Main image
4th October
2010
written by Tobias Blanken

Vor einigen Jahren – ich bin mir nicht sicher, meine aber, es war Ende der 90er – hat das amerikanische Außenministerium Amerikaner vor fremdenfeinlichen Übergriffen in Ostdeutschland gewarnt. Die Reaktion aus Ostdeutschland war alles andere als erfreulich, man fühlte sich stigmatisiert und fürchtete Einbußen im Tourismus.

Die [ost]deutschen Proteste liefen zunächst ins Leere, da der amerikanische Staat primär der Sicherheit der Amerikaner verpflichtet ist – und nicht dem Tourismusgewerbe Ostdeutschlands. Mittlerweile wird ganz allgemein vor fremdenfeindlichen Übergriffen in Deutschland gewarnt:

In addition, hooligans, most often drunken “skinheads,” have been known to harass or even attack people whom they believe to be foreigners or members of rival groups. On occasion, Americans have reported that they were assaulted for racial reasons or because they appeared “foreign.” In addition, Americans should also exercise caution when congregating in areas known as expatriate hangouts such as restaurants, bars, and discos frequented by high numbers of resident American citizens and/or American tourists, as this could attract unwanted attention from disorganized groups of rowdy patrons seeking to start a fight.

Obwohl Deutschland ein enger Verbündeter Amerikas ist wird hier ein ziemlich negatives Bild von Deutschland gezeichnet. Die Wahrscheinlichkeit für gewalttätige Übergriffe auf Amerikaner ist gering – auf 4,5 Millionen jährliche Übernachtungen dürften gewalttätige Übergriffe im einstelligen Bereich kommen, Todesfälle gab es in den letzten 20 Jahren m.E. nicht – dennoch wird gewarnt. Schlichtweg, weil eine Wahrscheinlichkeit besteht; die Gefühle der Deutschen interessieren auch hier nur am Rande. Teilweise nimmt das Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste-Prinzip auch komische Züge an, etwa wenn speziell für Garmisch-Partenkirchen eine Reisewarnung herausgegeben wird, weil sich ein Amerikaner und ein Türke in einer Disko geprügelt haben.

Wer jetzt denkt: Die spinnen, die Amis, der sollte einen Blick auf die Homepage vom deutschen Auswärtigen Amt werfen. Sämtliche Länder werden von A bis Z aufgeführt, bei Antigua und Barbuda kann man etwa erfahren, dass Raubüberfälle auf ankernde oder sich in Küstennähe befindende Schiffe bzw. Fälle von Piraterie in der Ostkaribik sporadisch vorkommen. Auch wird bei fast jedem islamischen Land vor terroristischen Übergriffen gewarnt, naja, man weiß ja nie.

Dank der Verhöre des aus Hamburg stammenden Al-Qaida-Terroristen Ahmad Siddiqui hat das amerikanische Außenministerium nun eine Reisewarnung für Europa herausgegeben; seit gestern bzw. heute warnen auch Briten und Japaner vor einer erhöhten Terrorgefahr. In Deutschland selbst reagiert man dagegen zurückhaltender, man sieht keine merklich erhöhte Terrorgefahr. Von wegen: Man hat in den vergangenen Jahren mehrere Anschläge vereitelt, man hat diverse Terrorzellen ausgehoben, man geht von mehreren hundert Schläfern aus, man sieht Deutschland sowieso als Ziel von Al-Qaida an. Also business as usual.

DIE WELT nimmt jedoch die eher harmlose Reisewarnung und die Abweichung zur deutschen Reaktion als Grundlage für eine unterirdische Verschwörungstheorie, die in dieser Form auch in der linksextremen, zumeist faktenbefreiten jungen Welt stehen könnte:

Und so droht den Demokraten um US-Präsident Barack Obama bei den anstehenden Kongresswahlen eine herbe Niederlage.

Glaubt die US-Regierung also bei den Wählern punkten zu können, indem sie behauptet, sie verhindere mit ihrer massiven Bombardierung Nordwaziristans verheerende Terroranschläge in Europa? Ein Gedanke, den niemand offen auszusprechen wagt.

Aber eine schlüssige Erklärung für das Verhalten der USA hat auch niemand. So steht der Verdacht im Raum, die US-Regierung spiele mit der Angst der Menschen in Europa. Sollte Obama seinen innenpolitischen Gegnern gegenüber tatsächlich so hilflos sein, dass er zu solchen Mitteln greifen muss? Würde dieser Verdacht irgendwann auch nur zum Teil als Wahrheit entlarvt, gäbe der Zustand der der US-Regierung ernsthaften Anlass zur Sorge.

Anlass zur Sorge, allerdings. Und zwar um die journalistischen Standards im Axel-Springer-Hochhaus.

3rd October
2010
written by Tobias Blanken

If you’re listening to a rock star in order to get your information on who to vote for, you’re a bigger moron than they are. Why are we rock stars? Because we’re morons. We sleep all day, we play music at night and very rarely do we sit around reading the Washington Journal.

(Alice Cooper)

Sebastian Krumbiegel (Sänger der Deutschpop-Band “Die Prinzen”) leidet unter wahnhafter Paranoia ist einer veritablen Verschwörung auf der Spur:

Ich denke ja manchmal sogar, dass zum Beispiel die Sarrazin-Sache von großen Massenmedien gesteuert wurde, um gerade vom so genannten Atom-Deal abzulenken.

2nd October
2010
written by Tobias Blanken

SPIEGEL ONLINE:

Burka absurd: Zwei junge Französinnen sind mit Stöckelschuhen, Minirock und verschleiertem Gesicht durch Paris gelaufen. Die Aktion der Niqabitches (“Schleierschlampen”) richtet sich gegen das Burka-Verbot in Frankreich, Passanten reagieren erfreut.

Weiter heißt es bei SPIEGEL ONLINE: Es sei ihnen nicht darum gegangen, islamische Fundamentalisten lächerlich zu machen, betonen die Frauen.

Besser ist’s.

Tags:
2nd October
2010
written by Tobias Blanken

Aus der WELT:

Tausende Gegner der geplanten Hochspannungsleitung zwischen Peine im südlichen Niedersachsen und dem hessischen Mecklar wollen in die Dämmerung hinaus und entlang der 190 Kilometer langen Strecke 300 Feuer entfachen. „Feuer statt Masten“ heißt die Aktion, mit der 17 Bürgerinitiativen den Bau einer Stromleitung verhindern wollen, die Windenergie aus dem Norden zu den Verbrauchern im Süden transportieren soll.

Dieser Bürgerwille entwickelt sich langsam zum größten Problem der deutschen Ökostrom-Branche. An der Küste und in der Nord- und Ostsee wachsen zwar ganze Wälder von Windkraftanlagen in die Höhe. Doch der hoch subventionierte Ökostrom kommt bei den Verbrauchern kaum noch an, weil die Stromleitungen Richtung Süden schon heute hoffnungslos überlastet sind. Der Bau neuer Strommasten wird überall von Bürgerinitiativen, Kommunal- und Landespolitikern blockiert. Allein im Falle der Freileitung in Niedersachsen gab es 24.000 Einsprüche im Raumordnungsverfahren.

Aus der ZEIT:

Um die Windenergie zu fördern, sind große Speicherkraftwerke nötig. Ein Neues soll im Südschwarzwald entstehen. Umweltschützer protestieren gegen ihren Bau.

Strom würde dabei nicht erzeugt, das Großprojekt soll der effizenten Energiespeicherung dienen. Für die sichere Stromversorgung sind solche Anlagen unverzichtbar. 1400 Megawatt – so viel wie ein großes Atomkraftwerk – könnte das in einer Kaverne tief im Inneren des Bergs errichtete Kraftwerk innerhalb weniger Sekunden ins Netz einspeisen – oder, wenn das Wasser den Berg wieder hinaufgepumpt wird, verbrauchen. 1,2 Milliarden Euro soll der Bau kosten, Deutschlands größtes Pumpspeicherwerk.

Michael Peter und die anderen Mitglieder der »Bürgerinitiative zum Erhalt des Abhaus und des Haselbachtals« wollen das Projekt verhindern. Mehr als 7500 Unterschriften haben sie zwei Jahre vor dem geplanten Beginn der Bauarbeiten in den umliegenden Dörfern und Kleinstädten gesammelt, fast 1000 Einwände wurden gegen das Raumordnungsverfahren erhoben und müssen vom zuständigen Regierungspräsidium auf einem Erörterungstermin Ende September im Bad Säckinger Kurhaus abgearbeitet werden.

Aus der taz:

600 gegen die A 20: Klein Gladebrügge wehrt sich gegen den Weiterbau der Ostseeautobahn. Die würde auf einer elf Meter hohen Trasse am Ort vorbei führen. Der Bürgermeister will vor Gericht ziehen.

…auf diesen Planfeststellungsbeschluss wartet Klein Gladebrügges Bürgermeister Arne Hansen, der am anderen Ende des Dorfes und damit außer Sichtweise der geplanten Trasse in der ehemaligen Schule des Ortes wohnt. Liegt der Beschluss vor, kann beim Oberverwaltungsgericht in Berlin Klage gegen den Trassenverlauf der Autobahn eingereicht werden. Diese Klage bereitet Hansen vor. Er will erreichen, dass die Bundesstraße 206, die jetzt vierspurig mitten durch Segeberg führt, zur Stadtautobahn ausgebaut wird – eine Variante, die zuvor geprüft und verworfen wurde.

“Dort oben wird die Brücke sein”, sagt Hansen am Ortsausgangsschild angekommen und zeigt zu den Hochspannungsleitungen, die quer zur Landstraße verlaufen. Zwei Kilometer durchs Gewerbegebiet sind es von hier bis nach Bad Segeberg. “Auf dem Gemeindegebiet sind von dem Bau nur zwei Koppeln betroffen”, sagt Hansen. “Und die hat Bad Segeberg schon vor Jahren gekauft.” Aber auch wenn die Autobahn de facto nicht mehr auf dem Gebiet von Klein Gladebrügge verläuft, werde die Lebensqualität deutlich eingeschränkt. “Es gibt im Ort sicher dennoch Leute, die nichts gegen die Hochbrücke haben”, sagt Hansen. “Aber die werden das nicht laut sagen.”

1st October
2010
written by Tobias Blanken

Aus der WELT vom Dienstag:

Die israelische Marine hat am Dienstag ein Hilfsschiff für den Gazastreifen ohne Blutvergießen gestoppt. Die zehn jüdischen Aktivisten an Bord der Segeljacht „Irene“ leisteten keinen Widerstand, wie die israelische Armee mitteilte. Der mit Hilfsgütern beladene Katamaran wurde in den Hafen von Aschdod geschleppt.

DIE WELT: Israels Marine stoppt Hilfsschiff ohne Blutvergießen.

Ein Bild von den Hilfsgütern, die das Propagandaboot Hilfsschiff an Bord hatte:

Bildquelle: Humanitarian Aid on the Gaza-Bound “Irene”?

Tags: , ,
30th September
2010
written by Tobias Blanken

Senator Joseph Liebermann on the Iranian nuclear program:

We have now come to the moment in this long struggle when the Iranian regime must understand that we will not wait indefinitely for sanctions to work. As my colleague in the House of Representatives, Foreign Affairs Chairman Howard Berman, warned last week, we are talking about months, not years. I therefore hope that President Obama will conduct an assessment at the end of this year just as he did last year to determine if the current strategy towards Iran is working. If it has not produced meaningful change in Iran’s nuclear weapons policy by then, we will need to begin a national conversation about what steps should come next.

This inevitably will involve consideration of military options. I agree with President Obama that the use of military force is not the “ideal way” to stop the Iranian nuclear program. But nothing is more corrosive to the prospect of resolving this confrontation peacefully than the suspicion among our friends and enemies in the Middle East that in the end, the United States we will acquiesce to Iran’s acquisition of a nuclear weapons capability. If a nuclear Iran is as unacceptable as we say it is, we must be prepared to do whatever is necessary to prevent the unacceptable.

It is time for us to take steps that make clear that if diplomatic and economic strategies continue to fail to change Iran’s nuclear policies, a military strike is not just a remote possibility in the abstract, but a real and credible alternative policy that we and our allies are ready to exercise if necessary.

It’s time to retire our ambiguous mantra about all options remaining on the table. It’s time for our message to our friends and enemies in the region to become clearer: Namely, that we will prevent Iran from acquiring a nuclear weapons capability period — by peaceful means if we possibly can, but with military force if we absolutely must. A military strike against Iran’s nuclear facilities entails risks and costs — I know that — but I am convinced that the risks and costs of allowing Iran to obtain a nuclear weapons capability are far greater.

Council on Foreign Relations: Sen. Lieberman Addresses U.S. Power in Middle East

30th September
2010
written by Tobias Blanken

Aus dem Land / Das sich selbst zerstört / Und uns den way of life diktiert / Da kommt Reagan und bringt Waffen und Tod / Und hört er Frieden / Sieht er rot / Er sagt als Präsident von USA / Atomkrieg ? – Ja / Bitte / Dort und da / Ob Polen / Mittler Osten / Nicaragua / Er will den Endsieg / Das ist doch klar.

Der Klassiker unter Freunden des Fremdschämens:

28th September
2010
written by Tobias Blanken

…und was sie wirklich dabei denken

Der Prenzlauer Berg ist mir nicht authentisch genug.
Pissegestank in U-Bahn-Stationen ist ein Stück Lebensqualität.

Ich habe die Lehren aus der deutschen Vergangenheit gezogen!
Von amerikanischem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen.

Die Gentrification treibt uns alle in die Armut.
Meine Stromrechnung ist schon wieder gestiegen.

Andere mussten genauso unter Hitler leiden, z.B. Lesben.
Norman Finkelstein ist mein Lieblingsautor.

Soldaten sind Mörder! Nieder mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr!
Der Schwarze Afghane heute Morgen hat ganz schön geknallt.

Einige meiner besten Freunde sind Juden.
Ich habe mal einen Artikel über Uri Avnery gelesen.

Die Fashion Victims in Mitte tun mir echt leid.
Mein Übergewicht macht mir echt zu schaffen.

Die NS-Vergangenheit muss schonungslos aufgearbeitet werden!
Bushs Großvater hat die Nazis an die Macht gebracht.

Im Prenzlauer Berg gibt es keine gewachsenen Strukturen.
Nur die Alkis aus der Eckkneipe pfeifen mir noch hinterher.

Gentechnik gehört verboten.
Ich habe Angst vor der Moderne.

Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.
Alle Neoliberalen gehören erschossen.

Man ist so schön wie man sich fühlt.
Außerdem hatte Frida Kahlo auch mit Bartwuchs zu kämpfen.

Jeder ist ein Künstler.
Ich habe keine Ahnung von Kunst, aber dieser Ole von Beuys spricht mir aus dem Herzen.

Der Prenzlauer Berg ist eine national befreite Zone.
Ständig Englisch sprechen zu müssen ist mir echt zu anstrengend.

Religion ist Opium fürs Volk.
Der Iran ist ein Bollwerk gegen den Imperialismus.

Zahme Vögel singen von Freiheit, wilde Vögel fliegen!
Verbraucherschutz halte ich für total wichtig.

Kreuzberg ist voll Multi-Kulti!
Ich habe eine Shisha Pfeife im Schrank stehen.

Das Essen bei McDonnalds ist mir zu ungesund.
Die Amis sind ja noch nicht einmal ein richtiges Volk.

Der Sozialismus in der DDR war ein Versuch wert.
Ich gehöre ja nicht zu den Opfern.

Natürlich verneine ich nicht das israelische Existenzrecht.
Israel hätte niemals gegründet werden dürfen.

Ich habe durch Zufall eine total billige Altbauwohnung im Prenzlauer Berg gefunden. Ich vermisse Kreuzberg schon jetzt!
Ich möchte nicht, dass mein Kind mit Türken und Arabern zur Schule gehen muss.

h/t: Spirit of Entebbe & Verbrochenes

Tags:
27th September
2010
written by Tobias Blanken

This was an exhausting policy and German foreign policy sometimes looked like a French bedroom farce as Bismarck hid Austria in the closet when Russia stormed into the bedroom.

(Das Deutsche Reich unter Wilhelm I. und Bismarck)

Walter Russell Mead über die Parallelen zwischen China und dem Deutschen Reich unter Wilhelm II.: In the Footsteps of the Kaiser: China Boosts US Power in Asia.

Update: Siehe auch Foreign Policy: You Don’t Bring a Praseodymium Knife to a Gunfight.

24th September
2010
written by Tobias Blanken

We, the undersigned, unconditionally condemn any intimidation or threats of violence directed against any individual or group exercising the rights of freedom of religion and speech; even when that speech may be perceived as hurtful or reprehensible.

We are concerned and saddened by the recent wave of vitriolic anti-Muslim and anti-Islamic sentiment that is being expressed across our nation.

We are even more concerned and saddened by threats that have been made against individual writers, cartoonists, and others by a minority of Muslims. We see these as a greater offense against Islam than any cartoon, Qur’an burning, or other speech could ever be deemed.

We uphold the First Amendment of the US Constitution and the Canadian Charter of Rights and Freedoms. Both protect freedom of religion and speech, because both protections are fundamental to defending minorities from the whims of the majority.

Quelle: A defense of free speech by American and Canadian Muslims

*Copyright © SZ

Previous