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Sonntag, 13. November 2011, 13:25 Uhr

Das linke Familienunternehmen

Die Linkspartei, eine Partei der Vergesellschaftung, steht vor ihrem ungewöhnlichsten Experiment: die Privatisierung der Partei. Der alte Oskar Lafontaine und seine 26 Jahre jüngere Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht sind dabei, “Die Linke” zu einem Familienunternehmen zu machen.

Der unaufhaltsame Aufstieg Sahra Wagenknechts ist offensichtlich ein Gemeinschaftsprojekt des Mehr-Generationen-Teams. Der erste Schritt war die von Lafontaine gewünschte und von Gregor Gysi exekutierte Entmachtung Dietmar Bartschs, des potenziell gefährlichsten Rivalen.

Der Wandel der glühenden Kommunistin zur Salon- und Talkshow-Sozialistin war der zweite Schritt, der dritte ist ihr Aufstieg zur ersten stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Jetzt ist der Weg nach oben offen. Oskar Lafontaine führt die Partei zwar nicht mehr, aber er lenkt sie.

Und die Bartschs, Ramelows, Lederers und andere Realos stehen staunend am Rande. Und bewundernd, denn Wagenknecht könnte tatsächlich das faszinierende Gesicht der “Linken” werden. Wagenknecht, eine Frau, die Aura mit Intelligenz verbindet. Und immer im Hintergrund, und an ihrer Seite künftig wieder mehr im Vordergrund, Oskar Lafontaine, der Erfinder und Gründer der Partei.

Dieses Duo beflügelt die Phantasie und ist hundertmal attraktiver als das dröge Gespann Gesine Lötzsch und Klaus Ernst.  Die scheinbar oder tatsächlich geläuterte Kommunistin, die jahrelang von SED und DDR nicht lassen wollte, und der ehemalige SPD-Vorsitzende, den die glühende Abneigung gegen seine Ex-Partei umtreibt -  das ist die wahre Spitze einer neuen sozialistischen Einheitspartei.

Die Partei braucht tatsächlich dringend einen Vitalitätsschub, wie ihn offenbar auch Lafontaine erlebt hat. Sie strahlt entweder den alten DDR-Mief aus oder den strengen Geruch westlicher Sektierer. Da ist das Paar Wagenknecht/Lafontaine eine echte Alternative. Es könnte “Die Linke” aus ihrem Tief reissen, allerdings um den Preis, eine ewige Oppositionspartei zu bleiben.

Denn ihr Programm ist nicht koalitionsfähig, weder mit der SPD, noch mit den Grünen. Vergesellschaftung der Banken und Energieunternehmen, Auflösung der NATO, 10 Euro Mindestlohn, 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich, Abschaffung von Hartz IV – dafür gibt es keine Partner. Und schon gar nicht für die Wagenknecht-Forderung, Familienunternehmen dürften nicht mehr vererbt werden, sondern sollten beim Tode des Besitzers in die Hände der Belegschaft übergehen.

Wagenknecht/Lafontaine stehen für Fundamentalopposition, nicht für Mitregieren. Aber sie könnten erfolgreicher sein als die bisherige Spitzenformation und den Wähleranteil der “Linken” wieder vergrößern. Allerdings mit dem Nebeneffekt, dass Angela Merkel zur ewigen Kanzlerin wird.

Und man darf sich nicht daran stören, dass das Ganze ein bisschen Hautgout hat.

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Montag, 07. November 2011, 20:02 Uhr

Signal der Arroganz

Steuersenkungen auf Pump – das ist ein fatales Signal, das die schwarz-gelbe Koalition an die europäischen Krisenländer sendet.

Deutschland, der strenge Schulmeister der Griechen, Italiener, Spanier und Portugiesen, beschließt mitten in der Schuldenkrise kreditfinanzierte Steuersenkungen und verteilt mit dem Betreuungsgeld neue soziale Wohltaten. Wohltaten, die zudem noch einen falschen Lenkungseffekt haben und eigentlich von der FDP und weiten Teilen der CDU abgelehnt werden.

Statt der Musterschüler zu sein, gibt Deutschland ein schlechtes Beispiel und fällt durch schlechtes Betragen auf. Damit diskreditiert die Bundesregierung ihre Sparappelle an die Krisenländer, die Sozialleistungen einkassieren, Steuern erhöhen und Löhne kürzen müssen.

Die Menschen in den Krisenländern müssen es als Verhöhnung empfinden, wenn Deutschland ihnen (zurecht) Vorschriften macht,  gleichzeitig aber trotz 25 Milliarden Euro Neuverschuldung im Jahr 2012  Mindereinnahmen und Mehrausgaben beschließt, statt zu sparen – oder zumindest Sparvorschläge dafür vorzulegen.

Die Bundeskanzlerin muss aufpassen, dass ihr diese Politik bei künftigen Europagipfeln nicht auf die Füße fällt. Sie  kann als Signal der Arroganz verstanden werden: Wir Deutsche haben das Sparen nicht nötig. Wir haben’s ja. Das vergiftet die Atmospäre.