bildvorstellung II. nikita pirokov, robert longo, clayton cubitt

„For the thousands and thousands of years in fact that the human face has been speaking and breathing one somehow still has the impression that it has not yet started to say what it is and what it knows.“ Antonin Artaud

robert longo men in the cities
Robert Longo – Men in the Cities Series

Gesichter und abgebildete Gesichter haben eine Leerstelle, Kunstwerke sind offen, die „Grausamkeit“ mancher Bilder ist ein Versuch die Grenzen des Kommunizierens zu verwischen. Was sowieso passiert, dass nämlich das Publikum die Bilder anders versteht als geplant, wird zur Regel des Spiels. Wie bei den eher wenig zielführenden (zu ulkig) Versuchen der jumpology gibt es nun Taktiken die Modelle zum Spiel zu ermuntern, die im Fortgang beschriebenen Ziele zu stärken. Die Verzerrung der Körper ist eine Verzerrung der Realität.

nikita pirogov to seperate
Nikita Pirogov – To Seperate

Eine Utopie, in der die Menschen mit einem zentralen Kommunikationsorgan, dem spielerischen Zeichensystem Gesicht, wirklich frei spielen spielen. Nur gibt es keinen geschichtlichen Bruch, nach dem Motto heute nur Lookism, als zwanghafte Adaption der äußerlichen Normen, und morgen das freie Mienenspiel, sondern in der Wahl, zu schweigen und das Gesicht sprechen zu lassen liegt eine, von so vielen, Möglichkeit zur Entfaltung von Kommunikation: Nicht verstanden werden zu wollen, sondern zum Einfühlen aufzufordern. Diese Geschichte braucht Vorbilder.



Long Portrait: Graciella Longoria from Clayton Cubitt on Vimeo

Die neuen Porträts und grausamen Körper können als künstlerischer Versuch verstanden werden, den Raum des Mienenspiels offen zu halten und zu weiten. Als Gegenstück zu den eingefrorenen Typengesichtern der Werbung: „Die intimsten Reaktionen der Menschen sind ihnen selbst gegenüber so vollkommen verdinglicht, dass die Idee des ihnen Eigentümlichen nur in äußerster Abstraktheit noch fortbesteht: personality bedeutet ihnen kaum mehr etwas anderes als blendend weiße Zähne und Freiheit von Achselschweiß und Emotionen. Das ist der Triumph der Reklame in der Kulturindustrie, die zwanghafte Mimesis der Konsumenten an die zugleich durchschauten Kulturwaren.“ Horckheimer/Adorno

Stattdessen Eigentümlichkeit nicht von Äußerlichkeit zu abstrahieren, sondern vielmehr festzusetzen, dass Äußerlichkeit teils gespielt und teils visueller Ausdruck des Gefühlten ist. Unzwanghafte und bewusst undurchschaubare Spiel-Bilder. Gesicht klingt statisch, ich versuche daher noch einmal Miene. Die Miene stellt sich also dar als ein gespieltes und als gespielt empfundenes Zeichen, bei dem, anders als bei Worten, obwohl es bei ihnen genauso sein kann, ein offener Konnotationsraum mitgedacht wird. Es ist schlichtweg eine Herausforderung dieses Thema in Kunst aufzugreifen, da ganz bewusst ein offener Prozess gestaltet werden muss, was Teilen gegenwärtiger Kunst und ihrer Mentalität des Effektheischens gegen den Strich geht, sei es nun Highpass am Mischpult, Signalfarbfelder, Symbolschlacht, Cartoonfigur oder Hartewortepoesie*. Gemeint ist aber auch keine Beliebigkeit, unpolitisch nichtsagend, unendlich offen dahinzuknipsen und klecksen, genausowenig wie dieser Text wirr klingen soll, ich übe halt noch.

*jetzt noch eine wirre Fußnote: gegenbild zur sachlich-harten schreibe, die auf unmittelbarkeit und authenzität zielt, wären beispielsweise „poetic soviets“ (guy debord), also crews, die weiche wörter mit offener konnotation an die häuser der stadt schmieren: writing/graffiti. oder halt schreiben, das klar und gefühlvoll ist.

musiktipps 3

gerade beats
the mole – for the lost
aku aku
o. children – ruins (jokers of the scene remix)

gebrochene beats
james blake
nosaj thing
birdy nam nam

synthesizer
christian naujoks – east end boys
wendy carlos
oppenheimer analysis

keine beats
frida hyvönen
johnny hobo
julie ruin
jeffrey lewis

nina scholz hated den wald

wald hate hass nina scholz
bild von threesecondthrill

Zu dem von Nina Scholz verfassten Artikel Tatort Hassort: Wald für das Hate Magazin. Schlimm ist ihr das Bild vom „vermeintlich gestressten Großstädter“ – Was ist das überhaupt für eine überheblich zynische geschmacklose Formulierung, Ey, wer haten will muss fühlen – weil diese am Wochenende teilweise aus der Stadt ins Grüne außerhalb fahren.

In der Stadt findet sie es dufte, weil da gibt es den ganzen Kulturbetrieb. Was sie dann als „Zivilisation“ abgrenzt, um es der schlimmen Ruhe im Wald gegenüberzustellen. Als ob es in Europa oder eben in Toronto, wo sie mal im Urlaub war, einen unkultivierten Urwald geben würde. Das was Scholz als Wildheit wahrnimmt, „Bäume, Tiere, Ungeziefer und das Schlimmste: Ruhe“ ist ein von Menschen gepflegtes und reguliertes System zur Nutzung als Rohstofflieferant, Erholungsgebiet und Recyclinganlage für Luft und Wasser. Also mitnichten das Paradegegenteil der von Stadtverwaltung statt vom lieben Gott (ihre Formulierung) angelegten Parks, wo sie auch mal ihren Po auf den Boden packt, aber nur mit Decke, Bier, Zigarette und Ipod – eh klar: Bohème oblige.

Nun, als sie dann eben in Toronto war, hat sie sich rausgewagt in den Wald und ziemlich schnell gemerkt (also gefühlt, verstanden hat sie garnichts) was ihr eigentliches Problem ist: Langeweile! Dieser ihr verinnerlichte Reflex auf das objektive Grau ihres ach so kulturellen und abenteuerlichen Alltags in der Stadt lässt sie das Grünbraun der Pflanzen hassen. Und zurück fliehen in die Ordnung (im doppelten Sinne: die Stadt, wo für sie die Welt in Ordnung ist, durch offensichtlichere zivilisatorische Formen wie gerade statt krumme Straßen. und zurück in die gesellschaftliche Ordnung, sich in die Komplexität eingliedern, statt Unordnung und Perversion, wie Kontakt mit Schlamm und Bäumen, nachzugehen). Zurück in die Stadt, wo das Trottoir immer in der Nähe ist. Ein Hobby hat sie neben dem spannenden Alltag zwischen Gallerie, Cafe und Buchladen angeblich auch noch: Leute anschreien. Denn die sind ihrer Meinung nach Schuld an ihrer schlechten Laune.

Es zeigt sich vor allem eins: die Großstädte die wir haben, sind der ideale Ordnungsraum für die postmodern beliebigen bohemian Hater. Hier passen sie rein, in ihre subkulturellen Lücken, hier fühlen sie sich wohl, als Kulturkonsumenten, die sich von der Masse abheben, dadurch dass sie ihre Langeweile so weit übertüncht haben, dass sie wieder fähig sind zu hassen. Etwas Langweiliges halten sie nicht aus, dazu sind sie viel zu gelangweilt. Amusement als Verlängerung der Arbeit, eine Freizeit die nie leer sein darf, da sie in Unfreiheit konsumiert wird. Etwas das erst hinter der Fassade nützlich ist, wie ein Baum, der von einem Förster über Jahrzehnte hinweg gepflegt wird, um unsere Luft zu recyclen oder irgendwann ein Tisch zu werden, erscheint ihnen leer, gibt ihnen nichts im Gegensatz zu einer Kulturware: zum Beispiel die Gemälde in einer der vielen Galerien, die ihnen die Stadt so lebenswert erscheinen lassen. Da ihnen aber anscheinend die kulturelle Kompetenz der Kontemplation abgeht, erscheint sowieso fraglich was sie aus dem Kulturkonsum ziehen. Ich vermute nur Futter für das Ego, etwas das sie, wenn überhaupt, nur soviel anregt Leute anzuschreien und Bäume zu treten, oder zumindest zu behaupten das zu tun.

bauhaus, berghain, berlinale, banksy

berlin bauhaus berghain berlinale banksy
#bauhaus #berghain #berlinale #banksy
diese orte und themen sind längst nicht mehr nur szenekreisen zugänglich. sowohl praktisch: in 24 stunden öffentlich zugänglich zu erleben, was der anlass der form dieses kurzen textes ist, als auch theoretisch: durch die massenmedien. und trotzdem alles dinge, die verschiedenst subkulturell codiert sind. bauhaus: historische avantgarde mit utopischen gestaltungsansprüchen in der moderne. berghain: queer, rausch, techno. berlinale: filmfestival für den anspruchsvollen kulturkonsumenten und die filmkenner. banksy: bildergraffiti in seiner akzeptierten und als gesellschaftskritisch empfundenen form.

über den prozess der etablierung des progressiven in der gegenwart, ein kurzer streifzug und ein fazit.

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bildvorstellung. françois coquerel – porträt

francois coquerel porträt frau kulturindustrie bed hair gesicht miene

zu sehen eine vermeintliche neue sachlichkeit in der porträtfotografie, der authentische look der alltagsmenschen. nähe, geschminkte ungeschminktheit, „bed hair style“, sind die auftretenden kulturindustrielle typen. aus ihrer entstehungssituation sind es eingefrorene gesichter, keine exportierten schnappschüsse der miene im privaten. suche den schmalen – wenn er überhaupt existent ist – riss zwischen dem gespielten gesicht im einklang mit den typen, und dem was in der gespielten miene das nicht typisierte ist, das richtige spiel, das sogar in der methode des bildmachens überleben kann, das zweierlei widerstehen muss, dem industriellen stil und dem identitätszwang der normierten vor-bilder.

freundschaft

Wir haben online sooo viele Freunde, wirbt ein Springerblatt, dass wir ein neues Wort für die echten bräuchten und ob wir denn schon reif für die neue Kompaktversion ihrer selbsterklärten Berichterstattung seien. Aus anderer Richtung, wie aus der von Tiqqun, einer Reihe rebellischer Manifeste in Frankreich, tönt es hingegen, dass ab jetzt alle Freundschaft politisch sei. Dafür wurde gleichmal ein ganzer Freundeskreis zerpflückt und verschiedentlich eingekerkert, als MAN ein kleines Ökoladen- und Sabotagekollektiv hinter den Texten vermutete.

Wie steht es heute um Freundschaft, da wir alle Brüder sind? Springer: 200 Freunde, das kann doch echt nicht mehr echt sein. Leute, denen kaum noch im Außenraum gegenübergetreten wird, die nur Notizen oder Clips hinterlassen und sich hin und wieder nach dem Wohlbefinden erkundigen. Und dagegen die Freundschaften: echte Weihnachtsgeschenke -wie wäre es beispielsweise mit einem Abo…- statt ein Facebookgift. Kissenschlacht -Spiel oder reserviert fürs Vorspiel- statt Mafiawars. Und alle Brüder sind wir längst, seit es nicht mehr so angesagt ist, Menschen wegen ihrer vermeintlichen Biologie zu diskriminieren. Oder sollten wir besser sagen, Biologik, oder Bioideologie? Ausgenommen sind meist dann doch noch die Schwestern, oder eben alle die trotz aller political correctness zu anders wirken um Brüder zu sein. Die Schranke im Kopf, sie stört dann auch das Anfreunden.

So setzt sich dann die eigene Gruppe aus dem eigenen Geschlecht zusammen, mit dem eigenem Aussehen, sonst fühlt es sich nicht an wie Brüderlichkeit. Das gemütliche an Freundschaft wäre aber ihre Ungemütlichkeit. Beisammen zu sein statt zusammen. Mit Menschen vertraut zu sein ohne sich ihnen auszuliefern. Jemanden nicht verstehen zu müssen, oder einzusehen, dass komplettes Verstehen ein merkwürdiges Ziel ist. Es könnte ein Modell sein, für Friedlichkeit. Oder für Helfen ohne Tausch. Denn wenn Freundschaft politisch ist, ist sie ein Raum, macht sie Raum. Ob der im Internet wuchert oder in der Stadt, er verändert die die ihn teilen. Das sich Anfreunden derer, die zu Brüdern erklärt wurden, steht noch aus. Die Grenze verläuft nicht zwischen oben und unten, sondern zwischen dir und mir.

gemütliches beisammensein

united

The 9th of November, I stand in the Subway in Berlin, one stop away of Bahnhof Zoo. The train is totally packed, many people on their way to school or university, some on the way to celebrate the fall of the wall and the reunification of the german nation 20 years ago.

As there were some problems with the closing doors while some young people came in after the doors start to close, two men sitting next to me said „Wieder Kameltreiber, die an den Türen spielen.“. Which means that they think „camel drivers / cameleers“ are playing with the doors. From their place in the packed train they couldn‘t even see if the people at the doors had an appearance, like a darker colour of skin or traditional clothing of african areas, that would lead these racists to the insult that they worked with camels primarily. They automaticly assumed that someone not acting accordingly to the rules is coming from somewhere else, and they call these people kameltreiber to show that they consider them as lower people.

I confronted them with „What did you just say“, to which they replied that there are too many „cameleers“ in this country. I respond that there are rather many camelheads around. To which they cleverly returned that I am an example for a camelhead… So I asked them if they don‘t think that they are 70 years late with their ways. To which they responded that „everything good comes back“ and that a „iron brush“ will clean this country of everything wrong, refering not only to the cameleers, but this time also to me.

So I only could promise them that they won‘t stand a chance and that they will be stopped. I called them Nazis, which led to a second part of debate.

As the two racists were leaving the train an old woman next to me argued that I made it to easy for myself in calling them Nazis and Racists. For which i opposed that these two were talking in a racist way and were hoping for a return of Nationalsocialism. To which she said that we should ignore racists and that I was the one that brought the 70 years ago in. The rest of the packed train only observed or ignored the situation and only one younger person asked me to explain again the part in which the two men refered to the NS-Germany in a positive way. I offered the old women that she could go out aswell and have a debate about the definitions of racism rather with the Nazis than with me, but she said that she won‘t continue any discussion anyways.

So accordingly to the old Lady I shouldn‘t call them Nazis. So i have to call them something else. Proud and orderly Germans.

Das begrüßenswerte Ende des Aktivistentums

ende
Seit den 90er Jahren zeigte sich weltweit eine Widerstandsbewegung, die mit neuen Formen des Protests und neuen Organisationsansätzen aufwarten konnte. Doch der real existierende bürgerliche Anarchismus in Form von Einzelaktivismus privilegierter Mittelklasseindividuen führte zur Desorganisation dieser Bewegung und damit zu ihrer tendenziellen Stilllegung.
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samstagmorgen,


konfetti und fußbodenschleim des besetzten hauses am schuh
und jemand schlägt wem ins gesicht
drei generationen an lovesongs nur um geschmacklos zu sein
im falschen zimmer die falschen gesichter
die cocktails schneller hinaus als ein abendessen je gekonnt
ich kann mich jetzt schon riechen
ich kotze vor die fabriktore der welt
und die leute auf dem weg zum job
umfangen mich sanft und geleiten mich
durchs morgenrot nach hause

cut


Kaplan, was ist das? – No, der Pfarrer halt. – Kenn ich nicht. Haben wir nicht. Und dann: Strafe Gottes. So ein Unsinn. Es war Der Verrückte Wissenschaftler, das weiß doch jeder. und Fahren wir nach Freezone? – Noch nicht. und Der Zerstörungsprozess hat solche Ausmaße angenommen, dass es keine andere Alternative gibt. und Alle Musik schafft eine Situation, die Produzenten und Rezipienten durch Beteiligung an den akustischen Prozessen vereint- unabhängig vom Ergebnis. und Ich kenn ihn, und Macht ist‘n krasser Typ, voll fett.. also nicht so fett, aber… cool, oder. Kennst sich super mit Bakunin aus und so. und Die eigene performative Schleife sozusagen zu queeren. und Rosa war niemals „laut“, Genossin. Sie war laut durch ihre „Stille“, durch die Schlagkraft ihrer Argumente in den Konferenzen der Redaktion und überall, in ihrer Ruhe, ihrer Überlegenheit war sie laut. Sie schrie niemals. und Was der Mensch an sich sein soll, ist immer nur, was er war: er wird an den Felsen seiner Vergangenheit festgeschmiedet. und It attacks clocks that contain and yet do not contain the creative rhythms of doing, and shoots at them to show that the only revolution is revolution here and now, that the idea of a future revolution is non-sense. und Im Writing wirbt das Tag Amok also nicht für denjenigen, der das Tag setzt, sondern allein für das Tag Amok selbst. und Die „Reifung“ wartet nicht auf „objektive“ Reifebedingungen, sie akkumuliert Niederlagen.

zusammengeschnitten aus:

club transmediale – Gendertronics
John Holloway, Fernando Matamoros, Sergie Tischler – Negativity & Revolution. Adorno and Political Activism
Slavoj Žižek – Auf verlorenem Posten
Myra Çakan – When the music’s over
Matias Faldbakken – Macht und Rebel
Carl Amery – Der Untergang der Stadt Passau
Theodor W. Adorno – Negative Dialektik
Markus Mai, Thomas Wiczak – Das Gedächtnis der Stadt schreiben
Laura Castellanos, Subcommandante Marcos – Kassensturz
Eckhard Siepmann – Montage: John Heartfield
testcard #18 – Regress

autonomous hosting

I. on the closing of geocities
II. on autonomous servers

I. one of the early web-communities is closing: geocities. it was founded 1994, so almost 10 years before myspace. back then it was still a bit hard to find free hosting that was reliable. so some documentations of situationist stuff, and for example the archive of john gray are hosted on this freehoster (not free as in free beer, but free as in advertising everywhere…). wikipedia states that web.archive.org is archiving the site, but some of the political archives hosted there could maybe use an extra backup.
aufheben
arquivo situacionista brasileiro
point blank
comunistas de conselhos
les amis de nemesis
john gray
deutschsprachige übersetzungen situationistischer texte
class against class
biblioteca virtual revolucionária

II. and for the future: today there are various tech-collective run autonomous servers. so nobody needs to host at yahoo or myspace where the servers only last as long as the business is there. some of the archives above continue to exist even though the responsible group has split or dissolved. this also is one more point for the autonomous servers, because the information are not linked to the caring by the creators anymore.
here are some random recommendations in a random order:
ubu.com (the only art and situationist focused archive i mention here)
antifa.net
autistici
riseup.net (no hosting at the moment, but many links and they provide email-adresses and lists. they are not hosted in the eu, so something like with the so36.net server where the german police copied email-inboxes and mailinglists in a raid is less likely to happen.)
boum.org
nadir.org
poivron.org
resist.ca
kariva.org
no-log.org (email, blog hosting is here: noblogs.org)
activix.org
and a newcomer: blogsport.de have a closed beta of blogsport.eu now

broken windows theory

broken windows theory gentrification broken windows theorie
der alte blogeintrag mit dem aufhänger der broken window theory wird immer noch oft gefunden, deshalb hier dann doch noch der hintergrund nachgereicht: 1982 schrieben G.I.Kelling und J.Q. Wilson den text „zerbrochene fenster“. darin heißt es „da ist ein verlassenes gebäude, unkraut wächst, jemand schlägt ein fenster ein, die erwachsenen beschimpfen die kinder nicht mehr, wenn sie lärm machen, und die kinder, so in ihrer abenteuerlust ermutigt, werden rebellisch. familien ziehen aus, der abfall wächst in die höhe, menschen trinken vor den läden, ein betrunkener bricht auf dem gehsteig zusammen und kann dort bleiben bis er sich erholt, bettler ziehen herum und belästigen passanten, und wo heute bettler sind, gibt es morgen diebe und dann mörder.“
das wars schon, hat ja fast soviel tiefgang wie das gentrification-lamentieren… das wiederum besagt in der geläufigen version, dass in den gebäuden mit den zerbrochenen scheiben zwischennutzungspioniere, dann kneipen, gallerien, boutiquen, bioläden und dann bald multinationale konzerne einziehen, während die armen verschwinden. irgendwie die gegenteilige annahme zum broken-window-dings, immerhin werden sie in dieser theorie nicht von den rebellischen kindern zu mördern gemacht.

hier im blog:
verdrängungsverwirrung
broken-window-theory in der praxis

bar25

Bar25 (1)
Atmosphäre wie in Afrika oder der Karibik. Wer Reggae mag, ist hier richtig, genau wie Volleyball- und Basketballspieler

verwirrung stiftet nicht nur die bz (hint: bar25 orientiert sich an ibiza, nicht an karibik…) sondern auch der „grüne“ bürgermeister von kreuzberg-friedrichshain. denn der fordert in oben verlinktem artikel dass die bar25 alle auf ihr grundstück lassen müsse (wg bürgerentscheid und so). also freien eintritt zu den parties und das restaurant dann am besten auch gleich komplett kostenlos? ich hatte noch nicht so das bedürfnis da abseits der parties hinzugehen, aber soweit ich weiß latscht man da einfach rein und setzt sich ans ufer wenn keine veranstaltung ist. ganz im gegensatz zum anderen spreeufer, wo mich mal ein nackter mann den ich beim scheißen überrumpelt hatte (im zuge einer derive-session zur erkundung des spreeufer-mythos) von seinem grundstück jagte. naja ist ja eh gegessen, denn die neueren infos sprechen eher davon dass die bar25 nächstes jahr den techno reduzieren wird (sagt zumindest szenechronist rapp im aktuellen spiegel), dann kann ja bürgermeisterchen zum fein essen dort hingehen und die menschen „unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer sozialen Stellung“ können daneben am ufer hocken und zuschauen, gibt dort ja wenigstens keine illegale kameraüberwachung wie an den o2-tafeln (ey grüner bürgermeister, mach da doch mal was dagegen! scheiß öffentlicher raum, da hab ich doch gar keine lust am ufer zu hocken, beleuchtet von einer werbung die größer ist als ne hartz4 wohnung).

achso was ich eigentlich noch zu schreiben hatte: schade um die technobar, es war echt schön dort.

internet-manifest

folgender text ist war nur eine gelangweilte reaktion auf das blabla-fest zum thema internetjournalismus:
edit: ach naja, die anderen punkte zu veräppeln war etwas überflüssig, streiche das also und lasse nurnoch den korrigierten 17. punkt stehen:/edit
17.alles für alle
für die anonyme berichterstattung aus allen lebensbereichen, von nichtspezialisten. für wikileaks, für autonome medien. für informationen die chaos stiften. für fakes die entlarven. für kollaboratives arbeiten in autorenkollektiven statt einzelwichtigtuerei. für bessere bücher. für bessere manifeste. für standpunktreflektion und kommodifikationskritik.

internet manifest
gerechtigkeit!
internet manifest
niemals auf einen shortlink von moot/4chan klicken

„Wir sind Blogger. Wir graben mit blossen Händen in der grossen stinkenden Müllhalde, die sich weltweites Netz nennt. Wir würzen unsere Funde mit ein bisschen Selbstbespiegelung. Nicht weil wir es brauchen, sondern weil es sonst auch niemand braucht. Wir leisten uns den Luxus, nichtsnutzig zu sein. Nutzlos, vergänglich, unbedeutend zu sein: Ist nicht vielleicht das die vollkommene Freiheit?“ via

piraterie

urban vivantes piraten
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megaspree

megaspree bachstelzen
In Zeiten von Twitter-Aufmerksamkeitsspannen am Besten das Resümee an den Anfang:
#megaspree #gentrifizierung #mediaspree #bar25 #bachstelzen #ms-versenken Protestspektakel Megaspree gegen Mediaspree und andere Unanständigkeiten vereint vielfältige Anliegen. Vor Ort gesehen: Erhalt des alternativen Kulturbetriebes (Bar25), scheinbar radikales gegen Mietsteigerung, Privatisierung und „Verdrängung“ (Gruppe Soziale Kämpfe), Appelle an Wowereit (MS versenken), Skandalisierung der Nichtumsetzung des Bürgerentscheids (Bachstelzen). Fehlende Reflektion der eigenen Rolle läd zur Mob-Bildung bei den Konsumenten des veredelten Hippietums ein.

Hier noch in gebotener Ausführlichkeit und trotzdem recht knapp Eindrücke und Gedanken zu Megaspree:
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squat tempelhof? fail.

squat tempelhof cops

In Berlin, some thousand people gathered to squat the shut down innercity airport Tempelhof last saturday, 20th of june 2009. The event was understood as a major action against the gentrification (a political term used to denounce the process of refurbishment of houses and displacement of poorer people – through the raising rents – from the inner city districts) of the area. Local government plans to establish a park and some upper class houses, together with some kind of new media district.

It was prepared in a way that different kinds of participation would be possible: going in with force (opening the fence), going in when force has been used by others, or only diverting the security forces.

During the day people were walking around the airport, people with backpacks were checked, police was everywhere at the fence. Clowns were arrested for diverting cops and going towards barriers, some people were arrested for throwing flower seeds over the fence. Some black block people tried to tear down the fence with ropes and grapnels. Bystanders didn‘t divert the cops, so the black block were hindered from action immediately as cops showed up. First failed attempt.

In another area one person on bike was catched by a plain clothes cop (allegedly during an attempt to cut a hole). As the person lay on the floor black block persons ran to the situation and the cop showed his pistol (with opening towards ground).

Later the day there were two big manifestations announced. The crowd was to split up and make the attempt to go in. The split up was failing due to coordination flaws. In the southern gathering point 2 of the 3 colours to follow were not visible. So everybody went in one mass. Police lines were broken through by just running through them. Some people from the south mass went to the fence to open it. The big mass stayed with the music on the street and didn‘t support them. Second failed attempt.

Now street parties were everywhere (a bit away from the fence) and black block gathered for a riot on the northern street outside of the airfield. Nothing more happened, police had the whole situation under control and no one got near the fence.

The local government couldn‘t just open the field, since the ownership is still split, so reformist appeals towards them were irrelevant. The interesting factor would have been if the local people could be mobilized against the fence that stands for government control of the space. The symbolic content of this action would have been to intervene in the decision making process about one of the biggest inner city open areas in europe. So the constant talking about how hard the police acted and the scandalization of the fact that the police showed a gun to the black block just diverts from the fact that this mobilization failed. It failed because the participants thought they were right with their demands and that they have the legal right to participate in the decision making process, and now feel being treated in an injust way. But this right would in any ways be something that is not existing, because it is only existing in the way of plebiscites that are not officially binding for the local government. Tearing down the fence would have been an symbolic act of direct democracy in the normality of capitalist city development.

squat tempelhof cop spraycan pincer

1st of may – mayday berlin

mayday 1st of may berlin 2009
pic cc-by-sa by matthias winkelmann

so how was it, this first of may in berlin?

in the morning some radical-left people went on the big union demonstration. they were not allowed to take part in the official ending, but didn‘t obey and just drove their car with the soundsystem on the final square.

at 13 o‘clock something odd was about to happen, like every year: the maoists were marching. they were very few… very oldschool mixed with drunk punks waving red banners.

later was the euromayday berlin, they started in the shopping/government/financial district this time. the parade was more or less a rave. less people than last year attended. also the idea not to go in the alternative barrios but to the chiq part of the city is nice on the first view, but in reality this means walking through rather empty streets. the ministry of finance was attacked by colour splashes, 60 colour eggs… here’s a pic. the parade went to the direction of myfest and ended there.

myfest is the local districts strategy to stop riots by providing an alternative programme. it’s a culture festival in many streets in kreuzberg. in reality it rather pulls many people to kreuzberg that are very drunk in the end and participate in riots without being well prepared (they appear on the media as drunken hools with no face masks).

at 18 o‘clock started the rather big autonomous demonstration. this time a black block on the front of the demo appeared with many full face masked people. carrying masks has become a bit unusual in german black block demonstrations, since the alternative basecap+sunglasses+hoodie had been the way for years to avoid repression. this came a bit of surprise to the cops and the media who had expected like last year, that black blockies would remain peacefull until the end of their demo. this time just at the first corner of the route stones and stuff flew at the cops, who were surprised and ran away. then riot cops were put into action, but no arresting took place. the demo went through the myfest, then should go to neukölln, but because of the rather unpeaceful situation was sent back to the place of the beginning. there the riot kids, punks and party hools mixed and the traditional mayday riots began and the cops started to arrest people.

now it’s one week later. the police says that state has surrendered to the rioters. a cop has been arrested because he was there as a private person and was throwing stones at other cops.

from the side of the radical left this years mayday has been a more militant one, like the euromayday was throwing paint bombs and the autonomous demonstration was agressive towards cops from the beginning. and i heard that kids that have been arrested at the riots are celebrated as heroes at their school.

holger burner

holger burner anti yuppie die yuppie scum

da muss mann doch was machen dachte sich anscheinend mal wieder holger burner (hier abgebildet im „die yuppie scum“ t-shirt, re-released vom redstuff antifa versand). und das ging wie so oft daneben.

er springt mal wieder auf den anti-yuppie zug auf und liefert diesen bescheuerten track ab: renn, yuppie, renn.

von „es bleibt nicht bei glasbruch außer du hast glasknochen“ gehts zu
„meine faust in deine koksnase fliegt und du fällst und bleibst liegen wie dein opa im krieg“

poserscheiße. was will holger burner in diesem track? er will das sich mobs versammeln um die koksenden und kaffetrinkenden zugezogenen zu jagen, die dank papis geld wohnraum aufwerten (also so läuft das in dem song). was „die leude“ in seinem track wollen: „bezahlbarer wohnraum im kiez“.

sicher, das wollen alle, auch die „yuppies“ (also irgendwie so ne krude mischung aus den leuten die in wohnungen investieren und die die da einziehen, in berlin und anderswo auch linkslandläufig als ursache und täter der gentrifizierung bekannt). wahrscheinlich wollen die „leude“ auch gern ne sanierte wohnung. aber die gönnt burner ihnen hier nicht, der verteidigt den scheiß lebensraum und jagt die reichen zurück ins reichenviertel.

sicher: die investierenden gönnen armen auch keine sanierte wohnung, die investition soll sich ja lohnen, usw. es ist also nicht falsch, den verwertungsprozess zu behindern, investitionen abzuwerten (graffiti), mieten bei sich bietenden rechtsansprüchen sofort zu senken (und natürlich beratung dafür zu organisieren), mieterschutz zu organisieren, solidarität aufzubauen. aber das ganze nur auf der folie einer personenbezogenen feindschaft denken zu können ist der große makel des anti-yuppie-gehetzes.

nichts ist gewonnen wenn der „yuppie“ auf der straße liegt, nichts ist gewonnen wenn die autos brennen. der alltagswiderstand wird eh übergangen, der das auto klaut statt abfackelt, still besetzt, sich mal aushilft gegen stress vom vermieter.

dann wenn eines tages genug mieter zusammengeschlossen sind und sich gegen vermietung organisieren, dann wird sich das abpressen von miete für schönes wohnen schon abschafffen lassen. billiger rap für billigen wohnraum bleibt aber eben billiger rap, auch wenn er actionmäßig mit lynchmobphantasien aufgeplustert werden soll.

holger burner – renn, yuppie renn:

your face here

gute idee. foto-anonymisierung als mobilisierungs-werbefläche benutzen :) . gesehen auf indymedia.

kv bleibt und az-nbg muss her.

demobericht hier

sandmann: good night white pride

kannte ich noch garnich :) , gestern auf ner party angetroffen:
good night white pride sandmann

what women want

thanks to classless for promoting the pervocracy blog and thanks to pervocracy for the mythbusting and entertaining antisexist text „what do women want?“. recommended reading.

und dieser beitrag ein beweis, dass es sich immer wieder lohnt szenefremde texte in hiesige debatten einzustreuen. den schließlich kam ja doch noch was bei rum hier in den kommentaren

verdrängungsverwirrung…?

gentrification gentrifizierung
eine dunkle wolke über berlin, die alles auffrisst was arm und authentisch ist…

also, das RAW gelände ist von einer firma aus dem bankrotten island gekauft worden, die verschieben wegen der finanzkrise ihre investitionspläne (u.a. ein fairtrade C&A kaufhaus und ein autofreies dorf an der revaler straße) und holen sich zwischenmieter rein, u.a. den früher auf dem gelände der heutigen O2-arena beheimateten technoclub casino (bzw. dessen betreiber). lese ich in der zeitung. so, wer verdrängt jetzt hier wen? die künstler und kiffer, die nach shema G (ihr wisst schon, das terrorwort!) die mieten in der gegend hochtreiben und die gegend für investoren interessant machen? die isländer (nordische wikinger auf raubzug statt amerikanische heuschrecken beim abgrasen? ich seh schon die nächsten gruseligen „linken“ flugblätter vor mir…), die das ruinengelände kaufen? oder wir alle, weil wir eh nich hier geboren sind? es wird auf jeden fall kompliziert alles, aber allem anschein sieht es danach aus, als ließe es sich noch ein paar jahre auf dem gelände sprühen, chillen und feiern, nur mit ein bisschen mehr techno als homophoben reggae (wie oft ich da -im cassiopeia- schon die berühmt berüchtigten hasstiraden gegen chi-chi-men durch die boxen dröhnen gehört hab…).

nachtrag im sommer 2009: die neuen clubs haben sich weiter vorne auf dem gelände eingerichtet, das cassiopeia gibts immer noch

good night white pride

good night white pride love skateboarding hate germany love techno hate germany knut berlin good night left side good night any side good night bin breit golden shower white power

das hatte ich hier ja schon vor langem mal zusammengesammelt in einer früheren version des blogs, jetzt wieder verfügbar: die Good Night White Pride Collection :)

vom klassiker zur fortsetzung, remixe und billige nazifakes… usw.

good night white pride

gibt noch mehr rein netzbasierte… hier und hier und hier und hier und hier z.B., die habe ich jetzt mal nicht mit reingenommen, das wird sonst uferlos.

meine lieblingsversion ist „nazis werden mit handtasche verprügelt“.
noch ein bisschen palaver zu den verschiedenen versionen:
skateboarding und techno gegen germany sind recht neu und letztes jahr in berlin als sticker recht verbreitet gewesen.
der good-night-white-pride knut war ein solibutton zur finanzierung der free timo kampagne. der keep hardcore positive ist nicht wirklich ein remix, weist aber auf die wurzeln der ganzen kampagne im hardcore hin. let’s fight white pride sollte halt ne fortsetzung sein, ist aber nie richtig durchgestartet, die clown-version aus der blogsphäre war dann ein netter remix :) .

aufnahmepraxis

Ein Manko von Tontechnik ist, dass sie sich am Medium orientiert und nicht an der Quelle. Dies führt zum Verlust von Lebendigkeit (vgl. W. Benjamin: Aura) in der Musik. Musikaufnahmen werden als fehlerfreie und technisch perfekte Tonträger (Medium) verarbeitet. Sie werden nicht an Natürlichkeit, Stimme, Lebendigkeit ausgerichtet, Musik wird ihrer Ausdruckshaftigkeit beraubt, sie wird zum designten Werk.

Meine These wäre, dass Fehler, Unsauberheiten, unbewusst Gespieltes, Gesungenes und Gesprochenes, bzw. eben gefühlsgeleitete Variationen zur Aura der Aufnahme beitragen, da sie menschliche Gefühle, Leben, transportieren.

Beispiel

a girl called johnny
A girl called Johnny

Eine neue Aufnahme von A girl called Johnny, dem Musikprojekt von Jana Pallaske. With sun in my hair, 7:21 Minuten lang, auf ihrer Myspace-Seite. Die Gitarrenseiten dröhnen manchmal leicht, die Stimme knarrt oder schwingt sich zu kleinen Variationen und Dehnungen. Sie singt einen Reggae-Klassiker, doch wie bei den anderen Aufnahmen auf der Seite klingt es so emotional aufgeladen und doch beiläufig, als wäre es ihre eigene Komposition.
Dieser Eindruck ist interessant, denn die Einheit von Komponist, Interpret und Techniker ist bis auf elektronische Genres eigentlich unüblich. Es wird als Diletantismus verworfen, doch vielleicht läge gerade hierin eine Tendenz die starkzumachen wäre gegen die industriellen Gestaltung von Aufnahmen.
Die musikalisch saubere und doch technisch freie Interpretation lässt die Lieder einen neuen Charakter gewinnen, der über das Aufdrücken eines Stempels durch Interpretation hinausgeht. Verstärkt werden diese Effekte durch die limitierte Aufnahmepraxis, Instrument und Gesang gleichzeitig aufzunehmen, nicht zu schneiden und nicht zu pegeln. Bei Little german Lullaby for Daddy C hört man beim Umgreifen auf der Gitarre den Schmuck klappern, ein Moment des Hereinbrechens des Ambientes in die Aufnahme.
Die Interpretationen betonen eine Unendlichkeit von Ungenauigkeiten und Details. Die Melodien von Instrument und Stimme bilden sich nicht mehr linear prägnant ab, sie werden zu einem Bild (analog gemalten Werken), das mit der Vielfalt der Nuancen und dem variierendem lebendigen Zusammenwirken von Einzeleffekten nicht mehr reduziert zu ergreifen ist, sondern jedes Mal erlauscht werden muss.

Exkurs: Techno

Techno verwirft bisherige Konzepte von Aura, es gibt keine ungeplanten Variationen. Es werden vielmehr die ursprünglich zur Nachbearbeitung von vorelektronisch instrumentell hergestellter Musik entwickelten Techniken verwendet um elektronische Musik zu erzeugen. Genau die Schnittstelle, die Musik ihre Aura raubte wird nun verwendet um neue Ausdrücke zu finden.
Selbst die Einwirkungen der industriellen Produktion können manchmal aus dem Werk gehalten werden, da Komponist und Interpret/Produzent unter eigener Regie stehen. Durch die Hintertür der Ideologie kommen Tendenzen der Industrie wieder herein.
Die perfekt produzierte Tanzmusik mit ihrem Groove hat natürlich eine ganz eigene Art von Gefühl, sie nimmt die Menschen mit. Die Leute reproduzieren den Beat mit ihrem Körper, werden selbst zum Kunstwerk. Sympatisch an dieser Art von Kommunikation ist vor allem ihre Gewaltlosigkeit. Beruhigende Unruhe, Sanfte Extase, statt Musik zum Mitgröhlen.

Exkurs: Live

Selbst bei Live-Konzerten sind dann die Tendenzen zu beobachten: Perfekt gemischte Musik, ohne Fehler und Variation dargeboten, um die Leute durch Routine und Energie zu begeistern, verliert das Moment der Kommunikation.
Vielleicht ist es auch so, dass vieles der heutigen Musik nicht mehr als innovatives bewegendes Werk konstruiert wird, sondern innerhalb des eigenen Genres Stile und Codes wiederholt um Identität zu reproduzieren und bei den Konsumenten zu konstruieren.
Der Fehler und die Variation ist das Lebendige. Nehme zum Beispiel den Circus als Aufführungspraxis für Bands. Es gibt einige Bands (beispielsweise Bonaparte), die auf ihrer Bühne mit verschiedenen Künsten eine vielfältige Show entstehen lassen. Die Spontanität und die Variabilität fesselt und ermöglicht Kontemplation auf das Dargestellte. Trotzdem hat zum Beispiel Bonaparte klare Punk-Wurzeln, es gibt Parolen zum mitrufen. Die Zuschauer wechseln ab zwischen sich zu den variierenden Beats zu bewegen, die paradoxen Parolen mitzumachen oder das Schauspiel zu bestaunen.

Fazit

Die Herausforderung für eine lebendige Tontechnik besteht darin, entweder das Technische zu überhöhen und damit wie beim Techno eine Lebendigkeit als Prozess anzustoßen, oder Lebendigkeit des Musikers als Quelle besser zu transportieren. Heutige Aufnahmepraxis ersetzt oft Authenzität mit Klarheit, Lebendigkeit mit Wärme, Vielfalt mit Dichte.



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