Brutale Ausschaffung einer syrischen Kurdenfamilie – ein Augenzeugenbericht

So werden Ausschaffungshäftlinge gefesselt. (Bild: 20minuten)

Wie brutal und hinterhältig die schweizerischen Behörden gegen abgewiesene Asylsuchende vorgehen, zeigt sich einmal mehr in diesem Bericht, den der Verein Miteinander Valzeina veröffentlicht hat. Dank dem mutigen Handeln der Mithäftlinge der ausgeschafften Familie hat das Wissen über die Geschehnisse sich über die Gefängnismauern hinaus verbreiten können.

Am Nachmittag vom 14.07.2010 besuchte Frau S. mit ihren 4 Kindern ihren Mann H. in der Ausschaffungshaft im Sennhof Chur. In dieser Zeit wurde im Flüeli Valzeina durch mehrere Polizisten und einen Beamten vom Amt für Polizeiwesen und Zivilrecht (APZ) die Sachen von S. und den Kindern zusammengepackt und abtransportiert. (Auskunft der Polizei an eine Flüeli Bewohnerin: „Sie bekommen ein besseres Zuhause“) Nachher wurde im Sennhof die ganze Familie von der Polizei abgeführt.

Ein Strafgefangener des Gefängnisses Sennhof Chur berichtet:

1. August-Aktion: Bleiberecht besucht Widmer-Schlumpf in Eiken

Auch während der Rede von Widmer-Schlumpf zeigten wir unsere Präsenz

Am 1. August feiert sich die Schweiz als Land der Freiheit und Demokratie. Die Bleiberechtsbewegung nutzt diesen Tag, um zu zeigen, dass hunderttausenden Papierlosen und abgewiesenen Asylsuchenden in der Schweiz genau dies vorenthalten wird.

Aktion in Eiken

Die heutige Aktion für ein Bleiberecht für alle fand in Eiken (AG) anlässlich der 1. August-Rede von Bundesrätin Widmer-Schlumpf statt. Das Motto der Veranstalter der Feier lautet „Eiken für alle“. Als die circa 150 AktivistInnen am Bahnhof Eiken eintrafen, wurden sie von einem Grosssaufgebot der Polizei empfangen und eingekesselt. Nach längeren Verhandlungen wurde uns schliesslich der Zugang zum Fest erlaubt, unter der Bedingung, dass wir das Fest nicht stören.

Die AktivistInnen waren die gleichen Personen, die vom 26. Juni bis zum 2. Juli in Bern die kleine Schanze besetzt hielten. Im Rahmen der Besetzung wurde Bundesrätin Widmer-Schlumpf ein Brief mit Forderungen (vgl. Anhang) geschickt. Darauf hat sie bisher nicht geantwortet.

Singend und mit Transparenten zogen wir auf dem Gelände ein und hörten der Rede von Bundesrätin Widmer-Schlumpf zu, ohne sie zu stören. Der Forderung, unsere eigene Rede zu halten, wurde leider nicht entsprochen. Wir verurteilen, dass an einem Tag, an dem die Freiheit und Demokratie in der Schweiz gefeiert wird, Personen ohne Papiere offenbar keine Stimme haben dürfen. Nach der Rede verliessen wir friedlich das Gelände.

Gespräch mit Widmer-Schlumpf

Momentan spricht eine Fünf-Personen-Delegation von Flüchtlingen mit Bundesrätin Widmer-Schlumpf. Über allfällige Resultate dieses Gesprächs werden wir Sie informieren. Wir bezweifeln aber, dass die verantwortliche Bundesrätin ihre unmenschliche Haltung gegenüber den weit über  hunderttausend Sans-papiers ändert.

Ziel der heutigen Aktion war es, Frau Widmer-Schlumpf nochmals auf Situation von Papierlosen und abgewiesenen Asylsuchenden in der Schweiz aufmerksam zu machen und die Bundesrätin direkt mit der Forderung nach einer kollektiven Regularisierung und dem Recht auf Arbeit für alle zu konfrontieren.

(Medienmitteilung)

Die 1. August-Rede der Bleiberecht-Kollektive als PDF

Bilder von der Aktion in Eiken

Besammlung in Frick

Letze Vollversammlung vor der Aktion

Aufbruch nach Eiken

Dort erwartete uns die Polizei.

Sie filmte...

...und umkreiste uns.

Informationen über die Verhandlungen mit der Polizei.

In Eiken versammelten wir uns am Rande des Festgeländes.

Mit Transparenten machten wir auf uns aufmerksam.

Die Rede von Bundesrätin Widmer-Schlumpf

Nach der Rede näherten wir uns dem Rendnerpodium, weil wir selbst das Wort ergreifen wollten.

Dies führte zu Diskussionen mit der Bundesrätin.

Der Abzug – ohne dass wir unsere Rede halten konnten.

1. August-Rede der Bleiberecht-Kollektive

Folgende Rede wollten die Bleiberecht-Kollektive anlässlich der 1. August-Feier in Eiken AG halten, um sich bei der anwesenden Bundesrätin Widmer-Schlumpf und der Bevölkerung in Erinnerung zu rufen. Leider wurde uns dies vom Organisationskommitee verweigert.

Liebe Bewohnerinnen und Bewohner des Stücks Erde, das „Schweiz“ genannt wird

„Eiken für alle“ heisst das Motto der 1.-August-Feier in Eiken. Wir – Menschen mit und ohne Papiere, die sich in der Bleiberecht-Bewegung vereinigt haben – nehmen diese Einladung gerne an. Denn wir kämpfen für ein Bleiberecht, gleiche Rechte für alle. Da fühlten wir uns  angesprochen.

Die Gründungsgeschichte der Schweiz erzählt von mutigen Menschen, die nicht länger gewillt waren, die Unterdrückung und die Arroganz ihrer Herren zu akzeptieren, weil sie in Freiheit und Demokratie leben wollten. Mit dieser Haltung können wir uns identifizieren. Auch wir kämpfen für Freiheit und Demokratie. Auch wir verweigern uns. Wir sind nicht länger bereit, die fremdenfeindliche und entwürdigende Migrationspolitik der Schweiz still zu ertragen. Darum haben wir im Juni die Kleine Schanze in Bern besetzt, darum sind wir heute hier.

Doch die Gründungsgeschichte der Schweiz ist nicht viel mehr als ein Mythos. Und auch von den Idealen, die sie propagiert, findet sich in der Realität herzlich wenig. Heute Abend wird Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf zur Feier des Tages eine Rede halten. Sie verficht energisch eine Politik der Fremdenfeindlichkeit und des Ausschlusses von AusländerInnen aus der Gesellschaft. Bundesrätin Widmer-Schlumpf und mit ihr eine Unzahl von Politikerinnen und Politikern von der SVP bis zum rechten Rand der Grünen und der SP wollen eine Schweiz für wenige, oder anders gesagt: eine Schweiz für alle, die Profit bringen. Sie stehen nicht für die Freiheit und Demokratie, die wir meinen.

Unter den „profitablen“ Arbeitskräften gibt es hunderttausend bis dreihunderttausend, die ohne Aufenthaltsbewilligung  unentbehrliche Arbeit in Haushalten, Restaurants, Fabriken und in Landwirtschaftsbetrieben leisten. Sie tun dies unter ausbeuterischen Bedingungen und ohne sozialen Schutz. Jederzeit können sie verhaftet werden. Ständig sind sie von Ausschaffung bedroht. In einem heuchlerischen Doppelspiel brauchen die herrschenden Kreise der Schweiz diese Menschen und drangsalieren sie gleichzeitig. Sie sperren sie bis zu zwei Jahre in ihre Gefängnisse ein, nur weil sie ihren Fuss auf dieses Stück Erde gesetzt haben. Diese Menschen haben nichts verbrochen. Sie versuchen nur, ein würdiges Leben zu leben. Die Schweiz, die sich gern mit ihrer „humanitären Tradition“ brüstet, verwehrt es ihnen.

Für die abgewiesenen Asylsuchenden hat die schweizerische Migrationspolitik einige stossende Spezialitäten bereit.  Sie leben von einer minimalsten Nothilfe. Sie dürfen nicht arbeiten und haben keine Perspektive. Zum Teil werden sie in unterirdische Massenunterkünfte eingepfercht. Viele von ihnen kommen aus Ländern mit extremer Armut oder schweren politischen Problemen. Dennoch dürfen sie gemäss den Behörden nicht hier bleiben.

Während der Besetzung der Kleinen Schanze haben wir Bundesrätin Widmer-Schlumpf einen Brief mit unseren Forderungen übergeben. Bis heute haben wir von ihr keine Antwort erhalten. Da bleibt uns nichts anderes übrig als uns bei ihr nachdrücklich in Erinnerung zu rufen. Das machen wir heute in Eiken. Wir wollen, dass Bundesrätin Widmer-Schlumpf zu unseren Forderungen Stellung nimmt und konkrete Schritte unternimmt, damit die Sans-Papiers und Asylsuchenden ein würdiges Leben in der Schweiz führen können. Diese Forderungen sind:

•    Kollektive Regularisierung der Sans-Papiers und Sans-Papières
•    Sofortige Annahme aller Asylanträge
•    Sofortiger Ausschaffungsstopp
•    Abschaffung des Arbeitsverbots
•    Abschaffung des Nothilferegimes
•    Recht auf Heirat und Recht auf Familienzusammenführung
•    Recht auf Bildung
•    Respektierung der Gewerkschaftsrechte
•    Respekt der übergeordneten und grundlegenden Menschenrechte

Es muss ein Ende haben mit der fremdenfeindlichen Grundhaltung, von der grosse Teile der Justiz und der Behörden durchdrungen sind. In diesem Sinn wünschen wir Ihnen ein schönes Fest und freuen uns über interessante Begegnungen.

Die Bleiberecht-Kollektive der Schweiz

Neue Dokumentation zur Besetzung der Kleinen Schanze

Guidovideo hat in Zusammenarbeit mit a-films eine zweiteilige Dokumentation der ersten vier Tage der Besetzung realisiert. Das Material deckt sich zum Teil mit dem bereits veröffentlichten Video von a-films, ist aber grösstenteils neu und zeigt dabei auch viele neue Aspekte der Besetzung.

Teil 1:

Teil 2:

Herzlichen Dank!

Wir, die Bleiberecht-Kollektive der Schweiz, bedanken uns herzlich bei allen, welche die Sans-Papiers der Kleinen Schanze auf irgendwelche Weise unterstützt haben.

Insbesondere möchten wir uns bei den mitorganisierenden Gruppen Karakök und International Federation of Iraqi Refugees (IFIR) bedanken sowie bei allen, die uns sonst auf der Kleinen Schanze aktiv geholfen haben. Ohne sie wäre die Aktion nicht möglich gewesen.

Insgesamt haben in der letzten Woche weit über Eintausend Menschen die Solidaritätserklärung unterschrieben. Auch viele grosse und kleine  Organisationen haben sich solidarisch erklärt und fordern wie wir eine kollektive Regularisierung für gestrandete Flüchtlinge und Sans-Papiers:

  • Antikapitalistisches Kollektiv Zürcher Oberland (AKZO)
  • Anlaufstelle für Sans-Papiers Basel, Basel
  • Attac Schweiz
  • Autonome Schule Zürich (ASZ)
  • Bewegung für den Sozialismus
  • Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS)
  • Junge Alternative
  • Juso
  • Gewerkschaftsbund der Stadt Bern
  • Gewerkschaftsbund der Stadt Fribourg
  • Grüne Partei Schweiz
  • Grüne Partei Bern-Demokratische Alternative GPB-DA, Bern
  • Humanistische Partei (HP)
  • IG Sozialhilfe
  • Solidarité sans Frontières
  • Solidaritätnsnetz Bern
  • Syndicat interprofessionel de travailleues et travailleurs (SIT)
  • UNIA
  • Verein Bildung für Alle (BfA)
  • VPOD

    Während der letzten Woche sind über 40 Artikel erschienen, welche unsere Forderungen nach einer “kollektiven Regularisierung” thematisiert haben. In den letzten 12 Monaten davor gab es gerade einmal deren drei. Die Bleiberecht-Kollektive sind überzeugt, dass es weiterhin viel Druck braucht, damit auch die offizielle Schweiz nicht länger die Augen verschliesst vor den weit über 100′000 Sans-Papiers und abgewiesenen Flüchtlingen.

    Über die Aktivitäten von Bleiberecht Zürich können Sie sich übrigens auch per Newsletter informieren lassen. Abonnieren Sie ihn hier: http://www.bleiberecht.ch/mitmachen/ Wir freuen uns insbesondere auch über neue AktivistInnen, welche unseren Kampf unterstützen mächten. Einfach ein E-Mail an info@bleiberecht.ch schreiben und wir laden zu den nächsten Sitzungen ein!

    Mit herzlichen Grüssen
    Die Bleiberecht-Kollektive der Schweiz

    Presseschau zum Ende der Aktion

    Die Aktion ist beendet. Die Sans-Papiers sind wieder in ihre Notunterkünfte zurückgekehrt, wo sie der Alltag ohne Geld und Arbeit wieder hat. Doch schon bald beginnen die Planungen für die nächsten Schritte in dieser Kampagne, die würdige Lebensbedingungen für die Sans-Papiers und Asylsuchenden in der Schweiz und eine kollektive Regularisierung erreichen will.

    In der folgenden Aufstellung finden sich Artikel und Sendungen über das Ende der Aktion und die anschliessende Polizeiaktion gegen die vier verbliebenen Flüchtlinge sowie zwei Hintergrundberichte.

    Online-Medien:

    Berner ZeitungSt. Galler TagblattDer Bund

    Fernsehen:

    SFTeleBärn

    Hintergrundberichte:

    Die WochenzeitungRendez-Vous (Radio DRS)

    Portraits von der Kleinen Schanze:

    Fotoagentur Ex-Press

    Aktion beendet – Der Kampf geht weiter!

    Verhaftungen nach Ende der Bleiberecht-Aktion: Entwürdigendes Vorgehen der Polizei

    Der Kampf für eine kollektive Regularisierung und ein menschenwürdiges Leben für Flüchtlinge geht weiter.

    Nach einer Woche Besetzung haben die Sans-Papiers, Flüchtlinge und Unter-stützende wie mit der Stadt vereinbart ihre Zelte abgebrochen. Die Stimmung an der letzten Vollver-sammlung am Donners-tagabend war kämpferisch.

    Die Beteiligten sehen die Aktion als erste Etappe einer kraftvollen Bewegung für eine andere Migrationspolitik in der Schweiz. Flüchtlinge und Unterstützende aus allen Teilen der Schweiz hatten Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen, sich zu vernetzen und aus der Isolation auszutreten. Es war „eine grosse Chance auf der Kleinen Schanze“, wie Mohammed Moradi, ein Flüchtling aus Afghanistan, an der Pressekonferenz von gestern es formulierte.

    Bei Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf haben wir klare Forderungen deponiert. Dennoch hat sie sich dem Gespräch mit uns verweigert und unsere Anliegen offensichtlich nicht ernstgenommen. Falls ihr Departement nicht sehr bald konkrete Schritte in Richtung einer kollektiven Regularisierung unternimmt, werden die Sans-Papiers nach Bern zurückkehren.

    Nach dem Ende des Protestcamps auf der kleinen Schanze haben drei Hungerstreikende und ein weiterer Flüchtling unabhängig von den Bleiberecht-Kollektiven ihren Protest im Park fortgesetzt. Trotz intensiver Bemühungen der Unterstützenden konnte für sie kein Kirchenasyl organisiert werden. Die Polizei schritt schliesslich zur Räumung. Zwei der Protestierenden wurden verhaftet, zwei ins Spital überführt.

    Das Vorgehen der Polizei bei der Verhaftung des Wortführers der Protestierenden war entwürdigend. Zehn Polizisten trugen ihn mit Handgriff an Händen und Füssen über den ganzen Platz, anstatt mit dem Auto zum Zelt der Flüchtlinge heranzufahren. Zudem war der Einsatz grotesk unverhältnismässig. Vier Protestierende und etwa dreissig Unterstützende, die friedlich die Vorgänge beobachteten, vermittelten und sporadisch Parolen skandierten, befanden sich zum Zeitpunkt der Räumung auf dem Platz. Nur der Einsatzleiter der Polizei weiss, warum zur Kontrolle dieser „Menschenmassen“ elf Kastenwagen notwendig waren.

    Deutschkurs auf dem Bundesplatz!

    Abgewiesene Asylsuchende und viele, deren Verfahren noch hängig ist, haben nur sehr schwer Zugang zu Deutschkursen.  Um darauf aufmerksam zu machen, fand heute ein Teach-In auf dem Bundesplatz statt. Durchgeführt wurde es in Zusammenarbeit mit der Autonomen Schule Zürich, einem selbstorganisierten Bildungsprojekt für MigrantInnen aus dem Umfeld des Bleiberecht-Kollektivs.


    Laute Demo für kollektive Regularisierung - Widmer-Schlumpf schliesst die Augen

    Rund 500 Menschen haben heute vom Camp auf der kleinen Schanze aus eine kraftvolle und laute Demonstration zum Bundesamt für Migration und zum Justiz- und Polizeidepartement durchgeführt, um eine kollektive Regularisierung zu fordern.

    Die politisch Verantwortlichen verweigern den Betroffenen weiterhin das Gespräch und nehmen keine Stellung zu den unerträglichen Lebensbedingungen der über 100′000 Sans-Papiers in der Schweiz. BfM-Chef Alain Du Bois-Raymond schickte einen PR-Verantwortlichen vor, Widmer-Schlumpf ihre Generalsekretärin. Beide waren nicht bereit, den Betroffenen ihrer Politik selbst in die Augen zu sehen.

    Vor der Demo: Donnerstag Nachmittag im Camp

    Warten auf das Tram nach Wabern, wo das Bundesamt gegen Migration seinen Hauptsitz hat.

    Die Demo geht richtig los.

    Vor dem BfM.

    Unterwegs von den migrationspolitischen Vollstreckern des Bundesamts zur politisch verantwortlichen Bundesrätin Widmer-Schlumpf.

    Demonstration durch die Berner Innenstadt

    Vor dem Justiz- und Polizeidepartement