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Thursday, August 12, 2010

LITERATUR: Wildes aus dem Kaukasus. Mit Wladimir Kaminer (solinger-tageblatt.de)

Düsseldorf. Wladimir Kaminer, Autor des erfolgreichen Erzählbands „Russendisko“, kommt am Freitag, 3. September, in den Stern-Verlag, Friedrichstr. 24-26. Dort liest der 43-Jährige aus seinem neuen Buch „Meine kaukasische Schwiegermutter“. Darin erzählt Kaminer von einem kleinen Paradies, in dem es dank Maler Gleb Michailowitsch, Imker Juri, den Mitarbeitern der Dorfkantine, Onkel Joe und nicht zuletzt dank Kaminers Schwiegermutter turbulent zugeht. Mit einem beschaulichen Dorfleben jedenfalls hat das Ganze nichts zu tun - eben wild kaukasisch.

Die Lesung beginnt um 20.15 Uhr. Der Eintritt beträgt zwölf Euro, Karten gibt es unter (02 11) 3 88 11 01.

Weitere Infos: http://russendisko.de

Saturday, August 07, 2010

ARTIKEL: Giwi Margwelaschwili | Auf Fluchtinseln und Wartburgen (sieglindegeisel.ch)

Von Sieglinde Geisel (Text) und Gerald Zörner (Bilder) +++ pdf >>>

Giwi Margwelaschwili wurde 1927 in Berlin als Sohn georgischer Emigranten geboren. Die Mutter nimmt sich das Leben, als er vier Jahre alt ist. Giwi wächst bei seinem Vater Tite Margwelaschwili auf, der in der georgischen Emigration Deutschlands eine führende Rolle spielte. Im Februar 1946 werden Vater und Sohn vom NKWD in den Ostsektor Berlins entführt. Der Vater wird aus der gemeinsamen Zelle abgeholt und bleibt verschollen. Der 18jährige Giwi kommt in das von den Sowjets weiter betriebene KZ Sachsenhausen; nach anderthalb Jahren Haft wird er in ein Flugzeug gesetzt und «repatriiert». Als «Nachkriegsgefangener», wie er selber es ausdrückt, lebt er 45 Jahre in Tbilissi. Dort unterrichtet er Deutsch, ab 1970 arbeitet er am Philosophischen Institut (Schwerpunkte: Phänomenologie, Arbeiten zu Heidegger). Anfang der sechziger Jahre beginnt er in seiner deutschen Muttersprache den autobiographischen Roman «Kapitän Wakusch» zu schreiben. In den folgenden Jahrzehnten entsteht ein umfangreiches literarisches Werk, aus dem 1991/92 in verschiedenen deutschen Verlagen fünf Bände erscheinen. Ab 1990 unternimmt Giwi Margwelaschwili regelmässige Reisen nach Berlin, wo er seit 1992 ständig lebt. 1994 erhält er den deutschen Pass.


Giwi Margwelaschwili war seit zwei Jahren nicht mehr in Georgien. Er reist mit leichtem Gepäck: eine Aktentasche mit Manuskripten sowie eine Modelleisenbahn für den sieben Monate alten Enkel, den er noch nie gesehen hat. Am liebsten wäre es ihm, wenn er zwischen Tbilissi und Berlin pendeln könnte; seine Wohnung in Tbilissi hat er behalten.

Als Giwi Margwelaschwili 1990 nach Deutschland reiste, hatte er seine alte Heimat fast ein halbes Jahrhundert nicht mehr gesehen, abgesehen von drei Reisen in die DDR. Er kam mit einem Manuskriptstapel von anderthalb Metern Höhe - die sprichwörtlichen geleerten Schubladen eines Autors, der jahrzehntelang ohne Veröffentlichung produziert hatte. Und man musste die Romane nicht einmal übersetzen, sie waren bereits auf deutsch geschrieben. Das Wünschen jedoch hat in Giwis Leben noch nie geholfen: Die Leser zeigten wenig Verständnis für vertrackte Wortspiele und «Buchpersonen», denen aus ihrem Text geholfen werden soll. Die Bücher verkauften sich schlecht, die Verlage liessen den eben noch gefeierten Autor fallen.

Auch in Berlin lebt er nicht freiwillig: Seit einer schweren Nierenoperation im Jahr 1992 ist er auf die medizinische Betreuung des Westens angewiesen. «Ich lande immer an leeren Orten», sagt Giwi in seiner Berliner Wohnung. Auf dem Bücherschrank stehen Photos der Freunde, die wir in Georgien besuchen wollen. In Deutschland hat Giwi kaum Freunde - abgesehen vom Ostberliner Liedermacher Ekke Maass, der ihn nach Deutschland geholt und sich nachhaltig für seine Einbürgerung eingesetzt hatte.

Georgien ist die Heimat der Freunde, Deutschland die Heimat der Sprache. Die Sprache war das einzige, was ihm in Georgien von Deutschland geblieben war. Sie wurde zu einer Fluchtinsel, auf die ihm höchstens ein paar Germanisten folgen konnten. Dass er seine Autobiographie «Kapitän Wakusch» nicht im Stil Thomas Manns würde erzählen können, war ihm von Anfang an klar - sein emigriertes Deutsch bot ihm Freiheiten, gegen die sich die heimische Sprache sperrt. Er treibt mit der Sprache ein verfremdendes, übermütiges Spiel, «um den Ernst der Zeit anders anzufassen». Dem Ernst der Zeit kommt er mit georgisch-deutschen Symbolwörtern bei, die sich in verschiedenen Bedeutungsfeldern verästeln. So zum Beispiel das «Häuschen», das Wohnung, Staat und - in «Sachsenhäuschen» - auch KZ heissen kann. Die Bewohner des Häuschens stehen unter der Fuchtel eines «Mamassachlissi» (georgisch für «Vater des Hauses» - Patriarchen und Diktatoren). Wakusch, das alter ego des Autors, zieht sich bisweilen in sein «deuxes Sprechzimmer» zurück, denn sein Mamassachlissi ist viel zu beschäftigt, um dem Sohn «Kolchidisch» (Georgisch) beizubringen. Wenn in einem Häuschen schlimme Verhältnisse herrschen, müssen «Kapitäne» wie Wakusch sich auf eine «Wartburg» in die innere Emigration zurückziehen. Als Fluchtweg aus dem faschistischen Häuschen entdeckt Wakusch im Berlin der dreissiger Jahre den Jazz: Die Band von Signor Tullio Mobiglia spielt in einem Vergnügungslokal namens «Kakadu» - einem «Sturmvogel gegen alle politisch-ökonomischen Zwangslagen». Das Zauberwort «Dixieland» meint viel mehr als Musik, es bezeichnet einen ideologiefreien Raum der Ekstase: Auf der «Dixiebahn» geraten Wartbürger «aus dem Häuschen». Noch heute erwacht in Giwis Gesicht etwas Junges, Sinnliches, wenn er den Kopfhörer seines Walkmans aufsetzt und zu Louis Armstrong tanzt.

In Tbilissi besuchen wir das Haus von Giwis Tante, in dem längst jemand anders wohnt. An einem Augustabend des Jahres 1947 wurde der knapp zwanzigjährige Giwi von einem NKWD-Offizier hergeführt. «Als wir um die Ecke bogen, hörte ich ein wüstes armenisches Gezänk, da wäre ich fast aus den Schuhen gekippt. Ich begriff, dass ich nicht mehr in Europa war.» Als die Tante den Geheimdienstagenten in der Tür stehen sah, reagierte sie mit Panik. Sie hatte ihren Neffen noch nie gesehen und verlangte Papiere, die ihn als ihren Verwandten ausweisen würden. Da die Ämter schon geschlossen waren, verbrachte Giwi die erste Nacht in der Wohnung des Agenten. In den folgenden Wochen und Monaten rebellierte er gegen alles, er weigerte sich, die Universität zu besuchen. Erst allmählich begriff er die Angst seiner Verwandten, die über seine Widerborstigkeit entsetzt waren. Tante und Onkel wären 1921 beinahe von einem bolschewistischen Erschiessungskommando hingerichtet worden und hatten ein Jahr in Haft verbracht. 1951 entging dann Giwi selbst nur wie durch ein Wunder der Deportation: In einer einzigen Nacht wurden alle Exilgeorgier, die nach dem Krieg zurückgekehrt waren, nach Zentralasien verbracht. Hinter dem Wunder steckte das KGB, das danach jahrelang vergeblich versuchte, ihn als Agenten anzuwerben.

Als Giwi 1961 eine eigene Wohnung erhält, beginnt er mit seiner Autobiographie: Er habe sich beweisen wollen, dass das frühere Leben kein Traum gewesen sei. Eine Schlüsselstelle aus dem noch unpublizierten Teil des «Kapitän Wakusch» zeigt den Emigranten Wakusch in Tbilissi, wie er sich bemüht, die rasch verblassenden Erinnerungen heraufzubeschwören. Sein Autor sieht ihm dabei über die Schulter. Die Beschwörung wirkt: Auf dem Papier erscheint der Kakadu, samt der dröhnenden Band von Tullio Mobiglia. Die Figuren sind nur daumengross, Wakusch sperrt sie sofort mit einem Buchstabengitter in den Text. Die Buchpersonen jedoch wollen dringend mit ihm reden. Er hebt das Gitter, schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch - und schon sind die Däumlinge lebensgross. Sie füllen das ganze Zimmer und überschütten ihren Autor mit Vorwürfen: Sie verlangen einen offenen Text, vor allem jedoch wollen sie sofort wieder in ihren angestammten Kosmos nach Westen entlassen werden, im übrigen hätten sie nur den kleinen Wakusch gekannt und wollten sich nun nicht von ihm schreiben lassen, zumal sein Deutsch inzwischen zu wünschen übriglasse. Wakusch droht, sie der Zensur zu übergeben - aber seine Buchpersonen wissen längst, dass die Zensur sich für ihren Autor viel mehr interessieren wird als für sie. Mit einem Schlag auf den Tisch wischt Wakusch sein aufrührerisches Völklein in den Text zurück. Das Gitter sorgt dafür, dass niemand entwischt.

Das Motiv der Buchpersonen, die sich gegen ihr vorgeschriebenes «Thema» auflehnen, zieht sich durch Giwi Margwelaschwilis ganzes Werk. In «Das böse Kapitel» macht sich etwa ein Korrekturtrupp aus der Realwelt in den biblischen Buchbezirk auf. Die Korrektoren haben von der Buch- und Versweltverwaltung einen gefährlichen Auftrag erhalten: Sie müssen den Heiligen Text umschreiben, so dass der Kindermord von Bethlehem beim nächsten Lesen nicht mehr stattfindet. Giwi verhilft mit Vorliebe den Buchpersonen anderer Autoren zur Flucht aus dem Text. In seinem Manuskriptstapel liegen Bearbeitungen von den «Buddenbrooks» bis zur «Ilias». Überträgt man diese Gedankenspiele auf die Realität, stellt sich die bange Frage, ob wir vielleicht selbst nichts als Buchpersonen sind, die einen fremden Text erfüllen. Die Analogie zu Diktatur liegt nahe, sie greift jedoch zu kurz: In jeder Gesellschaft gelten soziale Codes, die dem Individuum ein bestimmtes Leben vorschreiben, ihm seine «Eigentlichkeit» rauben - der heideggersche Terminus wurde für Giwi zum Schlüsselbegriff.

In Tbilissi gibt es keine Ecken, die Giwi viel bedeuten würden - das Leben fand in den Häuschen statt, «die Leute lebten hier wie Fremde». Die Erkundungsgänge in Giwis georgisches Leben führen deshalb in die Wohnzimmer seiner Freunde. Dort wurde gefeiert, getanzt und nach Kräften über das Regime hergezogen. Giwi spricht von einem «Kult des Hauses» in Georgien, einem Rückzug ins Private. Die Treppenhäuser sind verdreckt, in kaum einem Hochhaus funktioniert der Lift - tritt man jedoch über eine Türschwelle, steht man auf blankem Marmor.

In Giwis Freundeskreis verstand man sich als Kernzelle der inneren Emigration, und bei seiner Ankunft nach dem Krieg stellte Giwi überrascht fest, dass der Dixieland hier schon längst Fuss gefasst hatte. «Swing» war ein Kultwort im Georgischen: Sagte man von jemandem, er sei swing, dann meinte man damit Witz, Lebendigkeit und eine Ablehnung der herrschenden Ideologie. Nur in der Diktatur gewinnen Freundschaften diese Dimension des Utopischen: «Es war die Intensität, mit der wir etwas Besseres suchten, der intuitive Drang, freier zu sein, als wir waren. Dazu gehörten die Leichtigkeit, die Ironie. Giwi hatte eine Liberalität, die schon gar nicht mehr georgisch war», sagt Giwis Freund Reso Kiladse. Man entfloh dem sozialistischen Alltag, zum Beispiel durch Ausflüge ans Schwarze Meer. Reso und Giwi erinnern sich, wie sie nach Tbilissi zurückkamen und sich sagten: «Was? Da wieder rein? Ausgeschlossen!» Sie kehrten um und fuhren sofort ans Meer zurück.

Der exzentrische Komponist Felix Glonti lädt uns auf die Datscha oberhalb von Tbilissi ein; von der Veranda aus hat man einen grosszügigen Blick über die Stadt, deren Neubaugebiete sich in alle Täler verzweigen. An der georgischen Tafel ist Trinken die erste Pflicht des Gastes, Essen die zweite. Der Tisch ist üppig gedeckt: kleine delikate Fische, weisser Käse, der mit einem frischen Zweig Estragon am besten schmeckt, gebratenes Huhn mit pikanter Nusssauce und saurem Kirschenkompott, Salate, Bratkartoffeln; der dunkelrote Wein stammt vom Weinberg eines Verwandten. Der Hausherr amtiert als «tamada» und sorgt mit Trinksprüchen dafür, dass die Unterhaltung im grossen Kreis bleibt. Felix Glonti trinkt auf die Gäste, auf deren Heimatland, auf Georgien, dann folgen Schewardnadse, Herbert von Karajan und schliesslich die kosmologische Romantik, der sich Felix als Komponist zugehörig fühlt. Wenn er «strukturalistische» Musik höre, sei es, wie wenn er sich aufs Essen gefreut habe und dann gebratene Nägel vorgesetzt bekomme. Den Höhepunkt seiner Trinksprüche bildet eine längere Rede auf seinen Freund Giwi. «Der Ort von Giwis Buchpersonen ist eine Insel auf dem geistigen Ozean des Weltalls. Sollte der fliegende Holländer Schiffbruch erleiden, wird er dort verständnisvolle Aufnahme finden. Ich verliess die Insel wieder, aber Giwi blieb dort, und schliesslich erkannte er, dass es nur eine einzige Insel gibt, und die ist er selbst. Es ist die Insel der seelischen Entfremdung, das Schicksal des modernen Menschen, mit all seinem Leid und seinem leidenschaftlichen Suchen nach einem Punkt der Wahrheit.» Wir heben das Glas und trinken darauf, dass Giwi endlich die Anerkennung finde, die ihm zustehe.

In einem kleinen, isolierten Land wie Georgien gilt die Anerkennung des Westens mehr als alles andere. Als es zu Anfang der neunziger Jahre so aussah, als habe Giwi in Deutschland den Durchbruch geschafft, sahen ihn manche schon als Erfolgsautor. Mittlerweile sind die Illusionen verflogen. «Ich höre, dass Giwi in Deutschland wieder für die Schublade schreibt», sagt Wachtang Alchazischwili. «Er lebt in einem freien Land und kann schreiben, was er will. Aber wenn es sich nicht verkauft, dann kann er schreiben, soviel er will, es nützt ihm nichts.»

Wachtang ist einer von Giwis ältesten Freunden, wir sind zu Tee und Kuchen eingeladen. Er erinnert sich an Giwis Ankunft, die tragische Geschichte von Vater und Sohn hatte sich in der Stadt bereits herumgesprochen. «Giwi kam als echter Deutscher nach Georgien. Alles an ihm war anders - wir sind Südländer, er war Nordländer.» Zu den typisch deutschen Marotten Giwis zählt Wachtang, dass er immer das Licht ausschaltet, wenn man es nicht mehr braucht - das würde keinem Georgier einfallen. Deutschland sei für Giwi immer ein ferner Traum gewesen. Als sie auf einer Wanderung deutschen Touristen begegneten, suchte Giwi sofort das Gespräch, unbekümmert darum, dass er damit die Aufmerksamkeit des Geheimdienstes auf sich lenken konnte. Deshalb war Wachtang über den Grund der Niedergeschlagenheit seines Freundes erleichtert, als dieser nach einer Viertelstunde mit hängendem Kopf zurückkam: «Sie wissen nicht, wer Thomas Mann ist!»

Giwi habe sich in Bücher vergraben, seit er ihn kenne - und daran sei wohl auch seine Ehe gescheitert, vermutet Wachtang. Giwi widerspricht ihm nicht: eine gewisse Egozentrik sei der Preis für Kreativität. Die Heirat des 42jährigen kam unerwartet. Seine zwanzig Jahre jüngere Frau, die resolute Germanistin Naira Gelaschwili, bedauert rückblickend, dass für Giwi die Zeit des ausgelassenen Feierns damals bereits vorbei war. Eine erste Nierenoperation im Jahr 1972 hatte sein Lebensgefühl grundlegend verändert. Nun stand das Werk im Zentrum. «Ich hatte begriffen, dass ich endlich bin.» In der Tauwetterperiode der sechziger Jahre sei der Optimismus die treibende Kraft hinter seiner Arbeit gewesen, nun war es die Verzweiflung.

Das Zusammenleben mit einem Mann, der zwölf Stunden täglich am Schreibtisch sass, war für Naira nicht leicht, und nach der Geburt der Tochter Anna wurde die Situation zusehends schwieriger. Nach der Scheidung nahm sich Giwi eine eigene Wohnung, die Verbindung zur Familie ist jedoch eng geblieben. Sie würde sich weniger Sorgen um Giwi machen, wenn er in Deutschland wieder geheiratet hätte, meint Naira.

Giwis Wohnung liegt in einem der ärmsten Quartiere der Stadt. «Guckt hier, alles Häuschen!» meint er und zeigt auf die abenteuerlichen Anbauten, die an den Aussenwänden der hässlichen Hochhäuser in die Luft ragen. Jeder Mamassachlissi baut sich sein zusätzliches Zimmer auf Raten: Wenn nach einer halben Wand die Backsteine ausgehen, bleibt eben eine halbe Wand stehen. Im zweiten Stock einer Bauruine steht seit Jahren ein gelbes Auto, kein Mensch weiss, wie es dorthin gekommen ist. Vor dem Haus sitzen Männer an einem Tisch und spielen Domino. Giwi kennt sie nicht, sie jedoch grüssen ihn respektvoll mit Namen.

Die Wohnung ist eng, Küche und Bad sind winzig. Der Strom fällt oft aus, und Wasser gibt es meist nur abends, dann wird die Badewanne als Vorratsbehälter gefüllt. In Giwis Schlaf- und Schreibstube hat sich nichts verändert. «Vorsicht, hier fällt alles auseinander», warnt er, als ich mich auf einen Stuhl setzen will. Die beiden Schreibmaschinen (für kyrillische und lateinische Schrift) sind mit einem Tuch abgedeckt, neben dem Schreibtisch stapeln sich Manuskripte. Auf einem Regalbrett steht ein halbes Dutzend Lederbände. «Bücher von meinem Alten, die habe ich in Kutaissi gefunden.» Sie gehören zum wenigen, was von Tite Margwelaschwili geblieben ist.

Auf der anderen Seite eine Wand voll Bücher - eine Bibliothek, wie sie nur zu Sowjetzeiten möglich gewesen sei. Was man eben kriegen konnte, ergänzt durch Geschenke von Besuchern aus dem Westen: Derrida, Borges, Gesamtausgaben deutscher Klassiker, Marguerite Yourcenar, ein Band von Johannes Mario Simmel. Ein charakteristisches Relikt aus Sowjetzeiten sind die unscheinbaren blauen Hefte: Sie enthalten fast das gesamte Werk Martin Heideggers in Giwis Handschrift. Man konnte sich die Bücher nur für kurze Zeit aus Moskau ausleihen, später hat er sie Seite für Seite abgelichtet. Giwi schüttelt den Kopf über die Unordnung im Regal. «Die liebe Naira holt sich die Bücher und stellt sie dann irgendwo wieder rein. Man kann im Leben nichts zusammenhalten. Alles läuft auseinander, wie ein Rudel Hasen.» Als wir im dämmrigen Treppenhaus stehen, liest er die Kreideschrift an der schmutzigen Wand: Guns 'n' Roses. Deep Purple. Metallica. «Gut, gut, es ist alles noch da», meint er mit einer Spur konspirativer Befriedigung darüber, dass die Dixieländer auch in den Herzen der heutigen georgischen Jugend Platz finden.

Das Fremdsein gewinnt in Georgien eine besondere Schärfe, gerade weil einem das Land nicht völlig unvertraut erscheint. Wenn Georgier das Wort «europäisch» benutzen, reden sie von einer anderen Welt. Während drei Wochen ist es mir in Tbilissi nicht gelungen, eine westliche Zeitung aufzutreiben. Ein Urteil über die Verhältnisse dieser Übergangszeit traut man sich auch nach vielen Gesprächen nicht zu. Einig sind sich die Gesprächspartner nur darin, dass die Lage seit dem Ende des Krieges - gemeint ist hier immer der Bürgerkrieg von 1991/92 - besser geworden sei. Ansonsten herrscht eine enorme politische Apathie: Dass kurz vor unserer Ankunft ein grossangelegtes Attentat auf Schewardnadse aufgedeckt worden war, scheint nur Giwi zu bewegen.

Die georgische Sprache ist undurchdringlich fremd, indogermanische Ohren können in der kaukasischen Sprachfamilie keine Wörter erraten. Nicht einmal ein Strassenschild kann man lesen, denn die weich geschwungene Schrift gibt keine Buchstaben preis. So sitzt man tatsächlich allein in den vier Wänden seines «Sprechzimmers». Als Giwi in Georgien ankam, sprach er kein Georgisch und nur wenig Russisch. Gemildert wurde der sprachliche Schock durch die deutsche Minderheit, wo er überraschend eine heimatliche Insel fand. Etwa zweitausend Deutschstämmige leben heute noch in Tbilissi, die meisten gehen auf religiöse Einwanderer zurück, die im 18. Jahrhundert aus Schwaben nach Georgien zogen. In den zwanziger Jahren kamen Frauen aus Deutschland, die einen Georgier geheiratet hatten. Die ehemalige DDR-Bürgerin Dora dagegen ist in den sechziger Jahren nach Tbilissi gezogen, sie hatte ihren Mann, den Bildhauer Lewan Mcheidze, beim Studium in Leningrad kennengelernt. In den letzten Jahren ist die deutsche Gesellschaft in Tbilissi allerdings merklich zusammengeschmolzen. Dora spricht vom «kläglichen Rest». Die deutschen Weihnachtsfeiern sind nicht mehr die rauschenden Feste von einst.

Georgien sei ein «getaufter Mond», lautet eine der schönsten Metaphern in «Kapitän Wakusch». Als wir in einem klapprigen Taxi durch die chaotischen Strassen von Tbilissi rasen, erklärt Giwi die zwei Bedeutungsfelder des getauften Monds. Zum einen liege Georgien hinter dem Mond, man müsse immer mit mondsüchtigen Ideen rechnen. Mondsüchtig sei etwa das Bild des Westens (in der Idealisierung wie in der Verteufelung) und die Stalin-Verehrung, die sich in Georgien hartnäckig hält. Die zweite, tiefere Bedeutung der Metapher vom getauften Mond meint tatsächlich das christianisierte Heidengestirn. Obwohl Georgien bereits 334 zum Christentum übergetreten ist, haben sich viele heidnische Bräuche gehalten, so etwa das Tieropfer in der georgisch-orthodoxen Kirche oder die mit Stoffetzen behängten Wunschbäume, die man in der Nähe von heiligen Stätten findet. «Der Mond - das ist auch der Wein, das Dionysische, die Gesänge, die Gelage und die Ausgelassenheit. Das alles geht weit über das Christentum hinaus.»

Am Abend sind wir zu Doras deutsch-georgischem Geburtstagsfest eingeladen. Auf jeden neuen Gast wird sofort getrunken, denn jeder Gast ist vom Schicksal gesandt, wird uns Europäern erklärt. Der Gastgeber soll wie der Teppich unter den Füssen des Gastes sein. Wenn man das Glas nach dem Trinkspruch bis auf den letzten Tropfen austrinkt und es umdreht, hält dies die Feinde von demjenigen fern, dem der Trinkspruch gegolten hat. «Was habe ich gesagt?» stösst Giwi mich an und ruft vergnügt: «Hoch die Tassen!»

Giwi fühlt sich wohl in der Heimat der Freunde, die georgische Mentalität entspricht seinem Temperament, und er interessiert sich lebhaft für die wirtschaftliche Situation im Land. Die Gesellschaft ist gespalten: Die Frage, ob Georgien eine Zukunft habe, wird früher oder später fast in jeder Gesprächsrunde gestellt. Es gibt kaum Lohnempfänger, die ganze Gesellschaft ist freischaffend. Giwi setzt auf die neue Generation. Seine beiden entfernten Neffen - ein Biologe und ein Informatiker - hoffen auf eine Traumkarriere, das Reichwerden habe eben begonnen. Was er denn in Deutschland wolle, hätten sie ihn gefragt. «Komm doch wieder nach Georgien, hier kannst du deine Vorträge halten, man kennt dich, alles ist billiger.» In manchen Kreisen jedoch gilt Giwi immer noch als Fremdling. Seit seiner Ankunft 1947 hatte sich das mondsüchtige Gerücht gehalten, er sei ein Spion des Westens. Weil er nicht auf Georgisch schreibt, wurde er nie in den Schriftstellerverband aufgenommen. «Du bist ja nicht einer von uns», hatte ihm einmal ein angeheiterter Patriot in einem Taxi lächelnd bedeutet. Manche Nationalisten begegnen ihm mit offener Feindseligkeit. Die 45 Jahre Sowjetunion waren für Giwi eine «Zwangszeit», in der er sich von der Welt abgeschnitten fühlte. Rückblickend ist er mit seinem Schicksal unversöhnt: «Mein Leben ist unglücklich verlaufen, es ist sozusagen der Preis für den Tod meines Vaters. Ich kann das nicht mit einem Gefühl der Rührung sehen.» Erst 1997 hat er aus einer Akte des KGB erfahren, dass sein Vater noch 1946 nach Tbilissi gebracht und im Regierungskeller erschossen worden war.

«Hier wie dort bin ich ein Fremdkörper.» Auch die Heimat der Sprache hat den deutschen Schriftsteller mit dem georgischen Namen nicht richtig angenommen. «Ich bin kein Volksschriftsteller, sondern ein Schriftsteller der Emigration, des Fremdseins.» Giwi Margwelaschwili ist ein ewiger Emigrant. Sein Leben war immer ein Warten auf bessere Zeiten, auch seine Berliner Wohnung ist eine Wartburg, die mehr in der Zeit existiert als an einem bestimmten Ort. «Ich bin dort zu Hause, wo mein Schreibtisch steht. Da kann man mich an den Nordpol setzen, arbeiten kann ich überall.» Er tut, was er als Wartbürger immer getan hat: Er widmet sich dem Schicksal jener Wartbürger, die in seinen vielen unvollendeten Manuskripten auf ihren Autor hoffen. «Wenn ich morgens aufstehe, dann ist der Tag schon voll. Die Buchpersonen warten auf mich.»

(Neue Zürcher Zeitung, 09.10.1999)


Homepage: www.sieglindegeisel.ch

Tuesday, July 06, 2010

VIDEO: Kaminer goes Kaukasus (youtube.com)

Der Kaukasus: endlose Weiten, mächtige Berge. Irgendwo mitten drin liegt der kleine Ort Mineralowodski Vody. Hier lebt die Schwiegermutter vom Schriftsteller Wladimir Kaminer. Eine kulturell höchst informative Reise in eine höchst seltsame Welt.

Am 29. August auf arte-TV ...




Tuesday, June 22, 2010

BUCHVORSTELLUNG: "LAMARAS BRIEFE ODER VOM UNTERGANG DES KOMMUNISMUS" Von Helga Kurzchalia - in Berlin

EINLADUNG ZUR BUCHVORSTELLUNG
AM 30. JUNI 2010 UM 20 UHR
IN DER GALERIE F 92 , FEHRBELLINER STR. 92


Galerie F92
Nachbarschaftshaus Pfefferwerk am Teutoburger Platz
Fehrbelliner Str. 92 10119 Berlin
Tel +49.30.443 71 78 Fax 443 71 71
www.pfefferwerk.net/stadtkultur/stadtteilarbeit/galerie_f92.html
galerief92@pfefferwerk.de

Mit Lamara gelingt der Autorin Helga Kurzchalia eine außergewöhnlich starke Protagonistin, die in einer Mischung aus Humor, Fatalismus und Lebensbejahung gegen die wachsende innere und äußere Entfernung zwischen sich und den Verwandten in Deutschland anschreibt. Ein Kunstgriff, der dem deutschen Leser nicht nur erlaubt, eine georgische Sicht kennenzulernen, sondern auch Deutschland „mit fremden Augen“ zu betrachten.
György Dalos (Berlin)


Helga Kurzchalia erzählt in ihrem Briefroman eine deutsch-georgische Familiengeschichte. In den Jahren 1984 bis 1995 geraten alle Beteiligten in den Strudel der Geschichte. Briefe, wie die von und an Lamara, die zwischen dem ähnlichen und doch sehr unterschiedlichen Sowjet-Georgien und der DDR (später BRD) hin- und hergehen, ermöglichen dem Leser einen überraschend lebendigen und facettenreichen Einblick in ein Leben, das für Nachgeborene oder Außenstehende, die den Untergang des Ostblocks und die Wechselfälle jener Zeit nicht aus eigener biografischer Erfahrung kennen, heute oft nur noch schwer nachvollziehbar ist.
(Lasha Bakradze, Tbilissi)


ISBN 3-929905-23-X

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Friday, May 14, 2010

TRADITION - In Aserbaidschan am Fuß des Kaukasus werden noch jahrhundertealte Bräuche gepflegt (gea.de)

Bergjuden im »letzten Schtetl«

VON CARSTEN HOFFMANN
Der aserbaidschanische Rabbi Adam David empfängt Fremde mit finsterem Blick. Besucher, die es aus der Hauptstadt Baku in die etwa drei Stunden Autofahrt entfernte »Rote Siedlung« am Fuße des Kaukasus schaffen, müssen dies aber nicht persönlich nehmen. »Wir sind glücklich, aber wir zeigen es nicht«, sagt der Rabbi. Er gehört zur kleinen Minderheit der Bergjuden. »Es ist fast unmöglich, einen Bergjuden lachen zu sehen. Wir fürchten den Neid der Nachbarn. Aber wir lächeln innen«, sagt er.

Tuesday, February 09, 2010

LITERATURE: Conversation about Knut Hamsun in Georgia in facebook between Kyrre Johannesen and Giorgi Kvatchadze (facebook.com)

Post #1
Kyrre Johannesen wrote on December 29, 2009 at 8:52am
Does anyone know of Georgian references to Norwegian writer Knut Hamsun's travel in the Caucasus region and Georgia?I'v been looking for such for some time without finding it.

Post #2
Giorgi Kvatchadze (American University in Bulgaria) wroteo n January 12, 2010 at 12:01pm
The books of Knut Hamsun are still adorning shelves of my library. Unbeliavably fine writer, whom I owe a lot of nice memories and splendidly spent time of my childhood. There are Knut Hamsun's references and descriptions of his travel through the caucasus in Georgian language, however I am not aware of any English version. He seemed quite influenced by this journey, and particularly by Georgia. (Excuse me Mr. Kyrre for such a delayed comment, but hitherto I have not encountered your post. Now I randomly did while skimming through some other posts) If you have any other question regarding Hamsun's travel in the Caucasus, I will be more than happy to reply to them.

Post #3
Kyrre Johannesen wrote on January 12, 2010 at 12:11pm
Thank you so much.I'd love to have those Hamsun-references even if they are in Georgian.

Unfortunately I don't speak the language yet, but I'm trying to learn it.

Any references will be gold for me. I have this old dream to travel in Hamsun's "footsteps" so to say in Georgia, and I have been loking for these references for some time. I know that there has been a Hamsun day i Tbilisi in November 2009 and I have a hope to find out something from that source. Georgia is such a fascinating country, and my dream stays. I thank you for your answer and I'd be so grateful if you could send the references you know.

All the best.Kyrre.

Post #4
Giorgi Kvatchadze (American University in Bulgaria) wrote on January 12, 2010 at 12:20pm
My pleasure. I will do my best to find online versions of those sources that I have in hard copy in here. By the way I myself attended the opening of Knut Hamsun's bas-relief in my home city-Batumi. Also I have his 'Mysteries' in Georgian langauge ( check it out on the following link>>> ). I will be further checking if any version of his 'Journey to the Caucasus' is available. I appreciate your valuable respect for my country.

Post #5
Kyrre Johannesen wrote on January 12, 2010 at 12:29pm
Thank you so much. I am so grateful. This brings me a step closer to my dream. Your links are interesting to me, especially your Hamsun bas-relief in the beautiful city Batumi. This lifted my day, Giorgi Kvatchadze. By the way I was born in Lofoten region which is not far from Hamarøy, where Hamsun lived some years of his life and in some of his books the influence from nature scenery in these regions of Norway is visible. Kyrre J.
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Post #6
Giorgi Kvatchadze (American University in Bulgaria) wrote on January 12, 2010 at 12:31pm
(Here you will see the place in Tbilisi where Knut Hamsun stayed during his stay in Georgia >>>)
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Post #7
Giorgi Kvatchadze (American University in Bulgaria) wrote on January 12, 2010 at 12:34pm
Knut Hamsun is very specially admired and revered here in Georgia. I dont know how is it in the other part of the world.
Report

Post #8
Kyrre Johannesen wrote on January 12, 2010 at 12:52pm
Well, in my home country, Norway it seems we can never rest the debate on Hamsun. Most people have strong positive view on his literature, and at the same time many cannot forget what position he took for Germany against England and our government abroad during the second world war. My father, Karl Johannesen fought against the german army in Narvik in 1942, (I will send a ref. to a book about this battle if you would be interested) and he didn't appreciate Hamsun's activity during the war, but he never stopped telling me wonderfully about how much he loved Hamsun's books. So you know, my heritige is part of my dream, and I intend to fullfill it some time. Your answer is so positive for me, and it seems I have not been looking closely enough to find some of the references you gave. I thank you so much again. Kyrre.
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Post #9
Giorgi Kvatchadze (American University in Bulgaria) wrote on January 12, 2010 at 1:06pm
You are more than welcome sir. I will be providing more interesting links and resources once they are at my disposition. Yes, indeed Hamsun remains highly debatable person in regards with his views on Nazi Germany during the world war 2, however this cant overshadow legacy and geniality of his literature. He is not the sole non-German writer though who is accused of suppoorting the Nazi Germany. Outstanding Georgian novelist Grigol Robaqidze is also commonly slammed for his inclination towards the Nazi Germany, and particularly towards Hitler. It seems to me that Hamsun's relation to Nazi Germany is as ambivalent and mysterious as his 'Mysteries' and all his literature. Your interest to the subject seems to me very stunning and special. Hence, I will keep in touch with you more frequently, albeit not tonight, as it's too late for Georgian time now. However, I am glad we contacted each other due to the common interest in Hamsun's litelature and his weltanschauung. It was nice to talk with you. Have a good night. Sincerely,Giorgi

Saturday, January 30, 2010

CALL: Water poems, short stories and creative essays sought from the Caucasus region (ijnet.org)

Poets and writers from Armenia, Georgia, Iran, Azerbaijan and Turkey are invited to submit poems, short stories and creative essays for publication in the book "Our First Element: Caucasian Water." Deadline: February 5.
The book will include photographs by Caucasian photographers, old legends, water ritual and celebration stories, proverbs and quotes, contemporary poems and short stories. Entries can display the human relationship to water or refer to any water issue in the Caucasus region.
The 20 best works will be published in the book in the Armenian and English languages.
The publication is supported by The Foundation for the Preservation of Wildlife and Cultural Assets in Armenia.


Works should be submitted to
creative@fpwc.org.

Internet: www.ijnet.org

Thursday, January 28, 2010

VERANSTALTUNG: Lesung und Gespräch mit German Sadulaev aus Tschetschenien in Berlin. (d-k-g.de)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,

der tschetschenische Schriftsteller German Sadulaev, der zurzeit Gast des Literarischen Colloquiums Berlin ist, hat kurzfristig zu einer Veranstaltung zugesagt.

Wir laden Sie herzlich am 30. Januar, 18 Uhr,
zu Lesung und Gespräch mit German Sadulaev ein.

Ort: Tschetschenisches Kulturzentrum, Prinzenallee 25/26, 13359 Berlin, 3. Hinterhof (Medienhof)

German Sadulaev wurde 1973 in Tschetschenien geboren, wo er seine Kindheit verlebte.
Zurzeit ist er Anwalt und Autor in St. Petersburg. Kürzlich erschien im Ammanverlag sein Buch "Ich bin ein Tschetschene".

German Sadulaev wird das Buch und sein in russischer Sprache erschienenen Erzählband "Bitsch boshii" vorstellen. Anschließend laden wir ein zu Tee und Gesprächen.

Mit freundlichen Grüßen Ekkehard Maaß

Deutsch-Kaukasische Gesellschaft e. V.
Schönfließer Straße 21, 10439 Berlin
Tel 030 4457006 / mobil 0171 1773543
Spendenkonto HypoVereinsbank
BLZ 10020890 / Kto 5619661
http://www.d-k-g.de/



Sunday, January 17, 2010

PORTRÄT: Giwi Margwelaschwili - Ein Georgier aus Wilmersdorf (maerkischeallgemeine.de)

Schriftsteller erlebte hautnah Unterschiede und Gemeinsamkeiten zweier Diktaturen

BERLIN - Wedding, Behmstraße. Der Betonklotz ist grau und schon recht betagt, die Wände im Flur sind kahl. Der Aufzug ist eng und altersschwach. Doch ohne zu mucken fährt er in den vierten Stock.

Dort öffnet ein zierlicher älterer Herr mit längeren weißen Haaren lächelnd die Tür. Die kleine Wohnung ist schlicht und zweckmäßig eingerichtet. Nur der alte Schrank mit den Glastüren fällt auf. Er steckt voller Fotos, voller Bücher, voller Erinnerungen.

Es sind Zeugnisse eines bewegten Lebens, auf das Giwi Margwelaschwili zurückblickt; ein Leben, das sich vorwiegend in Berlin und der georgischen Hauptstadt Tbilisi abspielte. Der Germanist und Schriftsteller erblickte 1927 an der Spree das Licht der Welt. Seine Eltern waren sechs Jahre zuvor aus Georgien nach Deutschland emigriert. Der Vater, ein Philosoph, war vor den Sowjets geflohen. „Die hatten 1921 das Land überrannt“, sagt er. Dabei hätten die Besatzer im Kaukasus nichts verloren: „Andere Menschen, andere Sitten, andere Kulturen.“

Im bürgerlichen Wilmersdorf im Westen Berlins wächst er auf, ausschließlich deutschsprachig. In der Güntzelstraße wohnt die Familie, am Hohenzollernplatz spielt er oft, zu manchen Schulfreunden hat er bis heute Kontakt. Sein Vater, der auf den römischen Namen Titus hörte, kümmert sich um die Belange georgischer Emigranten, er fungiert als kultureller Botschafter seines Landes.

Als die Nazis an die Macht kommen, ändert sich für Giwi wenig. Zum Glück wollen die Familien seiner Freunde von den braunen Machthabern herzlich wenig wissen. Die jungen Leute hören lieber Swing und Jazz statt Märsche oder blut- und bodentriefende Durchhalteparolen. „Das war uns alles viel zu ernst“, sagt er. Eine Einberufung als Kanonenfutter für einen längst verlorenen Krieg bleibt dem jungen Georgier erspart. Die Staatenlosigkeit schützt ihn davor.

Als die Rote Armee die Hauptstadt erobert, wird es ungemütlich. „Die machten regelrecht Jagd auf sowjetische Emigranten“, sagt er. So ist Giwi mehr als mulmig zumute, als die neuen Herren den Vater als Dolmetscher in ihr Hauptquartier holen. Zunächst pendelt Titus zwischen seiner Wohnung und seinem neuen Arbeitsplatz in Karlshorst hin und her. Als die Amerikaner im Herbst 1945 einrücken, bleibt er einfach im Westsektor.

Dann steht mit einem Mal ein alter Freund des Vaters vor der Tür. Der im Ostsektor lebende Georgier will Materialien für ein Buchprojekt sammeln, der Vater soll helfen. Ab und zu schickt Titus seinen Sohn mit Unterlagen zu ihm.

Eines Tages lädt besagter Freund den Vater per Telefon zu sich ein. Einen Wagen will er schicken, um den Vater abzuholen. Tatsächlich klingelt wenige Tage später ein Chauffeur an der Tür. Im Wagen sitzen weitere unscheinbare Männer, vermutlich Bekannte des Freundes.

Der Vater steigt ein und nimmt seinen Sohn mit. Kaum fährt das Auto los, merken die beiden, dass sie in der Falle sitzen. Möglicherweise arbeitete der Freund mit dem NKWD, wie der sowjetische Geheimdienst damals hieß, zusammen oder wurde von ihm benutzt. Man will den Vater in den Ostteil Berlins entführen. Die Männer im Auto sind Offiziere, die normale Mäntel über ihren Uniformen tragen. Die Fahrt geht durchs Brandenburger Tor ins sowjetische Hauptquartier.

Der Vater wird vom Stadtkommandanten verhört. Als er in die Zelle im Keller zurückkehrte, war er kreidebleich, erinnert sich der Sohn. „Kollaboration mit den Nazis“ lautet der Vorwurf. Am nächsten Morgen führen sie den Vater ab. Giwi wird ihn nie wieder sehen. Die Sowjets verschleppen Titus über Moskau nach Georgien, wo sie ihn erschießen.

Giwi bleibt noch einen Monat in Haft, dann kommt er ins sowjetische Speziallager des ehemaligen KZ Sachsenhausen. „Dort hingen wir rum und litten schrecklichen Hunger“, erinnert er sich. Gut, außer gelegentlichem Kohleschippen stehen keine schweren körperlichen Arbeiten an. Doch mit einem Teller Suppe am Tag kann man kaum überleben. Hinzu kommt die schreckliche Ungewissheit, ob und wann man jemals entlassen werden würde.

Im August 1947 holt ihn ein NKWD-Offizier ab und eskortiert ihn über Moskau nach Georgien. Der Offizier hatte kein Wort mit ihm gesprochen, doch Giwi ahnt, was ihm bevorsteht. Er soll repatriiert werden. Ab, zurück ins Land seiner Vorfahren. Zum Glück hat er Verwandte in Tbilisi, der Hauptstadt. Seine Tante nimmt ihn auf. „Die Familie war sehr nett“, sagt er. Er, der weder russisch noch georgisch konnte, lernt hier schnell beide Sprachen. Es geht ihm nicht schlecht. Er studiert Germanistik, arbeitet als Deutschlehrer und wird 1971 an das Philosophische Institut der Georgischen Akademie der Wissenschaften berufen.

Nach Stalins Tod kam das große Tauwetter, erinnert er sich. „Staatschef Nikita Chruschtschow war zwar dem Westen gegenüber borstig, aber Sowjetbürger fasste er mit Samthandschuhen an“, sagt Giwi. Plötzlich kamen Segnungen wie Kühlschränke, Fernseher oder Tonbandgeräte. Und eine gewisse Redefreiheit.

Giwi findet schnell Anschluss, es gibt viele Gleichgesinnte. „Die Menschen waren schon wegen der Verfolgungen unter Stalin gegen das Regime“, sagt er. Wie damals im dritten Reich hören die jungen Leute lieber Jazz statt Propaganda. Giwi: „Da stellte ich eine Parallele fest.“ Man feiert gerne, man genießt die georgische Küche, die vielen Weine und Salate, die leckere Putenkeule in Nusssauce. Giwi trifft die Schriftstellerin und Germanistin Naira Gelaschwili, mit der er von 1970 bis 1980 verheiratet ist.

Doch der Staat sitzt ihm auch hier im Nacken. Der Geheimdienst KGB will ihn bereits in den 1950er-Jahren anwerben. „Ich bin zu nervös, zu kränklich“, erwidert er den Schlapphüten. Kein Problem, es geht um den Innendienst, bescheiden ihm die Spione. Doch Giwi will kein Spitzel werden. Zur Strafe muss er das Studium zwei Jahre lang unterbrechen und im Büro arbeiten.

Später knüpfen Schriftsteller aus der DDR und der Bundesrepublik Kontakt zu ihm. Heinrich Böll besucht ihn 1967. Wenig später kommen Sarah Kirsch, Elke Erb und Adolf Endler. Als er als Dolmetscher das Georgische Staatstheater nach Ostberlin begleitet, schaut er, zum Missfallen der Stasi, bei Wolf Biermann vorbei und erhält für lange Zeit Reiseverbot. Mit dem Ostberliner Publizisten Ekkehard Maaß verbindet ihn seit 1983 eine enge Freundschaft, die bis heute hält. Er stand plötzlich vor der Tür, einfach so. Giwi, wegen seiner unerfreulichen Geheimdienst-Erfahrungen stets auf der Hut, vertraut ihm. „Der war in Ordnung, das sah ich sofort.“ Maaß hilft ihm bei der Rückkehr nach Berlin und der Herausgabe seiner literarischen Werke.

Seit 1993 wohnt Giwi wieder an der Spree. Am liebsten möchte er nach Wilmersdorf zurückkehren, dahin, wo er aufgewachsen ist: in die Güntzelstraße.


Von Fritz Hermann Köser)

Quelle: www.maerkischeallgemeine.de

Monday, January 11, 2010

WRITER: James Hopkin from Great Britain about Georgia (jameshopkin.org)

Matthias Unger told me that I can meet James Hopkin in Berlin. Some times ago I have seen his website anywhere ... and I discovered that he wrote something about Georgia and made podcasts for the BBC about this territory as well.
James Hopkin's Georgian Trilogy on BBC Radio 4 - Three short stories about Georgia ('A Peacock in Sulphur', 'The Wurst Express from Kakheti' and 'The Soul is Missing Fairy-Tales!') will be broadcast on BBC Radio 4 on February 9th. 10th, 11th.


Saturday, October 03, 2009

ESSAY: Some Writings by James A. Hopkin.

Two Days ago James sent me this email with fabulous links:

Hi Ralph,
I thought these may be of interest to you for your Georgian website:



In addition i have written 3 short stories about Georgia - these will be on BBC radio 4 (and online), 3-45pm, on February 9,10, 11 next year.

Gaumarjos!
James


--
www.jameshopkin.org

The novel, 'Winter under Water' (Picador) and the stories, 'Even the Crows Say Krakow' (Picador), available now. The short story, 'Jeane' in the anthology, 'Paint a Vulgar Picture' (Serpent's Tail) just out.

ALI SMITH - ''James Hopkin is a writer of great grace and vitality''

''Sentence by sentence, image by image, there are few contemporary writers who understand words the way Hopkin does. In fact, I can think of no other. If you care about fine writing, read Winter Under Water.''

- M J HYLAND, author of the Booker-shortlisted, Carry Me Down

Saturday, June 06, 2009

BIOGRAFIE: Ilia Tawtschawadze. Von Akaki Bakradze.


Lasha Bakradze
, den ich letztens in Tbilisi endlich persönlich kennengelernt hatte, gibt zusammen mit dem Verlag 'pegasus" in Georgien eine Illustrierte Biographien Reihe - ähnnlich der rororo monographien in Deutschland heraus. In dieser eigentlich georgischsprachigen Reihe ist die Biograhie über den Schriftsteller Ilia Tawtschawadze, die reichlich illustriert ist auch auf deutsch erschienen.


Ende der 80-iger Jahre war das eine sehr populäre Monographie, die sehr unbeliebt unter den herrschenden Kommunisten war. Lasha hat dieses Buch, welches sein Vater Akaki Bakradze geschrieben hatte mit der Autorisierung seines Vaters gekürzt und dann Anfang der 90-iger jahre übersetzt.





Das Buch gibt es in allen Buchhandlungen in Tbilisi (bei prosperos books ist es jedoch sehr teuer).



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Sunday, March 08, 2009

BUCHMESSE LEIPZIG 2009: Giwi Margwelaschwili. Der Kantakt (leipzig-liest.de)

Aus den Lebens-Leseerfahrungen eines Stadtschreibers
14. März 2009, 20:00 Uhr

http://www.giwi-margwelaschwili.de/

In "Der Kantakt" wird der große deutsch-georgische Autor Giwi Margwelaschwili selbst zu einer Figur seiner Lese- und Lebenswelten. 1995 ist er Stadtschreiber von Rheinsberg. Folgerichtig liest er dort "Rheinsberg – Ein Bilderbuch für Verliebte" von Kurt Tucholsky. Und er versucht, mit Tucholskys Liebespaar, Wölfchen und Clairchen, in Kontakt zu treten, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie Figuren der Literatur sind und ihre Liebe in dieser Form unvergänglich ist. Dass sie immer, wenn ein Leser das Buch aufschlägt, erneut ihre wunderbare Romanze neu erleben werden. Doch die Kontaktaufnahme gestaltet sich schwierig. Zunächst begleitet Margwelaschwili das Paar durch Rheinsberg. Dabei erlebt er einige skurrile Situationen. Beispielsweise lernt er "Hintergrundpersonen" der Geschichte kennen und philosophiert mit ihnen über ihre Wirklichkeit. Dem verliebten Paar aber kann er sich zunächst nicht nähern...

In diesem zum Teil autobiographischen Roman geht es zugleich um die Auswirkung der Teilung zur Zeit des Kalten Krieges und um Margwelaschwilis persönliche Lebensumstände, etwa um seinen intellektuellen Werdegang während seines Zwangsaufenthaltes in Georgien. So befasst sich dieser mit viel Raffinement ausgeklügelte Essayroman mit den Auswirkungen der Politik auf die Literatur und auf das 20. und das beginnende 21. Jahrhundert.

GIWI MARGWELASCHWILI wurde 1927 als Sohn georgischer Emigranten in Berlin geboren. 1946 wurde er zusammen mit seinem Vater vom sowjetischen Geheimdienst NKWD entführt. Der Vater wurde ermordet, Giwi Margwelaschwili in Sachsenhausen interniert, anschließend nach Georgien verschleppt. Dort lehrte er Deutsch. Erst 1987 konnte er nach Deutschland ausreisen. Ihn begleitete eine Unzahl von in der Emigration auf Deutsch geschriebenen Romanen und Erzählungen. 1994 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft und ein Ehrenstipendium des Bundespräsidenten, 1995 den Brandenburgischen Literatur- Ehrenpreis für sein Gesamtwerk, 2006 die Goethe-Medaille, 2008 das Bundesverdienstkreuz. Er ist Mitglied des P.E.N. und lebt in Berlin. Werke u.a.: "Muzal – ein georgischer Roman", "Das böse Kapitel", "Kapitän Wakusch", "Der ungeworfene Handschuh".
Im Verbrecher Verlag erschienen: "Officer Pembry", Roman; "Zuschauerräume", Lesedrama; "Vom Tod eines alten Lesers", Erzählungen

Veranstalter Verbrecher Verlag
Ort
Sächsische Akademie der Wissenschaften / Sitzungssaal
Karl-Tauchnitz-Straße 1, 04107 Leipzig


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Saturday, February 21, 2009

NEWS: Azerbaijani poet: Lands occupied by force can`t be returned by freewill (anspress.com)

Interview with a prominent Azerbaijani poet Bakhtiyar Vahabzadeh before his death: Bakhtiyar Vahabzadeh didn't believe in a peaceful way to return in occubied territories. He was spoken in an interview like a simple ghost - only a law of of strong power (strong army) is the right way ... I know this speach from my own history. This "huge" poet have no idea of reflection of phenomenon and he forgot also his own history with an idea of an ideology with barbarous effects for the human being in his own country. That is my view of of the situation! Speaken about one right way, and one false way is a stupid discussion for me! And in a rigide world without freewill being and democraticaly structures is it very simple to explain this situation like in this case. I hope it is not the behavior pattern in the intellectual life in Azerbaijan.

I can assure you that I don’t undertand that. I read some articles on the occasion of my anniversary, everyone has been saying nice word about me. I really thank them all. But I don`t feel that greatness in me. I`m on the wole an ordinary poet. I mean I can`t be compared to those geniuses like Fizuli, nizami. Nasimi, Sabir…

You never know that. But as far as I can understand I write with spirit, with emotions, with passion. Literature or art is the “child” of emotions, science is the product of the brain. I`m not an expert, but I know that whenever I take up the pen when pure emotions overtake me I feel that what I wrote was beautiful, was emotional.

I think I would have become forester or something like that. Maybe you won`t belive me but I don`t really like sea. I don`t see the buity in it. It gets me mad. I like mountans. I can`t go up the mountainous now. Maybe I could use a horse. But it is not likely.

There are too much to say…but I want to say one thing. I wish my pople not to diverege from God. God always calls us to the right path. It calls us to justice. I want them not to lie, not to hurt each another, not to touch someone`s heart. We say here:” To break the heart is more sinfull than to break the nest”

What would you like to say your people about our occupied territories?

It is very painful issue. I think it is impossible to return the occupied territories by freewill. It is is impossibile. That`s is the way I think. We have lost the fight, but we need to strengthen our army. Witout it we can not achieve anything. If we want to win, we need to have strong army. If we want the peace, againm we need a strong army. We need a strong army. Everything obeys the power. In our time, even time itself the power. If your are strong, then your are right. If your weak, your are wrong. That is the way.

complete interview (anspress.com) here >>>

Thursday, January 29, 2009

REPORT: Travel Is Everything

A review of Ghost Train to the Eastern Star, by Paul Theroux

In fact Ghost Train draws so generously from other sources that it sometimes reads like a book report: Georges Simenon, Wordsworth, V.S. Pritchett, V.S. Naipaul, Greene, Kurban Said, Leonard Woolf, and a score of others make their appearance alongside the Azerbaijanis and Cambodians, the Indians, the Russians, the Japanese. There are also several long conversations with living writers—Elif Shafak, whose beauty and brains give Theroux a case of the stuttering blushes, Orhan Pamuk, Haruki Murakami, the late Sir Arthur C. Clarke, Pico Iyer.

Theroux is a cataloger, a collector, as evidenced by his exhibition of other writers’ work and the stories of people he meets (on this trip he’s also hunting a few less abstract souvenirs, namely reverse-glass paintings and religious icons). Here one catches a glimpse of the traveling mythomaniac described in Ghost Train’s first paragraphs. Hoarding stuff—even stories—is startlingly easy to understand as a vain activity, fruitless and self-absorbed (“So I guess – what? – writing’s your hobby?”). As Jean Baudrillard, the astute observer of both Americans and postmodernity, put it: “What you collect is always yourself.”

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Thursday, October 09, 2008

BUCH: Frankfurter Buchmesse – Gemeinschaftsstand Georgien (boersenblatt.net)

Buchhandel in Georgien

Auch der Buchhandel ist nicht unberührt geblieben vom russischen Einmarsch in Georgien und dem Streit um die abtrünnigen Republiken Südossetien und Abchasien: Die Wachstumsraten des Marktes, die in den vergangenen drei Jahren sehr hoch waren, sind rapide zurückgegangen. Anna von Hahn war einige Wochen in Georgien und hat mit Verlegern gesprochen.

Der ganze Text >>>

Am 17. und 18. Oktober um 15 Uhr sind die Schriftsteller David Turasvhili, Lasha Bugadze, Rati Amaglobeli and Basa Janikashvili am Georgischen Gemeinschaftsstand.
Der georgische Gemeinschaftsstand auf der Frankfurter Buchmesse befindet sich in Halle 5.0, C 951.

Anna von Hahn

www.sulakauri.ge
www.elf.ge

Monday, August 25, 2008

INTERVIEW: Die georgische Schriftstellerin Naira Gelaschwili beklagt das Leid der Menschen im Kaukasus. (taz.de)

Naira Gelaschwili hat in diesem Interview die georgische Situation sehr klar dargestellt und beschrieben. Sie zieht daraus deutliche Schlüsse. Es lohnt sich, es zu lesen und es weiterzuverbreiten!

Georgische Schriftstellerin über Krieg
"Die Leute sind gebrochen"

Die georgische Schriftstellerin Naira Gelaschwili beklagt das Leid der Menschen im Kaukasus und kritisiert die militärische Logik der Politik. Russland, so sagt sie, sei ein gefährlicher Nachbar.

Das ganze Interview >>>

Die Georgierin NAIRA GELASCHWILI, 60, ist Schriftstellerin, Germanistin und Übersetzerin aus dem Deutschen. Sie leitet das Kaukasische Haus in Tiflis, das sich für Versöhnung und Kulturaustausch zwischen den Völkern des Kaukasus einsetzt.

Ich und meine Mitarbeiter treten für eine Vereinigung des Südkaukasus als neutrale Zone ein. Armenien, Georgien und Aserbaidschan sollen einen wirtschaftlichen und politischen Block bilden. Was Abchasien, Südossetien und Nagorny Karabach angeht, so sind diese Problem derzeit nicht lösbar. Deshalb sollte ein Moratorium verhängt werden, und das wenigstens für sieben Jahre. Diese Zeit sollte für einen Versöhnungsprozess und die Entwicklung der Wirtschaft genutzt werden. Schon vor dem Krieg haben vor allem Frauen beim Kaukasischen Haus einen Gesellschaftsrat gebildet. Dort treffen sich nicht nur Mitarbeiter des Hauses, sondern breitere Kreise, die unsere Ideen teilen. Wir haben eine eigene Konzeption für die regionale, politische und ökologische Entwicklung erarbeitet. Nun wollen wir dafür kämpfen, wenigstens eine Stunde pro Woche im Fernsehen zu bekommen, um unsere Ideen zu präsentieren und dieser
nationalistischen Rhetorik etwas entgegenzusetzen.

INTERVIEW: BARBARA OERTEL

Monday, August 18, 2008

LITERAT: In der schwierigsten Zeit meines Lebens. Von Alexander Darchiashvili. (FAZ.NET)

Mit den Angriffen auf Tiflis zeigt Russland sein wahres Gesicht. Der große Nachbar will ein schwaches Georgien. Er fürchtet seine Dynamik und seinen Eigensinn. Eine Einschätzung des georgischen Schriftstellers Alexander Darchiashvili.

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Aus dem Russischen von Vlada Menz. Der georgische Schriftsteller Alexander Darchiashvili, geboren 1955, lebt in Tiflis. Er schreibt Gedichte und Erzählungen in georgischer, Prosa bisweilen auch in russischer Sprache.

KOMMENTAR: Georgien und Russland: Interessen? Wir? (FAZ.NET)

Gewohnt alarmistisch melden sich die französischen Intellektuellen André Glucksmann und Bernard-Henry Levy zu Wort, um Georgien gegen den russischen Imperialismus zu verteidigen. Amerikanische Interessen sind ihnen nicht der Rede wert, es regiert die blanke Russophobie.


16. August 2008 Es geht, wenn man diesen Intellektuellen glauben darf, um Menschenrechte, um Demokratie, um die Zukunft eines freien Europa. Um nichts anderes. Nicht um jene Pipelines, die das Öl vom Kaspischen Meer an Iran vorbeiführen, nicht um eine strategische Einkreisung Russlands durch mehr oder weniger offenes Einsickern der Nato in die Anrainerstaaten. André Glucksmann und Bernard-Henri Lévy entdecken auch diesmal wieder die Humanität genau dann, wenn amerikanische Interessen berührt sind. Nur: von diesen reden sie nicht.

Georgien hat mit der Gewalt in Südossetien begonnen? Allein die Frage sei „obsolet“, meinen die beiden Philosophen. Am Donnerstag veröffentlichten sie in der Zeitung „Libération“ unter dem Titel „SOS Georgien? SOS Europa!“ ein Manifest in dem von ihnen gewohnten alarmistischen Ton: Gegen jede einigermaßen vernünftige Diplomatie wird das Gespenst des „früheren und heutigen Faschismus“ in Anschlag gebracht. Ja, die Diplomaten nennen sie, eine groteske Nebenfigur
von Proust zitierend, „unsere Norpois“, mit anderen Worten: historisch naive Versöhnler.

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Russland im Krieg
In der Festung
Der Versuch des georgischen Präsidenten, die schleichende Annexion Südossetiens per Blitzkrieg aufzuhalten, hat die ohnehin schwachen Restliberalen in Russland praktisch mundtot gemacht. Russland kultiviert einmal mehr das Gefühl, von allen Seiten verraten worden zu sein. Von Kerstin Holm, Moskau


Zum Thema
Der Sechs-Punkte-Plan zur Entschärfung des Kaukasus-Kriegs
Kommentar: Die Opfer des Einmarsches

Zum Thema
FAZ.NET-Sonderseite: Krieg im Kaukasus
Krieg um Südossetien: Eskalation nach bekannten Mustern
FAZ.NET-Spezial: Krieg um Südossetien

Zur Leserdebatte: Krieg im Kaukasus (Diskussion abgeschlossen)

Wednesday, July 16, 2008

REPORTAGE: Ingo Petz unternimmt nicht nur eine Nabelschau am Schwarzen Meer ... auch das Kaspische Meer hat es ihm angetan.

Krim-Halbinsel: Die ästhetische Achse der Welt
Publiziert am 16 Juli 2008 von Krusenstern

Sewastopol * Die Krim-Halbinsel ist die ästhetische Achse der Welt. “Hier stapelt sich die Geschichte vieler Völker meterhoch. Aber im Moment ist jeder damit beschäftigt, seine eigene Wahrheit freizuschaufeln – und den Dreck auf die anderen zu verteilen”, glaubt mit Andrej Poljakow einer der bedeutendsten, russischsprachigen Dichter der Gegenwart. Eine Reportage mit Stimmen bekannter Autoren von Ingo Petz.

Der ganze Text >>>


Dieser Beitrag beruht u.a. auf folgenden Quellen: Mit freundlicher Genehmigung von Ingo Petz, Erstpublikation 11. Juli 2008 in der Süddeutschen Zeitung.
Personalities: Ingo Petz studierte Osteuropäische Geschichte, Slawistik und Politikwissenschaft in Köln und Russland. Er lebt als freier Autor und Journalist in Berlin und schreibt vor allem über Osteuropa, insbesondere über Belarus. Unter anderem arbeitet Petz für die Süddeutsche Zeitung in München und Der Standard in Wien.


Sein erstes Buch (Hörprobe: klick auf das Bild!)

“Kuckucksuhren in Baku - Reise in ein Land, das es wirklich gibt” veröffentlichte er 2006. Im November erscheint sein neues Buch “Kiwi Paradise - Reise in ein verdammt gelassenes Land”.

Mehr Infos über Ingo Petz.

sowie
Neal Ascherson, Andrej Poljakow * Андрей Генна́диевич Поляков, Igor Sid * Игорь Снд, Andrei Bitow * Андрей Георгиевич Битов, Maximilian Woloschin * Максимилиан Александрович Волошин, Juri Andruchowytsch * Юрій Ігоревич Андрухович, Serhij Zhadan, Mykola Rjabtschuk, Izmet Sheikh-Zadeh.

Copyrights: © Fotos: Jürg Vollmer / Krusenstern und Wikipedia.


Mehr Links:
IngoPetz Homepage
reiseliteratu/bildbände - Kuckucksuhren in Baku
Ingo Petz - Kuckucksuhren in Baku - Random House Audio