Nicht einmal die halbe Wahrheit
Posted By Gerhard W. Loub on 8. September 2010
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PROFIL feiert sein 40-jähriges Jubiläum. Und die Zeitschrift hat im Laufe der Jahre Bemerkenswertes am Gebiet des aufdeckenden Journalismus geleistet, ist eine wichtige Bereicherung der österreichischen Medienlandschaft. Doch in den letzten Jahren ist es mit der Qualität spürbar bergab gegangen. Gut in Erinnerung sind etwa die Irak-Dokumente zu Haider, die sich bald als Fälschung herausgestellt hatten, was mit einem einfachen Rechercheanruf beim angeblichen Verfasser zu klären gewesen wäre. Das selbe gilt auch für angebliche Ermittlungen der Liechtensteiner Staatsanwaltschaft, die ebenfalls mit einer einfachen Anfrage als Fake enttarnt worden wären. Den Höhepunkt gab´s dann freilich von PROFIL-Herausgeber Christian Rainer, der sich bei einer Wahlkampfkampagne der Wiener SPÖ engagiert und seine Zeitschrift damit parteipolitisch punziert.
Einen neuen Fall gibt es im aktuellen PROFIL beim Bericht über den angeblichen “Schwein”-Sager von Herwig van Staa. Hier werden jene Gutachter, die keinen “Schwein”-Sager gehört haben, in Bausch und Bogen als ÖVP-nah bezeichnet. Als objektiver Gutachter wird der “Datenforensiker” Uwe Sailer zum Maß aller Dinge gemacht.
Uwe Sailer? War da nicht was? Doch: Uwe Sailer stand im Mittelpunkt der Spitzelaffäre der oberösterreichischen Grünen. Damals hatte Grünen-Politiker Karl Öllinger Uwe Sailer zu “Spitzeldiensten” engagiert, um den Schmutzkübel gegen die Freiheitlichen kräftig auszufüllen. Das Problem dabei: Uwe Sailer war gleichzeitig Experte der Kriminalpolizei und die Frage, ob polizeiliche Daten und polizeiliche Arbeit von den Grünen gegen die FPÖ eingesetzt wurde, wurde schließlich sogar von einem eilends einberufenen parlamentarischen Untersuchungsausschuss hinterfragt. Die Hintergründe wurden nie ganz geklärt. Beamte wurden in Folge bei ihren Nebentätigkeiten eingeschränkt, um Missbrauch zu verhindern. Und der schale Beigeschmack, dass die Grünen einen Polizisten (wenn auch nicht in dieser Funktion) zur Bespitzelung des politischen Konkurrenten eingesetzt hatten, konnte nie ganz ausgeräumt werden.
All das war sicher einer der größeren Skandale der letzten Jahre. Vor diesem Hintergrund kann Sailer keinesfalls als objektiver Gutachter ohne jeden dubiosen Hintergrund betrachtet, seine Expertise kommentarlos zur Kenntnis genommen werden. Auch die Nähe Sailers zu den Grünen und gleichzeitig zum Tiroler Markus Wilhelm hätte in einem sauber recherchierten und seriös geschriebenen Artikel nicht unerwähnt bleiben dürfen.
PROFIL ist 40 Jahre. Ich gratuliere ausdrücklich zu diesem Jubiläum und den vielen journalistischen Höchstleistungen der letzten Jahrzehnte und hoffe, dass die Zeitschrift nun wieder zu der in vergangenen Jahrzehnten bewiesenen Qualität zurückfindet.