Palästina – der Alltag

Editorial, Hassan Hammad
Wenn man die in deutscher Sprache erschienenen Werke palästinensischer Autoren näher betrachtet, stellt man zwei Dinge fest: Erstens wird die Literatur der Palästinenser fast ausschließlich durch Werke prominenter Schriftsteller wie Ghassan Kanafani, Emil Habibi und Sahar Khalifa präsentiert. Zweitens wird sie in Literaturstudien häufig als »palästinensische Literatur vor dem Hintergrund der Besatzung«, ... mehr...
Der Schmetterling, Liana Badr
Nicht im Traum wäre mir eingefallen, dass Randa sich so beharrlich um das Bild bemühen würde – das Gemälde »Die Liebenden«, nach dem ich selbst lange gesucht hatte, bis ich es endlich fand. Und als ich es gefunden hatte, ging es mir wieder verloren. Nie wäre mir in den Sinn gekommen, sie könnte es beschaffen, bei sich verstecken und mit ihrer wohlbekannten Geduld aufbewahren, um es mir einmal zu schenken.
Sie wiederum hatte nicht erwartet, dass ich bei ihr vorbeischauen würde an jenem Tag, als ich auf der Durchreise in die Stadt kam, wo sie seit dem letzten Krieg im Libanon wohnte. ...
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Eingesperrte Vögel, Zakaria Mohamed
Unsere Seelen sind Vögel, eingesperrt in unseren Leibern
Fliegt ein frei umherschweifender Vogel über uns hinweg
und sie hören seine Stimme, seinen Flügelschlag,
flattern sie mit ihren Flügeln
und schlagen gefährlich aus,
so dass uns beinah’ das Herz aus der Brust gesprengt wird
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Ein Gesicht, Dalia Taha
Der Himmel fiel
auf die Zöpfe
des kleinen Mädchens, das getötet wurde
Ihr Gesicht,
ein Windhauch im Schatten
des Gartens,
verfließt in der Farblosigkeit und
errötet vor Scham,
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Wer hat meine Freundin aus dem Panzer geklaut? , Kauthar Abu Hani
Das war kein Abenteuer oder eine unbeabsichtigte Tat, die einem Anfall von Verrücktheit oder einer dummen Idee entsprungen war. Wir hatten vereinbart, den Geburtstag unserer Freundin Ghada in einem israelischen Panzer zu feiern, auf den wir in einer Straße der Stadt gestoßen waren. In Gaza gab es keine Tränen, keine Wut und keine Wünsche. Die Stadt hieß also Gaza und wir waren Kauthar, Ghada, Rana und Baha‘. Wir stellten die Wecker auf fünf Uhr morgens. Ich und Ghada sind aus Gaza, Rana aus Dair al-Balah und Baha‘ aus Rafah...
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Alles bleibt unverändert, Ghassan Zaqtan
Was führte ihn dorthin

bei diesem eiskalten Wetter?
Nicht Sehnsucht oder Neugier
Vielleicht Angst oder das kalte Zimmer,
obwohl alles ganz unverändert aussah.
So wie er es in einem alten Gedicht geschrieben hatte,
das er nicht beenden konnte.
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