Machen wir uns nichts vor: Der Grund, warum Obama so ein Totalausfall ist, ist ein ganz banaler: Außenpolitik geht dem mächtigsten Mann der Welt schlicht und einfach am präsidialen Hinterteil vorbei. Er ist nicht ins Weiße Haus eingezogen, um die Welt zu retten, sondern um ein besseres Amerika zu schaffen bzw. das, was er dafür hält. Was da draußen, also außerhalb von Obamaworld passiert, interessiert ihn dabei nur insoweit, als es seine Ziele zuhause tangiert. Dies wird deutlich, wenn man sieht, wie Marc Pitzke, immerhin einer seiner gläubigsten Jünger, die außenpolitische „Konzeption“ seines Idols wahrnimmt:
Das wirklich Interessante sind Sätze aus seiner Rede, die man „Obama-Doktrin“ nennen könnte und die sich schon durch seine Ansprache zum Friedensnobelpreis zogen: Amerika mag eingreifen müssen, aber es muss dabei nicht immer führen. „Unsere Führungsstärke“, bekräftigt der Präsident, „besteht nicht einfach darin, alleine vorzupreschen und alle Lasten zu tragen. Echte Führung schafft die Voraussetzungen, damit andere ihren Beitrag leisten können.“
Für sich genommen klingt das gar nicht mal so dumm, aber Pitzkes nachfolgende Erklärung trifft die Realität von Obamas bisheriger Amtsführung leider weit besser. Es geht nämlich nicht darum, dass, was nur recht und billig wäre, andere ihren Beitrag zusätzlich zu dem Amerikas leisten, sondern an dessen Stelle. Wo früher die USA die freie Welt angeführt haben, muss die stärkste Militärmacht der Geschichte von ihren Verbündeten inzwischen regelrecht angefleht werden, wenigstens temporäre Hilfsdienste zu übernehmen, und tut das auch dann nur, wenn ihre Feinde vorher von ihren jeweiligen Diktatorenclubs notariell beglaubigt ihr offizielles Einverständnis erklären:
Dahinter steckt die Idee, dass in einer multipolaren Welt auch Franzosen oder Briten das Kommando in Libyen übernehmen können, wenn sich Amerika nicht in seinem dritten Konflikt in der muslimischen Welt verstricken will. Obama geht noch weiter: Den Despoten Gaddafi habe man angegriffen, weil es im Gegensatz zu anderen Ländern möglich gewesen sei – eben wegen der vielen Partner aus Europa oder der arabischen Welt.
Nun möchte man annehmen, dass jeden Menschen, der noch alle fünf Sinne beisammen hat und seine Freiheit nicht von den Wünschen der Herrscher Nordkoreas, Syriens oder Zimbabwes abhängig machen möchte, eine derartige Vorstellung mit Unbehagen erfüllen sollte. Für einen echten Obamaniac wie Pitzke jedoch ist das nicht nur nicht nachvollziehbar, es anders zu sehen ist sogar nachgerade demagogisch:
Es sind gerade solche Sätze, die das Unbehagen vieler Amerikaner am Militärschlag erklären. [...] Auch die schöne neue multipolare Welt macht ihnen Angst – und den Demagogen im eigenen Land liefert diese Idee eine Steilvorlage. Ob Amerikas Soldaten in Libyen bald der Arabischen Liga unterstehen sollten, fragt die Rechten-Ikone Sarah Palin schon höhnisch. Oder, schlimmer noch, den Franzosen?
Dabei wäre eine derart herablassende Sicht der Dinge angesichts des bisherigen Engagements im Libyen-Konflikt inzwischen zutiefst ungerecht. Denn auch wenn der ursprünglich mal als Tiger gesprungene Sarkozy den größten Teil seiner bisherigen Amtszeit als gestreifter Fußabtreter diverser Despoten verbracht hat, ist es erfreulich festzustellen, dass da jetzt immerhin wieder ein Miezekätzchen zu fauchen beginnt:
Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy ging noch weiter und drohte auch anderen Diktatoren. „Jeder Herrscher muss verstehen, und vor allem jeder arabische Herrscher muss verstehen, dass die Reaktion der internationalen Gemeinschaft und Europas von nun an jedes Mal die gleiche sein wird“, sagte er. „Wir werden an der Seite der Bevölkerung sein, die ohne Gewalt demonstriert.“
Sollte das tatsächlich der Kern einer Sarkozy-Doktrin sein und den Worten auch in Zukunft Taten folgen, wollen wir ihm seine bisherigen Sünden gerne verzeihen (auch Bush der Jüngere fing ursprünglich ja erst mal als Beinahe-Isolationist an). Und seine Chancen stehen nicht schlecht. Gegenüber Obama kann schließlich selbst ein Sarkozy eigentlich nur glänzen.