zu Anfang des 10. Jahrhunderts wiedergibt, erscheint noch Venedig.14d Damit erschien Venedig immer noch als Teil des östlichen Kaiserreichs, obwohl die Stadt mehrere, souveräne Verträge mit den Königen von Italien abschloss, wie 888 mit Berengar I., 891 mit Wido von Spoleto, 924 mit Rudolf von Burgund und 927 mit Hugo I. von der Provence.

836 wählte das Volk, also die einflussreichen männlichen Vertreter der mächtigsten Familien, Pietro Tradonico zum Dogen. Byzanz war durch einen dreißigjährigen Bürgerkrieg nach der Ermordung des Kaisers im Jahr 820 und danach mit den Angriffen der Sarazenen auf Kreta und Sizilien vollauf beschäftigt. Venedig wurde praktisch autonom. Die einzig nennenswerte Flottenpräsenz in der nördlichen Adria stellten die Venezianer dar. Um 830 kam es stattdessen zu ersten Konflikten mit slawischen Piraten in der Adria. 834/35 wurden Kauffahrer auf dem Rückweg von Benevent von Narentanern überfallen und fast alle wurden umgebracht. 839 fuhr eine venezianische Flotte an die Ostküste und schloss Frieden mit kroatischen und narentanischen Piraten. Doch bereits 840 entsandte Venedig eine neue Flotte gegen die Narentaner unter ihrem Führer Ljudislav. Ihren Höhepunkt erreichte die Seeräuberei unter ihrem Führer Domagoj (864-876). Ähnlich wie im Fall der Piraterie, so waren die Venezianer im Kampf gegen die Sarazenen anfangs nicht sehr erfolgreich. Die beiden Flottenexpeditionen von etwa 827 und 829 waren ohne Ergebnis, die von 841 (mit 60 Schiffen) gegen die Sarazenen vor Tarent endeten in einem Fiasko. Ossero und Ancona wurden noch 841 geplündert, 842 landeten Sarazenen im Kvarner Golf. Wieder musste Venedig eine Niederlage einstecken. Nun plünderten Slawen Caorle (zwischen 842 und 846). Möglicherweise mit der Hilfe byzantinischer Schiffbauer und eines größeren Schiffstyps, der Chelandrie, der möglicherweise mit griechischem Feuer ausgestattet war, konnte Venedig jedoch bald erste Siege erringen. Die Wichtigkeit dieser Abwehr wurde sogar im Pactum Lotharii ausdrücklich fesgehalten.14da Dieses Pactum stellt zugleich den ersten Vertrag dar, den Venedig nicht über Konstantinopel sondern direkt mit dem Reich abschloss. Außerdem wurde der Doge Pietro nicht, wie noch sein Vorgänger, als imperialis ipatus et humilis dux provincie Veneciarum tituliert, sondern als gloriosissimus dux Veneticorum. 867 besiegte eine venezianische Flotte eine arabische vor Tarent, eine Belagerung Grados konnte 875 abgewehrt werden.

Die Dogendynastie der Candiano, imperiale Politik der Ottonen

Schon unter Pietro II. Candiano (932-939) setzte Venedig seine Vormachtstellung gegenüber Capodistria (Koper), einem der wichtigsten Handelsorte auf Istrien, durch.17 Dazu genügte erstmals eine Blockade, ein Machtmittel, das Venedig in den Anrainerländern der Adria über Jahrhunderte erfolgreich einsetzte. Die Familie Candiano hatte schon früher eine bedeutende Rolle gespielt und 887 mit Pietro I. Candiano einen ersten Dogen gestellt. Er kam jedoch bereits nach kaum einem halben Jahr beim Kampf gegen die Narentaner18 ums Leben.

Unter der Dynastie der Candiano, die zwischen 942 und 976 ununterbrochen die Dogen stellten, schien es fast, als könnten westeuropäische, am Feudalsystem orientierte Vasallitätsverhältnisse die Oberhand gewinnen. Dabei musste Pietro III. Candiano (942-959) seinem Sohn Pietro IV. weichen, der von den Feudalherren des Festlands und König Berengar II., unterstützt wurde. Pietro IV. lehnte sich an Otto I. an, der 962 zum Kaiser erhoben wurde, und der den Dogen dazu veranlasste, ihm Tribut zu leisten - im Tausch gegen den Zugriff auf die Kirchengüter in seinem Gebiet. Pietro IV. schickte seine erste Frau in ein Kloster und heiratete Waldrada, eine Nichte des Kaisers.

Christus selbst segnet die eheliche Verbindung zwischen Otto II. und Theophanu, zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Byzanz, Relieftafel aus Elfenbein, Buchdeckel von 982/983, Musée national du Moyen Âge, Paris, 18*10 cm, Fonds Du Sommerard, Cl. 392

Die imperiale Politik Ottos II. brach gegenüber Venedig grundsätzlich mit der Tradition seiner Amtsvorgänger, die seit 812 Bestand hatte. In der Folge wurde 976 die pro-ottonische Dogendynastie der Candiano gestürzt. Wie es bei Petrus Diaconus heißt, erhoben sich einige der Großen gegen den Dogen und belagerten ihn und seine Garde im zu dieser Zeit noch befestigten Dogenpalast. Am 11. August 976 legten sie Feuer. Der Doge und sein Sohn Vitale, Bischof von Venedig, flohen aus dem brennenden Dogenpalast in die Markuskirche. Der Doge und ein im Säuglingsalter stehender Sohn wurden dort umgebracht - wahrscheinlich auf byzantinische Initiative. Mehrere hundert Häuser, der Dogenpalast und die erste Markuskirche wurden dabei zerstört. Der Witwe seines ermordeten Vorgängers, Waldrada, beließ der neue Doge Pietro I. Orseolo ihr Erbe, denn sie stand unter dem Schutz der Kaiserwitwe Adelheid. Der Doge ging bereits 978 in ein Kloster, er ist der einzige Doge, der heiliggesprochen wurde (1731).

Als die weiterhin Otto II. loyale Familie Coloprini mit den pro-byzantinischen Morosini und Orseolo in offenen Konflikt geriet, wandte sie sich an Kaiser Otto. Während die erste, im Januar oder Februar 981 angeordnete Handelsblockade Venedig kaum beeinträchtigte, fügte die zweite im Juli 983 verhängte Handelssperre der Stadt erhebliche Schäden zu. Die Coloprini wurden nun gefangengesetzt, ihre Stadtpaläste zerstört, wenige Jahre später wurden auch die rückkehrenden Coloprini von den Morosini umgebracht. Nur der frühe Tod Ottos II. Ende 983 verhinderte möglicherweise die Unterwerfung Venedigs unter das Imperium.19

Die Orseolo, Aufstieg zur Großmacht

Mit der Regierungszeit des Dogen Pietro II. Orseolo (991-1008), dem Sohn Pietros I., der 978 Mönch geworden war, begann der Aufstieg Venedigs zur Großmacht, und zwar wirtschaftlich und politisch. 992 erhielt Venedig ein Privileg des byzantinischen Kaisers Basileios II., das die Handelsabgaben in Byzanz erheblich reduzierte und die Venezianer gegenüber den konkurrierenden Städten begünstigte.20 Zugleich nannte das Privileg die Venezianer extranei, also Fremde, was sicherlich keine Bezeichnung mehr für byzantinische Untertanen war, noch nicht einmal mehr dem Anspruch nach.

Otto III., der im März 996 zu seinem ersten Italienzug aufbrach, übernahm in Verona die Patenschaft über Ottone, den dreijährigen Sohn und Nachfolger des Dogen, und führte dadurch das gute Verhältnis der Ottonen zu Venedig fort.

Ebenso richtungweisend war die Durchsetzung der freien Schifffahrt durch die Adria. 997 bis 998 gelang ein erster erfolgreicher Feldzug gegen die Narentaner in Dalmatien, bis 1000 wurden die als Schlupfwinkel für Piraten geltenden Inseln Korčula und Lastovo erobert. Die Flotte setzte die politische Vorherrschaft Venedigs gewaltsam bis Ragusa durch, dem heutigen Dubrovnik. Weiter im Süden der Adria gelangen ebenfalls wichtige Erfolge. 1002-03 konnte die Flotte die sarazenischen Belagerer vor dem byzantinischen Bari besiegen.

Pietro wird die Zeremonie der alljährlichen Verehelichung Venedigs mit dem Meer zugeschrieben (Festa della Sensa). Dieses Staatsschauspiel unterstrich symbolisch Venedigs Anspruch auf die Beherrschung der Adria, wenn nicht gar des gesamten Mittelmeeres. Die Fraktion der auf die Adria und den Fernhandel ausgerichteten Gruppen hatte sich endgültig durchgesetzt. Der Doge beanspruchte nun den Titel Dux Veneticorum et Dalmaticorum, und innenpolitisch entzog er sich in einmaligem Ausmaß der Kontrolle durch seine Standesgenossen.

Venedig war unter Pietro II. Orseolo zur Großmacht aufgestiegen, und seine Familie unternahm den Versuch einer Dynastiebildung, der jedoch am Widerstand der führenden Familien scheiterte. Hebel zur Machtausübung sollten vor allem höchste kirchliche Ämter und die guten Beziehungen zu den Kaiser- und Königshäusern sein. So war Pietros Sohn Giovanni Orseolo seit etwa 1003 mit der byzantinischen Prinzessin Maria Argyra verheiratet, doch der designierte Nachfolger des Dogen starb bereits 1006. Stattdessen folgte auf Pietro sein Bruder Ottone.

Der Doge Ottone Orseolo (1009-1026) war seit 996 Patensohn Ottos III., sein Vater Pietro II. hatte von Kaiser Basileios II. 992 ein weitreichendes Handelsprivileg erhalten. Seit 1011 mit Maria aus dem Haus der Arpaden verheiratet, war Ottone Schwager König Stephans I. von Ungarn.

Der Konflikt mit Konrad II. bereitete sich dadurch vor, dass er seinen Bruder Orso zum Patriarchen von Grado erhob, darüber hinaus einen weiteren Bruder, den zwanzigjährigen Vitale, zum Bischof von Torcello. Poppo wehrte sich gegen die seiner Meinung nach nicht rechtmäßige Ämtervergabe bei Papst Benedikt VIII., er selbst behinderte den Handel auf dem oberitalienischen Festland. Papst Johannes XIX. unterstellte Grado dem Patriarchen von Aquileia.

Eine Gruppel unter Führung von Domenico Flabanico stürzte Ottone und verbannte ihn mit seinem Bruder Orso nach Istrien. Poppo besetzte daraufhin Grado, worauf die Venezianer ihrerseits die Brüder 1023 eilig wieder in ihre Ämter beriefen. 1026 wurde der Doge wegen der Fortsetzung seiner dynastischen Politik erneut gefangen genommen. Man schor seinen Bart und er wurde nach Konstantinopel ins Exil geschickt. Daraufhin entzogen sowohl Byzanz als auch Konrad II. Venedig seine Handelsprivilegien.

Auf Ottone Orseolo folgte Pietro Centranico (1026-32), der aber von den Anhängern Orseolos wieder abgesetzt wurde. Auch er verlor Amt und Bart und ging nach Konstantinopel ins Exil. Ottone wurde 1032 abermals Doge, vertreten durch Orso, der wieder Patriarch von Grado war. Ottone war jedoch bereits verstorben, als sein Bruder Vitale ihn in Konstantinopel abholen wollte. Zwar versuchte die Orseolo-Familie in einem Handstreich ein letztes Mal eines ihrer Mitglieder einzusetzen, doch Domenico Orseolo wurde bereits nach einem Tag von einer Volksversammlung wieder abgesetzt. Er ging nach Ravenna ins Exil.

Zum Dogen wurde nun Domenico Flabanico, ihm wurden zwei Räte oder Sapienti beigegeben, die seine Macht begrenzen sollten. Der Doge durfte fortan keinen Verwandten mehr zum Mitdogen erheben und ihn damit zum Nachfolger prädestinieren.

Inzwischen meldete Stephan von Ungarn Ansprüche auf die dalmatinischen Städte an, die Venedig seit Pietro II. unterstanden. Der Sohn Ottones, Pietro Orseolo, wurde von Stephan 1037 zu seinem Nachfolger bestimmt. Er regierte Ungarn von 1038 bis 1041 und von 1044 bis 1046.

Innenpolitisch setzten die großen Familien also 1032 durch, dass kein Doge mehr seinen Mitregenten und Nachfolger bestimmen durfte. Stattdessen wurde ihm ein Beratergremium beigesetzt, das die Macht des Dogen kontrollieren sollte.

Politische Institutionen, innere Machtbalance, Abriegelung der Führungsschicht

Porträt des Dogen Leonardo Loredan von Giovanni Bellini (nach 1501), 61,5 × 45 cm, National Gallery, London. Der Doge trägt den Corno Ducale auf dem Kopf, am Gewand sind wohl Bisamäpfel befestigt, die Duftstoffe enthielten und auch aus medizinischen Gründen benutzt wurden.

Diese lange Phase, in der sich mächtige Familien mit ihrer Klientel blutige Kämpfe um die Dogenmacht lieferten und versuchten eine Dynastie zu gründen, und in der vor allem auswärtige Mächte immer wieder als Zünglein an der Waage auftraten, hat in der venezianischen Historiographie tiefe Spuren hinterlassen - vor allem aber hat sie politische Reformen angestoßen. Diese zielten darauf ab, den mächtigen Dogen zu einer Repräsentationsfigur zu machen, die einer engen Kontrolle und Überwachung unterlag, ohne gänzlich den politischen Einfluss zu verlieren.

Venedigs ständische Ordnung korrespondierte bereits im Hoch- und Spätmittelalter aufs Engste mit der Arbeitsteilung. Der Adel war für die Politik und die gehobene Verwaltung sowie die Kriegs- und Flottenführung zuständig. Die Cittadini, die bürgerlichen Kaufleute, sorgten für Geldmittel und Wertschöpfung durch Handel und Produktion, die Populani, die Mehrheit der Bevölkerung, stellte Soldaten, Matrosen, leistete Handarbeit und trieb Kleinhandel.

Die frühen Institutionen sind in einer Gesellschaft entstanden, die schriftliche Dokumente nur relativ selten brauchte, und sie nur begrenzt aufbewahren wollte. So entstanden der Kleine Rat als beratendes Gremium für den Dogen und der Arengo, eine Art Volksversammlung, die in der Frühzeit wohl noch Mitbestimmungsrechte hatte, doch bald zum reinen Akklamationsorgan wurde. Während der Arengo zunehmend an Bedeutung verlor und 1141 vom Consilium Sapientium, einer Vorgängerinstitution des Großen Rates, abgelöst wurde, wuchs der Einfluss des Kleinen Rates, dessen sechs Mitglieder die Stadtsechstel (Sestieri) vertraten, aus denen Venedig bestand.

Bereits ab dem frühen 13. Jahrhundert existieren umfangreiche schriftliche Zeugnisse in Form von Ratsprotokollen und Bürgschaften.21 Die Dokumentation der Verfassungsentwicklung, sowie der Innen- und Außenpolitik22 Venedigs ist von da an umfangreich, lückenarm und in ihrer Dichte wohl nur mit der des Vatikans zu vergleichen.

Dies stand in enger Wechselwirkung mit den Institutionen, die sich stetig veränderten. Beachtet wurde dabei stets das Prinzip einer sorgfältigen Austarierung von Macht und gegenseitiger Kontrolle der verschiedenen Gremien; dieses Prinzip war einer der Gründe für die einzigartige Stabilität dieses Staates. Ziel aller Reformen war, die Vorherrschaft einer einzigen Familie, wie sie in den Stadtstaaten Oberitaliens üblich war, und mit der Venedig selbst so schlechte Erfahrungen gemacht hatte, zu verhindern. Die Kehrseite war jedoch ein strenges Polizei- und Spitzelsystem.

Während die Orseolo noch versuchten, eine Dynastie zu gründen, was mit ihrem Sturz unterbunden wurde, versuchte man spätere Nachfolger in ihrer Macht scharf zu begrenzen, ohne die bedeutende Repräsentationsfigur zu beschädigen. So musste der gewählte Doge ab 1148 einen umfangreichen Eid ablegen, die promissione ducale. Er wurde auf Lebenszeit gewählt, durfte die Wahl jedoch nicht ablehnen und konnte jederzeit durch Beschluss abgesetzt werden. Sein Wohnsitz war der Dogenpalast. Er hatte den Vorsitz in allen Gremien der Republik, er konnte Anträge auf den Erlass von Gesetzen stellen. Über Krieg und Frieden entschied die Signoria, bzw. der Große Rat, die Versammlung aller männlichen, erwachsenen Adligen der Stadt. Die promissione wurde dem Dogen jedes Jahr vorgelesen. Ab 1192 wurde sie für jeden Dogen neu formuliert und immer weiter verschärft.

Entscheidungen durfte er nur mit Zustimmung seiner Berater (consiglieri) treffen. Er durfte keine Volksversammlung einberufen, keine an ihn gerichteten Briefe ohne Beisein eines Beraters lesen. Nach seinem Tod wurden seine Amtsgeschäfte von einer Kommission überprüft. So war die Macht des Dogen weniger von formaler Natur. Er war auf Lebenszeit gewählt, bei allen Ratssitzungen zugegen und stimmberechtigt, er hatte Zugang zu den einflussreichen Personen, die immer wieder in wechselnde Ämter gelangten und er konnte Wahlen beeinflussen. Zudem stand hinter ihm meist eine der mächtigen Adelsfamilien.

Francesco Guardi 034
Der Empfang der Gesandten in der Sala del Collegio des Dogenpalastes, Francesco Guardi, ca. 1775-80, Öl auf Leinwand, 66 × 100 cm, Louvre

Gerade deren Einfluss versuchten die jeweils anderen Familien zu begrenzen. Zwischen 1132 und 1148 wurde der Alleinherrschaft des Dogen ein Gremium gegenübergestellt, aus dem sich der Große Rat entwickelte. Hierin hatten Vertreter der bedeutendsten Familien Sitz und Stimme. Um 1200 wenig mehr als 40 Mitglieder umfassend, wuchs er auf etwa 2.000 Mitglieder an.23 1297 kam es zur Schließung des Großen Rates, der so genannten Serrata.24 Hiermit wurde der Zugang zum Großen Rat mit dem Recht aktiver und passiver Wahl des Dogen auf eine feste Anzahl von Familien beschränkt. Diese wurden mit ihren männlichen Nachkommen später in das Goldene Buch eingetragen. Die Mitglieder des Großen Rates, des maggior consiglio, gehörten diesem auf Lebenszeit an. Der Große Rat war keine eigentliche Legislative, musste jedoch zu allen Gesetzesvorlagen gehört werden. Zugleich wurden hier alle politischen Ämter besetzt, so dass er gelegentlich als „Wahlmaschinerie“ bezeichnet wurde.

Eine Art Präsidium des Großen Rates war die Signoria, das höchste Kontrollorgan. In ihr waren - neben dem Dogen und dem Kleinen Rat - die Häupter der Quarantia vertreten, die Leiter des obersten Gerichts. Mitte des 13. Jahrhunderts ging aus dem Großen Rat der Senat hervor, der ursprünglich ein Ratsgremium aus altgedienten Händlern und Diplomaten war, das sich mit Handels- und Schifffahrtsfragen befasste. Da sich um diese Fragen in Venedig alle anderen politischen Fragen drehten, zogen die zunächst als Pregati bezeichneten Senatoren nach und nach vielerlei Aufgaben an sich und bildeten damit eine Art Regierung. Umgekehrt veranlasste dies alle Fernhändlerfamilien dazu, ihren Einfluss hier zu konzentrieren, wo alle Wirtschaftsfragen verhandelt und entschieden wurden.

Daneben gab es ab 1310 den Rat der Zehn, eine Kontrollinstanz, in der, wie in fast allen bedeutenden Gremien, der Doge Sitz und Stimme hatte. Der Rat der Zehn war nach einem Adelsaufstand geschaffen worden, um weitere Unruhen zu verhindern. Er stellte eine Art oberstes Polizei- und Verwaltungsorgan dar, das mit umfassenden Rechten ausgestattet war. Es ist bezeichnend für Venedig, dass dieses Organ öffentlicher Kontrolle und Überwachung zeitweise in scharfe Konkurrenz zum Senat trat, vor allem in Krisenzeiten.

Neben diesen Hauptgremien entstanden zu jedem größeren Fragenkomplex meist kurzlebige Sondergremien, die sich etwa mit dem Siedleraufstand auf Kreta befassten, oder mit der Reinigung der Kanäle. Dabei wurden die meisten Ämter nur kurzfristig, häufig auf ein oder zwei Jahre besetzt. Bei Verfehlungen hatten eigene Advocatores bzw. Avvogadori die Aufgabe, zu ermitteln und gegebenenfalls Anklage zu erheben. Eine regelrechte Berufsausbildung existierte bis zum Ende der Republik nicht, so dass alle Positionen von mehr oder minder erfahrenen Laien ausgefüllt wurden.

Daniele IV. Dolfin, Prokurator von San Marco, Tiepolo, um 1750, Öl auf Leinwand, 235 x 158 cm, Fondazione Querini Stampalia

Eines der höchsten Ämter war das der Prokuratoren, die eine Art Finanz- und Schatzministerium darstellten. Sie residierten in den Prokuratien um den Markusplatz. Im Dogenpalast leitete der Kanzler, ein als einziger durchgängig nicht von einem Adligen eingenommener Posten, den Schriftverkehr. Er war der einzige, an dessen Befähigung überprüfbare Kriterien gestellt wurden, während alle anderen nur als geeignet und vertrauenswürdig eingeschätzt und gewählt werden mussten.

Die politische Führung einschließlich der Finanzorgane ballte sich um den Markusplatz, während die Insel Rialto das ökonomische Zentrum bildete.

Großmacht und Niedergang

Vormacht in der Adria, Handelsdrehscheibe zwischen Ost und West

Neben den Konflikten mit dem Heiligen Römischen Reich, besonders mit dem Patriarchen von Aquileia, bedrohten vor allem die Normannen Süditaliens Venedigs Machtstellung in der Adria. Zugleich drängten Ungarn und Kroaten an die Adriaküste. Als 1075 die dalmatinischen Städte die Normannen um Hilfe gegen die Kroaten ersuchten und der Normannenführer Robert Guiscard auf Eroberungszug gen Konstantinopel bereits in Albanien Fuß fasste, drohten Venedigs Handelswege durch die Adria abgesperrt zu werden. Diese Befürchtung sollte die Führungsgruppe der Stadt nicht mehr loslassen und veranlasste sie dazu, die Herrschaft einer einzigen politischen Macht über beide Seiten der Adria mit allen Mitteln zu verhindern. Nur so konnte Venedigs Existenzgrundlage, der Fernhandel, gesichert werden.

Schon früher hatte Venedig Privilegien erhalten, doch seine Handelsvormacht beruhte in der Hauptsache auf zwei Privilegien. Diese hatte die Stadt dadurch errungen, dass sie einerseits Heinrich IV. im Investiturstreit mit Papst Gregor VII. unterstützte.25 Andererseits stand sie Kaiser Alexios I. von Byzanz gegen die türkischen Seldschuken und die Normannen Süditaliens bei, die Konstantinopel von Osten und Westen zugleich bedrohten.26 Durch das Privileg Heinrichs IV. war es den Händlern des Heiligen Römischen Reichs verboten, ihre Waren über Venedig hinaus nach Osten zu bringen. Umgekehrt durften griechische, syrische oder ägyptische Händler ihre Waren nicht im Reich anbieten. So fungierte Venedig als Makler zwischen den beiden Kaiserreichen, eine Funktion, die durch Handelshäuser für die verschiedenen Händlernationen zum Ausdruck kam, deren Gebühren und Zölle große Mengen an Gold und Silber in die Stadt brachten.

Als besonders konfliktreich erwies sich dennoch bald das Verhältnis zu seinem alten Verbündeten, dem Byzantinischen Reich. Das Kaiserreich war nach der Schlacht von Manzikert (1071) zunehmend gegen die türkischen Seldschuken in die Defensive geraten. Venedig bot Kaiser Alexios I. die Unterstützung seiner Flotte im Kampf gegen die Türken und die Normannen an und erhielt hierfür Handelsprivilegien, die seine Händler ab 1082 von allen Abgaben befreiten. Dazu kam ein großes Händlerquartier in der byzantinischen Hauptstadt am Goldenen Horn. Hierdurch gelang es den Venezianern innerhalb weniger Jahrzehnte, das Byzantinische Reich wirtschaftlich zu dominieren. Diese Vorherrschaft ging so weit, dass das wirtschaftliche Fundament des byzantinischen Staates gefährdet wurde. Das Morgenländische Schisma (1054) sowie der Erste Kreuzzug von 1096 bis 1099 trugen weiter zur Entfremdung zwischen Venedig und Byzanz bei.

Doch die Kreuzzüge eröffneten den italienischen Handelsstädten neue Möglichkeiten. Um sich hier einzuschalten, schickte Venedig 1099, nachdem es sich lange vom Kreuzzug ferngehalten hatte, 207 Schiffe unter dem Kommando des Dogensohns Giovanni Vitale und des Bischofs von Olivolo aus. Im Dezember kam es zu einer Seeschlacht mit Konkurrenten aus Pisa vor Rhodos, die Venezianer nahmen nach dem Sieg Reliquien des Hl. Nikolaus aus Myra mit. Venedig erhielt Abgabenfreiheit und Kolonien in allen noch zu erobernden Städten des entstehenden Königreichs Jerusalem.

Konflikt mit Ungarn, Friedrich Barbarossa und der Friede von Venedig

Mit dem Königreich Kroatien, das in Personalunion zum Königreich Ungarn gehörte und vom Papst unterstützt wurde, kam es schon seit dem frühen 10. Jahrhundert immer wieder zu Konflikten um die Städte Istriens und Kroatiens und um den Bischofssitz Grado. Dabei verbündeten sich die Gegner Venedigs mit den Normannen und nahmen bei einer Seeschlacht vor Korfu den Sohn des Dogen Domenico Silvo (1070-1084) gefangen. Die Gegnerschaft der Normannen basierte wiederum darauf, dass sie versuchten, das Byzantinische Reich zu erobern, während der Doge, der mit einer Tochter des Kaisers verheiratet war, dort Handelsinteressen verfolgte. Kaiser Alexios I. übertrug dem Dogen den Titel Herzog von Dalmatien und Kroatien. Gleichzeitig setzte jedoch Ladislaus einen Neffen als König in Dalmatien und Kroatien ein. 1105 bis 1115 eskalierte der Konflikt in einem Krieg, in dessen Verlauf Venedig einige Küstenorte zurückerobern konnte. 1125 fiel Split.

1133-35 eroberten die Kroaten wiederum Šibenik, Trogir und Split. Zugleich versuchte Padua das venezianische Salzmonopol abzuschütteln, und Ancona versuchte Venedig die Vorherrschaft in der Adria streitig zu machen. Papst Eugen III. ließ Venedig und seinen Dogen exkommunizieren. Bei internen Machtkämpfen wurden die mächtigen Badoer und Dandolo zeitweise entmachtet. Besonders gefährlich wurde die Situation, als sich ein Ehebündnis zwischen Ungarn und Byzanz abzeichnete.

Das Konfliktfeld wurde noch dadurch ausgeweitet, dass sich Friedrich Barbarossa in die italienische Politik einschaltete. Venedig verband sich 1167 mit der Lega Lombarda, einem oberitalienischen Städtebund, der vom Papst unterstützt wurde (vgl. Ghibellinen und Guelfen). Selbst mit den Normannen Süditaliens befand sich Venedig nun im Bund, denn, eine weitere Konstante venezianischer Politik, die Stadt hatte kein Interesse an einem übermächtigen Nachbarn auf dem Festland. 1177 vereinbarten Friedrich I. und Papst Alexander III. einen Friedensschluss in Venedig.

Unter Kaiser Manuel I. (1143-1180), dessen Mutter aus Ungarn stammte, gelang Byzanz die Unterwerfung erheblicher Teile des heute zu Serbien gehörenden Raszien. 1167 unterlagen ihm die Ungarn, wodurch Byzanz erneut zum unmittelbaren Nachbarn Venedigs wurde.

Offener Konflikt mit Byzanz, Vierter Kreuzzug

Die Beziehungen zu Byzanz waren seit Jahrzehnten äußerst gespannt. Seit dem Privileg von 1082 beharrte Venedig zunehmend auf einer monopolartigen Stellung in Konstantinopel. Dies führte zu schweren Konflikten vor allem mit Pisa, die sich im Laufe der Kriege um das Heilige Land weiter steigerten. Der Doge Domenico Michiel fuhr mit 40 Galeeren, 40 Frachtschiffen und weiteren 28 Schiffen im April 1123 zur Unterstützung Balduins II. nach Jerusalem, schlug vor Askalon eine ägyptische Flotte und am 7. Juli 1124 fiel Tyros. Der Doge lehnte zwar die Königskrone von Jerusalem ab, fuhr aber mit seiner Flotte gegen Byzanz, als er von der Privilegierung der Pisaner durch Kaiser Johannes II. hörte. Dabei plünderte die Flotte Rhodos, Samos, Chios, Lesbos, Andros, Modon und Kephallenia. 1126 erneuerte der Kaiser unter diesem Druck das Handelsprivileg von 1082.

Kaiser Manuel I. (1143-1180), der Sohn und Nachfolger Johannes', betrieb nicht nur eine Restaurationspolitik in Kleinasien und Italien (Ancona war für fast zwei Jahrzehnte byzantinischer Brückenkopf), sondern auch eine Annäherung an Ungarn. Beide Ziele der byzantinischen Politik richteten sich gegen die Interessen Venedigs, da Konstantinopel bei ihrer Verwirklichung seinen Machtbereich bis nach Istrien ausgedehnt und darüber hinaus mit der Kontrolle der Adria die Macht über Venedigs Seewege erlangt hätte.

Kaiser Manuel wollte außerdem das Abkommen von 1082 widerrufen. Er beschlagnahmte am 12. März 1171 in einer offenbar völlig überraschenden Aktion sämtlichen venezianischen Besitz und inhaftierte in einer Nacht die Venezianer in seinem gesamten Machtbereich.27 Zwar führte eine venezianische Flotte einen Rachefeldzug durch, musste sich aber unverrichteter Dinge zurückziehen. In Venedig führte dies zu Tumulten, in deren Verlauf der Doge Vitale II. Michiel auf offener Straße erstochen wurde. Noch erheblich mehr Opfer forderten die Lateinerpogrome von 1182 unter Manuels Nachfolger Alexios II. Komnenos, doch waren hiervon die konkurrierenden italienischen Städte stärker betroffen als Venedig. Erst 1185 nämlich erhielten seine Händler wieder Zugang zum byzantinischen Markt, doch unter deutlich stärkeren Beschränkungen als vor 1171. Mit einem Sieg über die pisanische Flotte konnte Venedig 1196 wieder sein Handelsmonopol in der Adria durchsetzen. Kaiser Alexios III. stellte Venedig 1198 ein weit reichendes Handelsprivileg aus.

Die Katastrophe von 1171 führte offenbar zur Überwindung der Gegensätze innerhalb der Führungsschicht - entweder zwischen Händlern und Landbesitzern (so deutete es Giorgio Cracco 1967) oder im Kampf um die Bändigung des Dogen (Rösch 1989) - und sozialer Spannungen innerhalb der stark angewachsenen Stadt. Die sechs Stadtquartiere (Sestieri) entstanden, von je einem Vertreter im Kleinen Rat repräsentiert, Kontroll- und Steuerungsorganisationen für Handel und Produktion wurden eingerichtet, der Lebensmittelmarkt streng reguliert, kriegswirtschaftliche Anstrengungen unternommen. Zudem wurden alle Vermögenden einem rigorosen Beleihungssystem unterworfen, bei dem gegen Zins kurzfristig große Geldmengen aufgebracht wurden, um Kriege zu bezahlen, aber auch, um die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln zu sichern.28

Naya, Carlo (1816-1882) - n. 047 - Venezia - Cavalli di S. Marco
Eines der Beutestücke aus der Plünderung Konstantinopels im Jahr 1204 war die Bronzequadriga, die bald die Markuskirche schmückte. Hier von Carlo Nayo fotografiert. Heute befindet sich dort eine Kopie.

Den Vierten Kreuzzug (1201-1204) nutzte der Doge Enrico Dandolo29 zur Eroberung der immer noch reichen Metropole am Bosporus - der bei weitem größten Stadt Europas - und wohl zur Rache, war er doch selbst ein Opfer der antivenezianischen Aktionen Manuels gewesen. Dabei kam ihm zustatten, dass das Byzantinische Reich zu zerfallen begann, denn Trapezunt, Klein-Armenien, Zypern und Teile Mittelgriechenlands um Korinth hatten sich bereits von der Hauptstadt losgesagt. Das unter Geldmangel leidende Kreuzfahrerheer, das sich ab 1201 bei Venedig sammelte, hatte einen Vertrag abgeschlossen, in dem sich Venedig verpflichtete, den Transport des Heeres auf seinen Schiffen zu übernehmen. Doch statt der erwarteten 30.000 kamen nur wenig mehr als 10.000 Mann zusammen, die mit 41.000 Silbermark zudem nur die Hälfte des vereinbarten Transportlohns aufbringen konnten. So akzeptierten die Führer des Kreuzfahrerheeres Dandolos Vorschlag, das widerspenstige Zara (Zadar) - zur Kompensation der Kosten der Überfahrt ins Heilige Land bzw. nach Ägypten - für Venedig zurückzuerobern. Der Doge erklärte sich bereit, persönlich am Kreuzzug teilzunehmen.

Nach der Eroberung Zaras gab Enrico Dandolo die Flucht eines byzantinischen Thronprätendenten, der sich um Hilfe an das Kreuzfahrerheer unter Führung des Bonifaz von Montferrat wandte, den Vorwand in die Hand, vor Konstantinopel zu ziehen. Nur rund tausend Kreuzfahrer weigerten sich, und zogen auf eigenen Wegen weiter. Die übrigen nahmen, vor allem auf Drängen Dandolos, das Angebot an, zumal der Thronprätendent versprach, die Kosten der Überfahrt zu übernehmen und selbst mit 10.000 Mann die Kreuzfahrt zu unterstützen. Am 23. Juni erreichte die Flotte den Bosporus, am 17. Juli begann der Angriff auf die Stadt. Kaiser Alexios III. floh. Der gestürzte Isaak II. kehrte auf den Thron zurück, der Thronprätendent und Sohn des alten Kaisers Alexios IV. saß bald ebenfalls auf dem Thron. Vater und Sohn wurden jedoch im Februar 1204 gestürzt und kamen ums Leben.

Nach zwei Belagerungen und der Eroberung am 13. April 1204 kam es zu einer der größten Plünderungen des Mittelalters. Obwohl Alexios V. aus der Stadt geflohen war, und obwohl eine geistliche Delegation die Schlüssel der Stadt übergab, plünderten und zerstörten die Kreuzfahrer drei Tage lang die bei weitem größte Stadt Europas. Die Erinnerung daran ist im orthodoxen Gebiet nie verblasst, sie wurde mit den Taten des Antichrist gleichgesetzt, die Kirchenspaltung, die durch die Wiedereinsetzung Isaaks aufgehoben werden sollte, war nun unwiderruflich. Die Gesamtbeute der größten Plünderung des europäischen Mittelalters wurde auf 400.000 Silbermark geschätzt. Sie brachte ungeheure Schätze in den Süden und Westen Europas. In Venedig war die Quadriga auf der Markuskirche ein Symbol für Dandolos Triumph. Zahlreiche Venezianer brachen auf, um sich aus dem zerfallenden Byzanz ein Stück zu sichern. Die wichtigste Beute für Venedig war die Insel Kreta.

Die Mitra, Wappen der Familie Tiepolo, von der Dogenmütze gekrönt. Detail des Grabmals der Dogen Iacopo († 1249) und Lorenzo Tiepolo († 1275), in der Basilika der Hll. Giovanni und Paolo.

Den Eroberern fiel nur ein verhältnismäßig kleiner Teil des Byzantinischen Reichs zu, während sich vor allem in Kleinasien Teilreiche bildeten, ebenso wie in Griechenland (Despotat Epirus). Diese Teilreiche eroberten nach und nach das Lateinische Kaiserreich zurück, wobei sich das Kaiserreich Nikaia durchsetzte. Diese Kämpfe überforderten nicht nur die Ressourcen der griechischen Teilreiche, sondern entlasteten auch die türkischen Emirate, die ihre Siedlungs- und Machtstrukturen stabilisieren konnten. Dabei wandelten die Beys von Aydın und Mentesche ihre küstennahen Herrschaftsgebiete in Seemächte um und wurden damit zu einer ernsten Gefahr. Andererseits etablierte Venedig dort einen Konsul, unterhielt Handelskontakte und nutzte türkische Söldner, um sein Kolonialreich zusammenzuhalten. Parallel zur Expansion der byzantinischen Teilstaaten machten sich Herrschaften, wie die der Bulgaren und Serben, unabhängig und eroberten Teile des Reiches.

Kolonialreich, Konkurrenz Genuas, Umsturzversuche

Venedig profitierte beinahe ein halbes Jahrhundert lang von der Errichtung des Lateinischen Kaiserreichs, das es faktisch kontrollierte. Die vertraglichen Abmachungen sicherten der Serenissima ausdrücklich die Herrschaft über drei Achtel des Reiches, eine Herrschaft, die Venedig allerdings nur entsprechend seinen Handelsinteressen ausübte - und seiner begrenzten militärischen Möglichkeiten. Es errichtete in den folgenden Jahren ein Kolonialreich in der Ägäis mit dem Schwerpunkt Kreta.30 Eine Kette von Festungen zog sich von der Ostküste der Adria über Kreta und Konstantinopel bis ins Schwarze Meer (vgl. Venezianische Kolonien). Unter dem Schutz des Mongolenreiches erschloss es sich zudem den Handel bis tief nach Asien. Der bekannteste dieser Reisenden ist wohl Marco Polo.

Doch diese Vormachtstellung blieb nicht ungefährdet. Die mächtigste Rivalin war zunächst Pisa, dann Genua. Lange hatten Genuesen versucht, die Eroberung Kretas zu verhindern, und die Insel 1204 bis 1207 selbst besetzt. Darüber hinaus versuchten Byzantiner 1230-1236 und 1262-65, dann abermals Genuesen 1265 die Insel zu erobern. Zudem wehrte sich die griechische Bevölkerung in mehreren Aufständen: 1217-19, 1222-24 und 1228-36, erneut ab 1254, wiederum 1262-68 und abermals 1273-82. Fast die ganze Insel wurde schließlich von dem Aufstand unter Alexios Kalergis erfasst (1283-1299).

Zudem verbündete sich der byzantinische Exilprätendent im kleinasiatischen Nikaia mit Genua. 1261 gelang es den Verbündeten überraschend, mit nur 800 Mann Konstantinopel zurückzuerobern. Venedig musste einen Teil seines Gebietes und seiner Privilegien an den Erzrivalen Genua abtreten, 3000 Lateiner verließen die Stadt, vor allem Venezianer. Dieser Dauerkonflikt zwischen den beiden Handelsmetropolen eskalierte im 13. und 14. Jahrhundert in vier jeweils mehrjährigen Kriegen, die im gesamten Mittelmeer- und Schwarzmeerraum geführt wurden. 1379 gelang den Genuesen im Bündnis mit Ungarn sogar eine einjährige Eroberung Chioggias.31

Daneben versuchte Venedig sich in den Auseinandersetzungen zwischen den Staufern, allen voran Friedrich II., und dem Papst zu behaupten. Schließlich gelang es Karl von Anjou32, die Macht der Staufer in Süditalien zu brechen (1266 gegen Manfred, endgültig 1268 gegen Konradin). Da Karl die Politik der Normannen fortsetzte, und versuchte Byzanz zu erobern, war er der gegebene Verbündete Venedigs zur Rückgewinnung seiner dortigen Privilegien. Doch 1282 machte die Sizilianische Vesper den gemeinsamen Plänen ein Ende, und Sizilien fiel an das iberische Königreich Aragòn.

Es dauerte weitere drei Jahre, bis Venedig in Konstantinopel wieder zugelassen wurde, doch zu ungünstigen Bedingungen.33 Zudem geriet es mit den Nachfolgern Karls in Konflikt, denen es gelang, die Königskrone in Ungarn zu erwerben. Damit bestand erneut die Gefahr einer Abriegelung der Adria, und Venedig verlor seine Vorherrschaft in Dalmatien.

Eine weitere Entwicklung brachte Venedigs Herrschaft in Gefahr, die Entstehung der Signoria, wie die der Scaligeri in Verona oder der Este in Ferrara. Nachdem es Venedig seit etwa 1200 zunehmend gelungen war, die benachbarten Festlandsstädte gegeneinander auszuspielen, sie durch Handelsblockaden, Umstürze oder militärische Gewalt seinen Interessen unterzuordnen - zu diesen Städten gehörten etwa Ferrara, Padua, Treviso, Ancona und Bologna34 - gefährdeten die Signori seine Vormacht. Diese Herrschaftsform in den Städten Oberitaliens brachte bald mehrere dieser recht schnell wachsenden Zentren in eine Hand, was Venedig politisch erpressbar machte. Besonders von Mailand und Verona sah sich Venedig bedroht.

Marin Falier
Damnatio memoriae, für immer verhängtes Porträt des Dogen Marino Falier im Dogenpalast

Trotzdem gelang es Venedig, seine Vormachtstellung im östlichen Mittelmeerraum zu behaupten, obwohl in der ersten Pestwelle von 134835 mehr als die Hälfte der Bevölkerung ums Leben kam, und obwohl 1379 die Genuesen im Bunde mit Ungarn beinahe die Stadt eroberten. Zudem erschütterte 1310 ein Adelsaufstand unter Führung des Baiamonte Tiepolo die Republik, 1355 versuchte der Doge Marino Falier einen Staatsstreich und es erhoben sich 1363 die venezianischen Siedler auf Kreta in einem Jahre andauernden Aufstand gegen die rigide Politik Venedigs.36

Durch die Pest war die Bevölkerungszahl 1348 von etwa 120.000 auf vielleicht 60.000 eingebrochen. Die Masse an Toten konnte nur aus der Stadt geschafft werden, indem man im April 1348 zwei Inseln, San Leonardo Fossamala und San Marco in Bocca Lama opferte. Die Friedhöfe in der Stadt wurden weiterhin benutzt. Dennoch genügte nach zwei Monaten der Platz nicht mehr. Apokalyptische Erwartungen und eine intensivierte Frömmigkeit machten sich bemerkbar. Angesichts der katastrophalen Situation löste sich die staatliche Ordnung Anfang Juli 1348 praktisch auf, als der Große Rat verkündete, er könne sich nicht mehr versammeln und man könne Rettung nur noch von Gott erwarten. Der Senat beauftragte Provveditori alla Sanità mit der Bekämpfung der Pest. Sie wurden von nun an immer wieder neu bestellt, wenn die Pest ausbrach. 1485 wurden die Proveditoren auf Dauer bestellt, was dem venezianischen Krankenwesen im 16. und 17. Jahrhundert einen gutetn Ruf verschaffte. Ab 1504 ordneten sie an, dass jeder Verstorbene von einem Arzt darauf untersucht werden musste, ob er an einer ansteckenden Krankheit verstorben war. Der Verlust von mehr als der Hälfte der Bevölkerung zwang Venedig erstmals in seiner Geschichte, auf fremde Soldaten zurückzugreifen. Dies geschah im Krieg von 1350 bis 1355, den sich Venedig mit Genua lieferte.

Dieser ersten Pestwelle folgten bis in das frühe 16. Jahrhundert weitere 25 Epidemien. 1423 ließ die Stadt ein erstes Pestkrankenhaus errichten, das Lazzaretto Vecchio, das allerdings zunächst nur der Isolierung der Kranken diente. Erst 1468 wurde mit dem Lazzaretto Nuovo eine erste Quarantänestation eingerichtet. Hier mussten sich alle einfinden, die aus Gebieten kamen, in denen die Pest herrschte, und so lange warten, bis man sicher sein konnte, dass sie symptomfrei waren. Trotz der immer wieder auftretenden Pestwellen erholte sich die Bevölkerungszahl, vor allem durch Zuwanderung, die politische Stabilität kehrte zurück.

Prosperität, Expansion in Italien, Osmanisches Reich

Venedig Mitte des 15. Jahrhunderts, von Erhardum Reüwich de Trajecto et Bernhard von Breydenbach

Der Friede von Turin (8. August 1381) läutete eine neue Phase der Prosperität ein, zumal Genua, durch innere Kämpfe geschwächt, keine große Gefahr mehr darstellte.37 Nach langen Kämpfen mit Ungarn, das die Stützpunkte in Dalmatien bedrohte, gelang es den Venezianern zwischen 1410 und 1420 sogar, ganz Dalmatien zu erobern. Doch es gelang ihnen nicht, ihr altes Herrschaftsgebiet im südlichen Istrien nach Norden auszudehnen; der Nordteil geriet in den Einflussbereich der Habsburger. Die Grenzziehung stand ab etwa 1500 fest, als die Grafschaft Görz durch Erbschaft an Habsburg fiel und so Triest dem venezianischen Einfluss entzogen wurde. Hingegen kam 1386 Korfu durch Kauf an Venedig, darüber hinaus die Ionischen Inseln und eine Reihe von Städten entlang der albanischen Küste.

Östliches Mittelmeer 1450 DE
Das östliche Mittelmeer um 1450

Währenddessen gelang es den Türken - zunächst unter verschiedenen Dynastien, dann unter Führung der Osmanen -, Kleinasien zu erobern. Mitte des 14. Jahrhunderts setzten sie nach Europa über und reduzierten Byzanz zunehmend auf seine Hauptstadt, womit sie zu Rivalen Venedigs wurden. Denn trotz der Rückeroberung von 1261 war die Durchfahrt durch den Bosporus, den Konstantinopel schützte, von größter Bedeutung für Venedig. Dies umso mehr, als 1291 der letzte Handelsstützpunkt im Heiligen Land fiel. Venedig musste sich infolgedessen auf die Handelswege über Kleinarmenien und Täbriz, sowie über Famagusta, Konstantinopel und das Schwarze Meer konzentrieren. Das wiederum verschärfte die Rivalität mit Genua, die - selbst in Zeiten relativen Friedens - immer wieder zu Überfällen auf die gegnerischen Stützpunkte und zu offener Piraterie führte.

Etwa zur selben Zeit begann Venedig, sich auf das Festland, die Terra Ferma, auszudehnen, wo der Adel bereits umfangreiche Ländereien besaß, und wo häufig Venezianer im Amt eines Podestà tätig waren. Die 1402 einsetzende Eroberungspolitik war in Venedig heftig umstritten, denn sie führte zwangsläufig zu Konflikten mit dem Reich, dem Papst und den mächtigsten Staaten Italiens. So waren schon die Angriffe auf Ferrara, das Venedig als erste Festlandsstadt 1240 erobert hatte, gescheitert, ebenso wie im Krieg von 1308 bis 1312. In beiden Fällen scheiterte Venedig vor allem am päpstlichen Widerstand. 1339 hingegen wurde Treviso im Zuge eines Krieges gegen die Scaliger von Verona erobert, wenn diese Eroberung auch erst 1388 endgültig abgeschlossen wurde. In den Jahren nach 1402, dem Todesjahr des Mailänders Gian Galeazzo Visconti, der große Teile Oberitaliens beherrscht hatte, brachte Venedig die Herrschaft über ganz Venetien und Friaul an sich, ebenso wie über die dalmatinische Küste.

Die größte Ausdehnung des venezianischen Gebietes in Oberitalien vor der Schlacht bei Agnadello (1509); die Jahreszahlen bezeichnen den Zeitpunkt der endgültigen Inbesitznahme.

Mit diesen Eroberungen forderte Venedig den König von Ungarn und des Heiligen Römischen Reiches Sigismund heraus, dessen Rechte damit in beiden Fällen verletzt wurden. Schließlich war das bedrohte Aquileja Reichslehen, und als König von Ungarn hatte Sigismund seit dem Frieden von Turin (1381) Anspruch auf die Küstenstädte Dalmatiens. So kam es 1411 bis 1413 zu einem ersten Krieg, der aber trotz Blockademaßnahmen zu keinerlei Resultaten führte. 1418-1420 kam es zu einem zweiten Krieg zwischen Venedig und dem König, an dessen Ende Feltre, Belluno, Udine und der übrige Friaul an Venedig fielen.38

Beschleunigt wurde diese Eroberung unter Führung des Dogen Francesco Foscari (1423-57).39 1425 besiegte eine venezianische Armee die Mailänder bei Maclodio (in der Provinz Brescia) und schob die Grenze bis an die Adda vor. Doch 1446 verbündeten sich Mailand, Florenz, Bologna und Cremona gegen Venedig. Bei Casalmaggiore siegte Venedig abermals, und in Mailand wurden die Visconti gestürzt. Venedig verbündete sich zeitweise mit dem neuen Herrn Mailands, Francesco Sforza, wechselte aber angesichts seiner zunehmenden Macht wieder zu seinen Feinden über.

Erst im Frieden von Lodi 1454 erfolgte eine vorläufige Grenzziehung: Die Adda wurde als venezianische Westgrenze festgelegt. Diese Eroberungen und mehrere Versuche, Ferrara, auf das der Kirchenstaat Anspruch erhob, zu erobern, führten dazu, dass der Papst und die meisten anderen italienischen Staaten nun in Venedig ihren schärfsten Rivalen sahen.

Venedig war bei diesen langwierigen Kriegen als zentraler Finanzplatz im Vorteil, weil es leichter die große Geldsummen verschlingenden Berufsarmeen der Condottieri bezahlen konnte, die nun die Kriege in Italien führten. Doch versuchten seine Gegner mit verschiedenen geld- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen diese Stellung ins Wanken zu bringen. Die Mittel reichten dabei von der Handelsblockade bis zur Ausgabe von gefälschten Münzen.

Innenraum von San Giorgio dei Greci, der Kirche der griechischen Gemeinde

Viele dieser Mittel standen gegenüber den Osmanen nicht zur Verfügung, die spätestens mit der ersten Belagerung Konstantinopels (1422) zur Großmacht geworden waren, die nun daran ging, die zahlreichen kleinen Herrschaftsgebiete zu erobern. Venedig verteidigte von 1423 bis 1430 vergebens Thessaloniki, und auch die Ungarn wurden zurückgeschlagen. 1453 gelang es den Osmanen endgültig Konstantinopel zu erobern. Schlagartig riss damit der immer noch bedeutende Handel mit dem Ägäis- und dem Schwarzmeerraum ab. Dennoch gelang es der venezianischen Diplomatie, neue Fäden anzuknüpfen, so dass das Quartier in der nunmehr osmanischen Hauptstadt erneut bezogen werden konnte. 1460 eroberten osmanische Truppen die letzte nennenswerte byzantinische Bastion Mistra, womit das Osmanische Reich zum unmittelbaren Nachbarn der venezianischen Festungen der Peloponnes wurde. 1475 kam die Krim hinzu, wodurch der von Genuesen vermittelte Handel zusammenbrach. Schon in der Zeit vor der Eroberung Konstantinopels setzte eine griechische Flüchtlingswelle nach Westen ein, so dass die Griechen zur größten Gemeinde in Venedig wurden. Ihre rund 10.000 Mitglieder erhielten 1514 das Recht, eine orthodoxe Kirche zu errichten, San Giorgio dei Greci. Ebenso stieg die Zahl der Armenier an, die bereits 1496 ihre Kirche Santa Croce weihten.40 Hinzu kamen jüdische Flüchtlinge aus Spanien, von wo sie 1492 vertrieben wurden.

1463-1479 stand Venedig erneut im Krieg mit der östlichen Großmacht. Trotz vereinzelter venezianischer Erfolge eroberten die Osmanen 1470 die Insel Negroponte. Selbst Bündnisversuche mit dem Schah von Persien sowie Angriffe auf Smyrna, Halikarnassos und Antalya brachten keine greifbaren Ergebnisse. Als die Herrscher von Persien und Karaman von den Osmanen geschlagen wurden und Skanderbeg, der Albanien verteidigt hatte, starb, führte Venedig den Krieg allein fort. Zwar konnte es Skutari zunächst gegen die Belagerer verteidigen, verlor die Stadt zwei Jahre später dennoch. Die Hohe Pforte versuchte sogar einen Angriff im Friaul, sowie in Apulien. Erst am 24. Januar 1479 kam es zu einem Friedensschluss, der fünf Jahre später bestätigt wurde. Venedig musste auf die Argolis, Negroponte, Skutari und Lemnos verzichten und darüber hinaus jedes Jahr 10.000 Golddukaten an Tribut zahlen.

Marco Barbarigo
Der Doge Marco Barbarigo, genannt der Reiche, Porträt von Domenico Tintoretto
Portrait of Doge Cristoforo Moro (1390-1471)
Der Doge Cristoforo Moro, Porträt aus dem Umkreis von Gentile Bellini mit den Wappen Moros, 63,5 x 40,7 cm, 15. Jahrhundert, Privatbesitz

Umso mehr konzentrierte sich Venedig auf das italienische Festland. Gegen den Widerstand von Mailand, Florenz und Neapel versuchte es im Bund mit dem Papst Ferrara zu erobern. Trotz schwerer Niederlagen zu Lande gelang es, Gallipoli in Apulien zu erobern. Außerdem fielen Venedig im Frieden von 1484 die Polesine und Rovigo zu. In den Kämpfen gegen den französischen König Karl VIII., der 1494 versuchte, Italien zu erobern, und im Zusammenhang mit der spanischen Eroberung des Königreichs Neapel, besetzte die venezianische Flotte einen großen Teil der apulischen Küstenstädte.

Insgesamt hatte Venedig seine Vormachtstellung im Osten weitgehend eingebüßt, profitierte aber nach wie vor vom Mittelmeerhandel in einem Ausmaß, das sie zur reichsten und einer der größten Städte Europas machte. Darüber hinaus werteten Meliorationen auf dem Festland die Erträge auf, so dass auch von hier umfangreiche Gewinne nach Venedig flossen. Mit rund 180.000 Einwohnern erreichte sie annähernd ihre maximale Einwohnerzahl, wobei in ihrem Kolonialreich rund zwei Millionen Menschen lebten.41 Der Ausbau der Stadt nach innen, durch Landgewinnung und Trockenlegung von Sümpfen, durch höhere Häuser und dichtere Bebauung, beschleunigte sich.42 Zudem prägten Zuwanderer aus dem gesamten Handelsgebiet die Stadt zunehmend. Perser, Türken, Armenier, Bewohner des Heiligen Römischen Reiches, Juden, dazu Bewohner zahlreicher italienischer Städte fanden eigene Handelshäuser, Quartiere und Straßenzüge. Neben dem Fernhandel und dem Handel mit Salz und Getreide wuchsen die Glasindustrie und der Schiffbau43 zu den bedeutendsten Einnahmequellen heran.

Kriege um Oberitalien, Verlust des Kolonialreichs

Unter der Führung Papst Julius' II. versuchte die Liga von Cambrai die venezianische Expansion rückgängig zu machen. Kaiser Maximilian I. forderte die Terra Ferma als entfremdetes Reichsgebiet zurück, Spanien forderte die apulischen Städte, der König von Frankreich Cremona, der König von Ungarn Dalmatien. Die venezianische Armee erlitt in der Schlacht von Agnadello am 14. Mai 1509 eine vernichtende Niederlage. Trotzdem gelang es der Serenissima im selben Jahr das verlorene Padua zurückzuerobern, und bald kamen Brescia und Verona wieder an Venedig. Trotz der Rückeroberungen kam die venezianische Expansion zum Stillstand. Spanien erlangte weitgehende Vorherrschaft in Italien, der Süden fiel ihm ganz zu. 1511 entstand jedoch eine neue Koalition gegen die französische Expansion nach Italien, von der sich Venedig allerdings schon 1513 wieder abwandte. 1521 bis 1522 und 1524 bis 1525 unterstützte Venedig König Franz I. von Frankreich gegen den Papst und die Habsburger. Von nun an betrieb die Republik gegenüber den italienischen Staaten eine Politik der strikten Neutralität, verbündete sich aber immer wieder gegen die Habsburger, wie etwa in der Liga von Cognac (1526 bis 1530).

Portrait des Dogen Francesco Venier, Doge 1554–56, Tizian, Sammlung Thyssen-Bornemisza, Madrid

Während der Kriege mit den Osmanen von 1499 bis 1503 und von 1537 bis 1540 war Venedig mit Spanien verbündet. 1538 erlitt der Admiral der Bundesflotte, Andrea Doria, bei Preveza eine schwere Niederlage gegen die osmanische Flotte, der es erstmals gelang, sich auf See durchzusetzen. Das Herzogtum Naxos, das seit dem IV. Kreuzzug venezianischen Vasallen unterstand, wurde von den Osmanen in Besitz genommen. Venedig war durch seine vergleichsweise geringen Ressourcen nur noch mühsam in der Lage, im Konzert der Großmächte mitzuspielen. So sah sich die Stadt ab 1545 gezwungen, ähnlich wie andere Seemächte, auf Galeerenhäftlinge zurückzugreifen, die an die Ruderbank angekettet waren.

Ein letztes Mal spielte Venedig 1571 eine weltpolitische Rolle, als es im Rahmen der Heiligen Liga 110 Galeeren zur Bündnisflotte beitrug, die insgesamt 211 Schiffe umfasste. In der Seeschlacht von Lepanto,44 unweit des griechischen Patras, konnte diese Flotte die osmanische besiegen und 117 von deren 260 Galeeren erobern. Doch Venedig konnte keinen Vorteil daraus ziehen - die Insel Zypern war schon vor der Seeschlacht verloren gegangen, und es fehlten längst die Kräfte für eine Rückeroberung. Zudem umfasste die osmanische Flotte schon wenig später wieder 250 Kriegsschiffe. So ging mit Zypern die letzte bedeutende Besitzung in der Levante verloren, ein Verlust, der 1573 vertraglich anerkannt wurde.

Aus der Perspektive der Venezianer hatten die (bis dato fünf) Türkenkriege weiterhin oberste Priorität. Dabei versuchten sie, sich nicht in Auseinandersetzungen hineinziehen zu lassen, wie sie die Uskoken durch ihre Piraterie immer wieder auslösten. Die Uskoken waren christliche Flüchtlinge aus den osmanisch besetzten Gebieten Bosniens und Dalmatiens. Sie waren nach Lepanto als Untertanen der Habsburger in den Grenzgebieten zur Verteidigung angesiedelt worden. Als Venedig 1613 militärisch gegen sie vorging und Gradisca attackierte, fand es sich in einem mehrjährigen Konflikt mit den Habsburgern wieder, der erst 1617 beigelegt werden konnte. In diesem Jahr versuchte der spanische Vizekönig von Neapel die Vorherrschaft Venedigs in der Adria - mit geringem Erfolg - zu brechen. Der hierin verwickelte spanische Gesandte wurde abberufen, drei seiner Männer gehenkt. Das Misstrauen gegen Spaniens Intrigen ging so weit, dass 1622 der - wie sich später herausstellte - unschuldige Gesandte Antonio Foscarini zwischen den Säulen des Markus und des Theodor auf der Piazzetta hingerichtet wurde.45 Politisch war die Stadt dabei gespalten. Einerseits wehrten sich die so genannten giovani, die Jungen, gegen die Einmischung des Papstes in die Politik Venedigs, und unterstützten dabei über die Konfessionsgrenzen hinweg die protestantischen Herrscher. Zudem misstrauten sie den katholischen Habsburgern, vor allem den spanischen. Führer dieser anti-päpstlichen und anti-jesuitischen Gruppe, die in weltlichen Dingen dem Papst keine Vorrechte einräumen wollte, war Paolo Sarpi. Die Gegner der giovani waren die vecchi, die Alten, auch papalisti, Papstanhänger genannt. Sie unterstützten Spanien, das bereits die meisten Gebiete Italiens beherrschte.

1628 wurde Venedig in die Kämpfe um das Machtgleichgewicht innerhalb Italiens durch den Franzosen Charles von Gonzaga-Nevers hineingezogen. Venedig verband sich mit Frankreich gegen die Habsburger, die im Bündnis mit Savoyen standen. Die Venezianer erlitten bei dem Versuch, Mantua von den deutschen Belagerern zu entsetzen, eine schwere Niederlage. Diese Niederlage in Verbindung mit der sechzehnmonatigen Pest von 1630 bis 1632, die Venedig, eine Stadt von 140.000 Einwohnern, rund 50.000 Menschenleben kostete,46 war der Beginn seines außenpolitischen Niedergangs. Die Kirche Santa Maria della Salute wurde zum Dank für das Ende der Katastrophe errichtet.

1638 drang eine tunesisch-algerische Korsarenflotte in die Adria ein und zog sich in den osmanischen Hafen von Valona zurück. Die venezianische Flotte beschoss die Stadt, kaperte die Piratenflotte und befreite 3.600 Gefangene. An der Hohen Pforte bereitete man im Gegenzug die Eroberung Kretas vor. Die Belagerung von Candia (Iràklio), der Hauptstadt, dauerte 21 Jahre. Zugleich griffen türkische Flottenverbände Dalmatien an, das allerdings gehalten werden konnte. Candia kapitulierte am 6. September 1669. Die letzten Festungen um Kreta hielten sich bis 1718.

Veränderung der herrschenden Familienverbände

Die Herrschaft des Adels blieb trotz der äußeren Erschütterungen stabil, der Stand scharf nach außen abgegrenzt.47 1594 wies Venedig 1.967 mindestens 25-jährige Adlige auf, die sich im Großen Rat versammelten und den Adel insgesamt repräsentierten. Während des Kampfes um Kreta gestattete dieser Adel ausnahmsweise die Aufnahme von hundert neuen Familien gegen Zahlung von 100.000 Dukaten, um die Kriegslasten tragen zu können. Dennoch beherrschten nach dieser Aggregation weiterhin die 24 alten Familien (case vecchie) die Politik, die sich bis in die Zeit vor 800 zurückverfolgen konnten. Hinzu kamen etwa 40 weitere Familien, die über zahlreiche Ämter Zugang zum Kernbereich der Machtausübung hatten. Gelegentlich stießen neue Familien in den innersten, weniger scharf abgegrenzten Machtkern vor, andere mussten ihn verlassen. Dabei sank die Zahl der Adligen insgesamt trotz der Aggregation bis 1719 auf nur noch 1.703, die sich auf rund 140 Familien mit zahlreichen Zweigen verteilten. Deren Bindung untereinander wurde dadurch begünstigt, dass die Brüder innerhalb einer Familie ohne Vertrag eine Handelsgesellschaft darstellten.

Die Vermögensverteilung wurde innerhalb des steuerpflichtigen Adels - was in Europa eine Ausnahme war - 1581, 1661 und 1711 erhoben. Von den 59 Haushalten, die über ein Jahreseinkommen aus ihren Häusern und Liegenschaften von mehr als 2.000 Dukaten pro Jahr verfügten, waren 1581 nur drei nicht adlig. 1711 gehörte gar von den 70 Haushaltsvorständen, denen mehr als 6.000 Dukaten zuflossen, nur einer nicht dem Adel an. Vermögen und Adel waren praktisch identisch, sieht man von wenigen Ausnahmen ab.

Dabei sind die mobilen Vermögen nicht berücksichtigt, die sich über die Testamente analysieren ließen. Depositen bei der Zecca, der staatlichen Münze, spielten dabei eine große Rolle, ähnlich wie im 14. Jahrhundert bei der Weizenkammer, der Camera del frumento. Der 1701 verstorbene Alvise da Mosto hatte dort eine Summe von 39.000 Dukaten hinterlegt. Hinzu kamen Einlagen in Familienunternehmen, wie die des Antonio Grimani, der bis 1624 rund 20.000 Dukaten in eine Seifensiederei investiert hatte. Außerdem trug der Handel mit den Produkten der eigenen Güter, wie Getreide und Vieh erheblich zum Vermögen bei. Der Adel erwarb vor allem zwischen etwa 1650 und 1720 fast 40 % des frei werdenden Gemeindelands auf dem Festland. Wichtig waren auch Mitgiften, die zwischen 5.000 und 200.000 Dukaten schwankten, sowie Einnahmen aus Staats- und Kirchenämtern.

Insgesamt zählten etwa 7.000 Menschen zum Adel, der die rund 150.000 Einwohner zählende Stadt und das 1,5 bis 2,2 Millionen Einwohner zählende Kolonialreich beherrschte, politisch und ökonomisch. Die Machtausübung geschah weiterhin in einem Turnus von über 400 dem Adel vorbehaltenen Ämtern, die meist jährlich ausgeübt wurden, sieht man einmal vom Dogen und den Prokuratoren und einigen wenigen weiteren Ämtern ab, die auf Lebenszeit vergeben wurden. Eine Professionalisierung der Politik im Sinne einer Ausbildung oder eines Studiums hat sich in Venedig nie durchgesetzt.

Letzte Eroberungen in Griechenland

Erst nachdem die osmanische Armee vor Wien 1683 gescheitert war, gelang es, ein neuerliches Bündnis zu schließen. 1685 landete eine venezianische Armee unter Francesco Morosini und Otto Wilhelm von Königsmarck auf Santa Maura (Lefkas), dann auf dem Peloponnes, eroberte Patras, Lepanto und Korinth und stieß weiter bis Athen vor. 1686 wurden Argos und Nauplia eingenommen. Die Rückeroberung von Euböa scheiterte jedoch 1688. Obwohl der venezianischen Flotte Seesiege bei Mytilini, vor Andros und sogar den Dardanellen gelangen (1695, 1697 und 1698), nahmen die eigentlichen Sieger, die österreichischen Habsburger und das Russische Reich, Venedigs Forderungen nicht ernst. Schließlich sicherte der Frieden von Karlowitz im Jahr 1699 die Eroberungen Venedigs nur notdürftig.

Im Dezember 1714 begannen die Osmanen mit der Rückeroberung. Daniele Dolfin, Admiral der venezianischen Flotte, war nicht bereit, diese für die Morea, die seit 1684/85 venezianisch war, aufs Spiel zu setzen. Trotz der Niederlagen, die die Osmanen gleichzeitig gegen die habsburgischen Armeen einstecken mussten, gelang es Venedig nicht, im Frieden von Passarowitz (1718) die Wiederherausgabe der Morea durchzusetzen, wohingegen die Habsburger große territoriale Gewinne verbuchten. Dieser Krieg war der letzte zwischen dem Osmanischen Reich und Venedig. Venedigs Kolonialreich, der Stato da Mar, bestand praktisch nur noch aus Dalmatien und einer Reihe von Inseln.

Niedergang und Ende der Republik

Ausschlaggebend für den allmählichen Niedergang Venedigs war der zunehmende Bedeutungsverlust des Handels in der Levante und der damit einhergehende Aufstieg neuer Mächte. Diese Mächte verfügten über Ressourcen und über Organisations- und Kreditformen, die in Venedig nicht zur Verfügung standen. Zudem unterschätzte man in Venedig die Bedeutung der neu erschlossenen Ressourcen der Neuen Welt und Ostindiens und konnte damit nicht von den sich verlagernden Handelsströmen (Atlantischer Dreieckshandel und Gewürzroute) profitieren. So wurde Venedig durch die aufstrebenden Staaten Portugal, Spanien, der Niederlande und England bzw. Großbritannien wirtschaftlich und machtpolitisch allmählich überflügelt. Es besaß zudem aufgrund seiner relativ geringen Bevölkerungszahl und des Mangels an rohstoffreichen Kolonien nicht die Möglichkeiten einer merkantilistischen Wirtschaftspolitik im großen Stil. Einzig die Produzenten von Glasperlen gewannen durch den Handel der neuen Kolonialmächte in Amerika, Asien und Afrika riesige neue Märkte. In Europa spezialisierte sich Venedig auf den Handel mit Luxuswaren, vor allem mit Glas, und auf die Landwirtschaft.

Venedig und die italienischen Stadtstaaten sanken insgesamt von Regionalmächten zu Lokalmächten herab, die Landwirtschaft wurde zum Haupttätigkeitsfeld eines wachsenden Teils des Adels.

Venezia - Murazzi Pellestrina
Die Murazzi zwischen Pellestrina und Ottagono Ca’Roman
Ottagono Ca' Roman
Ottagono Ca’Roman, eine der fünf achteckigen Festungsinseln hinter den Lidi, den Sandbänken, die die Lagune abschließen

Dennoch gelang es Venedig, seine bis heute bestehenden Verteidigungsanlagen auszubauen, die Murazzi, ein System, das praktisch die gesamte Lagune umschloss und das zwischen 1744 und 1782 entstand.48 Zudem hielt sich Venedig keineswegs aus den Konflikten, wie im Maghreb, heraus. 1778 operierte seine Flotte vor Tripolis, 1784-87 entspann sich ein Krieg mit Tunesien, den Angelo Emos Flotte führte, 1795 mit Marokko und noch im Oktober 1796 mit Algier.

Auf seinem Italienfeldzug bot Napoléon Bonaparte ein Bündnis an, doch lehnte der Senat ab. Er unterstützte stattdessen den bewaffneten Aufstand auf der Terra ferma, als Bonaparte gegen die Österreicher zog. Nachdem am 17. April die französische Flotte von den Kanonen am Lido zurückgeschlagen worden war, erklärte Napoleon, der Attila für Venedig sein zu wollen.49 1796 rückten zwar 12.000 schiavoni, Soldaten aus Dalmatien und Albanien in die Stadt ein, doch überließen sie das Festland Napoleon. Am 17. April 1797 kam es in Verona zu einem Aufstand, dem Veroneser Osterfest, bei dem fast 400 Franzosen ums Leben kamen. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, der Senat hatte die Rebellen um vorsichtige Zurückhaltung ersucht.

Am 1. Mai 1797 erklärte Napoleon Venedig den Krieg. Am 2. Mai verlangte er von Unterhändlern die Entwaffnung, die Überlassung des Arsenals und die Modernisierung der Verfassung. Am 12. Mai löste sich die Republik auf. Der Große Rat wurde einberufen, doch nur 537 der 1200 Mitglieder erschienen. Zwar war er damit formal nicht entscheidungsfähig, denn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder musste anwesend sein, doch legte der letzte Doge Lodovico Manin sein Amt nieder. Die Stadt wurde am 14. Mai 1797 besetzt. Es gab insgesamt nur noch 962 Patrizier aus 192 Familien, die fast alle ihre Ämter verloren. Der Friede von Campo Formio brachte das Gebiet der Republik mit Ausnahme der an Frankreich fallenden Ionischen Inseln 1798 an Österreich.

1805 bis 1814 war Venedig wieder unter französischer Hoheit; ein erheblicher Teil seiner historischen Kunstschätze und Archivalien wurde nach Paris gebracht. Die Franzosen ließen die Korporationen auflösen, ebenso die scuole. Die Zahl der Kirchengemeinden wurde von 70 auf 39 reduziert, die meisten Klöster aufgelöst. Am Markusplatz entstand die Ala Napoleonica, der die Kirche San Geminiano zum Opfer fiel, der alte Weizenspeicher wurde ebenfalls abgerissen. Im Osten der Stadt entstand die Via Eugenia, die heutige Via Garibaldi, ein breiter Durchbruch durch die Arbeiterquartiere. Zudem litt der Handel unter der Kontinentalsperre, die privaten Vermögen wurden zur Kriegsfinanzierung herangezogen, die meisten Adligen fanden unter den neuen Bedingungen kaum eine ausreichende Beschäftigung und sahen sich gezwungen, ihr Vermögen zu verbrauchen, ihre Kunstwerke wurden vielfach verkauft. Vom Herbst 1813 bis Frühjahr 1814 blockierte die englische Flotte die Stadt. Die Bevölkerung schrumpfte um ein Drittel auf 100.000.

Österreich (1815-1866)

Nach der endgültigen Niederschlagung der napoleonischen Herrschaft in Europa und dem die Restauration einleitenden Wiener Kongress fiel es 1815 zusammen mit der Lombardei erneut an Österreich (vgl. Königreich Lombardo-Venetien). Doch nur ein Teil der Kunstwerke und Archivstücke kehrte zurück50, wenn auch am 13. Dezember 1815 die Bronzequadriga am Markusdom wieder aufgestellt wurde. Venedig wurde neben Mailand immerhin zur Residenzstadt, doch der seit 1818 regierende Vizekönig, Erzherzog Rainer, schilderte 1819 die Stadt in düsteren Zügen. Doch die Maßnahmen zur wirtschaftlichen Genesung wurden eher auf der unteren und mittleren Verwaltungsebene vollzogen, als auf der der Regentschaft. Nach und nach wurden Straßenbauten in Angriff genommen und am 4. Januar 1846 überquerte die erste Dampflokomotive den Bahndamm durch die Lagune. Dennoch stagnierte die Stadt und ganz Europa rebellierte 1848 gegen die konservativen Regime.

Sanesi - La proclamazione della Repubblica di San Marco, Marzo 1848 - litografia - ca. 1850
Ausrufung der Repubblica di San Marco am 23. März 1848 (Lithografie von Sanesi, ca. 1850)

Venedig erhob sich im Zuge der Revolutionen von 1848 gegen die Habsburger und rief unter der Führung des demokratisch-republikanischen Revolutionärs Daniele Manin am 23. März 1848 die Repubblica di San Marco aus. Diese wurde am 23. August 1849 von österreichischen Truppen niedergeschlagen. Während der Belagerung ließen die Brüder Oberleutnant Franz und .Josef Uchatius nach einem Antrag Radetzkys vom 3. Juni 1849 Ballons mit 15 kg-Sprengkörpern steigen, von denen aufgrund widriger Windverhältnisse nur wenige vom 1.-12. Juli. am Lido und am Markusplatz einschlugen. Damit erlebte Venedig den ersten Luftangriff mit Sprenggeschossen aus Flugobjekten.50f

1849 bis 1851 verlor Venedig den Status des Freihafens und die Stadt unterlag bis 1854 dem Belagerungszustand. Die wirtschaftlichen Folgen waren so gravierend, dass viele Bewohner Venedig verließen. Allein 1861 kehrten 878 Menschen der Stadt den Rücken, im folgenden Jahr wren es sogar 1.579. Unter ihnen war der spätere erste Bürgermeister Venedigs, Giobatta Giustinian, und seine Frau Elisabetta Michiel.

Königreich Italien, Erster Weltkrieg (1866-1918)

Venice center 1913 map
Stadtplan Venedigs, Geographische Anstalt von Wagner & Debes, Leipzig, 1913

In Folge der Niederlage Österreichs gegen Preußen im Krieg von 1866, in dem das 1861 neu gegründete Königreich Italien Verbündeter Preußens war, kam Venedig gemäß dem Frieden von Wien vom 3. Oktober 1866 an Italien. Am 13. Oktober kamen die ersten 200 italienischen Soldaten nach Venedig, drei Tage später folgten die übrigen für Venedig vorgesehenen Truppen. Vertreter des Königs war Giuseppe Pasolini. Am 19. Oktober übergab der kaiserliche Vertreter Wiens, Karl Moering, im Hotel Europa die Stadt formal an den kaiserlichen Vertreter von Paris, dieser reichte sie an den königlichen Vertreter Roms weiter. Die italienische Flotte fuhr durch die Porta di Malamocco in die Lagune. Am 21. und 22. Oktober wurden Plebiszite durchgeführt, die den Anschluss an Italien bestätigten. Bei geringer Beteiligung an der namentlichen und für jeden anhand der Farben der Stimmkarten erkennbaren Richtung, stimmte die überwältigende Mehrheit für, nur 69 gegen den Anschluss. Am 29. Oktober 1866 konnte der zurückgekehrte Giobatta Giustinian das Amt des Podestà von Venedig übernehmen, wie die Stadtoberhäupter unter österreichischer Führung genannt wurden. Vom 7. bis 14. November besuchte König Viktor Emanuel die Stadt. Am 26. Februar 1867 empfing der Bürgermeister mit einer großen Menschenmenge Garibaldi.50g Am 22. März nahm man in einer feierlichen Zeremonie die aus Paris kommende Asche Daniele Manins in Venedig auf. Nachfolger Giustinians wurde 1868 Giuseppe Giovanelli, nachdem der seit 1867 amtierende Kommissar Ferdinando Laurin die Leitung der Stadt übernommen und für Wahlen gesorgt hatte. Zu dieser Zeit wurde der Ausbau des kleinen Hafens la marittima begonnen, 1870 wurde die Zecca aufgelöst, das Gebäude zum Sitz der Handelskammer. 1871 zählte Venedig 128.901 Einwohner.

In ganz Norditalien kam es in den nächsten Jahrzehnten zu gesellschaftlicher Stagnation und zu einem langen wirtschaftlichen Niedergang. Bis 1890 wanderten allein aus dem Veneto 1,4 Millionen Menschen aus, viele nach Nordamerika. Ab Sommer 1872 kam es zu ersten Streiks, es entstanden anarchistische und sozialistische Gruppierungen50k, ebenso wie nationalistische. Auf die ökonomischen und politischen Umwälzungen reagierte man in Venedig zögerlich, wenn auch Motorboote (Vaporetti) als öffentliche Verkehrsmittel eingeführt und die Wasser- und Gasversorgung verbessert wurden. Erst unter Bürgermeister Riccardo Selvatico kam es zu verstärkten Industrialisierungsbemühungen, wie etwa dem Bau der Stuckymühle, aber auch zu Anstrengungen, die Lage der unteren Schichten zu verbessern.

Unter Bürgermeister Filippo Grimani, der von 1895 bis 1919 die Stadt als Bürgermeister und Führer einer gemäßigt konservativ-klerikalen Koalition führte, wurde die Kommune Venedig ausgedehnt, die Trennung von industrialisiertem Festland und touristischer Kernstadt endgültig zur Richtlinie der Politik. Aus dem Lido wurde ein Luxusrefugium für betuchte Touristen, den Anfang machte der Bau des Hotel des Bains (1900) und des Excelsior (1908). 1917 wurde der Hafen Marghera eröffnet, der die Arbeitsteilung zwischen dem Industrierand der Lagune und der Altstadt, deren Rolle fast ausschließlich auf Tourismus festgelegt wurde, offenkundig machte.

Faschismus, Zweiter Weltkrieg, Holokaust (1918-1945)

Ein Jeep der PPA auf dem Markusplatz, 30. April 1945

Die Faschisten, die bereits 1920 an die Macht drängten, setzten ein Groß-Venedig mittels Eingemeindungen durch. Die Bottenighi, wo der Hafen Marghera entstanden war, wurden bereits 1917 Venedig zugeschlagen, ebenso Marhera und Malcontenta. Diese Ausdehnungspolitik war bereits in den 1880er Jahren Richtung Lido, Malamocco und Alberoni begonnen worden, doch eine Ausdehnung auf das angrenzende Festland setzte erst kurz vor dem Beginn der faschistischen Ära ein. Treibende Kraft der Industrialisierung des Festlands und der Nutzung des historischen Zentrums für Tourismus und luxuriöses Wohnen war Giuseppe Volpi. Bürgermeister Filippo Grimani stimmte dem Projekt zu.

Ab 1926 gehörte der Industriekomplex Mestre-Marghera zu Venedig, drei Jahre später entstand eine Autobrücke mit einem Parkhaus (Piazzale Roma), dazu ein Bahnhof und künstliche Inseln, deren größte Tronchetto war. 1931 wurde die eiserne Brücke an der Accademia, die unter den Österreichern gebaut woren war, durch eine hölzerne Brücke ersetzt. 1933-34 folgte am Bahnhof die Scalzi-Brücke. Ein neuer Kanal, der Rio nuovo, verband den Bahnhof mit der Biegung des Canal Grande bei der Ca' Foscari ab 1931-33, fünf Brücken überspannten den neuen Kanal. Sie wurden nach traditionellem Vorbild in istrischem Marmor errichtet. 1935 bis 1937 wurde die Riva degli Schiavoni nach Osten bis zu den Giardini verlängert. Der Bau einer Staßenbrücke zum Lido kam nie zustande. Der dortige Flughafen Giovanni Nicelli wurde modernisiert, eine schnelle Bootsverbindung eingerichtet. Zudem wurde 1925 bis 1931 der Canale di San Nicolò wurde zwischen Adria und Bacino di San Marco vertieft. Kurz vor dem Krieg wurden auf der Grundlage der faschistischen Rassengesetze zahlreiche Intellektuelle und Künstler, aber auch Beamte und Angestellte aus dem öffentlichen Dienst entlassen bzw. einem Veröffentlichungsverbot unterworfen.

Die Verbindung der wirtschaftlichen Macht, die der einstige Viehhändler Giuseppe Volpi (1877-1947) aufgebaut hatte, mit der faschistischen Diktatur schob alle Widerstände rücksichtslos beiseite. Er gehörte, zusammen mit Vittorio Cini, Piero Foscari und Achille Gaggia der führenden Gruppe an, dem gruppo veneziano. Volpi verfügte über Kontakte zur Regierung aus der Kolonialzeit, als er Gouverneur von Tripolitanien gewesen war, und auch zu den Faschisten. Ihrer Partei trat er 1924 bei. Volpi machte seinen Gefolgsmann Giovanni Giuriati zum Vorsitzenden der faschistischen Partei in Venedig, womit er den Gegner seiner Wirtschaftspolitik Piero Marsich überspielte. Noch schärfer wurde seine Wirtschaftsdiktatur, als er 1925 bis 1928 italienischer Wirtschaftsminister war. Damit stand einer weiteren Ausdehnung der Industriezone auf dem Festland, und dem Ausbau Venedigs zur Tourismusmetropole zugunsten seiner Hotelkette nichts mehr im Wege. Um seine Herrschaft über Venedig auch medial abzusichern, kaufte er 1938 die wichtigste Zeitung der Stadt, den Gazzettino, der schnell zur Hauspostille seines Industrieimperiums wurde.

Doch Mussolini wurde Ende Juli 1943 gestürzt, Hitlers Armee, SS und Gestapo übernahmen daraufhin ab dem 10. September 1943 die eigentliche Macht in Italien, während von Süden die am 3. September gelandeten Alliierten weiter vorrückten. Die deutschen Besatzer setzten fast sogleich die Deportation der Juden durch; die jüdische Gemeinde in Venedig hatte 1.800 Mitglieder gezählt. Anfang September 1943 verlangte die Gestapo vom Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Giuseppe Jona, eine Mitgliederliste. Er sagte sie für den nächsten Tag zu, warnte aber die Gemeinde, beseitigte alle Unterlagen und nahm sich das Leben. Am 1. Dezember wurde über das Radio bekanntgegeben, dass alle Juden verhaftet werden sollten. Bis Mitte Februar 1944 lag die Deportation in den Händen der italienischen Polizei. Sie verhaftete bei einer Razzia 163 Juden, die SS verhaftete weitere in einem Krankenhaus. Am 31. Dezember wurde 93 Menschen ins Zwischenlanger nach Fossoli geschickt, am 18. Januar folgten vier zuvor kranke Kinder. Am 22. Februar 1944 ging Transport Nummer 8 mit 489 Gefangenen - unter ihnen Primo Levi - von Fossoli nach Auschwitz, wo er vier Tage später ankam. Am 17. August 1944 wurde das jüdische Pflegeheim mit 30 Bewohnern, unter ihnen Adolfo Ottolenghi, von der SS durchsucht. 21 alte Leute wurden nach Triest gebracht. Nur einer von ihnen überlebte Auschwitz. Vom 6. bis 11. Oktober 1944 führte die SS die dritte Razzia durch und verhaftete 21 Kranke, dazu einige Juden, die sich in den Heilanstalten versteckt hatten; von ihnen wurden 20 in das gerade errichtete Internierungslager San Sabba in Triest überführt. Insgesamt war zwar mehreren hundert jüdischen Venezianern die Flucht gelungen, davon rund 200 in die Schweiz, doch 246 von ihnen wurden deportiert und starben auf der Fahrt oder wurden in Auschwitz ermordet. Nur 15 kehrten zurück.

Am 25. April 1945 erklärten die Partisanen einen allgemeinen Aufstand, am selben Tag überschritt die 8. Britische Armee den Po und stieß in Richtung Venedig vor. Am 29. April erfolgte die Kapitulation der deutschen Armeen in Italien, die Kampfhandlungen endeten am 2. Mai. Neben den Partisanen befreite eine mehr als 200-köpfige Privatarmee (Popski's Private Army, PPA) in britischen Diensten Venedig.

1966 traf ein ungewöhnliches hohes Hochwasser 16.000 venezianische Wohnhäuser. Bis weit in die 1970er Jahre hatte die Industriepolitik Vorrang, so dass aus der Lagune eine Kloake wurde, die durch die verbreiterten Durchfahrten zur Adria und die Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts immer häufiger verheerenden Überschwemmungen ausgesetzt war, wie etwa 1966. Gleichzeitig schrumpfte die Bevölkerung in der Altstadt bis auf weniger als 60.000.

Unter Bürgermeister Massimo Cacciari (1993-2000 und 2005-2010) subventionierte die Regierung die Restaurierung der Wohnhäuser, entwickelte Projekte zum Schutz vor Hochwasser, ließ sämtliche Kanäle reinigen und bemühte sich um den Umzug europäischer Institutionen nach Venedig. Auch hat der Ausbau der Universität zu einer gewissen Verjüngung der Bevölkerung beigetragen. Neben dem Tourismus und der Kultur sollte Venedig auch im Wissenschaftsbereich ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Standbein erhalten.

Im April 2010 folgte Giorgio Orsoni im Amt des Bürgermeisters. Ihm gelang es, sich gegen den Kandidaten des Ministerpräsidenten Berlusconi, gegen Renato Brunetta durchzusetzen. Damit wurde Venedig die einzige von der Linken regierte Stadt im Veneto.

Am 200. Jahrestag des Endes der Republik besetzten acht Männer den Glockenturm von San Marco und hissten die Kriegsflagge Venedigs, die den Heiligen Markus mit Schwert zeigt. Die acht als Löwen oder Serenissimi bezeichneten Besetzer wurden zu Haftstrafen bis zu sechs Jahren verurteilt, jedoch nach einem Jahr freigelassen.51

Literatur

Anmerkungen

  1. 1 ↑ Gina Fasoli nannte ihre Geschichte Venedigs (Florenz 1937) einfach La Serenissima.
  2. 2 ↑ In der deutschsprachigen Literatur hat sich die Bezeichnung Adel für die im Fernhandel tätigen und politisch führenden Familien weitgehend durchgesetzt (Dieter Girgensohn: Kirche, Politik und adelige Regierung in der Republik Venedig zu Beginn des 15. Jahrhunderts, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 118, 2 Bde, Göttingen 1996, Gerhard Rösch: Der venezianische Adel bis zur Schliessung des Grossen Rates: zur Genese einer Führungsschicht, Sigmaringen: Thorbecke 1989 u. a.). Hingegen Alexander Francis Cowan: The Urban Patriciate: Lübeck and Venice 1500-1700; Köln, Wien 1986.
  3. 3 ↑ Zur Quellenlage immer noch ein guter Zugang: Andrea da Mosto, L'ARCHIVIO DI STATO DI VENEZIA. INDICE GENERALE, STORICO, DESCRITTIVO ED ANALITICO (PDF, 796 kB oder im HTML-Format).
  4. 4 ↑ Zur Frühgeschichte der Lagune vgl. Vladimiro Dorigo: Storia delle dinamiche ambientali ed insediative nel territorio lagunare veneziano, Venedig 1994.
  5. 5 ↑ Graziano Tavan: Archeologia della Laguna di Venezia, in: Veneto Archeologico Januar/Februar 1999..
  6. 6 ↑ Grundlegend für die Ereignisgeschichte und von großer Quellenkenntnis ist immer noch: Heinrich Kretschmayr: Geschichte von Venedig, 3 Bände, Gotha 1905 und 1920, Stuttgart 1934, Nachdruck Aalen 1964 und 1986.
  7. 6a ↑ Lech Leciejewicz: Tocello antica e medievale alle luce delle nuove ricerche archeologiche, in: Ders. (Hg.): Torcello: nuove ricerche archeologiche, Rom 2000, S. 87-98, hier: S. 91.
  8. 7 ↑ Luprio entsprach etwa den heutigen Stadtsechsteln Santa Croce und San Polo. Ein luprio war ein trockengelegtes Sumpfgebiet. Dort befanden sich zahlreiche Salinen.
  9. 8 ↑ Dieser bildete den Kern des heutigen Stadtteils Cannaregio.
  10. 9 ↑ Der Stadtteil schloss sich ostwärts an Rivoalto an.
  11. 10 ↑ Hierbei handelte es sich um eine der sieben Inseln, die das spätere Stadtsechstel Dorsoduro bildeten.
  12. 11 ↑ Dort befindet sich heute die Kirche San Zaccaria.
  13. 12 ↑ Spinalunga bildet heute einen Teil der Giudecca.
  14. 13 ↑ Dies und das Folgende im Wesentlichen nach Donald M. Nicol: Byzantium and Venice. A study in diplomatic and cultural relations, Cambridge University Press 1988.
  15. 13a ↑ Dies und das Folgende im Wesentlichen nach Andrea Castagnetti: La società veneziana nel Medioevo, Bd 1: Dai tribuni ai giudici, Verona 1992.
  16. 13b ↑ Cassiodori senatoris Variae, in Monumenta Germaniae Historica, Auctores antiquissimi, XII, Berlin 1894, n. 24, S. 379f., aus dem Jahr 537-538.
  17. 13c ↑ P. Rugo: Le iscrizioni dei secoli VI-VII-VIII esistenti in Italia, II. Venezia e Istria. Cittadella 1975, 24 (Nr. 17). Dort wird ein Antoninus tribunus genannt.
  18. 13d ↑ Alamari Petranovic, Anneliese Margetic: Il Placito del Risano, in: Atti del Centro di ricerche storiche di Rovino 14 (1983-84), 55-75, hier: 55-69.
  19. 13g ↑ G. Schmedt: Città scomparse e città di nuova formazione in Italia in relazione al sistema di comunicazione, in: Topografia urbana e vita cittadina nell’alto medioevo in occidente, 26. April – 1. Mai 1973, II (Settimane di studio del centro italiano di studi sull’alto Medioevo 21) Spoleto 1974.
  20. 14 ↑ Cassiodor, Variae, X, 27 und XII, 24.
  21. 14a ↑ Im Liber Primus des Chronicon Altinate werden "Paulucius Dux" 18 Herrschaftsjahre zugeschrieben (Antonio Rossi: La Cronaca Veneta Detta Altinate di autore anonimo, Archivio Storico Italiano, Bd. VIII, Florenz 1845, S. 20). Die Chronik findet sich bei Google Books, aber auch bei archive.org.
  22. 14b ↑ Johannes Diaconus, Chronicon, II, 1 (Ed. Berto: 94).
  23. 14d ↑ Gyula Moravcsik, R.J.H. Jenkins (Hg.): Constantinus Porphyrogenitus, De administrando imperio, Washington 1966, 2006, S. 116-119. Der Kaiser hielt die Lagune für unbewohnt, bis die seiner Meinung nach fränkischen Flüchtlinge vor Attila sie ab 452 besiedelten und verabredeten, dort zu bleiben (s. Google Books.
  24. 14da ↑ Pactum Lotharii, 132.
  25. 14e ↑ Kaiser Maurikios an Papst Gregor I., a. 591: MGH Epp. I, 22 (Nr. I/16b).
  26. 14f ↑ „Si conturbatio ista et compulsio praesentibus iussionibus vestris remota non fuerit, si quem de nobis, qui nunc esse videmur, defungi contigerit, nullus plebium nostrarum ad ordinationem Aquileiensis ecclesiae post hoc patietur accedere, sed quia Galliarum archiepiscopi vicini sunt, ad ipsorum sine dubio ordinationem accurrent, et disssolvetur metropolitana Aquieleiensis ecclesia sub vestro imperio constituta, per quam, Deo propitio, ecclesias in gentibus possidetis, quod ante annos iam fieri coeperat, et in tribus ecclesiis nostri concilii, id est Beconensi, Tiburniensi (gemeint ist Debern in Kärnten), et Augustana Galliarum (Augsburg) episcopi constituerant sacerdotes.“ (MGH Epp. I, 20 (Nr. I/16)).
  27. 14g ↑ Brief Karls an Papst Hadrian I., a. 785, in: Cod. Carol. 622-623 (c. 86).
  28. 14h ↑ MGH Epp. III, 712-713.
  29. 14i ↑ Origo Civitatum Italie seu Venetiarum. Chronicon Altinate et Chronicon Gradense'', hgg. v. Roberto Cessi, Rom 1933, S. 154-157.
  30. 14j ↑ Annales Regni Francorum, a. 807 (Ed. Rau: 86). Dort heißt es: „Niceta patricius, qui cum classe Constantinopolitana sedebat in Venetia, pace facta cum Pippino rege et indutiis usque ad mensem Augustum constitutis statione soluta Constantinopolim regressus est.“ (online)
  31. 14k ↑ Annales Regni Francorum, a. 809 (Ed. Rau: 90) „Classis de Constantinopoli missa primo Dalmatiam, deinde Venetiam appulit; cumque ibi hiemaret, pars eius Comiaclum insulam accessit commissoque proelio contra praesidium, quod in ea dispositum erat, victa atque fugata Venetiam recessit. Dux autem, qui classi praeerat, nomine Paulus, cum de pace inter Francos et Grecos constituenda, quasi sibi hoc esset iniunctum, apud domnum Pippinum Italiae regem agere moliretur, Wilhareno et Beato Venetiae ducibus omnes inchoatus eius impedientibus atque ipsi etiam insidias parantibus, cognita illorum fraude discessit.“ (online)
  32. 14l ↑ Annales Regni Francorum, a. 810 (Ed. Rau: 94) „Interea Pippinus rex perfidia ducum Veneticorum incitatus Venetiam bello terraque marique iussit appetere; subiectaque Venetia ac ducibus eius in deditionem acceptis eandem classem ad Dalmatiae litora vastanda misit. Sed cum Paulus Cefalaniae praefectus cum orientali classe ad auxilium Dalmatis ferendum adventaret, regia classis ad propria regreditur.“ (online)
  33. 14m ↑ Annales Regni Francorum, a. 810 (Ed. Rau: 96) „... memoratas legationes audivit, pacemque cum Nici- foro imperatore ... fecit. Nam Nam Niciforo Venetiam reddidit.“ (online)
  34. 14n ↑ Andrea Dandolo, Chron. Ext. (Ed. Pastorello), S. 142f.
  35. 15 ↑ Ähnlich traditionsbildend wirkte das Langobardenreich auf Venedig ein, denn von dort übernahm die Kommune das Amt des Gastalden.
  36. 15a ↑ MGH, Capitularia regum Francorum, hgg. v. A. Boretius, Bd. 2, Hannover 1883-1897, II, n. 223, 23. Februar 840.
  37. 16 ↑ Dazu: Johannes Hoffmann: Venedig und die Narentaner, in: Studi Veneziani 11 (1969) 3-41.
  38. 17 ↑ Zur Ausweitung der Herrschaft über die obere Adria, den Golf von Venedig: Antonio Battistella: Il dominio del Golfo, in: Nuovo Archivio Veneto, nuova serie 35 (1918). Walter Lenel: Die Entstehung der Vorherrschaft Venedigs an der Adria, Straßburg 1897.
  39. 18 ↑ Vgl. Johannes Hoffmann: Venedig und die Narentaner, in: Studi Veneziani 11 (1969) 3-41.
  40. 19 ↑ Eines großen Vaters glückloser Sohn? Die neue Politik Ottos II., in: Ottonische Neuanfänge, herausgegeben von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, Mainz 2001, S. 293-320, hier: S.309.
  41. 20 ↑ Allgemein zu den Handelsvorrechten Venedigs in Byzanz: Julian Chrysostomides: Venetian commercial privileges under the Palaeologi, in: Studi Veneziani 12 (1970) 267-356.
  42. 21 ↑ Besonders hervorzuheben ist der so genannte Liber plegiorum, ein papierener Codex, der ab 1223 entstanden ist (Roberto Cessi (Hg.): Liber Plegiorum & Acta Consilii Sapientum (Deliberazioni del Maggior Consiglio di Venezia, Bd. 1), Bologna 1950).
  43. 22 ↑ Zur Relativierung des Begriffs Außenpolitik zuletzt: Hanna Vollrath (Hg.): Der Weg in eine weitere Welt. Kommunikation und "Außenpolitik" im 12. Jahrhundert Berlin: LIT Verlag 2008.
  44. 23 ↑ Giorgio Cracco: Societé e stato nel medioevo veneziano, Florenz 1967, S. 110.
  45. 24 ↑ Vgl. Gerhard Rösch: Der venezianische Adel bis zur Schliessung des Grossen Rates: zur Genese einer Führungsschicht, Sigmaringen: Thorbecke 1989.
  46. 25 ↑ Monumenta Germaniae Historica, Const. 72, S. 121-124.
  47. 26 ↑ Franz Dölger (Hg.): Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches von 565-1453, 2. Teil: von 1025-1204, München 1925, n. 1081, Mai 1082. Zu diesem Chrysobullon vgl. Ralph-Johannes Lilie: Handel und Politik zwischen dem Byzantinischen Reich und den italienischen Kommunen Venedig, Pisa und Genua in der Epoche der Komnenen und Angeloi (1081-1204), Amsterdam 1984. Dem Dogen wurde der Titel eines Protosebastos übertragen, eines der höchsten zu vergebenden Titel des östlichen Kaiserreiches (Famiglia Zusto (1083-1199), Hg. Luigi Lanfranchi, Venedig 1955, n. 1, 1085).
  48. 27 ↑ John Danstrup: Manuel I's coup against Genoa and Venice in the light of Byzantine commercial policy, in: Classica et Mediaevalia 10 (1948) 195-219; zum Händlerquartier der Venezianer in Konstantinopel: Eric R. Dursteler: Venetians in Constantinople. Nation, identity, and coexistence in the early modern Mediterranean, Baltimore/London: The Johns Hopkins University Press 2006.
  49. 28 ↑ Hans-Jürgen Hübner: Quia bonum sit anticipare tempus. Die kommunale Versorgung Venedigs mit Brot und Getreide vom späten 12. bis ins 15. Jahrhundert, Peter Lang 1998, S. 111-198.
  50. 29 ↑ Zu Enrico Dandolo: Thomas F. Madden: Enrico Dandolo & the rise of Venice, Baltimore 2003.
  51. 30 ↑ Nach wie vor grundlegend: Freddy Thiriet: La Romanie vénitienne au Moyen Age. Le développement et l'exploitation du domaine colonial vénitien (XII-XV siècles), 2. Auflage, Paris 1975, Paris 1959.
  52. 31 ↑ Nach wie vor die beste Darstellung: Vittorio Lazzarini: La presa di Chioggia, in: Archivio Veneto 81 (1952) 53-64.
  53. 32 ↑ Zu seinen Beziehungen zu Venedig vgl. Francesco Carabellese: Carlo d'Angiò nei rapporti politici e commerciali con Venezia e l'Oriente, Bari 1911.
  54. 33 ↑ Zur Politik Kaiser Andronikos' II. vgl. Angelik Laiou: Constantinople and the Latins: The Foreign Policy of Andronicos II., 1282-1328, Cambridge/Massachusetts 1972.
  55. 34 ↑ Antonio Battistella: Contributo alla storia delle relazioni tra Venezia e Bologna, Atti dell'Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti, Bd. 35, Venedig 1915f. und Alfred Hessel: Geschichte der Stadt Bologna 1116 bis 1280, Berlin 1910.
  56. 35 ↑ Mario Brunetti: Venezia durante la peste del 1348, in: Ateneo Veneto 32 (1909) 289-311.
  57. 36 ↑ Zu Politik und Wirtschaft Venedigs im 14. Jahrhundert: Roberto Cessi: Politica ed economia di Venezia nel trecento, Rom 1952.
  58. 37 ↑ Zu diesem imperialen Zeitalter: David S. Chamber: The Imperial Age of Venice, New York/London 1970.
  59. 38 ↑ Zu diesem europaweit geführten Krieg: Wolfgang v. Stromer: Landmacht gegen Seemacht. Kaiser Sigismunds Kontinentalsperre gegen Venedig 1412-1433, in: Zeitschrift für historische Forschung 22 (1995) 145-189.
  60. 39 ↑ Dennis Romano: The Likeness of Venice. A Life of Doge Francesco Foscari 1373-1457, Yale University Press, New Haven 2007.
  61. 40 ↑ Die Insel San Lazzaro degli Armeni wurde erst ab 1717 von Armeniern bewohnt.
  62. 41 ↑ Zur Bevölkerungsentwicklung vgl. Karl Julius Beloch: Bevölkerungsgeschichte Italiens, Bd. 3: Die Bevölkerung der Republik Venedig, des Herzogtums Mailand, Piemonts, Genuas, Corsicas und Sardiniens. Die Gesamtbevölkerung Italiens, Berlin 1961, Abschnitt VII Die Republik Venedig.
  63. 42 ↑ Dazu grundlegend: Elizabeth Crouzet-Pavan: Sopra le acque salse. Escpaces, pouvoir et société à Venise à la fin du Moyen Age, 2 Bde, Rom 1992.
  64. 43 ↑ Hierzu liegen zahlreiche Arbeiten vor, sozialgeschichtlich ragt Robert C. Davies: Shipbuilders of the Venetian Arsenal. Workers and workplace in the preindustrial city, Baltimore/London 1991, heraus.
  65. 44 ↑ Angus Konstam: Lepanto 1571. The greatest naval battle of the Renaissance, Oxford 2003. Ein zeitgenössischer Bericht: Warhafftiger unnd khurtzer bericht der Freydenreichen unnd Herrlichen Victori, So die Christlich Armada der Bundtsverwanten inn Italia auff dem Adriatischen Meer, Nechst verschienens Sibenden Tags diß Monats Octobris, unnd lauffenden Einundsibentzigisten Jahrs ... gegen ... dem Türcken erhalten hatt : Auß ainem Schreiben der Herrschafft Venedig Obristen ... trewlich verdeutscht, Wien 1571 (online).
  66. 45 ↑ Vgl. hierzu Murray Brown: The Myth of Antonio Foscarini's Exoneration, in: Renaissance and Reformation/Renaissance et Reforme. Société Canadienne d'Études de la Renaissance 25/3 (2001) 25 - 42.
  67. 46 ↑ Venezia e la Peste. 1348-1797, Ausstellungskatalog, Venedig 1980.
  68. 47 ↑ Dies und das Folgende nach: Peter Burke: Venedig und Amsterdam im 17. Jahrhundert, London 1974, dt. Göttingen 1993; Oliver Thomas Domzalski: Politische Karrieren und Machtverteilung im venezianischen Adel (1646-1797), Sigmaringen 1996.
  69. 48 ↑ Susanna Grillo: Venezia. Le difese a mare. Profilo architettonico delle opere di difesa idraulica nei litorali di Venezia, Venedig 1989.
  70. 49 ↑ Zum Verhältnis Napoleons zu Venedig: Amable de Fournoux: Napoléon et Venise 1796-1814, Éditions de Fallois 2002.
  71. 50 ↑ Zu diesen Verlusten vgl. Maria Luxoro: La Biblioteca di San Marco nella sua storia, Florenz 1954.
  72. 50f ↑ Franz Josef Adolf Schneidawind: Der Feldzug der kaiserl. königl. österreichischen Armee unter Anführung des Feldmarschals Grafen Radetzky in Italien in den Jahren 1848 und 1849, zweiter und dritter Teil, Innsbruck 1853, S. 881f.
  73. 50g ↑ Gustav Frigyesi: L'Italia nel 1867. Storia politica e militare corredata di molti documenti editi ed inediti e di notizie speciali, Bd. 1, Florenz 1868, S. 151f.
  74. 50k ↑ Piero Brunello: Storie di anarchici e di spie. Polizia e politica nell'Italia liberale, Rom 2009, S. 35ff..
  75. 51 ↑ Berliner Zeitung, 29. April 1998

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